· Fachbeitrag · Hilfe für Flüchtende im Kontext zum Einkommensteuerrecht
Ertragsteuerliche Besonderheiten bei der Unterbringung Geflüchteter aus der Ukraine
Viele Bundesbürger nehmen aktuell Geflüchtete aus der Ukraine auf oder vermieten verbilligt Wohnraum. In diesem Zusammenhang stellen sich zahlreiche Fragen. Die drei wichtigsten Fragen und die auf Bundesebene abgestimmten Antworten haben wir im Folgenden für Sie zusammengestellt. |
Frage 1: Führt die verbilligte Überlassung von Wohnraum zum Wegfall anteiliger Werbungskosten?
Antwort: Wird eine Immobilie verbilligt vermietet, gelten die Grundsätze des § 21 Abs. 2 EStG. Das bedeutet: Beträgt die Miete nicht mindestens 66 % bzw. ab 2021 50 % der ortsüblichen Miete, lässt das Finanzamt die im Zusammenhang mit der Vermietung anfallenden Werbungskosten nur anteilig zum Abzug zu.
Besonderheit wegen des Ukraine-Kriegs: Allein die vorübergehende unentgeltliche Überlassung einer privaten Immobilie durch einen Vermieter an Geflüchtete aus der Ukraine führt im Veranlagungszeitraum 2022 nicht zu einem Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht. Bei vorübergehender teilentgeltlicher Überlassung findet § 21 Abs. 2 EStG im Veranlagungszeitraum 2022 keine Anwendung.
PRAXISTIPP | Wird eine Ferienwohnung vorübergehend unentgeltlich an Geflüchtete aus der Ukraine überlassen, wird das für die Aufteilung der Werbungskosten im Veranlagungszeitraum 2022 ausnahmsweise der Vermietung zugeordnet und nicht der Selbstnutzung. Dadurch erhöht sich der Werbungskostenabzug. |
Frage 2: Fällt der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende weg, wenn ich in meinem Haushalt volljährige Geflüchtete aus der Ukraine aufnehme?
Antwort: Echten Alleinerziehenden steht der Entlastungsbetrag nach § 24b EStG in Höhe von 4.008 EUR für das erste Kind und jeweils 240 EUR für weitere Kinder nur dann zu, wenn in dem Haushalt neben dem Elternteil keine weitere volljährige Person mehr lebt.
Besonderheit wegen des Ukrainekriegs: Die Unterbringung von volljährigen Flüchtlingen aus der Ukraine durch „echte“ Alleinerziehenden in ihrem Haushalt führt im Jahr 2022 nicht zu einer schädlichen Haushaltsgemeinschaft i. S. d. § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG.
PRAXISTIPP | Es ist also unschädlich für den Entlastungsbetrag, wenn Alleinerziehende volljährige Verwandte oder die Eltern aus der Ukraine in ihrem Haushalt unterbringen. |
Frage 3: Kann ich bezogen auf die private Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung berücksichtigen?
Antwort: Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen ist tatsächlich möglich, wenn ein Steuerzahler Unterstützungsleistungen für die Unterbringung der Eltern aus der Ukraine in Deutschland leistet oder eine Wohnung anmietet. Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung kommt nach den Grundsätzen des § 33a Abs. 1 EStG in Betracht.
PRAXISTIPP | Grundsätzlich sind Unterstützungsleistungen in Höhe von bis zu 10.347 EUR als außergewöhnliche Belastung abziehbar (= geplanter Grundfreibetrag 2022 im Steuerentlastungsgesetz 2022). Doch bei Unterstützungsleistungen an Personen in der Ukraine greift die Ländergruppeneinteilung (BMF 11.11.20, IV C 8 ‒ S 2285/19/10001 :002). Danach ist nur ein Viertel des Höchstbetrags als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Wichtig wird auch sein nachzuweisen, dass die unterstützten Eltern oder Kinder aus der Ukraine über kein Vermögen von mehr als 3.875 EUR verfügen (15.500 EUR × 1/4 nach der Ländergruppeneinteilung) und wie hoch die eigenen Einkünfte der unterstützten Personen aus der Ukraine waren. |