26.04.2024 · IWW-Abrufnummer 241217
Landesarbeitsgericht Niedersachsen: Urteil vom 21.02.2024 – 8 Sa 564/23
1. Die im Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferung über das Erdgasnetz in § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes beschlossene Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie sieht keine Regelung vor, dass die Prämie an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgezahlt werden muss.
2. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie an weitere Bedingungen zu knüpfen.
3. Es verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn ein Arbeitgeber zur weiteren Bedingung der Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie bzw. eines Inflationsbonus macht, dass der bzw. die Beschäftigte Teil seiner "active workforce" ist. Es ist nicht sachwidrig, eine Sonderleistung nur denjenigen Beschäftigten zukommen zu lassen, von denen sich der Arbeitgeber auch in Zukunft Arbeitsleistung erwartet bzw. erhofft, um hierfür einen Anreiz zu setzen.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 03.08.2023 - 6 Ca 136/23 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.500 Euro.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist am 20.11.0000 bei der Beklagten eingetreten. Am 24.04.2018 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis am 30.09.2023 endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. In der Zeit vom 01.10.2018 bis zum 31.03.2021 befand sich der Kläger in der Arbeitsphase der verblockten Altersteilzeit. Ab dem 01.04.2021 schloss sich die Freistellungsphase (Passivphase) an.
Bei der Beklagten gab es Vereinbarung/ Zusagen für drei Prämien: Zum einen zwei tarifliche Inflationsausgleichsprämien, von denen der Kläger unstreitig eine erhielt. Unabhängig davon und darüber hinaus lobte die Beklagte eine weitere freiwillige Prämie aus (die hier sog. A.-Inflationsausgleichsprämie).
In dem von der Beklagten und dem KBR unterzeichneten Informationsschreiben vom 09.12.2022, welches auch an den Kläger ging, heißt es hierzu:
"[...] A. wird allen bezugsberechtigten Beschäftigten - Stichtag 01.10.2022 - die A.-Inflationsausgleichsprämie von 1.500 € im Dezember 2022 auszahlen. Bezugsberechtigt sind alle A.-Beschäftigten mit Ausnahme der Praktikanten, Werkstudenten, Diplomanden, Doktoranden (ohne Entgeltbezug), Soldaten, Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit. Bezugsberechtigt sind darüber hinaus auch alle Leiharbeitnehmer, allerdings erfolgt die Auszahlung der A.-Inflationsausgleichsprämie über die Verleiher, voraussichtlich im Januar 2023. [...]"Die Forderungen machte der Kläger mit Schreiben vom 07.02.2023 gegenüber der Beklagten geltend.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht seine Ansicht vorgebrachte, er besitze aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen Anspruch auf Zahlung der A.-Inflationsausgleichsprämie. Das Arbeitsverhältnis sei noch nicht beendet. Der Kläger sei so zu behandeln wie die anderen Mitarbeiter auch. Der Zweck der vom Arbeitgeber zahlbaren freiwilligen Inflationsausgleichsprämie ergebe sich aus dem mit dem "Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" in das EStG eingefügten § 3 Nr. 11c EStG. Danach könne der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000 Euro leisten. Ausweislich der zugrundeliegenden Gesetzesbegründung gehe es bei der Inflationsausgleichs-Sonderzahlung um eine Abfederung der Belastung insbesondere durch die gestiegenen Gaspreise und Verbraucherpreise. Der Kläger, als von der Prämie ausgeschlossener Mitarbeiter, sei aber von erhöhten Gas- und Verbraucherpreisen genauso betroffen wie die übrigen Mitarbeiter. Er befinde sich damit innerhalb der ausgewiesenen Zweckrichtung der Leistung und dürfe nicht ausgeschlossen werden.
Die Beklagte sei bei der Festlegung des Zwecks der Leistung nicht frei gewesen. Der Zweck sei durch den Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung vorgegeben. Es sei bei dem Erlass des § 3 Nr. 11c EStG nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen, Personalhaltungs- oder Werbungsmaßnahmen der Arbeitgeber zu finanzieren, sondern es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, seine Arbeitnehmer hinsichtlich der inflationsbedingten Widrigkeiten zu entlasten. Der Inflationsausgleich sei keine Treueprämie. Mitarbeiter in der Passivphase der Altersteilzeit verdienten zudem nur die Hälfte dessen, was ein Vollzeitbeschäftigter erhalte, und seien umso mehr von den gestiegenen Preisen betroffen.
Der Zweck der Bindung der Arbeitnehmer sei willkürlich umgesetzt. Die Zahlung erfolge nicht in Ansehung der Erbringung der Arbeitsleistung. Zudem müsse man dann auch rentennahe Jahrgänge ausnehmen, da man auch diese nicht mehr an die Arbeitgeberin binden könne.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, 1500 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 07.02.2023 an den Kläger zu zahlen.Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.Sie hat vor dem Arbeitsgericht vorgebracht, der Kläger habe keinen Anspruch auf die A.-Inflationsausgleichprämie, weil er die Voraussetzungen nicht erfülle. Es handele sich bei der Prämie um eine gänzlich freiwillige Leistung des Arbeitgebers, die er inklusive der Verteilungskriterien im Einvernehmen mit dem KBR ausgelobt habe. Die festgelegten Kriterien nähmen den Kläger zulässigerweise aus dem Empfängerkreis heraus.
Die Ungleichbehandlung der Mitarbeiter in der Passivphase der Altersteilzeit sei sachlich gerechtfertigt. Die Inflationsausgleichsprämie habe nicht nur den (gesetzgeberisch intendierten) Zweck, die gestiegenen Verbraucherpreise abzumildern, sondern zudem auch, die Beschäftigten in Zeiten eines umkämpften Arbeitsmarktes an den Arbeitgeber zu binden. Da es sich vorliegend um eine gänzlich freiwillige Leistung der Beklagten handele, könne sie auch den Zweck der Prämie völlig frei wählen und sei nicht an den ausschließlichen Zweck des Ausgleichs der Inflation gebunden. Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit seien, ebenso wie die anderen aufgeführten Gruppen ausgenommen worden, da die Verbindung der genannten Beschäftigten zum Arbeitgeber nicht dauerhaft und nicht primär auf Erzielung des Lebensunterhalts gerichtet sei.
Ungeachtet dessen sei eine Differenzierung anhand des Eintritts in die passive Altersteilzeit auch inhaltlich nachvollziehbar, um den Zweck des Inflationsausgleichs zu erreichen. Vorliegend habe der Kläger als freigestellter Beschäftigter keine so großen Nachteile aus den gesamtgesellschaftlich gestiegenen Kosten: er müsse jedenfalls nicht mehr täglich ins Büro fahren und Kosten (erhöhte Benzinpreise usw.) hierfür aufbringen, sodass auch vor diesem Hintergrund eine Herausnahme von "non-active workforce" sachlich gerechtfertigt sei. Dies gelte umso mehr, weil bereits ein Ausgleich der erhöhten Kosten über die zwei tariflichen Prämien erfolgt sei.
Wegen des weiteren Vorbingens der Parteien in erster Instanz wird auf den Inhalt der dortigen wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung erster Instanz verwiesen.
Mit Urteil vom 03.08.2023, dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten zugestellt am 15.08.2023, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger besitze aus der Zusage der Beklagten aus dem Schreiben vom 09.12.2022 nach deren klarem Wortlaut keinen Anspruch auf die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.500,00 € netto. Die Herausnahme des Klägers aus dem begünstigten Personenkreis verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Eine sachliche Differenzierung als Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung des Klägers mit anderen Beschäftigten der Beklagten liege vor. Die Beklagte könne neben dem Inflationsausgleich einen weiteren Zweck an die Prämie knüpfen. Sie habe eine nachvollziehbare Differenzierung verschiedener Gruppen vorgenommen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten mit dem am 30.08.2023 bei dem erkennenden Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 25.08.2023 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist wurde mit Beschluss vom 17.10.2023 antragsgemäß auf den 16.11.2023 verlängert. Mit der am gleichen Tag bei dem erkennenden Gericht eingegangenen Berufungsbegründung vom 16.11.2023 hat der Kläger geltend gemacht, entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts stehe ihm der Anspruch auf Zahlung einer weiteren Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.500,00 € netto zu. Dies ergebe sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Absatz 1 GG. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts stehe es dem Arbeitgeber nicht frei, die Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie mit weiteren Zwecken zu verknüpfen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Sonderzahlung zudem ersichtlich nicht auf eine Bindung oder eine Wiederkehr in der Zukunft gerichtet, zumal der ausgelobte Stichtag, der 01.10.2022, bei der Auszahlung im Dezember 2022 bereits in der Vergangenheit gelegen habe. Damit habe die Prämie keine Steuerungswirkung für die Zukunft entfalten können. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Mitarbeiter in der Passivphase der Altersteilzeit, sollte der tatsächliche Zweck der Sonderleistung in der Abfederung der inflationsbedingt erhöhten Verbraucherpreise liegen, nicht sinnvoll aus dem Bezug der Sonderleistung entnommen werden könnten, weil die gestiegenen Verbraucherpreise sie ebenso träfen wie aktive Mitarbeiter.
Der Kläger hat beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 03.08.2023 zu dem Aktenzeichen 6 Ca 136/23, die Berufungsbeklagte zu verurteilen an den Berufungskläger einen Betrag von 1.500,00 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.02.2023 zu zahlen.Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und macht geltend, entgegen der Auffassung des Klägers habe das erstinstanzliche Gericht zutreffend festgestellt, dass es dem Arbeitgeber freistehe, die Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie mit weiteren Zwecken zu verknüpfen, und dass der Arbeitgeber einen darüber hinausgehenden Zweck, nämlich die Mitarbeiterbindung, festlegen dürfe. Die Beklagte habe die Verteilungsgrundsätze mit ihrem Konzernbetriebsrat vereinbart. Sie verstießen unabhängig von und ungeachtet der gegebenenfalls im Hintergrund stehenden Zwecksetzung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Anknüpfungspunkt sei, dass Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit (wie auch Praktikanten, Werkstudenten, Diplomanden, Doktoranten) nicht dauerhaft in einem Leistungsaustauschverhältnis zum Arbeitgeber stünden. Sofern ein Beschäftigter, wie der Kläger, sich in der Freistellung befinde und feststehe, dass die Tätigkeit nicht wiederaufgenommen und keine Rückkehr ins Unternehmen erfolgen werde, habe er die freiwillige Prämie nicht erhalten sollen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die zwischen ihnen hier gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der Kammerverhandlung vom 21.02.2024 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat seine Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
1.
Der Umstand, dass die Beklagte an ihre Mitarbeiter einen Inflationsbonus ausgezahlt hat, hindert die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers nicht daran, die Auszahlung an weitere Bedingungen zu knüpfen, wie etwa vorliegend an die Voraussetzung, dass der betreffende Mitarbeiter Teil der sogenannten "active workforce" ist.
Wie die Bundesregierung selbst mit Mitteilung vom 27.10.2023 hervorhebt, sieht die im Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferung über das Erdgasnetz in § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes beschlossene Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie keine Regelung vor, dass die Prämie an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgezahlt werden muss (https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/entlastung-fuer-deutschland/inflationsausgleichspraemie, abgerufen zuletzt am 11.03.2024). Bedingungen sind lediglich eine Auszahlung in der Zeit zwischen dem 26.10.2022 und dem 31.12.2024, die Einhaltung der Höchstgrenze von 3.000,00 €, die Gewährung der Inflationsausgleichsprämie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn und die Erklärung des Arbeitgebers, dass die Zahlung im Zusammenhang mit der (inflationsbedingten) Preissteigerung steht. An diese Bedingungen hat sich die Beklagte vorliegend gehalten. Dass sie die Zahlung nur an eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern, nämlich die von ihr so bezeichnete "active workforce" erbringen will, steht im Ermessen der Beklagten.
2.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der A.-Inflationsausgleichsprämie aus dem Schreiben vom 09.12.2022. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
Ausweislich des klaren und eindeutigen Wortlauts der Zusage sollen Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit keinen Anspruch auf Zahlung der mit Schreiben vom 09.12.2022 ausgelobten A.-Inflationsausgleichsprämie haben.
Dementsprechend geht der Kläger auch fehl, wenn er das Urteil des LAG Düsseldorf vom 14.06.2022 - 8 Sa 869/21 - zur Stützung seiner Rechtsauffassung heranzieht. Dieses hatte sich in der vorzitierten Entscheidung mit der Rechtsfrage zu beschäftigen, ob Mitarbeiter, die sich am 01.10.2020 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell befunden haben, gemäß dem Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung vom 25.10.2020 einen (ggf. anteiligen) Anspruch auf Erhalt einer Corona-Sonderzahlung haben. Hierzu waren die Normen des Tarifvertrages über eine Corona-Sonderzahlung auszulegen. Diese trafen gerade keine ausdrückliche Feststellung, dass Mitarbeiter in der Freistellungsphase der Altersteilzeit vom Bezug der Corona-Sonderzahlung ausgeschlossen sein sollen, obwohl sie die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen.
3.
Der Kläger kann sich zur Begründung seines Anspruchs auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.
a)
Die Beklagte trägt vor, sie habe die Kriterien für die Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie zusammen mit ihrem Konzernbetriebsrat festgelegt. Verhielte sich dies so, könnten die Auszahlungskriterien nach den Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes für Betriebsvereinbarungen zu behandeln sein. Beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen haben die Betriebsparteien § 75 Absatz 1 BetrVG zu beachten. Der dort geregelte, auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Absatz 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, die Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Sind in einer Betriebsvereinbarung für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Leistungen vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck. Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass diese die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BAG 26.4.2016 - 1 AZR 435/14 - Rn. 21 mwN). Sind in einer Betriebsvereinbarung für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Leistungen vorgesehen, können Arbeitnehmer, denen aufgrund einer gegen § 75 Absatz 1 BetrVG verstoßenden Gruppenbildung Leistungen vorenthalten werden, die nach der Betriebsvereinbarung anderen Arbeitnehmern zustehen, diese ebenfalls beanspruchen (vgl. BAG 26.4.2016 - 1 AZR 435/14 - Rn. 25; BAG 20.9.2017 - 10 AZR 610/15, NZA 2018, 670). Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz griffe für diesen Fall nicht, da dieser nur bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers Geltung beanspruchen kann, nicht jedoch beim bloßen Normenvollzug, auch nicht beim Vollzug einer nur vermeintlich wirksamen oder subjektiv missverstandenen Norm. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Arbeitgeber in Anwendung einer vermeintlich wirksamen oder missverstandenen Betriebsvereinbarung Leistungen erbracht hat (BAG 23.1.2008 - 1 AZR 988/06 - NZA 2008, 709).
Ob allerdings vorliegend die Beklagte tatsächlich zusammen mit ihrem Konzernbetriebsrat die Kriterien für einen Bezug der Inflationsausgleichsprämie in einem mitbestimmten Verfahren festgelegt hat, das den Anforderungen des Betriebsverfassungsgesetzes für Betriebsvereinbarungen genügt, lässt sich den von Seiten der Beklagten zur Gerichtsakten gereichten Unterlagen nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen. Die E-Mail vom 09.12.2022, mit denen den Mitarbeitern die Information über die A.-Inflationsausgleichsprämie und deren Konditionen gegeben worden ist, nennt zwar als Erklärende sowohl die Konzernpersonalleiterin als auch den Konzernbetriebsratsvorsitzenden der Beklagten. Allein dies belegt allerdings noch nicht, dass die Bedingungen der Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie gemeinsam mit dem Konzernbetriebsrat ausgehandelt und festgelegt worden sind. Zudem heißt es in dem Schreiben, die A.-Inflationsausgleichsprämie sei vom A. Executive Committee ausgelobt worden. Letzteres spricht eher dafür, dass die Bedingungen nicht iSd. BetrVG mitbestimmt waren.
b)
Selbst wenn die Beklagte die Bedingungen für den Bezug der Inflationsausgleichsprämie und insbesondere den Kreis der anspruchsberechtigten Personen ohne Mitbestimmung des Konzernbetriebsrats festgelegt hätte, besäße der Kläger keinen Anspruch hierauf. Die Festlegungen hielten auch dann, wenn die Beklagte sie allein getroffen hätte, einer rechtlichen Prüfung stand. Die Maßstäbe des dann anwendbaren arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes hat die Beklagte gewahrt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillige Leistungen gewährt, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden (BAG 12. Oktober 2005 - 10 AZR 640/04 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 259 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 16; 19. März 2003 - 10 AZR 365/02 - BAGE 105, 266, 270; 8. März 1995 - 10 AZR 208/94 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 131). Dieser Grundsatz verbietet dem Arbeitgeber nicht nur eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss auch die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen (BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8). Eine sachfremde Gruppenbildung liegt nicht vor, wenn sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind. Die Zweckbestimmung ergibt sich insbesondere aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Leistung steht (BAG 10. Januar 1991 - 6 AZR 205/89 - BAGE 67, 1) . Der Zweck der Leistung darf als solcher nicht sachwidrig sein. Die sich aus den Differenzierungen ergebenden Rechtsfolgen dürfen ihrerseits nicht unsachlich oder willkürlich sein, sondern müssen sich aus den Sachverhaltsunterschieden rechtfertigen (BAG 8. März 1995 - 10 AZR 208/94 - aaO; BAG 14. Februar 2007 - 10 AZR 181/06 -, Rn. 15, juris).
Vorliegend hat die Beklagte allen ihren Beschäftigten eine Bezugsberechtigung eingeräumt und lediglich die Praktikanten, Werkstudenten, Diplomanden, Doktoranten ohne Entgeltbezug, Soldaten und Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit - wie den Kläger - hiervon ausgenommen. Die Beklagte hat dies damit begründet, dass sie zwischen sogenannter "active workforce" und sogenannter "non-active workforce" habe differenzieren wollen. Sie habe die - zusätzliche - auf betrieblicher Ebene gezahlte Inflationsausgleichsprämie nur denjenigen Beschäftigten zukommen lassen wollen, von denen sie sich auch in der Zukunft Arbeitsleistung erwartet bzw. erhofft habe. Sie habe diesen Beschäftigtenkreis durch die Zahlung - auch - zur Erbringung zukünftiger Leistungen motivieren wollen.
Dieses Kriterium ist nicht sachwidrig. Die Beklagte verfolgt hiermit ein anerkennenswertes Interesse. Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit - wie der Kläger - haben nach den vertraglichen Bedingungen zukünftig keine Arbeitsleistung mehr zu erbringen, die Beklagte vermag sie durch die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie daher auch nicht zu solcher Arbeitsleistung zu motivieren. Es ist auch nichts dafür ersichtlich und der Kläger behauptet auch nicht, dass andere Beschäftigte, von denen ebenfalls in Zukunft keine Arbeitsleistung mehr zu erwarten war bzw. gewesen wäre, von der Beklagten mit einer Zahlung der Inflationsausgleichsprämie bedacht worden wären. Des Weiteren erscheint es auch konsequent, wenn die Beklagte Praktikanten, Werkstudenten, Diplomanden, Doktoranten ohne Entgeltbezug und Soldaten aus der Regelung herausgenommen hat, da diese ebenfalls nicht die von ihr aufgestellten Kriterien eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, in dessen Rahmen noch mit der Erbringung zukünftiger Arbeitsleistung zu rechnen ist, erfüllen.
Nach alledem hat die Beklagte eine nachvollziehbare und nicht sachwidrige Differenzierung verschiedener Gruppen vorgenommen. Der Kläger vermag seinen Anspruch folgerichtig nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu stützen.
III.
Der Kläger hat die Kosten des von ihm erfolglos eingelegten Rechtsmittels der Berufung gemäß § 97 ZPO zu tragen.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestanden nicht. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) und der sofortigen Beschwerde (§ 72 b ArbGG) wird hingewiesen.