· Fachbeitrag · § 15 UStG, § 233a AO
Rückwirkende Rechnungsberichtigung doch möglich - so sieht das der Generalanwalt!
von Dipl.-Finw. Rüdiger Weimann, Dortmund
| Es ist deutsche Rechtsauffassung, dass eine Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe, z. B. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, nicht rückwirkend („ex tunc“) und damit nur für die Zukunft („ex nunc“) berichtigt werden kann. Das Recht auf Vorsteuerabzug kann damit in Deutschland nur für das Jahr ausgeübt werden, in dem die ursprüngliche Rechnung berichtigt wurde. Eine Berichtigung bereits für das Jahr, in dem die Rechnung ausgestellt wurde ist nicht möglich. Das verstößt nach Auffassung des zuständigen Generalanwalts am EuGH, des Franzosen Yves Bot, gegen die europäischen Vorgaben aus der MwStSystRL. |
Zur Erinnerung: Die deutschen „Strafzinsen“
Ob eine Rechnung auch rückwirkend berichtigt werden kann, wird in Deutschland seit Jahren kontrovers diskutiert. Bedeutung hat die Frage für den Vorsteuerabzug.
Liegen die umsatzsteuerrechtlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rechnung nicht vor, ist der Vorsteuerabzug zu versagen. Damit verbunden sind dann in der Regel Nachzahlungszinsen (§ 233a AO).
Betroffen ist insbesondere der folgende „Betriebsprüfungsklassiker“:
|
Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 2012 bis 2014 stellt der Prüfer im März 2016 formelle Mängel von Eingangsrechnungen fest. Der Prüfer fordert daher den Unternehmer auf, für Zwecke des Vorsteuerabzugs ordnungsgemäße Rechnungen vorzulegen. Dieser Aufforderung kommt der Unternehmer im April 2016 nach. |
Nach bisheriger deutscher Rechtsauffassung kann der Unternehmer die Vorsteuerbeträge erst bei Vorliegen ordnungsgemäßer Rechnungen und damit für April 2016 geltend machen. Entsprechend entfällt der Vorsteueranspruch für die Jahre 2012 bis 2014 mit der Folge der Verzinsung nach § 233a AO. |
Sollte der EuGH dagegen auf Rückwirkung der korrigierten Rechnungen erkennen, wäre für eine Verzinsung kein Raum mehr.
Die erneute Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts
Die Frage nach der möglichen Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung wurde in der Vergangenheit schon mehrfach dem EuGH vorgelegt, aber nie eindeutig beantwortet. Das Niedersächsische FG sah sich deshalb zu einer erneuten Vorlage veranlasst. Folgende Punkte liegen damit zur Klärung vor:
- Das FG bittet den EuGH zunächst um Klarstellung, ob die in der Rechtssache „Terra Baubedarf-Handel“ getroffene Feststellung, dass der Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung vorzunehmen ist, auch für den Fall der Ergänzung einer unvollständigen Rechnung gelten soll oder ob in einem solchen Fall eine Rückwirkung zulässig ist.
- Sofern eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich ist, wäre vom EuGH weiter zu klären, ob und ggf. welche Mindestanforderungen an eine rückwirkungsfähige Rechnung zu stellen sind, insbesondere ob die (ursprüngliche) Rechnung bereits eine Steuernummer oder USt-IdNr. des Rechnungsausstellers enthalten muss.
- Zuletzt stellt sich die Frage, ob die Rechnungsberichtigung noch rechtzeitig ist, wenn sie erst im Rahmen eines Einspruchsverfahrens erfolgt.
PRAXISHINWEIS |
|
|
Fundstellen
- Schlussanträge des Generalanwalts vom 17.2.16, Rs. C-518/14, Senatex GmbH, astw.iww.de, Abruf-Nr. 146559
- FG Niedersachsen, EuGH-Vorlage vom 3.7.14, 5 K 40/14, astw.iww.de, Abruf-Nr. 143310
- Pressemittteilung des Niedersächsischen FG (Stand: 23.2.16)