· Fachbeitrag · erfahrensrecht/Anwendung von BMF-Schreiben
Nachdenkliches zu dem neuen kassierenden BMF-Schreiben sowie den gleich lautenden Ländererlassen
| Mit Schreiben vom 29.3.2018 hat das BMF seine mittlerweile alljährliche Bestandaufnahme der weiter gültigen BMF-Schreiben fortgesetzt. Überprüft wurde dieses Mal der Zeitraum bis zum 16.3.2018. |
Das neue BMF-Schreiben gleicht in Text und Aufbau den Schreiben für die vorangegangenen Jahre (zuletzt Schreiben vom 21.3.17, dazu Abruf-Nr. 44730990). Insbesondere enthält es wie diese eine sog. Positivliste.
Die neue Positivliste
Nur die in die Positivliste aufgenommenen BMF-Schreiben gelten unverändert weiter. Für alle nicht aufgenommenen Schreiben heißt das:
- Verwaltungsanweisungen des Bundes, die nicht in dieser Liste stehen, sollen auf Steuertatbestände, die nach dem 31.12.2016 verwirklicht werden, nicht mehr angewendet werden.
- Ländererlasse, die auf diesen nicht mehr anwendbaren BMF-Schreiben beruhen, sollen damit ebenfalls außer Kraft gesetzt sein (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder).
- Für vor dem 1.1.2017 verwirklichte Steuertatbestände bleibt die Anwendung der nicht in der Positivliste aufgeführten BMF-Schreiben unberührt, soweit sie nicht durch ändernde oder ergänzende BMF-Schreiben überholt sind.
„Bereinigung der Weisungslage“ als Regelungsziel
Auffällig ist, dass das neue BMF-Schreiben ‒ im Einklang mit den Vorgängerschreiben, aber anders als das erste kassierende Schreiben vom 7.6.2005 ‒ folgende Zusatzregelung trifft:
„ … Die Aufhebung der BMF-Schreiben bedeutet keine Aufgabe der bisherigen Rechtsauffassung der Verwaltung, sondern dient der Bereinigung der Weisungslage …“
Die Verwaltung benennt aber nicht die Schreiben, die sie aufheben will, sondern nur diejenigen, die sie für weiter unverzichtbar hält. Damit drängt sich der Verdacht auf, dass die „Ministeriellen“ damit weniger den Bürgern oder deren Steuerberatern als vielmehr sich selbst helfen wollen, scheint ihnen doch nicht mehr präsent zu sein, was sie so alles an Verwaltungsanweisungen produziert haben.
Das Verfahren hat für das BMF z. B. den Vorteil, dass es darauf verzichten kann, genau zu dokumentieren, welche BMF-Schreiben aufgrund von Gesetzes- und/oder Rechtsprechungsänderungen ohnehin längst bedeutungslos sind.
PRAXISTIPP | Zur Euphorie jedenfalls gibt dieses Vorgehen keinen Anlass:
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Wie sollte man BMF-Schreiben ab jetzt zitieren?
Damit wird (wissenschaftlich genau) wie folgt zu zitieren sein:
Zitiervorschläge / |
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PRAXISTIPP | Da die Zitate der bis zum 16.3.2018 ergangenen Schreiben damit unnötig „aufgebläht“ werden, wird die Praxis schnell dazu übergehen, den Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 19.3.2018 auszusparen. |
Abschließend bleibt der Hinweis, dass das neue BMF-Schreiben "‒ wie die Vorgängerschreiben ‒ deklaratorisch (= bezeugend, klarstellend, beweiskräftig) wirkt, soweit die in der Positivliste nicht enthaltenen Schreiben bereits aus anderen Gründen keine Rechtswirkung mehr entfalten.
FAZIT | Auch das neue kassierende BMF-Schreiben ist rundherum eine „Mogelpackung“, denn
- die Normenflut wurde ausgeweitet
- es gibt zusätzliche ‒ wenn auch inhaltsleere ‒ Verwaltungsanweisungen
- das Zitieren wird erschwert
- der Regelungsgehalt geht gegen Null!
FAZIT | Auch das neue kassierende BMF-Schreiben ist rundherum eine „Mogelpackung“, denn
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Fundstellen
- BMF 19.3.18, IV A 2 ‒ O 2000/17/10001, 2018/0151652
- Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.3.18
- Gemeinsame Positivliste der BMF-Schreiben und der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder (Anlage 1)
- Gemeinsame Liste der im BMF-Schreiben vom 21.3.2017 (BStBl. I 2017, 486) und in den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 21.3.2017 (BStBl. I 2017, 487) aufgeführten und nicht mehr in der aktuellen Positivliste enthaltenen BMF-Schreiben und gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder (Anlage 2)