· Fachbeitrag · § 15 UStG
Vorsteuerabzug aus Zuschüssen an den Betreiber einer Betriebskantine
Ein Vorsteuerabzug aus einem Arbeitgeberzuschuss für die „Kantinenbewirtschaftung“ an einen selbstständigen Betreiber einer Betriebskantine scheidet aus, wenn bereits bei Bezug dieser Leistung beabsichtigt war, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe zu verwenden. |
Sachverhalt
Streitig ist, ob der Steuerpflichtigen, einem Logistikunternehmen, der Vorsteuerabzug aufgrund von Zuschüssen an die Betreiber der Betriebskantine zusteht. Die Steuerpflichtige zahlte in den Streitjahren Zuschüsse zu den Bewirtschaftungskosten ihrer von Dritten in eigenem Namen und für eigene Rechnung betriebenen Betriebskantine. Die Zahlungen beruhten auf einem zwischen der Steuerpflichtigen und dem jeweiligen Betreiber der Kantine geschlossenen Bewirtschaftungsvertrag, in dem die Steuerpflichtige sich zur Zahlung eines Ausgleichs für Unterdeckungen, welche sich aus der verbilligten Abgabe von Speisen an ihre Arbeitnehmer ergab, verpflichtete.
Die Steuerpflichtige nahm beim ersten Kantinenbetreiber (Jahre 2007 und 2008) aus den monatlichen Rechnungen, mit denen
- die allgemeinen Zuschüsse der Steuerpflichtigen zum Betrieb des Restaurants,
- die Essens-Zuschüsse der Steuerpflichtigen (Anzahl Mittagessen Arbeitnehmer × 0,80 EUR) sowie
- die sonstigen Bewirtungen
abgerechnet wurden, den Vorsteuerabzug in Anspruch.
Nach einem Standortwechsel übernahm ab Oktober 2008 ein zweiter Betreiber das Betriebsrestaurant der Steuerpflichtigen. Nach dem Bewirtschaftungsvertrag führte der Caterer im Auftrag der Steuerpflichtigen das Betriebsrestaurant sowie den Gäste- und Konferenzbereich und stellte Sonderessen nach Vereinbarung bereit.
Die Steuerpflichtige stellte für diese Zwecke u. a. die Räume, die Küchenanlagen sowie die Einrichtungsgegenstände zur Verfügung und übernahm die Nebenkosten der Räumlichkeiten. Der Caterer stellte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung das erforderliche Management-Personal und das notwendige Fach- und Hilfspersonal ein. Das Restaurant wurde in Selbstbedienung geführt. Jeder Essensteilnehmer stellte sich sein Mittagessen ohne Vorbestellung entsprechend dem täglichen Speisenangebot zusammen.
Die Preise wurden zwischen den Vertragspartnern einvernehmlich festgelegt, ebenso die Öffnungszeiten. Die Steuerpflichtige verpflichtete sich zur Erstattung sämtlicher Kosten, insbesondere Wareneinsatz, Personalkosten und Betriebsnebenkosten. Daneben erhielt der Caterer auf Provisionsbasis eine Vergütung für die Bewirtschaftung der Verpflegungseinrichtungen i. H. v. 10 % der Summe sämtlicher Waren-, Personal- und Betriebsnebenkosten, mindestens jedoch i. H. v. 1.400 EUR monatlich.
Nach einer Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass der Steuerpflichtigen für die von ihr geleisteten Zuschüsse an den Caterer der Vorsteuerabzug zu versagen sei, weil diese Zahlungen nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgten. Vereinbare der Arbeitgeber mit einem selbstständigen Kantinenpächter, dass dieser die Kantine in den Räumen des Arbeitgebers betreibe und die Verpflegungsleistungen an die Arbeitnehmer im eigenen Namen und für eigene Rechnung erbringe, liege ein Leistungsaustausch nur zwischen Caterer und Arbeitnehmer vor. Entsprechendes gelte hinsichtlich des Arbeitgeberzuschusses zum Mittagessen der Arbeitnehmer i. H. v. 0,80 EUR pro Mahlzeit.
Entscheidung
Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Der Vorsteuerabzug für die von der Steuerpflichtigen an den Betreiber ihrer Betriebskantine geleisteten Zuschüsse wurde vom FA zu Recht versagt. Ein Vorsteuerabzug scheidet aus, weil bereits bei Bezug dieser Leistung beabsichtigt war, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu verwenden.
Die Leistung Kantinenbewirtschaftung wurde an die Steuerpflichtige ausgeführt. Auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Steuerpflichtigen und den jeweiligen Kantinenbetreibern bestand ein Leistungsaustauschverhältnis, aufgrund dessen die beiden letzteren mit der Bewirtschaftung der Kantine eine Dienstleistung an die Steuerpflichtige erbrachten.
Die Steuerpflichtige wiederum war verpflichtet, ein Entgelt für die vereinbarte Leistung zu zahlen. Sie zahlte das Entgelt als Gegenleistung für die vertraglich ausgeführten Leistungen des jeweiligen Auftragnehmers. Diese umfassten die Führung des Betriebsrestaurants sowie die Bewirtschaftung des Gäste- und Konferenzbereichs einschließlich der Durchführung von Sonderveranstaltungen. Mit dem Betrieb des Betriebsrestaurants konnte die Steuerpflichtige ihren Beschäftigten eine Kantine bieten, die zu günstigen Preisen und Konditionen ein breites Angebot an Speisen und Getränken anbot.
Soweit die Steuerpflichtige einen Zuschuss von 0,80 EUR pro Mittagessen an ihre Arbeitnehmer zahlte und zudem den sogenannten Kostenüberhang des Auftragnehmers übernahm, steht der Steuerpflichtigen der begehrte Vorsteuerabzug nicht zu, weil die insoweit bezogene Leistung der Kantinenbewirtschaftung ausschließlich dazu diente, ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit zu verschaffen, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen.
Die Steuerpflichtige hat die von dem Auftragnehmer erbrachte „Bewirtschaftungsleistung“ bereits im Bezugszeitpunkt damit
- nicht für ihre wirtschaftliche Tätigkeit,
- sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe
zu verwenden beabsichtigt. Ein Unternehmer, der bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i. S. v. § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG „die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen“, gleichgestellt. Eine unentgeltliche Wertabgabe in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistung des Unternehmers
- dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dient und
- nicht durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt ist.
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH zur Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer (EuGH 11.12.08, Danfoss und AstraZeneca).
Leistungen an Arbeitnehmer, die aus deren Sicht ihren privaten Zwecken dienen ‒ wie z. B. die Abgabe von Mahlzeiten ‒ sind nur dann nicht als Entnahme zu berücksichtigen, wenn ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer daraus ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet erscheint.
Die von der Steuerpflichtigen insoweit bezogene „Bewirtschaftungsleistung“, mit der sie ihren Arbeitnehmern gegenüber die unentgeltliche Leistung erbracht hat, in ihrer Betriebskantine zu festgesetzten verbilligten Abgabepreisen günstig essen zu können, dient deren privatem Bedarf. Selbst wenn ‒ was naheliegt ‒ die Bewirtschaftung der Kantine im unternehmerischen Interesse erfolgt ist und dem optimalen Ablauf des betrieblichen Leistungsprozesses gedient hat, ist weder ersichtlich noch vorgebracht, dass ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer aus der mit der Bewirtschaftung verbundenen verbilligten Abgabe von Mahlzeiten ziehen, gegenüber den Bedürfnissen der Steuerpflichtige als nur untergeordnet im Sinne der vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze erscheint. Denn es ist Sache des Arbeitnehmers, für seine Mahlzeiten zu sorgen, sodass Dienstleistungen, die in der unentgeltlichen ‒ oder wie hier: verbilligten ‒ Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer bestehen, unter normalen Umständen dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dienen.
Soweit die Steuerpflichtige erstmalig in der mündlichen Verhandlung vortragen ließ, dass die verbillige Essensabgabe deshalb überwiegend durch die besonderen Umstände ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sei, weil die Lagerarbeiter in zwei Schichten arbeiten würden und im Gewerbegebiet auch keine andere Möglichkeit der Verpflegung bestehe, sind diese Angaben in ihrer Allgemeinheit nicht dazu geeignet zu belegen, dass ausnahmsweise besondere unternehmerische Umstände die Übernahme der dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dienenden Verpflegung erforderten.
MERKE | Ein Ausnahmefall, bei dem der persönliche Vorteil als nur untergeordnet erscheint, kann gegeben sein, wenn die verbilligte Verpflegung der Arbeitnehmer bei einem abseits gelegenen Produktionsbetrieb auch durch ein auf den Stillstand der Fertigungslinien genau abgestimmtes Pausenreglement bedingt ist. Bei derartigen Besonderheiten, die nicht auf die Mehrheit aller Unternehmer zutrifft, erscheint der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer aus der verbilligen Überlassung von Mahlzeiten ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet. Die bereits nicht näher dargelegte Schichttätigkeit der Lagerarbeiter der Steuerpflichtigen sowie deren Auswirkung auf den Logistikbetrieb der Steuerpflichtigen reichen demgegenüber nicht aus, um darzulegen, dass das eigene unternehmerische Interesse der Steuerpflichtigen das private Interesse des Arbeitnehmers an der Verpflegung überwiegt. Ein überwiegendes unternehmerisches Interesse der Steuerpflichtige liegt auch nicht darin, dass die Steuerpflichtige nach ihrem Vortrag bei Leistungsbezug zudem beabsichtigte, Mitarbeitern von benachbarten Unternehmen ein verbilligtes Mittagessen zu ermöglichen. Insoweit liegt in der Ermöglichung der verbilligten Essenseinnahme die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb seines Unternehmens liegen. Ist eine derartige Verwendung bereits bei Bezug der Leistung geplant, scheidet der Vorsteuerabzug ebenfalls aus. |
Fundstelle
- FG Düsseldorf 18.8.23, 1 K 2107/20 U, iww.de/astw, Abruf-Nr. 240135