· Fachbeitrag · Schenkungsteuer
Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung bei Grundstücken und Unternehmensbeteiligungen
von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster
| Die Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des ErbStG soll im 1. Halbjahr 2014 ergehen. Sollte das BVerfG das ErbStG für verfassungswidrig erklären, ist mit einer Unvereinbarkeitserklärung zu rechnen ( BFH 21.11.13, II B 46/13, DStR 13, 2686). In diesem Fall würde das ErbStG nicht rückwirkend für verfassungswidrig erklärt werden, sondern erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung oder erst nach einer Übergangsfrist. Wer einer denkbaren Rechtsänderung des ErbStG durch vorweggenommene Vermögensübertragungen zuvorkommen will, muss sicherstellen, dass der Zeitpunkt der Entstehung der Schenkungsteuer vor dem Inkrafttreten eines geänderten ErbStG liegt. |
1. Zeitpunkt der Entstehung der SchenkSt
Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG). Ebenso erfolgt die Bewertung auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 11 ErbStG). Soll die Schenkung noch nach bisherigem Recht besteuert werden, muss die Steuer also vor dem Tag des Inkrafttretens einer Rechtsänderung ausgeführt sein. Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Steuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Eine Schenkung oder freigebige Zuwendung ist ausgeführt, wenn der Bedachte das erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede, im Fall der freigebigen Zuwendung nach dem Willen des Zuwendenden, verschafft werden soll (BFH 27.4.05, II R 52/02, ErbBstg 06, 39; BFH 23.8.06, II R 16/06, ErbBstg 06, 268). Es kommt dabei grundsätzlich auf den Eintritt des Leistungserfolgs an (BFH 20.1.10, II R 54/07, ErbBstg 10, 88).
|
|
Bei Schenkungen kann auf den für die Ausführung der Schenkung maßgeblichen Zeitpunkt durch eine entsprechende Vereinbarung im Schenkungsvertrag Einfluss genommen werden, z.B. durch die Vereinbarung eines bedingten oder befristeten Erwerbs (§ 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG). Dies gilt aber nur, soweit der Bestimmung des Ausführungszeitpunkts keine Grenzen gesetzt werden. Rückwirkende Übertragungen sind beispielsweise - entgegen der ertragsteuerlichen Beurteilung - schenkungsteuerlich nicht möglich.
2. Ausführungszeitpunkt bei Grundstücksschenkungen
Würde bei Grundstücksschenkungen auf den Eintritt des Leistungserfolgs als Ausführungszeitpunkt abgestellt, wäre eine Grundstücksschenkung erst mit Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch vollzogen. Der BFH stellt bei der Schenkung von Grundstücken jedoch nicht erst auf den Eintritt des Leistungserfolgs ab, sondern verlagert den Zeitpunkt der Steuerentstehung grundsätzlich auf einen früheren Zeitpunkt.
2.1 Zeitpunkt der Ausführung einer Grundstücksschenkung im Regelfall
Die freigebige Zuwendung eines Grundstücks oder eines Miteigentumsanteils ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH bereits dann ausgeführt, wenn die Vertragspartner die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärungen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken (BFH 27.4.05, II R 52/02, ErbBstg 06, 39; BFH 23.8.06, II R 16/06, ErbBstg 06, 268). Dies ist der Fall, wenn von den Vertragsparteien die Auflassung erklärt (§ 925 Abs. 1 S. 1 BGB, § 873 Abs. 1 BGB) und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch von dem Berechtigten, nämlich dem Schenker, bewilligt worden ist. Damit entsteht die Steuer regelmäßig im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Vertrags (R E 9.1 Abs. 1 ErbStR 2011).
2.2 Schenkung eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt
Eine Schenkung ist auch dann ausgeführt, wenn sich der Schenker ein Nießbrauchsrecht/Wohnrecht und/oder einen - freien - Widerruf vorbehalten hat (BFH 13.9.89, II R 67/86, BStBl II 89, 1034). Die Vereinbarung des Vorbehaltsnießbrauchs allein stellt keinen Grund dar, die Grundstücksübertragung schenkungsteuerrechtlich nicht anzuerkennen. Auch die Finanzverwaltung hat hierzu klar geäußert, dass erst bei Hinzutreten weiterer erheblicher Eigentumsbeschränkungen der Frage nachzugehen ist, ob eine Schenkung wirksam ausgeführt ist (FinMin Bayern 11.10.95, DStR 95, 1714, BB 95, 2254).
2.3 Zuwendung eines Grundstücks mit noch zu errichtendem Gebäude
Bei der mittelbaren Schenkung eines Grundstücks mit einem noch zu errichtenden Gebäude wird ein erst künftig entstehender Gegenstand zugewendet. In diesem Fall kommt es auf den Eintritt des Leistungserfolgs an. Vor Entstehung des Gegenstands kann die freigebige Zuwendung nicht ausgeführt sein und die SchenkSt nicht entstehen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Bei der Hingabe eines Geldbetrags zur Errichtung eines Gebäudes im Wege einer mittelbaren Grundstücksschenkung ist die Zuwendung daher erst mit Bezugsfertigkeit des Gebäudes ausgeführt (R E 9.1 Abs. 2 ErbStR 2011).
PRAXISHINWEIS | Auch bei der Zuwendung eines erst künftig entstehenden Anspruchs aus einer Lebensversicherung kommt es auf den Eintritt des Leistungserfolgs an. Nicht die Einräumung des Bezugsrechts, sondern erst die zur Auszahlung gelangende Versicherungsleistung unterliegt der SchenkSt (BFH 30.6.99, II R 70/97, BStBl II 99, 742). Ebenso ist es bei anderen erst später entstehenden Forderungen (BFH 21.5.01, II R 48/99, BFH/NV 01, 1407 unter II.2.b). Wird dem Beschenkten hingegen die Stellung des Versicherungsnehmers eingeräumt, ist die Schenkung bereits mit Einräumung vollzogen (§ 12 Abs. 4 BewG). |
2.4 Vertragliche Bestimmung des Ausführungszeitpunkts
Wird in einem Vertrag über die Schenkung eines Miteigentumsanteil an einem Grundstück vereinbart, dass die Übertragung des Anteils erst zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt erfolgen soll, ist die Schenkung nicht schon mit der Einigung über den Eigentumsübergang und der Bewilligung, die Rechtsänderung im Grundbuch einzutragen, ausgeführt. Für diese Wertung kommt es nach Auffassung des BFH nicht darauf an, ob die Zeitbestimmung die Auflassung, das zugrunde liegende schuldrechtliche Geschäft oder lediglich dessen Vollzug betrifft (BFH 8.2.00, II R 9/98, BFH/NV 00, 1095; R E 9.1 Abs. 1 S. 7 ErbStR 2011). Dies gilt auch dann, wenn für den Beschenkten bereits eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden ist (BFH 2.2.05, II R 26/02, ErbBstg 05, 119).
|
Mit einem zwischen den Parteien am 19.12.01 notariell beurkundeten Übergabevertrag überträgt A an B ein Grundstück zum Alleineigentum. Die Übergabe soll mit dem Tod des A erfolgen. Mit der Übergabe sollen Gefahr, Nutzung, öffentliche Abgaben und Lasten auf B übergehen. A bewilligt und beantragt die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten von B. Ferner bewilligen und beantragen A und B, die Eigentumsänderung gegen Vorlage der Sterbeurkunde des A in das Grundbuch einzutragen. A verstirbt am 15.04.06. Zu diesem Zeitpunkt wird das Grundstück auf B umgeschrieben. Die Steuer entsteht erst im Jahr 06. |
2.5 Nachträgliche Genehmigung einer Grundstücksschenkung
Der BFH vertritt hierzu die Auffassung, dass die SchenkSt für eine von einem vollmachtlosen Vertreter erklärte und nachträglich vom Eigentümer genehmigte Grundstücksschenkung erst im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung entsteht (BFH 27.4.05, II R 52/02, ErbBstg 06, 39). Sie wirkt entgegen den zivilrechtlichen Vorgaben (§ 184 BGB) nicht zurück.
|
Laut notariellem Vertrag vom 28.12.01 erwirbt B von seinen Eltern Miteigentumshälften an mehreren im Grundbuch eingetragenen Grundstücken, an denen er bereits zuvor hälftig beteiligt war. In § 5 der Urkunde wird die Auflassung erklärt sowie die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch bewilligt und beantragt. Bei der Beurkundung wird sowohl B als auch seine Eltern von Büroangestellten des Notars vertreten, die jeweils als „vollmachtlose Vertreter“ auftreten. Mit Erklärung vom 20.5.02 genehmigen der B und die Eltern den Inhalt der Urkunde vom 28.12.01 und die in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen. |
In R E 9.1 Abs. 3 S. 3 bis 5 ErbStR 2011 heißt es in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH, dass die zivilrechtliche Rückwirkung einer behördlichen oder privatrechtlichen Genehmigung steuerrechtlich unbeachtlich ist. Die für eine Ausführung der Schenkung erforderliche Bindung aller Vertragsparteien zueinander tritt nach R E 9.1 Abs. 3 S. 5 ErbStR 2011 erst im Zeitpunkt der Genehmigung ein, sodass dann auch erst der Tatbestand der Schenkung verwirklicht sein kann (§ 38 AO).
Bei behördlichen Genehmigungen ist allerdings von deren Wirksamkeit bereits auszugehen, wenn die Parteien alles getan haben, um die Genehmigung herbeizuführen, insbesondere die erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben.
PRAXISHINWEIS | Gleichwohl ist bei behördlichen Genehmigungsvorbehalten Vorsicht geboten. Bedarf ein Vertrag beispielsweise der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts und wird die Gestaltung vom Gericht zunächst nicht genehmigt, sondern von weiteren Erläuterungen abhängig gemacht, ist noch nicht alles getan, um die Genehmigung herbeizuführen. Genehmigungsvorbehalte der Behörden müssen daher in die zeitliche Planung einbezogen werden. |
2.6 Aufhebung einer Grundstücksschenkung vor Eigentumsübergang
Grundsätzlich gilt, dass eine Grundstücksschenkung mit der Beurkundung der Auflassung und der Erteilung der Eintragungsbewilligung ausgeführt ist (BFH 24.7.02, II R 33/01, DStR 02, 1397; BFH 27.4.05, II R 52/02, ErbBstg 06, 39; BFH 26.10.05, II R 53/02 (NV), BFH/NV 2006 S. 551). Voraussetzung ist aber, dass die Umschreibung nachfolgt.
|
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18.4.01 verpflichtet sich A, seiner Tochter B ein Grundstück schenkweise zu übertragen. Das Grundstück wird mit dem Tag der Beurkundung übergeben und zugleich die Auflassung erklärt. Noch bevor die bereits beantragte Umschreibung erfolgt, heben die Parteien den Vertrag durch privatschriftliche Erklärung vom 5.6.01 wieder auf. Den Antrag auf Umschreibung des Grundstücks nehmen sie zurück.
Lösung: Da die Umschreibung unterbleibt, weil die Schenkungsabrede zuvor aufgehoben wurde, liegt in der Aufhebung nach Auffassung des BFH weder eine Rückschenkung des Grundstücks noch eine anderweitige Zuwendung seitens des ursprünglich Bedachten. |
2.7 Vollzug der Schenkung bei Bedingung oder Befristung
Der Grundsatz, dass für die Vollziehung der Schenkung eines Grundstücks der Tag des Abschlusses des notariellen Schenkungsvertrags maßgeblich ist, kann nur gelten, wenn es sich nicht um einen bedingten oder befristeten Erwerb handelt. Der Zeitpunkt der Entstehung der SchenkSt richtet sich dann nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, sondern nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG. Für die Entstehung der SchenkSt ist dann der Tag des Eintritts des Ereignisses maßgebend.
|
Wird die Grundstücksschenkung vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig gemacht, dessen Eintritt ungewiss ist (z.B. Eheschließung), steht sie unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 4 BewG). Erst mit Eintritt des Ereignisses soll der Betroffene Eigentümer werden. Erst dann ist die Schenkung ausgeführt. |
3. Besonderheiten bei der Schenkung von Unternehmen
Bei der Schenkung von Einzelunternehmen oder Beteiligungen an Personengesellschaften ist die Schenkung grundsätzlich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen Schenker und Beschenktem ausgeführt. Für eine Beteiligung an einer KG hat der BFH entschieden, dass dies nicht nur gilt, wenn der Beschenkte in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss eintritt, sondern auch dann, wenn der Eintritt in die Gesellschaft rückwirkend erfolgt (BFH 30.11.09, II R 70/06, BFH/NV 10, 900). Auf die Eintragung im Handelsregister (HR) kommt es dabei nicht an. Die Eintragung stellt ohne besondere Vereinbarung keine aufschiebende Bedingung dar, sondern hat nur eine deklaratorische Wirkung (Geck, ErbStG, § 9 Rn. 62). Auch die Zuwendung einer Unterbeteiligung am Kapitalanteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft ist im Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung ausgeführt (BFH 22.8.62, II 283/584 U, BStBI III 62, 502; BFH 24.7.63, II 207/61 U, BStBI III 63, 442).
PRAXISHINWEIS | Bei der Schenkung von Geschäftsanteilen an einer GmbH bedarf die Schenkung der Abtretung und Annahme in notarieller Form (§ 15 Abs. 3 GmbHG) und ist grundsätzlich mit der Beurkundung ausgeführt. |
3.1 Ausführungszeitpunkt und Steuerverschonung
Sollen die Begünstigungen der §§ 13a, 13b, 19a ErbStG in Anspruch genommen werden, ist der Übertragungsstichtag auch für die Ermittlung des Verwaltungsvermögens und der Quote gemäß Feststellungsbescheid (§ 13b Abs. 2a ErbStG), für die Ausgangslohnsumme (§ 13a Abs. 1 S. 3 ErbStG), für die Frage, ob Wirtschaftsgüter „junges Betriebsvermögen“ i.S. des § 200 Abs. 4 BewG oder „junges Verwaltungsvermögen“ i.S. des § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG darstellen und für die Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 ErbStG) von Bedeutung.
3.2 Rückwirkende Vereinbarungen
Aufgrund der Maßgeblichkeit des Zivilrechts gilt das schenkungsteuerliche Rückwirkungsverbot. Soweit die Rechtsprechung ertragsteuerlich Ausnahmen innerhalb kurzer Zeitspannen zugelassen hat, ist das für die erbschaft- und schenkungsteuerliche Beurteilung ohne Bedeutung.
3.3 Vollzug der Schenkung bei Bedingung oder Befristung
Soll der Eintritt des Beschenkten zu einem späteren Zeitpunkt als dem des Vertragsabschlusses erfolgen, ist von einem bedingten oder befristeten Erwerb auszugehen; für die Entstehung der SchenkSt ist dann der Tag des Eintritts des Ereignisses maßgebend (§ 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG). Die freigebige Zuwendung eines Kommanditanteils (oder GmbH-Anteils) unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung des Beschenkten als Kommanditist in das HR ist bis zum Bedingungseintritt nicht zu berücksichtigen (BFH 30.11.09, II R 70/06, BFH/NV 10, 900; BFH 20.1.10, II R 54/07, ErbBstg 10, 88).
3.4 Zustimmung der Mitgesellschafter
Ist für eine Schenkung die Zustimmung der Mitgesellschafter erforderlich, stellt diese ebenfalls eine aufschiebende Bedingung dar (§ 4 BewG). Erst mit Zustimmung der Mitgesellschafter wird der Betroffene Gesellschafter - vergleichbar der privatrechtlichen Genehmigung bei Grundstücksübertragungen.
3.5 Gewerblich geprägte Personengesellschaft in Gründung
Eine in Gründung befindliche GmbH & Co. KG, an der eine natürliche Person beteiligt ist und die kein Handelsgewerbe betreibt, und die schon vor ihrer Eintragung in das HR als gewerblich geprägte Personengesellschaft übertragen wird, hat kein nach § 13a ErbStG begünstigtes Vermögen (BFH 4.2.09, II R 41/07, ErbBstg 09, 144; BFH 18.5.11, II R 10/10, ErbBstg 11, 264). Gemäß § 105 Abs. 2 HGB ist eine Personengesellschaft, die ausschließlich eigenes Vermögen verwaltet, erst mit Eintragung in das HR als Personenhandelsgesellschaft anzusehen (§ 176 Abs. 1 S. 2 HGB). Bis zur Eintragung handelt es sich um eine Gesellschaft i.S. des § 705 BGB, bei der alle Gesellschafter unbeschränkt haften und die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG mithin noch nicht erfüllt sind. Wird ein solcher Kommanditanteil von einer natürlichen Person vor Eintragung dieser in das HR verschenkt oder vererbt, handelt es sich nicht um begünstigtes Betriebsvermögen i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG (FinMin. Baden-Württemberg 11.7.08, DStR 08, 1537).
3.6 Entstehung neuer Geschäftsanteile durch Kapitalerhöhung
Wird ein Gesellschaftsanteil geschenkt, der im Zuge einer Kapitalerhöhung einer GmbH neu entsteht, ist die Zuwendung nicht vor der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR ausgeführt. Eine beschlossene Erhöhung des Stammkapitals hat nämlich als Abänderung des Gesellschaftsvertrags nach § 54 Abs. 3 GmbHG keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das HR des Sitzes der Gesellschaft eingetragen ist. Erst mit der Erlangung des Vollrechts wächst dem Bedachten die Rechtsposition zu, die den Gegenstand der Schenkung bildet. Auf den Zeitpunkt, zu dem die HR-Eintragung beantragt wurde, kommt es nicht an. Die Zuwendung eines erst künftig im Rahmen einer Kapitalerhöhung entstehenden Geschäftsanteils ist erst recht nicht bereits mit der wirksamen Beurkundung der Abtretung des Geschäftsanteils ausgeführt.
|
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.11.01 tritt V jeweils die Hälfte seines bestehenden Geschäftsanteils von nominell 40.000 EUR und seines aufgrund der Kapitalerhöhung neu entstehenden Geschäftsanteils von 2.202.000 EUR „mit sofortiger Wirkung“ schenkweise an S und T ab. Die Kapitalerhöhung wird aufgrund der Anmeldung vom 11.5.02 am 22.8.03 in das HR eingetragen.
Lösung: Die Zuwendungen der beiden Geschäftsanteile werden nach Auffassung des BFH (BFH 20.1.10, II R 54/07, ErbBstg 10, 88) zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgeführt, und zwar die Übertragung des Geschäftsanteils von jeweils 20.000 EUR mit deren notarieller Beurkundung am 11.11.01 (§ 15 Abs. 3 GmbHG) und die Übertragung des Geschäftsanteils von jeweils 1.101.000 EUR mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR am 22.8.03. Dass die Schenkung der beiden Geschäftsanteile schuldrechtlich in einer notariellen Urkunde vereinbart worden war, lässt nicht die Folgerung zu, dass auch die Übertragung des Geschäftsanteils von 20.000 EUR erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR ausgeführt worden ist. Die Frage, zu welchen Zeitpunkten die Zuwendungen der beiden Geschäftsanteile ausgeführt werden, ist für jeden Geschäftsanteil eigenständig zu beurteilen. Dem Schenkungsvertrag lässt sich nicht entnehmen, dass die Übertragung der beiden Anteile zivilrechtlich zwingend ein einheitliches Geschäft bilden sollte. |