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  • · Nachricht · Abstammung

    Transsexueller (Frau-zu-Mann) gilt rechtlich als Mutter eines von ihm geborenen Kindes

    | Der BGH hat entschieden, dass ein Frau-zu-Mann-Transsexueller, der nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Änderung seiner Geschlechtszugehörigkeit ein Kind geboren hat, im Rechtssinne als Mutter des Kindes anzusehen ist ( BGH 6.9.17, XII ZB 660/14 ). |

     

    Der Beteiligte zu 1 (M) ist transsexuell. Er wurde als Kind weiblichen Geschlechts geboren. M ließ seinen Vornamen in einen männlichen ändern. Es wurde gerichtlich festgestellt, dass der M als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. M gebar das betroffene Kind. Er hat hierzu vorgebracht, nach Zuerkennung des männlichen Geschlechts die Hormone abgesetzt zu haben und wieder fruchtbar geworden zu sein. Das Kind sei durch eine Samenspende („Bechermethode“) entstanden; mit dem Samenspender sei vereinbart worden, dass dieser nicht rechtlicher Vater des Kindes werde. Das AG hat das Standesamt angewiesen, den M als „Mutter“ in das Geburtenregister einzutragen, und zwar mit seinen früher geführten weiblichen Vornamen. Die dagegen gerichtete Beschwerde und Rechtsbeschwerde blieben erfolglos.

     

    Nach § 10 Abs. 1 Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz ‒ TSG) richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten ab Rechtskraft der Entscheidung, dass ein Transsexueller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, nach dem neuen Geschlecht, wenn nichts anderes bestimmt ist. Nach § 11 S. 1 TSG lässt eine solche Entscheidung das Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinen Kindern aber unberührt. Der BGH hat entschieden, dass § 11 S. 1 TSG auch für solche leiblichen Kinder eines Transsexuellen gilt, die erst nach der Entscheidung über die Änderung der elterlichen Geschlechtszugehörigkeit geboren worden sind. Die Regelung gewährleistet, dass der biologisch durch Geburt oder Zeugung festgelegte rechtliche Status als Mutter oder Vater des Kindes gesichert und einer Veränderung nicht zugänglich ist.

     

    Diese Regelung ist auch nicht verfassungswidrig, es werden die Persönlichkeitsrechte des transsexuellen Elternteils nicht dadurch verletzt, dass ihm das Abstammungsrecht eine rechtliche Elternrolle zuweist, die seinem selbstempfundenen und rechtlich zugewiesenen Geschlecht nicht entspricht. Es ist ein berechtigtes Anliegen des Gesetzgebers, Kinder ihren biologischen Eltern auch rechtlich so zuzuweisen, dass ihre Abstammung nicht im Widerspruch zu den biologischen Tatsachen auf zwei rechtliche Mütter oder Väter zurückgeführt wird. Eine davon abweichende Eltern-Kind-Zuordnung hätte weitreichende Folgen für die Rechtsordnung. Mutterschaft (§ 1591 BGB) und Vaterschaft (§ 1592 BGB) sind als rechtliche Kategorien nicht beliebig untereinander austauschbar, weil sie sich sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen ihrer Begründung als auch hinsichtlich der daran anknüpfenden Rechtsfolgen ‒ z. B. bezüglich des Sorgerechts unverheirateter Eltern ‒ voneinander unterscheiden. Die Zuordnung zum Kind kann für einen gebärenden Frau-zu-Mann-Transsexuellen systemgerecht nur auf eine Mutterschaft zurückgeführt werden, weil er das Kind geboren hat. Auch das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung wäre betroffen, wenn das Abstammungsrecht und die darauf beruhenden Eintragungen in die Geburtenregister nicht zutreffend klarstellen würden, auf welche Fortpflanzungsfunktion (Geburt oder Zeugung) es die konkrete Eltern-Kind-Zuordnung zurückführt.

     

    Dass die Eintragung als „Mutter“ in das Geburtenregister mit den früher geführten weiblichen Vornamen vorzunehmen ist, ergibt sich aus § 5 Abs. 3 TSG. Sowohl das Geburtenregister als auch die Geburtsurkunden sollen von Hinweisen auf die Transsexualität eines Elternteils freigehalten werden. Zweck ist, es den Kindern zu ermöglichen, ihre Herkunft mit Geburtenregistereinträgen und Geburtsurkunden nachweisen zu können, deren Inhalt einem Dritten keinen Anlass zu Spekulationen über die Transsexualität seiner Eltern bietet.

     

    Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 148/2017 vom 25.9.17

    Quelle: ID 44906560