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  • · Fachbeitrag · Betreuungsrecht

    Wunsch nach Bestellung mehrerer Betreuer

    von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen

    | Auch auf Wunsch des Betroffenen werden nur mehrere Betreuer bestellt, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können. Das hat der Betreuungssenat des BGH klargestellt. |

     

    Sachverhalt

    Die Betroffene B ist 82 Jahre alt und leidet an einem manisch-depressiven demenziellen Symptom und einer organischen wahnhaften Störung. Sie kann ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen. Sie hatte zwar ihrem Enkel E, dem Sohn ihrer Tochter T1, eine Vorsorgevollmacht erteilt. Zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung war sie aber bereits geschäftsunfähig. Das AG hat daher eine Betreuung für mehrere Aufgabenkreise eingerichtet und die jüngere Tochter T2 der B zur Betreuerin bestellt. Dagegen hat die B Beschwerde eingelegt. Sie wünscht, dass ihr Enkel E als ein weiterer Betreuer bestellt wird. Während des Betreuungsverfahrens machten die T2 und der E sich wechselseitig Vorhaltungen über vermeintliche Verfehlungen. Das LG hat die B nicht erneut angehört und die Beschwerde zurückgewiesen. Auch die Rechtsbeschwerde der B bleibt erfolglos (BGH 7.9.22, XII ZB 211/22, Abruf-Nr. 231840).

     

    Entscheidungsgründe

    Die T2 ist bereit und in der Lage, die B zu betreuen. Ihre Bestellung entspricht dem Wohl und Willen der B, da diese sich gut mit T2 versteht. Ihr Wunsch, auch durch den E betreut zu werden, ist zwar beachtlich. Diesem kann nach § 1899 Abs. 1 BGB aber nur entsprochen werden, wenn die Angelegenheiten der B dadurch besser besorgt werden könnten. Das ist nicht der Fall, da es Spannungen zwischen den Familienstämmen gibt.

     

    Das LG hat verfahrensfehlerfrei von einer erneuten Anhörung der B abgesehen. Die Pflicht zur persönlichen Anhörung besteht zwar grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Davon kann aber abgesehen werden, wenn die Anhörung bereits im ersten Rechtszug ohne Verletzung zwingender Verfahrensvorschriften erfolgt ist und von einer erneuten Anhörung durch das Beschwerdegericht keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Eine erneute Anhörung ist folglich regelmäßig erforderlich, wenn das Beschwerdegericht eine neue Tatsachengrundlage heranzieht. Hierunter kann auch eine nachträglich erfolgte Willensänderung des Betroffenen, wie hier der Wunsch nach einem weiteren Betreuer, fallen. Wenn die Beschwerde jedoch bereits aus Rechtsgründen zurückzuweisen ist, ist auch keine erneute Anhörung erforderlich, da keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die persönliche Anhörung des Betroffenen auch in der Beschwerdeinstanz unterstreicht die Bedeutung als verfahrensrechtliche Ausprägung des Grundrechts auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2023 | Seite 60 | ID 48718854