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  • · Fachbeitrag · Editorial FK 07/2022

    Des Menschen Willen ist sein Himmelreich

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen, des Menschen Willen ist sein Himmelreich ‒ so ein Sprichwort. Die Pandemie hat uns auch im Bereich der elterlichen Sorge vor Herausforderungen gestellt. Kaum ein Thema spaltet die Gesellschaft so sehr, wie die Frage der Notwendigkeit einer Impfung gegen das Coronavirus. Selten hat ein gesetzgeberisches Vorhaben wie die Einführung einer Impfpflicht derart die Gemüter erhitzt. |

     

    Die bisherige Rechtsprechung orientierte sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts, so bereits der BGH 2017 (BGH 3.5.17, XII ZB 157/16 FK 17, 109). Auch das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Entscheidung über die Durchführung von Schutzimpfungen für ein gemeinsames Kind bei Uneinigkeit unter den Eltern auf den Elternteil übertragen werden kann, der seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiert. Dies entspreche dem Kindeswohl am ehesten.

     

    Nun schlägt das OLG Dresden (28.1.22, 20 UF 875/21, dazu FK 22, 55) einen anderen Weg ein. Ein 14-jähriges Mädchen legte erfolgreich Beschwerde gegen einen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz ein, der dem von der Mutter getrennt lebenden Vater bei gemeinsamer elterlicher Sorge die Entscheidungsbefugnis über die Corona-Schutzimpfung übertragen hatte: Es spreche zwar viel dafür, die Entscheidungsbefugnis demjenigen Elternteil zu übertragen, der den Empfehlungen der STIKO folgt. Jugendliche, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, müssten jedoch in die Impfung einwilligen. Dem müsse eine ärztliche Aufklärung vorausgehen. Jede medizinische Maßnahme bedürfe der persönlichen Einwilligung des Patienten, sofern dieser einwilligungsfähig sei. Der Arzt müsse den Patienten selbst über sämtliche wesentlichen Umstände aufklären. Das OLG stellt damit auf die Willensbildung des minderjährigen Kindes ab. Es gebe für die Einwilligungsfähigkeit zwar keine feste Altersgrenze, da es stets auf die individuelle Entwicklung des Kinds ankomme. Das Gesetz gehe an vielen Stellen davon aus, dass mit der Vollendung des 14. Lebensjahres ein gewisses Maß an Einsichtsfähigkeit und Eigenverantwortung vorhanden sei. So würden etwa Kinder mit 14 Jahren strafmündig.