· Fachbeitrag · Ehegattenarbeitsverhältnis
Beurteilung der Mitarbeit auf arbeitsrechtlicher Grundlage bringt Vorteile
von RAin Andrea Worch, Bonn
| In FK 13, 107 erläuterte die Autorin, wann die Mitarbeit eines Ehegatten in dem Betrieb des anderen als rein familiäre Gefälligkeit einzuordnen ist und wann von einer arbeitsrechtlichen Grundlage ausgegangen wird. Die Qualifizierung des Sachverhalts wirkt sich vor allem auf die Kündigungssituation aus und hat steuerliche Folgen. Die Unterschiede sind erheblich. Es lohnt sich zu wissen, warum eine arbeitsrechtliche Grundlage Vorteile bietet. |
1. Wirkung einer Kündigung
Liegt ein Arbeitsvertrag vor, ist im Rahmen des Kündigungsschutzes zunächst zu prüfen, ob der Anwendungsbereich des KSchG eröffnet ist. Gerade in familiär geführten Kleinbetrieben sind oft weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, sodass das KSchG nicht gilt. Die Unwirksamkeit einer Kündigung kann sich dann nur aus Gesichtspunkten der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB), aus Verstößen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder das Diskriminierungsverbot des § 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG ergeben. Nach dem LAG Berlin Brandenburg (FamRZ 09, 83) verstößt die Kündigung des arbeitnehmenden Ehegatten (ArbN) vor dem Hintergrund eines laufenden Scheidungsverfahrens aber nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Es sei nachvollziehbar, dass der arbeitgebende Ehegatte (AG) keine Grundlage für eine persönliche Zusammenarbeit mehr sieht. Daran gändere auch der Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) nichts.
Ist das KSchG anwendbar, muss eine Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein. Eheliche Probleme oder eine Trennung rechtfertigen keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses (LAG Köln NZA-RR 03, 416). Liegen konkrete Umstände vor, die befürchten lassen, dass ein fortlaufender Streit zwischen den Ehegatten zur Gefährdung des Betriebsfriedens führen würde, kann eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Gleiches gilt, wenn anzunehmen ist, dass der ArbN seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mit der geschuldeten Sorgfalt/Loyalität erfüllen wird (BAG NZA 96, 249).
Ein Ausspruch einer personenbedingten Kündigung dürfte ungerechtfertigt sein, da nur die Tatsache, dass die Ehe zerrüttet ist, für die Annahme einer personenbedingten Kündigung nicht ausreicht (LAG Köln NZA-RR 03, 416). Will der AG sich auf eine verhaltensbedingte Kündigung stützen, sollte zuvor eine Abmahnung erfolgen. Entbehrlich ist dies nur bei massiven Pflichtverstößen im Vertrauensbereich oder wenn es sich dem ArbN aufdrängen müsste, dass der AG sein Verhalten nicht hinnehmen wird (BAG NJW 11, 2905).
Erachtet das ArbG die Kündigung als unwirksam, steht beiden Vertragsparteien die Möglichkeit eines Antrags auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei beidseitiger Zahlung einer angemessenen Abfindung offen, §§ 9, 10 KSchG.
PRAXISHINWEIS | Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag sind jeweils unterschiedlich. Der Antrag des AG ist erfolgreich, wenn „Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen ihm und dem ArbN nicht erwarten lassen“ (§ 9 Abs. 1 S. 2 KSchG). Dem ArbN muss „die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten“ (§ 9 Abs. 1 S. 1 KSchG) sein. Aufgrund vielschichtiger innerfamiliärer Probleme und Begleitumstände wird man auf beiden Parteiseiten Umstände darstellen können, die die Anforderungen erfüllen. |
2. Steuerliche Anerkennung des Arbeitsvertrags
Ein Ehegattenarbeitsvertrag wird steuerlich nur anerkannt, wenn er ernsthaft gewollt, klar und eindeutig vereinbart ist, inhaltlich dem entspricht, was unter Fremden üblich ist und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird (LAG Rheinland-Pfalz BB 08, 2009). Für beide Parteien ergeben sich deutliche Vorteile durch einen Ehegattenarbeitsvertrag im Verhältnis zu einer Mitarbeit auf familienrechtlicher Grundlage: Der ArbN kann bereits während der Ehe über das Gehalt frei verfügen. Bei der Zugewinngemeinschaft ist der Lohn der Nutzung durch den AG nach § 1363 Abs. 2, § 1364 BGB entzogen. Der ArbN erhält eine Absicherung über die Sozialversicherung im Fall einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Der AG profitiert von einem geringeren Gewerbeertrag, weil damit auch eine Minderung der abzuführenden Gewerbesteuer einhergeht (MüKo/Wacke, BGB, 4. Aufl., § 1357, Rn. 28). Auch die Gehaltszahlung selbst stellt eine gewinnmindernde Betriebsausgabe dar. Zusätzlich kann er Leistungen, die in die betriebliche Altersversorgung des ArbN fließen, als Betriebsausgabe berücksichtigen (BFH NZA-RR 08, 644).
PRAXISHINWEIS | Wichtig ist, dass die Parteien die Rechtsverhältnisse rechtzeitig und passend ausgestalten. Das Pro und Kontra einer familien- oder arbeitsrechtlichen Grundlage müssen im Rahmen einer Einzelfallprüfung beurteilt werden. Grundsätzlich liegen die Vorzüge eines regulären Arbeitsvertrags auf der Hand: Die vertragliche Basis schafft Rechtssicherheit, ohne auf spätere Beweislastverteilungen und Nachweispflichten in familienrechtlichen Prozessen angewiesen zu sein. Dies gilt nur, wenn der Arbeitsvertrag schriftlich fixiert wird.
Der schriftliche Vertragsschluss ist auch für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses von enormer Bedeutung. Hierfür muss der Arbeitsvertrag den sich aus § 2 Abs. 1 und 3 NachwG ergebenden Anforderungen genügen. Zur steuerlichen Anerkennung sollte darauf geachtet werden, dass der ArbN keine besonderen Leistungen im Verhältnis zu den anderen Arbeitnehmern des Betriebs erhält. Das vereinbarte Entgelt sollte auf ein eigenes Konto des ArbN überwiesen werden. Die Vorteile eines Arbeitsvertrags ergeben sich auch daraus, dass der AG steuerliche Ersparnisse verbuchen kann, während der ArbN von einem eigenen regelmäßigen Einkommen und unter Umständen auch der Absicherung durch die Sozialversicherung profitieren kann. Zusätzlich kann das im familiären Betrieb enthaltene und für dieses gemeinschaftlich erwirtschaftete Kapital in der Firma und beim AG erhalten bleiben, wenn z.B. ehevertraglich ein modifizierter Zugewinnausgleich oder Gütertrennung vereinbart wird. |