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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Unterhaltsklage: Kosten eines ausländischen Rechtsanwalts als außergewöhnliche Belastung

    von Ulrike Fuldner, RAin und FAin Steuerrecht, Aschaffenburg

    Kosten eines Anwalts aus England, die dem Steuerpflichtigen aus Anlass der Klage u.a. auf Unterhalt seiner geschiedenen Ehefrau entstanden sind, sind außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 EStG (FG Schleswig-Holstein 17.4.13, 5 K 156/12, EFG 13, 1127, Abruf-Nr. 132096).

     

    Sachverhalt

    Der Steuerpflichtige M war mit F in Großbritannien verheiratet. 2004 trennten sich die Eheleute. Sie schlossen Ende 2004 eine privatschriftliche Vereinbarung zur Regelung der mit der Trennung zusammenhängenden Angelegenheiten. Die Ehe wurde Anfang 2006 vor einem englischen Gericht geschieden. F blieb in England. Es wurden vor Gericht keine weiteren Regelungen getroffen. Inzwischen ist M in Deutschland in zweiter Ehe verheiratet. 2009 erhielt M ein Schreiben der englischen Anwälte von F, in dem er aufgefordert wurde, umfangreiche Auskünfte zu erteilen. M bemühte sich zunächst ohne Einschaltung dieses Anwaltsbüros um eine gütliche Regelung. Im März 2010 kündigte die von F beauftragte Kanzlei die Fortführung des Verfahrens an. M wurde vom Gericht zur Abgabe einer eidesstattlichen Vermögenserklärung aufgefordert und zu einem Termin am 8.6.10 in England geladen. M schloss mit einem englischen Rechtsanwalt einen Anwaltsvertrag mit einem Stundenhonorar von 275 GBP zuzüglich Mehrwertsteuer.

     

    Im November 2010 fand in England eine Verhandlung statt. Die Klage von F auf die Zahlung von Kindesunterhalt wurde reduziert. Letztlich schlossen die Beteiligten im Oktober 2012 vor dem zuständigen Gericht einen Vergleich. Die Kosten des Verfahrens wurden laut Vergleich gegeneinander aufgehoben. M machte etwa 19.000 EUR an Anwalts- und Reisekosten in seiner Einkommensteuererklärung 2010 als außergewöhnliche Belastungen geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte. Seine Klage vor dem FG ist erfolgreich gewesen.

     

    Entscheidungsgründe

    Auf Antrag wird die Einkommensteuer nach § 33 Abs. 1 EStG ermäßigt, wenn ein Steuerpflichtiger zwangsläufig größere Aufwendungen als die überwiegende Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes hat. Aufwendungen sind zwangsläufig, wenn man sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, § 33 Abs. 2 S. 1 EStG. Nach Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls sind die geltend gemachten Kosten für den Rechtsanwalt und die damit in Zusammenhang stehenden Reisekosten als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Auf Betreiben der F und wegen ihrer Klage musste sich M dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum stellen (vielschichtige Familiensache mit Forderungen von nicht unerheblicher Höhe/wirtschaftlichem Risiko). M versuchte erfolglos (ohne Anwalt), eine gütliche Einigung herbeizuführen.

     

    Die Einwände des M gegen die von F geltend gemachten Ansprüche erschienen weder ohne Aussicht auf Erfolg noch mutwillig zu sein. Aus dem gerichtlichen Vergleich ergibt sich, dass für M hinreichende Erfolgsaussichten bestanden. Die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche konnten erheblich beschränkt und auf die Höhe des Kindesunterhalts reduziert werden.

     

    Die Rechtsanwaltskosten sind auch der Höhe nach nicht unangemessen. Es gibt in Großbritannien kein mit dem RVG vergleichbares System, sondern es werden grundsätzlich Stundensätze vereinbart. Ein Stundensatz in Höhe von 275 GBP zuzüglich Mehrwertsteuer für einen im internationalen Familienrecht tätigen Anwalt in London ist angemessen. Diesbezüglich hat das FG eine Stellungnahme der Deutsch-Britischen Juristenvereinigung e. V. eingeholt. Die Gegenpartei hat die Kosten nicht erstattet. Die Kosten wurden gegeneinander aufgehoben. Eine Rechtsschutzversicherung bestand nicht.

     

    Auch die Reisekosten sind anzuerkennen. Die wesentlichen Verfahrenshandlungen fanden in England statt. M war verpflichtet, persönlich zum Prozess zu erscheinen. Die persönliche Besprechung der Angelegenheit mit seinem Rechtsanwalt in England war notwendig. Die Revision zum BFH ist zugelassen (BFH VI R 26/13).

     

    Praxishinweis 

    Durch Urteil vom 12.5.11 (VI R 42/10, Abruf- Nr. 112367) hat der BFH entschieden, dass Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und einen angemessenen Betrag nicht überschreitet. Die Finanzverwaltung wendet dieses BFH-Urteil (a.a.O.) über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht an (BMF 20.12.11, IV C 4 - S 2284/07/0031 :002).

     

    MERKE | Aufgrund des am 7.6.13 vom Bundesrat genehmigten Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes (ursprüngliches JStG 13) wird in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG neu geregelt, dass Prozesskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2013 grundsätzlich keine außergewöhnlichen Belastungen mehr sind (Ausnahme: Die Existenz des Steuerpflichtigen ist gefährdet).

     

     

    Es bleibt abzuwarten - und diesbezüglich muss sich der Steuerpflichtige wehren - inwieweit nun auch Anwalts- und Gerichtskosten für die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich nicht mehr anerkannt werden. Letztere wurden bisher immer als außergewöhnliche Belastungen von den Finanzämtern berücksichtigt.

     

    Weiterführende Hinweise

    • FK 13, 163: KI zu dieser Entscheidung
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 35 | ID 42310974