· Fachbeitrag · Umgangsrecht
Umgangsregelungspflicht des Gerichts
von RAin Dr. Gudrun Möller, FAin Familienrecht, BGM Anwaltssozietät, Münster
| Das OLG Brandenburg stellt klar: Auf Antrag muss das Gericht den Umgang regeln. |
Sachverhalt
M und V sind die getrennt lebenden, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern der Tochter T. Sie haben einen befristeten ‒ familiengerichtlich gebilligten ‒ Umgangsvergleich geschlossen und erklärt, perspektivisch ein Wechselmodell anzustreben. Der V hat nach Fristablauf erfolglos beantragt, berechtigt und verpflichtet zu sein, die T im paritätischen Wechselmodell zu betreuen. Dagegen richtet sich erfolgreich dessen Beschwerde (OLG Brandenburg 24.8.22, 9 UF 97/22, Abruf-Nr. 231420).
Entscheidungsgründe
Das AG hat eine unzulässige Teilentscheidung getroffen, indem es nur den Antrag des V zurückgewiesen hat (BVerfG FamRZ 06, 1005, 1006; 05, 1815, 1816). Begehren Eltern Umgang, muss das Gericht diesen regeln. Denn dadurch tritt ein Zustand ein, der dem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) nicht gerecht wird, unter dem das Umgangsrecht steht (OLG Brandenburg NJ 2020, 450). Eine Entscheidung, durch die das Umgangsrecht weder versagt noch eingeschränkt wird, die aber eine gerichtliche Hilfe zur Ausgestaltung verweigert, lässt das Umgangsrecht nur scheinbar unberührt. Der Umgangsberechtigte weiß nicht, wie er das Recht wahrnehmen darf und in welchem zeitlichen Abstand er eine neue Regelung beantragen darf. Demgemäß muss das Gericht entweder Umfang und Ausübung der Umgangsbefugnis konkret regeln oder, wenn das Kindeswohl dies erfordert, die Umgangsbefugnis konkret einschränken oder ausschließen; es darf sich i. d. R. nicht darauf beschränken, eine gerichtliche Regelung abzulehnen (BGH FamRZ 17, 1668). Will das Gericht den Umgang nicht ausschließen und besteht noch kein vollstreckungsfähiger Umgangstitel, besteht ein Konkretisierungsgebot des Gerichts zur umfassenden, vollstreckungsfähigen Regelung des Umgangs hinsichtlich Tag, Ort und Zeit des Umgangs (BGH FamRZ 12, 533).
Hier besteht keine titulierte Umgangsregelung (mehr), da der gerichtlich gebilligte Umgangsvergleich befristet war und die Frist abgelaufen ist. Dass die Vereinbarung weiterhin praktiziert wird, ändert daran nichts (KG Berlin NJ 21, 450). Ob dem aber nach wie vor praktizierten Umgangstitel eine Indizwirkung zukommt, kann offenbleiben. Denn eine eventuelle Indizwirkung früherer Titel bzw. Vereinbarungen nimmt den Eltern nicht das Rechtsschutzbedürfnis dafür, eine titulierte und dann vollstreckbare Umgangsregelung herzustellen.
Relevanz für die Praxis
Nur wenn die Beteiligten übereinstimmend erklären, dass sie den Umgang einvernehmlich regeln, bedarf es keiner Gerichtsentscheidung. Dann gibt es keinen Anlass für das Amtsverfahren.