· Fachbeitrag · Unterhaltsprivileg
Anpassung der Versorgung wegen Unterhalts
von VRiOLG Hartmut Wick, Celle
(BGH 7.11.12, XII ZB 271/12, FamRZ 13, 189, Abruf-Nr. 123856) |
Sachverhalt
Während der Ehezeit hatten beide Ehegatten Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung, der Ehemann M außerdem ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung erworben. Der Versorgungsausgleich (VA) wurde noch nach früherem Recht durchgeführt. Es wurden gesetzliche Rentenanwartschaften sowohl durch Splitting nach § 1587b Abs. 1 BGB a.F. als auch (zum Ausgleich der betrieblichen Anwartschaft) durch erweitertes Splitting nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG auf das Versicherungskonto der Ehefrau F übertragen. M verpflichtete sich in einem gerichtlichen Vergleich, bis zum Eintritt in den Ruhestand monatlich 300 EUR und danach monatlich 150 EUR, befristet bis zum Rentenbezug der F, als nachehelichen Unterhalt zu zahlen.
Seit dem 1.11.11 bezieht M eine aufgrund des VA um rund 370 EUR gekürzte Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung. Daneben bezieht er eine Betriebsrente, erzielt Einkünfte aus Vermietung und wohnt in einem unbelasteten Eigenheim. F erhält noch keine Rente. Sie hat ein Erwerbseinkommen, das deutlich geringer ist als die unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkünfte des M. M beantragte beim FamG, die Kürzung seiner gesetzlichen Rente gemäß § 33 VersAusglG auszusetzen. AG und OLG haben den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass sich die VA-bedingte Kürzung seiner Rente auf die Höhe des gesetzlich geschuldeten Unterhalts nicht auswirke.
Entscheidungsgründe
Auf die Rechtsbeschwerde des M wird die Sache an das OLG zurückverwiesen. Die Rentenkürzung des M kann nicht nach § 33 VersAusglG ausgesetzt werden, soweit sie auf dem erweiterten Splitting nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG beruht. Es dient dem Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung des M. Nach § 32 VersAusglG gelten die Vorschriften der §§ 33 ff. VersAusglG nur für Anrechte aus den abschließend aufgeführten Regelversicherungssystemen. Auf Anrechte der ergänzenden Altersvorsorge finden sie keine Anwendung.
Zu den Systemen der ergänzenden Altersversorgung zählt neben privaten Vorsorgesystemen auch die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Die Differenzierung zwischen Regelsicherungssystemen und Systemen der ergänzenden Altersvorsorge ist entgegen der Auffassung des OLG Schleswig (FamRZ 12, 1388) mit dem GG vereinbar. Durch §§ 33 ff. VersAusglG werden über die schlichte Teilung der ehezeitlich erworbenen Anrechte hinaus zusätzliche Leistungspflichten des Versorgungsträgers begründet, durch die die Geschiedenen zulasten der Versichertengemeinschaft begünstigt werden. Dies bedeutet eine Abkehr vom Versicherungsprinzip.
Der Sache nach handelt es sich bei der Aussetzung der Rentenkürzung nach § 33 VersAusglG um eine versicherungsfremde Sozialleistung. Eine solche ist aufgrund der Verfassungsrechtsprechung zwar Trägern staatlicher Regelsicherungssysteme auferlegt worden, nicht aber privaten Rentenversicherungsträgern und beitragsfinanzierten Zusatzversorgungskassen. Es ist nicht gerechtfertigt, diesen Versorgungsträgern oder der Gemeinschaft der bei ihnen Versicherten zusätzliche Leistungspflichten und Risiken aufzubürden, um geschiedene Ehegatten zu entlasten.
Die Aussetzung der auf das Rentensplitting nach § 1587b Abs. 1 BGB a.F. zurückgehenden Rentenkürzung hat das OLG dem M zu Unrecht versagt. Mit dem Splitting sind die (miteinander verrechneten) beiderseitigen gesetzlichen Rentenanwartschaften der Ehegatten ausgeglichen worden. Die Aussetzung der Rentenkürzung wird auf die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs beschränkt, § 33 Abs. 1 VersAusglG. Damit wird verhindert, dass die Ehegatten zulasten des Versorgungsträgers einen höheren als den gesetzlichen Unterhalt vereinbaren. Aus der Vorschrift ergibt sich aber nicht, dass sich die Aussetzung der Rentenkürzung im konkreten Fall auf die Höhe des geschuldeten Unterhalts auswirken muss. Die auf dem VA beruhende Rentenkürzung ist auch auszusetzen, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte unabhängig von der Aussetzung zur Unterhaltsleistung verpflichtet ist, z.B. wenn er vertraglich einen bestimmten Unterhalt anerkannt hat.
Die Aussetzung der Rentenkürzung wird nicht nur durch die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung begrenzt, sondern auch durch den vereinbarungsgemäß tatsächlich geschuldeten Unterhaltsbetrag (§ 33 Abs. 3 VersAusglG). Über den tatsächlich gezahlten Betrag hinaus tritt eine Doppelbelastung des Ausgleichspflichtigen, durch die er in der Freiheit seiner Lebensführung mehr als zulässig eingeschränkt würde, nicht ein. Hier ist die Aussetzung der Rentenkürzung auf den ab dem Rentenbezug des M vereinbarten Betrag von monatlich 150 EUR begrenzt, wenn der noch zu ermittelnde gesetzliche Unterhaltsanspruch der F nicht noch niedriger ist.
Praxishinweis
Mit dieser Entscheidung hat der BGH im Anschluss an seinen Beschluss vom 21.3.12 (XII ZB 234/11, FK 13, 82) weitere Streitfragen zur Anwendung des in den §§ 33, 34 VersAusglG geregelten sogenannten Unterhaltsprivilegs entschieden. In der folgenden Checkliste fasst der Autor die geltenden Regeln für Sie zusammen:
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Weiterführende Hinweise
- FK 13, 82, zum vorangegangenen Beschluss des BGH vom 21.3.12
- FK 09, 188, zum Rentenabschlag bei vorgezogener Zusatzversorgungsrente