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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Risiken und Nebenwirkungen bei Steuerdelikten

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, Krause & Kollegen, Berlin

    | Neben der eigentlichen Sanktion drohen bei einem Steuerdelikt erhebliche Nebenfolgen, die unter Umständen weitergehende Konsequenzen nach sich ziehen, als die eigentliche Strafe. Diese Rechtsfolgen müssen daher beim Abschluss eines Strafverfahrens ebenfalls in den Blick genommen werden. |

     

    Frage des Steuerberaters: Welche außerstrafrechtlichen Risiken muss man im Blick haben, wenn die Finanzverwaltung oder das Amtsgericht einen einvernehmlichen Abschluss eines Steuerstrafverfahrens anbieten, der zu einer Sanktion (Geldstrafe, Freiheitsstrafe, Geldbuße etc.) beim Mandanten oder dem von diesem geleiteten Unternehmen führt?

     

    Antwort des Verteidigers: Das Bundesamt für Justiz führt gemäß § 149 Abs. 1 GewO ein Gewerbezentralregister. Zu den eintragungspflichtigen Sachverhalten gehören nach § 149 Abs. 2 Nr. 3 GewO rechtskräftige Bußgeldentscheidungen, insbesondere auch solche wegen einer Steuerordnungswidrigkeit, die bei oder in Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung oder bei der Tätigkeit in einem Gewerbe oder einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung von einem Vertreter oder Beauftragten begangen worden ist, wenn die Geldbuße mehr als 200 EUR beträgt.

     

    Individuelle (rechtskräftige) strafgerichtliche Verurteilungen wegen einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) werden nicht erfasst. Nach § 149 Abs. 2 Nr. 4 GewO werden aber Verurteilungen wegen einer Straftat nach §§ 10, 11 SchwarzArbBekG, §§ 15, 15a AÜG und § 266a Abs. 1, 2 und 4 StGB erfasst, die bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung begangen worden ist und auf Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen erkannt worden ist. Es handelt sich hierbei um Delikte, die regelmäßig mit steuerstrafrechtlichen Verfehlungen einhergehen.

     

    Auch bereits im Vorfeld steuerstrafrechtlicher Verfehlungen sind gewerberechtliche Konsequenzen denkbar, die aus ungeordneten finanziellen und steuerlichen Strukturen entstehen können. So weist etwa das OVG Saarlouis (21.6.10, 3 A 384/09, PStR 10, 271) darauf hin, dass zum ordnungsgemäßen Betrieb eines Gewerbes gehört, dass der Gewerbetreibende die mit der Gewerbeausübung zusammenhängenden steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten bzw. die sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen erfüllt. Andernfalls kann ein Gewerbeuntersagungsbescheid ergehen.

     

    Register- und vergaberechtliche Besonderheiten können sich aus dem Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis für öffentliche Aufträge (ULV) ergeben. Wenngleich steuerstrafrechtliche Verfehlungen - z.B. in Berlin und Brandenburg - nicht als Sperrgründe formuliert sind, werden doch Sachverhalte erfasst, die in einer sanktionsrechtlichen Nähebeziehung zum Steuerstrafrecht stehen - beispielsweise wenn eine für das Unternehmen verantwortlich handelnde Person nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, die ihre Zuverlässigkeit im Hinblick auf eine Bewerbung um einen öffentlichen Auftrag infrage stellt, also etwa die Voraussetzungen des § 21 SchwarzArbG vorliegen oder die Person wegen Verstoßes gegen die in § 8a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bzw. § 7a Nr. 2 Abs. 1 VOL/A genannten Vorschriften oder sonst wegen Delikten wie Betrug, Untreue, Urkundenfälschung, Vorteilsgewährung, Bestechung und Preisabsprachen belangt oder bei einer Verfahrenseinstellung zu einer Zahlung von wenigstens 2.500 EUR veranlagt worden ist.

     

    Ein Grund für die Passversagung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passbewerber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen oder den Vorschriften des Zoll- und Monopolrechts oder des Außenwirtschaftsrechts zuwiderhandeln oder schwerwiegende Verstöße gegen Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbote oder -beschränkungen begehen will.

     

    Die Verletzung von Erklärungspflichten durch gemeinnützige Organisationen kann im Einzelfall zur Versagung der Gemeinnützigkeit führen (FG Berlin 24.2.97, 8435/96, EFG 97, 1006).

     

    Die Verletzung steuerlicher Pflichten kann im Hinblick auf eine beantragte insolvenzrechtliche Restschuldbefreiung zu unangenehmen Konsequenzen führen (BGH 18.12.08, IX ZB 197/07, PStR 09, 54).

     

    Das FG München (17.7.08, 13 V 1130/08, PStR 08, 256) weist darauf hin, dass abziehbare Mehrsteuern zwar grundsätzlich in dem Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Rückstellungen für betriebliche Mehrsteuern aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung seien jedoch erst dann zu bilden, wenn der Steuerpflichtige mit seiner Inanspruchnahme aus den Mehrsteuern zu rechnen hatte.

     

    Individuelle Beeinträchtigungen können sich im Waffen- und Jagdrecht ergeben (VG Berlin 4.5.11, 1 K 257/10, Abruf-Nr. 132605). Eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz ist z.B. gemäß § 45 Abs. WaffG zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Voraussetzung für die Erteilung der Waffenbesitzkarte ist die Zuverlässigkeit des Antragstellers (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt worden sind, in der Regel nicht, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils noch keine fünf Jahre verstrichen sind (§ 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG). Das VG Berlin weist darauf hin, dass eine steuerstrafgerichtliche Verurteilung ein Indiz für bestehende charakterliche Unzulänglichkeit sei. Ein Ausnahmefall kommt nach ständiger Rechtsprechung nur in Betracht, wenn die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung des Betroffenen ausnahmsweise derart in einem milderen Licht erscheinen lassen, dass die in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 243 | ID 40349350