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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Steuerliche und strafrechtliche Behandlung von Stroh- und Hintermann

    von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf

    | Es kommt vor, dass Geschäfte formal von einer anderen Person geführt werden, als es den faktischen Gegebenheiten entspricht. Denkbar ist beispielsweise, dass der ursprüngliche Geschäftsführer einer GmbH wegen einer Insolvenzverschleppung verurteilt wird und deshalb nach § 6 Abs. 2 Nr. 3a GmbHG seine Geschäftsführertätigkeit nicht mehr ausüben darf. Auf dem Papier wird dann formal eine andere Person (z.B. der Ehegatte) als Strohmann zum Geschäftsführer bestellt, obwohl tatsächlich die Geschicke der Gesellschaft weiterhin vom ursprünglichen Geschäftsführer - als faktischem Geschäftsführer - gelenkt werden. |

     

    Frage des Steuerberaters: Mein Mandant ist in der Baubranche tätig. Er bedient sich für seine Tätigkeit einer GmbH. Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der GmbH ist von Beginn an die Lebensgefährtin des Mandanten. Deren Engagement in der Gesellschaft beschränkt sich de facto auf die ungeprüfte Unterzeichnung von Jahresabschlüssen, Steuererklärungen, etc. Mit dem operativen Geschäft hat sie nichts zu tun. Nachdem im Rahmen einer Betriebsprüfung „nicht leistungshinterlegte“ Eingangsrechnungen gefunden wurden, wurde gegen den Mandanten und seine Lebensgefährtin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Steuerlich wurden die den Tatzeitraum betreffenden Bescheide zur KöSt, USt und GewSt sowie die persönlichen ESt-Bescheide des Mandanten geändert. Das FA hatte bei ihm eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angenommen. Ist die steuerliche Behandlung zutreffend? Was haben der Mandant und seine Lebensgefährtin strafrechtlich zu befürchten?

     

    Antwort des Verteidigers: Ausgehend von der Annahme, dass es sich bei den beanstandeten Eingangsrechnungen um Scheinrechnungen handelte, wurde der Betriebsausgabenabzug zutreffend auf der Ebene der GmbH versagt mit der entsprechenden Auswirkung bei der KöSt und GewSt. Auch die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den Scheinrechnungen bei der GmbH begegnet umsatzsteuerrechtlich keinen Bedenken.

     

    Soweit die Rechnungsbeträge tatsächlich dem Mandanten zugeflossen sind, stellt sich die Frage, ob Kapitaleinkünfte aus vGA bei ihm als Hintermann oder bei seiner Lebensgefährtin als „Strohgesellschafterin“ angenommen werden müssen. Da eine vGA grundsätzlich nur beim Gesellschafter möglich ist, müssten für den Ansatz beim Hintermann diesem die Gesellschaftsanteile zugerechnet werden. Eine Zurechnung über § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO (wirtschaftliches Eigentum) liegt eher fern, weil ein besitzloses wirtschaftliches Eigentum nach der Rechtsprechung des BFH voraussetzt, dass der Inhaber des zivilrechtlichen Eigentums bezüglich des Wirtschaftsguts allein den Weisungen des anderen zu folgen verpflichtet ist und dieser jederzeit die Herausgabe, also die Übertragung des Eigentums an sich verlangen kann (BFH 20.7.10, IX R 38/09, GmbHR 11, 97 m.w.N.). Derlei vertragliche Vereinbarungen liegen hier nicht vor.

     

    Eine steuerliche Zurechnung der Gesellschaftsanteile könnte aber durch ein verdecktes Treuhandverhältnis nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO begründet sein. Die unmittelbare Anwendung der Vorschrift setzt allerdings ein zivilrechtlich (form-)wirksames Treuhandverhältnis voraus, wobei die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses an einem GmbH-Anteil grundsätzlich der notariellen Beurkundung nach § 15 Abs. 4 GmbHG bedarf (Hessisches FG 3.4.85, 7 K 4/83, EFG 85, 557). Der notariellen Form bedarf die Treuhandabrede aber ausnahmsweise dann nicht, wenn sie schon zu einem Zeitpunkt vor der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags geschlossen wird (BGH 19.4.99, II ZR 365/97, BGHZ 141, 208).

     

    Da vorliegend schon von Beginn an beabsichtigt war, die Gesellschaft für die Zwecke des Mandanten, also des Hintermanns, zu gründen, bedurfte die Treuhandvereinbarung zwischen dem Mandanten und seiner Lebensgefährtin keiner notariellen Form. Durch die Vereinbarung zur Gründung der GmbH unter gleichzeitiger treuhänderischer Übernahme der Gesellschaftsanteile durch die Lebensgefährtin als Treuhänder wurde der Mandant als Treugeber somit mittelbar Gesellschafter der GmbH und erzielt Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Hessisches FG 8.2.93, 4 K 6216/91, EFG 94, 397). Der Zufluss der Rechnungsbeträge beim Mandanten stellt sich dann bei ihm als vGA dar.

     

    In strafrechtlicher Sicht hat die Lebensgefährtin als (Stroh-)Geschäftsführerin der GmbH den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung in eigener Person erfüllt. Für den subjektiven Tatbestand (Vorsatz) wird es darauf ankommen, ob sie von den Manipulationen Kenntnis hatte oder ob sie zumindest damit rechnete, dass die Gewinnermittlung unrichtig war und sie dies billigte. Auch der Mandant als „faktischer Geschäftsführer“ ist selbst Täter der Steuerhinterziehungen. Handelte die Lebensgefährtin vorsätzlich, wären beide Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB. Hatte die Lebensgefährtin dagegen keine Kenntnis von den Manipulationen, hätte der Mandant die Taten als mittelbarer Täter nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB („durch einen anderen“) begangen.

     

    PRAXISHINWEIS | Der BGH bejaht die treuhänderische Zurechnung von GmbH-Anteilen selbst dann, wenn keine formwirksame Treuhandabrede existiert (BGH 6.9.12, 1 StR 140/12, PStR 13, 14 unter Hinweis auf BFH 17.2.04, VIII R 28/02, BStBl II 05, 46). Die Vorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO soll dann nicht direkt, sondern mittelbar über § 41 Abs. 1 S. 1 AO anwendbar sein. Der in § 41 Abs. 1 S. 1 AO angeordneten steuerlichen Maßgeblichkeit des tatsächlichen Vollzugs eines formunwirksamen Vertrags sei auch bei der Konkretisierung des § 39 AO Rechnung zu tragen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Steinlein, Umsatzsteuerhinterziehung bei Goldhandelsgeschäften, PStR 13, 142 ff.
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 83 | ID 42524329