· Fachbeitrag · Aktuelle Rechtsprechung 2024
Pflichtverteidigung: Der Gebührenanspruch des „Terminsvertreters“ nur für einen Termin
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg
| In der Rechtsprechung ist immer noch nicht abschließend geklärt, welche Gebühren der sog. Terminsvertreter des Pflichtverteidigers bzw. der Rechtsanwalt verdient, der nur für einen Termin ‒ i. d. R. für einen Vorführtermin nach § 115 StPO ‒ beigeordnet worden ist. Damit hängt die Frage zusammen, ob der Rechtsanwalt alle Gebühren ‒ also die Grund-, die Verfahrens- und die Terminsgebühr ‒ oder nur die Terminsgebühr abrechnen kann. Damit Sie als Verteidiger keinen Gebührenverlust erleiden, stellt Ihnen RVG prof. die aktuellen Entscheidungen aus 2024 vor. |
| |
Gericht/Fundstelle | Inhalt |
OLG Brandenburg 26.2.24, 1 Ws 13/24 (S), iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 49974368 |
|
OLG Hamm 30.1.24, III-5 Ws 273/23, AGS 24, 359 | Für den „Terminsvertreter“ des Pflichtverteidigers entsteht nur die Terminsgebühr. Grund-, Verfahrensgebühr und Auslagenpauschale entstehen nicht. |
OLG Koblenz 4.7.24, 2 Ws 412/24, AGS 24, 357 | Durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verteidiger für die Wahrnehmung eines Termins wird ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass der Rechtsanwalt alle Gebühren eines Verteidigers nach Teil 4 Abschn. 1 VV RVG geltend machen kann. |
OLG Köln 24.1.24, 3 Ws 50/23, iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 49931156 | Der für einen Haftprüfungstermin anstelle des Pflichtverteidigers beigeordnete Rechtsanwalt ist nicht nur Terminsvertreter i. e. S., sondern ihm stehen neben der Terminsgebühr auch Grund- und Verfahrensgebühr zu. |
LG Bad Kreuznach 21.5.24, 2 Qs 14/24, AGS 24, 171 |
Beachten Sie | Bestätigt von OLG Koblenz 4.7.24, 2 Ws 412/24, AGS 24, 357. |
LG Essen 6.7.23, 27 KLs 43/21, iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 244452 |
Beachten Sie | Aufgehoben von OLG Hamm 30.1.24, III-5 Ws 273/23, Abruf-Nr. 244453. |
LG Kiel 13.5.24, 2 KLs 590 Js 56426/20 jug, AGS 24, 312 | Auch der nur für einen Hauptverhandlungstag bestellte „Terminsvertreter“ des Pflichtverteidigers verdient die Grundgebühr.
Beachten Sie | Den Beschlussgründen ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob das LG auch den Anfall der Verfahrensgebühr bejaht. |
LG Neuruppin 25.3.24, AGS 24, 224 |
|
LG Ulm, 12.3.24, 1 Qs 7/24, iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 49974327 | Hat in einem Hauptverhandlungstermin ein aussagepsychologischer Sachverständiger sein Gutachten erstattet, ist eine weitere Zeugin vernommen worden und wurden die Plädoyers gehalten, ist der für diesen Termin als Vertreter des verhinderten Pflichtverteidigers beigeordnete Rechtsanwalt nicht bloß Terminsvertreter, sodass ihm nicht nur die Terminsgebühr, sondern auch Grundgebühr und Verfahrensgebühr zustehen. |
AG Braunschweig 27.9.24, 4 Ds 210 Js 8094/24 (33/24), iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 244454 | Durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verteidiger für die Wahrnehmung eines Termins wird ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass der Rechtsanwalt alle Gebühren eines Verteidigers nach Teil 4 Abschn. 1 VV RVG geltend machen kann. Das gilt auch für einen Vorführungstermin nach § 115 StPO. |