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  • · Fachbeitrag · Deckungsschutz

    Auftragserteilung unter der Bedingung einer Deckungsschutzzusage

    | Oft soll der Anwaltsvertrag aus Mandantensicht nur unter der Bedingung (§ 158 BGB) zustande kommen, dass auch Deckungsschutz gewährt wird. In der Praxis sind solche eindeutigen Fälle allerdings selten. Der Mandant weist in der Regel lediglich darauf hin, dass er rechtsschutzversichert sei. Es wird dann häufig nicht ausdrücklich darüber gesprochen, ob der Anwalt auch mandatiert sein soll, wenn der Versicherer den Deckungsschutz ablehnt. Der BGH hat diese Fälle nun entschieden. |

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte B hatte die klagende Anwaltskanzlei K damit beauftragt, Schadenersatzansprüche gegen die Initiatoren und Herausgeber einer Kapitalanlage außergerichtlich durchzusetzen. Hierfür war B von seinem Rechtsschutzversicherer R Deckungsschutz erteilt worden. Im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung wies K darauf hin, dass auch Ansprüche gegen die beteiligten Wirtschaftsprüfer W in Betracht kämen und diese mit Ablauf des Jahres verjähren würden, sodass die Ansprüche in einem Schlichtungsverfahren verjährungshemmend geltend gemacht werden sollten. K wies gleichzeitig darauf hin, dass man bei R um Deckungsschutz auch für diese Angelegenheit nachsuchen werde. Die Ansprüche gegen W würden dann entsprechend geltend gemacht, sofern Deckungsschutz erteilt werde. Sollten sich bei der Einholung des Deckungsschutzes Probleme ergeben, würde man mit B zuvor Rücksprache nehmen. Gleichzeitig wurde um Übersendung einer Vollmacht gebeten.

     

    B unterzeichnete die Vollmacht und sandte sie zurück. Auf die entsprechende Anfrage teilte R mit, dass er die Kosten des Schlichtungsverfahrens nicht übernehmen werde. Ungeachtet dessen reichte K den Antrag bei der Schlichtungsstelle ein. Das Verfahren blieb ergebnislos, da sich die Gegenseite am Verfahren nicht beteiligte. Da R die für das Schlichtungsverfahren angefallene Vergütung nicht zahlte, wandte sich K nun an den B und verlangte von diesem, das Honorar zu zahlen. Das AG hat die Klage abgewiesen; das LG hat ihr stattgegeben. Der BGH hat die Entscheidung des LG aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen (14.2.19, IX ZR 203/18, Abruf-Nr. 209429) ‒ mit folgenden Leitsätzen:

     

    • 1. Ergibt die Auslegung des Auftrags, dass der Anwalt nur im Fall einer Deckungsschutzzusage seitens des Rechtsschutzversicherers tätig werden soll, kommt ein Anwaltsvertrag nicht zustande, wenn die Deckungsschutzzusage nicht erteilt wird.
    • 2. Ein Angebot auf Abschluss eines Anwaltsvertrages liegt indes allein durch die Übersendung des Vollmachtformulars nicht vor, wenn das Tätigwerden des Anwalts abhängig gemacht wurde vom Vorliegen einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung und diese Zusage letztlich nicht erteilt wurde.
     

    Entscheidungsgründe

    Nach Ansicht des BGH steht K kein Vergütungsanspruch zu, da ein Anwaltsvertrag zwischen den Parteien über die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens nicht zustande gekommen ist. Denn K hatte darauf hingewiesen, dass sie erst tätig werde, wenn Deckungsschutz gewährt werde und dass sie sich zuvor bei B melden werde, falls es Schwierigkeiten bei dessen Erteilung geben werde. Genau das war hier der Fall. Der Rechtsschutzversicherer hatte die Übernahme der Kosten für das Schlichtungsverfahren abgelehnt. Damit fehlte es an der Bedingung, unter der K im Schlichtungsverfahren tätig werden sollte. Dass B die Vollmacht unterschrieben und übermittelt hat, ist insoweit unerheblich, da die Vollmacht den Auftrag nicht ersetzt und diese ja nur für den Fall angefordert worden war, dass es auch zur Durchführung des Auftrags komme.

     

    PRAXISTIPP | Dem Einwand, dass der Rechtsschutzversicherer zu Unrecht den beantragten Deckungsschutz verweigert habe, hat der BGH zurückgewiesen. Nach ihrer eigenen Ankündigung wollte K Rücksprache mit B nehmen, falls es zu Schwierigkeiten bei der Deckungsschutzzusage komme. Damit sollte dem B die Möglichkeit gegeben werden, zu entscheiden, ob er auch ohne Deckungsschutz das Kostenrisiko eines Schlichtungsverfahrens eingehen wolle. K hat aber gerade keine Rücksprache bei B genommen, sondern aus eigener Veranlassung das Schlichtungsverfahren eingeleitet.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der Rechtsstreit ist die Fortsetzung des Verfahrens, das der Entscheidung des BGH vom 21.10.15 (IV ZR 266/14, Abruf-Nr. 180836) zugrunde lag. Dort hatte zunächst der B als Versicherungsnehmer gegen seinen Rechtsschutzversicherer auf Freistellung der Vergütungsforderung der K geklagt. Der BGH hatte die Klage in letzter Instanz abgewiesen, da der R den Freistellungsanspruch auch dadurch erfüllen könne, dass er dem B Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess mit seinem Prozessbevollmächtigten zusage. Um diesen Gebührenprozess handelt es sich bei dem hier zugrunde liegenden Verfahren, das jetzt erneut bis zum BGH gelangt ist.

     

    Die Entscheidung ist zutreffend. Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass eine Vollmacht keinen Auftrag ersetzt. Sie kann allenfalls ein Indiz dafür sein. Hier ergab sich aus den Schriftsätzen der K, dass diese nur tätig werden wollte, wenn Deckungsschutz gewährt werde. In diesem Fall ist eindeutig, dass ein Anwaltsvertrag nur unter der Bedingung (§ 158 BGB) zustande kommt, dass auch Deckungsschutz gewährt wird. Nach dem OLG Düsseldorf (AGS 08, 629) verliert der Anwalt seinen Vergütungsanspruch, wenn nachträglich kein Versicherungsschutz gewährt wird und er den Mandanten nicht darüber aufgeklärt hat, dass er in diesem Fall die Kosten des Verfahrens selbst tragen müsse.

     

    PRAXISTIPP | Stellen Sie bei rechtsschutzversicherten Mandanten, für die keine Deckungsschutzzusage vorliegt, stets klar, ob Ihnen das Mandat auch erteilt sein soll, wenn der Versicherer Deckungsschutz ablehnt, oder ob das Mandat unter der Bedingung steht, dass Versicherungsschutz erteilt wird. Im letzteren Fall sollten Sie dann nicht tätig werden, bevor die Deckungsschutzzusage vorliegt. Stellen Sie zudem ausdrücklich klar, welche Vergütung Sie für eine abschlägige Deckungsschutzanfrage erhalten, wenn es dann also nicht mehr zur Mandatierung kommt.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2019 | Seite 152 | ID 46035641