12.01.2024 · IWW-Abrufnummer 239151
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 29.11.2023 – 26 Ta (Kost) 6029/23
Tenor:
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. April 2023 - 48 Ca 3529/22 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - teilweise abgeändert und der Gegenstandswert für das Verfahren auf 37.412,20 Euro sowie für den Vergleich - unter Berücksichtigung eines Vergleichsmehrwerts in Höhe von 6.497 Euro - auf 43.909,20 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Klägervertreter macht im Rahmen der Beschwerde geltend, der Weiterbeschäftigungsantrag habe den Gegenstandswert erhöht. Auch die geltend gemachten Annahmeverzugsansprüche seien zu berücksichtigen. Die Regelung bezüglich des Zeugnisses im Vergleich rechtfertige einen Vergleichsmehrwert.
Die Parteien haben über die Wirksamkeit einer Kündigung gestritten. Die Klageschrift enthielt einen Kündigungsschutzantrag und einen allgemeinen Feststellungsantrag, die Klageerweiterung vom 13. Oktober 2022 einen mit Annahmeverzugsansprüchen begründeten Hilfsantrag. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2022 hat die Klägerin die Klage erneut erweitert, und zwar um einen Weiterbeschäftigungsantrag bezogen auf eine Tätigkeit als Area Director of Sales & Marketing bei einer Vergütung in Höhe von 6.797 Euro brutto zu im Übrigen den bisherigen Bedingungen, hilfsweise - für den Fall des Unterliegens mit diesem Weiterbeschäftigungsantrag, die Beklagte zu verurteilen, sie über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zu den bisherigen Bedingungen als Director Digital Sales weiterzubeschäftigen. Zugleich hat die Klägerin mit diesem Schriftsatz auch die Klage hinsichtlich einer Annahmeverzugsforderung erweitert. Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2022 hat die Klägerin die Klage nochmals hinsichtlich weiterer Annahmeverzugsansprüche erweitert. Insgesamt hat sie Annahmeverzugsvergütung in Höhe von 45.479 Euro brutto abzüglich 14.563,80 Euro (wegen übergegangener Forderungen) geltend gemacht.
In der Verhandlung vom 25. Januar 2023 schlossen die Parteien einen widerruflichen Vergleich. Dieser ist seitens der Klägerin mit der Begründung widerrufen worden, dass noch keine Einigung über den Zeugnisinhalt habe erzielt werden können. Mit Beschluss vom 23. Februar 2023 hat das Arbeitsgericht sodann das Zustandekommen eines Vergleichs festgestellt, in dem sich die Parteien zusätzlich auf einen konkreten Zeugnisinhalt verständigt haben. Den Gegenstandswert hat das Arbeitsgericht auf 19.491 Euro (drei Bruttoeinkommen) festgesetzt. Der Weiterbeschäftigungsantrag erhöhe den Wert nicht, da es sich um einen unechten Hilfsantrag gehandelt habe, über den nicht entschieden worden sei. Der Antrag bezügliche der Annahmeverzugsansprüche habe den Gegenstandswert ebenfalls als Hilfsantrag nicht erhöht, da über ihn eine Entscheidung nicht getroffen worden sei. Ein Vergleichsmehrwert für das Zeugnis sei nicht angefallen. Es habe sich nicht um eine verhaltensbedingte Kündigung gehandelt. Im Rahmen des Vergleichs seien auch nicht Streit oder Ungewissheit hinsichtlich der Zeugnisnote beigelegt worden. Unstimmigkeiten über den Zeugnisinhalt seien erst im Rahmen der Vergleichsverhandlungen aufgekommen. Bei der Regelung im Vergleich sei es daher darum gegangen, künftigen Streit über den Zeugnisinhalt zu vermeiden.
Der Klägervertreter macht mit der Beschwerde geltend, der Weiterbeschäftigungsantrag sei mit einem Bruttoeinkommen zu berücksichtigen gewesen. Bei dem Antrag habe es sich nicht um einen Hilfsantrag gehandelt. Er sei unbedingt formuliert gewesen und daher auch entsprechend zu verstehen. Es sei auch nicht nur darum gegangen, dass die Klägerin lediglich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens habe weiterbeschäftigt werden sollen. Vielmehr sei es um die Beschäftigung mit einer ganz konkreten Arbeitsaufgabe gegangen in Abweichung von der zuletzt ausgeübten Tätigkeit. Dass es sich nicht um einen Hilfsantrag gehandelt habe, ergebe sich auch aus der Antragstellung im Rahmen der Verhandlung vom 25. Januar 2023. Die Annahmeverzugsforderung sei bei der Berechnung des Gegenstandswerts ebenfalls zu berücksichtigen. Zwar erhöhten Teile des Vergleichsinhalts selbst - wie zB eine Abfindung - den Gegenstandswert nicht. Hiervon zu unterscheiden seien aber solche Rechte und Ansprüche, die außerhalb und losgelöst von den aus einer Einigung resultierenden Rechten und Pflichten bestünden und zwischen den Parteien streitbefangen gewesen seien. Dass es hinsichtlich der Annahmeverzugsansprüche Streit gegeben habe, lasse sich bereits dem Umstand entnehmen, dass diese streitgegenständlich gewesen seien. Außerdem sei auch die Höhe streitig gewesen. Im Vergleich sei dann zwar nicht ausdrücklich eine Regelung hinsichtlich der Vergütung aufgenommen, aber der Abfindungsbetrag erhöht worden. Die Höhe der Abfindung mache deutlich, worüber man sich geeinigt habe. Daher unterscheide der Vergleich auch zwischen Ansprüchen aus dem Rechtsstreit einerseits und dem beendeten Arbeitsverhältnis andererseits. Die Regelung im Vergleich über das Zeugnis rechtfertige einen Mehrwert, da darüber - wie sich auch aus dem Verfahrensablauf ergebe - gestritten worden sei, was zu dem Widerruf des Vergleichs geführt habe. Die Beklagte habe bereits ein Zeugnis erstellt gehabt, mit dessen Inhalt die Klägerin gerade nicht einverstanden gewesen sei.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet, soweit der Klägervertreter eine Erhöhung des Gegenstandswerts wegen der geltend gemachten Annahmeverzugsansprüche geltend macht. Maßgeblich ist der bei Gegenüberstellung von Kündigungsschutzantrag und Annahmeverzugsantrag höhere Betrag. Außerdem hat die Einigung bezüglich des Zeugnisses einen Vergleichsmehrwert ausgelöst. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
1) Der Antrag bezüglich der Annahmeverzugsansprüche hat den Gegenstandswert für das Verfahren erhöht.
a) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist, § 39 Abs. 1 GKG. Die Werte von Haupt- und Hilfsanträgen sind zusammenzurechnen, soweit auch über den Hilfsantrag eine Entscheidung ergeht, § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG, oder der Rechtsstreit auch insoweit durch Vergleich erledigt wird, § 45 Abs. 4 GKG. Dies gilt allerdings wiederum dann nicht, wenn die Anträge denselben Gegenstand betreffen; dann ist nur der höhere Wert maßgebend, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Unter dem Begriff "Gegenstand" in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist nicht der Streitgegenstand iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu verstehen. Der "Gegenstand" iSd. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist nicht mit dem Streitgegenstand in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO identisch. Ob unterschiedliche (prozessuale) Streitgegenstände vorliegen, ist danach für die Frage des Additionsverbots nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG unerheblich (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 14. Dezember 2018 - 26 Ta (Kost) 6136/18, Rn. 6). Bei dem Begriff des Gegenstands in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG handelt es sich vielmehr um einen selbstständigen kostenrechtlichen Begriff, der eine wirtschaftliche Betrachtung erfordert. Eine Zusammenrechnung hat dort zu erfolgen, wo eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht (vgl. BGH 24. Januar 2019 - IX ZR 110/17, Rn. 3; 12. September 2013 - I ZR 61/11, Rn. 6). Der Grundsatz, wonach der Begriff des kostenrechtlichen "Gegenstands" nicht mit dem des (prozessualen) Streitgegenstands übereinstimmt, gilt nicht nur für § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, sondern auch bereits für § 39 Abs. 1 GKG (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. August 2022 - 26 Ta (Kost) 6047/22, Rn. 6; 8. Mai 2023 - 26 Ta (Kost) 6213/21, Rn. 7).
b) Danach ist dann, wenn der Vergleich eine Regelung über die mit einem Hilfsantrag geltend gemachten Annahmeverzugsansprüche enthält, der wertmäßig höhere Betrag anzusetzen. Das war hier der Fall.
aa) Ein eventualkumulierter, vom streitigen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängiger Annahmeverzugsanspruch wirkt sich nur streitwerterhöhend aus, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht oder er in einem Vergleich sachlich mitgeregelt wird (vgl. LAG Baden-Württemberg 30. Dezember 2015 - 5 Ta 71/15, Rn 35).
bb) Dies ist hier gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 GKG ungeachtet der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die gesamten eingeklagten Vergütungsansprüche der Fall. Die rechtshängig gemachten Annahmeverzugsansprüche nur deshalb nicht werterhöhend zu berücksichtigen, weil die Parteien sich auf eine Beendigung zum ersten Termin geeinigt haben, bedeutete eine verkürzte Schlussfolgerung vom "Worauf" auf das "Worüber" der Einigung und würde nicht hinreichend berücksichtigen, dass in das bei der vorzunehmenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise geschnürte "Gesamtpaket" der vergleichsweisen Beendigung typischerweise sowohl sämtliche Beendigungsakte als auch von deren Erfolg abhängige, bereits eingeklagte Annahmeverzugsansprüche als wertbildende Faktoren eingeflossen und damit jedenfalls materiell im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 4 GKG mitgeregelt worden sind. Der "Gesamtpreis" des Vergleichs über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhaltet im Regelfall nicht nur den Beendigungsakt, auf dessen Beendigungszeitpunkt man sich geeinigt hat, sondern sämtliche in das Verfahren eingeführten Auflösungstatbestände sowie von deren Erfolg abhängige Annahmeverzugsansprüche. Deshalb sind diese regelmäßig auch werterhöhend zu berücksichtigen, es sei denn, es ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Annahmeverzugsansprüche keinen wertbildenden Faktor dargestellt haben (vgl. LAG Baden-Württemberg 25. Juli 2018 - 5 Ta 99/18, Rn. 27).
Ein entsprechender Anhaltspunkt dafür, dass Annahmeverzugsansprüche im Rahmen des Vergleichs keinen wertbildenden Faktor dargestellt haben, kann sich daraus ergeben, dass das im Rahmen der Vergleichsverhandlungen gefundene "Gesamtpaket" eine Abfindung und sonstige nennenswerten Leistungen nicht vorsieht (vgl. zur vergleichbaren Problematik nach Ausspruch mehrere Kündigungen und einer Einigung auf einen Zeitpunkt, zu dem eine frühere Kündigung ausgesprochen worden ist: LAG Berlin-Brandenburg 3. August 2023 - 26 Ta (Kost) 6059/23, Rn. 20). Hintergrund dafür kann zB die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses sein, was ein Annahmeverzugsrisiko verringern oder sogar ausschließen kann. Als wertbildender Faktor sind Annahmeverzugsansprüche zudem dann nicht zu berücksichtigten, wenn die Frage ihres Bestehens oder ihrer Höhe im Rahmen des Vergleichs ausnahmsweise ausdrücklich offengeblieben ist.
cc) Zu beachten ist jedoch die teilweise wirtschaftliche Identität hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags und des die Annahmeverzugsansprüche betreffenden Antrags (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 24. Januar 2022 - 26 Ta (Kost) 6108/21, Rn. 25). Das gilt auch unabhängig davon, ob die Annahmeverzugsansprüche unbedingt oder hilfsweise geltend gemacht worden sind (vgl. BAG 1. März 2022 - 9 AZB 38/21, Rn. 7). Daher kann die Frage, ob die Annahmeverzugsansprüche mit einem Hauptantrag oder mit einem Hilfsantrag geltend gemacht werden, insoweit regelmäßig dahinstehen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 24. Januar 2022 - 26 Ta (Kost) 6108/21, Rn. 25).
Im Rahmen der Prüfung der wirtschaftlichen Identität sind die zunächst isoliert zu ermittelnden Werte des Bestandsstreits (ggf. unter Berücksichtigung mehrerer Kündigungen mit unterschiedlichen Beendigungszeitpunkten) einerseits und des auf Zahlung des Annahmeverzugs gerichteten Leistungsantrags andererseits zu vergleichen. Anzusetzen ist dann der höhere Wert (vgl. LAG Nürnberg 22. Dezember 2021 - 2 Ta 126/21, Rn. 24).
c) Davon unabhängig ist die Frage zu beantworten, ob im prozesskostenhilferechtlichen Verständnis Mutwilligkeit vorliegt, wenn eine Prozesspartei ohne nachvollziehbare Sachgründe Annahmeverzugsansprüche geltend macht und den Gegenstandswert dadurch erhöht. Hätte die Partei die Kosten "aus eigener Tasche" zu zahlen, stünde jedenfalls in der Regel nicht zu erwarten, dass sie eine permanente Verteuerung des Prozesses durch ständige Klageerweiterungen auf Gehaltszahlungen bedenkenlos durchführen würde (vgl. LAG Hamm 12. Juni 2009 - 14 Ta 834/08, Rn. 5). Derjenige, der auf Kosten des Staats den Prozess führen möchte, muss dafür den preiswertesten Weg wählen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 20. April 2012 - 26 Ta 535/12, Rn. 11). Das führt uU dazu, dass auch im Falle einer nur hilfsweisen Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen nur in eingeschränktem Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
2) Der Weiterbeschäftigungsantrag hat den Gegenstandswert als Hilfsantrag nicht erhöht.
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts ist bei einem unbedingt formulierten Weiterbeschäftigungsantrag anzunehmen, dass dieser auch als solcher gewollt ist, wenn zur Begründung ausdrücklich auf die Unbedingtheit hingewiesen wird. Unabhängig davon kann der Antrag immer als unbedingter Antrag angesehen werden, wenn sich die klagende Partei auf einen Widerspruch des Betriebsrats mit den sich aus § 102 Abs. 5 BetrVG ergebenden Rechtsfolgen beruft. In diesem Fall ist die Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag von der Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag nicht abhängig. Andernfalls ist ein Weiterbeschäftigungsantrag als Hilfsantrag auszulegen (vgl. BAG 7. Mai 2020 - 2 AZR 692/19, Rn. 62; LAG Berlin Brandenburg 17. Dezember 2020 - 26 Ta (Kost) 6098/20, Rn. 8 ff.; 12. Januar 2022 - 26 Ta (Kost) 6150/21, Rn. 7).
b) Um einen Hilfsantrag als solchen auslegen zu können, hätte es danach in der vorliegenden Konstellation eines ausdrücklichen Hinweises bedurft, dass die Klägerin auch unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags Weiterbeschäftigung hätte geltend machen wollen. Soweit der Klägervertreter sich darauf beruft, dass die Klägerin mit dem Antrag zu 3) die Beschäftigung mit anderen als ihr seinerzeit übertragenen Aufgaben begehrt habe, ändert sich dadurch insoweit nichts. Auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Beschäftigung mit solchen anderen Aufgaben hätte den Bestand des Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt. Die Klägerin hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine Verpflichtung der Beklagten zur Beschäftigung unabhängig vom Erfolg der Klage hinsichtlich des Kündigungsschutzprozesses hätten rechtfertigen können.
3) Ein Vergleichsmehrwert ist in Höhe eines Bruttoeinkommens hinsichtlich der Regelung über das Zeugnis angefallen.
a) Die anwaltliche Einigungsgebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 Abs. 1 der Anlage 1 zum RVG). In den Wert eines Vergleichs sind daher die Werte aller rechtshängigen oder nichtrechtshängigen Ansprüche einzubeziehen, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren und die mit dem Vergleich geregelt wurden. Demgegenüber ist die bloße Begründung einer Leistungspflicht in dem Vergleich für den Vergleichsmehrwert ohne Bedeutung; denn es kommt für die Wertfestsetzung darauf an, worüber - und nicht worauf - die Parteien sich geeinigt haben. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass durch den Vergleich ein Streit vermieden wurde. Ein Titulierungsinteresse kann nur dann berücksichtigt werden, wenn der geregelte Anspruch zwar unstreitig und gewiss, seine Durchsetzung aber ungewiss war (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 8. März 2017 - 17 Ta (Kost) 6013/17, Rn. 2).
Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts ist danach nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die Parteien während ihrer Vergleichsverhandlungen über die gerichtlich anhängigen Gegenstände weitere Ansprüche ansprechen und auch sie eine Regelung in dem Vergleich erfahren. Zwar wird eine Einigung der Parteien häufig nur zu erreichen sein, wenn derartige Vereinbarungen getroffen werden; denn die Parteien sind nicht selten nur dann zum Abschluss eines Vergleichs bereit, wenn weitere Fragen geregelt werden und ein diesbezüglicher zukünftiger Streit vermieden wird. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts, die zum Abschluss eines Vergleichs führt, ist jedoch mit der Einigungsgebühr als solcher abgegolten. Für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts und die damit verbundene Gebührenerhöhung muss darüber hinaus festgestellt werden, dass die geregelten Gegenstände vor Abschluss des Vergleichs streitig oder ungewiss waren. Hierzu genügen weder die Vergleichsverhandlungen als solche noch Regelungen, durch die Leistungspflichten erstmals begründet oder beseitigt werden, die Rechtsverhältnisse lediglich klarstellen oder auf sonstige Weise ausschließlich einen künftigen Streit der Parteien vermeiden. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass eine der Parteien in den Vergleichsverhandlungen Forderungen aufstellt, um dann im Wege des Nachgebens einen Vergleich zu erreichen; für einen Vergleichsmehrwert muss vielmehr der potentielle Streitgegenstand eines künftigen Verfahrens eine Regelung erfahren (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 8. März 2017 - 17 Ta (Kost) 6013/17, Rn. 3).
b) Bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte liegen die Voraussetzungen für den Ansatz eines Vergleichsmehrwerts wegen der Zeugnisregelung im Vergleich vor.
aa) Streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung, kann regelmäßig ohne nähere Begründung davon ausgegangen werden, dass auch das Führungs- und Leistungsverhalten des Arbeitnehmers streitig war; wird der Kündigungsrechtsstreit durch Abschluss eines Vergleichs beigelegt und dort eine Zeugnisregelung getroffen, führt dies deshalb ohne weiteres zur Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts. Gleiches gilt bei einer personenbedingten Kündigung, wenn die Kündigungsgründe einen Bezug zu dem Führungs- und Leistungsverhalten aufweisen. Stand eine betriebsbedingte Kündigung im Streit oder fehlen Angaben über die Kündigungsgründe, bedarf es zur Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts für eine Zeugnisregelung regelmäßig näherer Angaben, aus denen ein im Zeitpunkt des Vergleichs bestehender Streit bzw. eine Ungewissheit über den Zeugnisanspruch geschlossen werden kann (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 22. Mai 2018 - 26 Ta (Kost) 6036/18; 8. März 2017 - 17 Ta (Kost) 6013/17, Rn. 4).
bb) Danach kann auch unabhängig von der Art der Kündigung der Ansatz eines Vergleichsmehrwerts für eine Zeugnisregelung gerechtfertigt sein.
Hier bestand außergerichtlich vor Abschluss des Vergleichs Streit unter den Parteien über den Inhalt des Zeugnisses. Die Beklagte hatte der Klägerin ein Zeugnis erteilt, mit dessen Inhalt diese nicht einverstanden gewesen ist. Der Streit über den Zeugnisinhalt hat dann sogar zum Widerruf des Vergleichs geführt. Erst danach haben die Parteien den Streit beigelegt, der hier aller Voraussicht nach zu einem weiteren Rechtsstreit geführt hätte.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 33 Abs. 9 RVG. Eine Gebühr wird angesichts des überwiegenden Erfolgs der Beschwerde nicht erhoben.
IV.
Die Entscheidung ist unanfechtbar.