· Fachbeitrag · Kfz-Kaskoversicherung
OLG Karlsruhe zum Abtretungsverbot in der Kaskoversicherung und weitere Überlegungen dazu
| In den Muster-AKB des GDV AKB 2015 ‒ Stand: 30.6.20 ‒ ist das nach unserem Kenntnisstand von allen Versicherern in den eigenen AKB übernommene Genehmigungserfordernis für eine Abtretung unter A.2.7.4 so gestaltet: „Ihren Anspruch auf die Entschädigung können Sie vor der endgültigen Feststellung ohne unsere ausdrückliche Genehmigung weder abtreten noch verpfänden.“ |
1. Wer außergerichtlich will, kann im Prozess nicht mauern
Dazu gibt es eine aktuelle Entscheidung des OLG Karlsruhe (1.6.21, 9 U 54/19, Abruf-Nr. 224087). Besser kann man es nicht formulieren: „Die Berufung auf das Abtretungsverbot ist gemäß § 242 BGB unbeachtlich, wenn sie nicht durch ein im Zweckbereich der Norm liegendes Interesse gedeckt ist. Das Verbot ‒ beziehungsweise der Genehmigungsvorbehalt ‒ soll erreichen, dass es der Versicherer bei der Abwicklung eines Schadensfalls nur mit seinem Vertragspartner und nicht mit einem beliebigen Dritten zu tun hat. Ein solches Interesse ist allerdings nicht ersichtlich, wenn sich der Versicherer außergerichtlich bereits auf eine Abwicklung des Versicherungsfalls mit einer Zessionarin eingelassen hat, ohne auf Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung hinzuweisen. So liegt der Fall hier: Im vorprozessualen Schriftverkehr war die Beklagte bereit, den Versicherungsfall mit der Klägerin als Zessionarin abzuwickeln. In diesem Fall ist der Beklagten eine Berufung auf das Abtretungsverbot im anschließenden Prozess verwehrt.“
2. Achtung: Auf Begleitschreiben des Versicherers achten
Mindestens ein großer Versicherer begegnet solchen Erwägungen nach Treu und Glauben seit langer Zeit vorbeugend. Er begleitet seine Zahlung an die Werkstatt mit einem Schreiben, das sinngemäß folgenden Inhalt hat: Er widerspreche der Abtretung ausdrücklich. Dass eine Zahlung an die Werkstatt erfolge, basiere nur auf der ebenfalls erklärten Zahlungsanweisung des Versicherungsnehmers.
Und in der Tat: Zumeist enthält das Abtretungsformular auch eine solche Zahlungsanweisung. Diese Strategie des Versicherers dürfte wohl tragfähig sein.
3. Weiterer Prüfpunkt: Das Abtretungsformular
Doch auch ohne diese Erklärung des Versicherers gibt es eine alltägliche Falle: Die Mehrzahl der Werkstätten verwendet ohne Differenzierung zwischen Haftpflicht- und Kaskofällen das immer gleiche vom Zentralverband des Kfz-Gewerbes bereitgestellte Abtretungsformular. Doch das ist schon nach seinem Text nur für Haftpflichtfälle brauchbar. Denn abgetreten wird der Anspruch gegen Fahrer, Halter und Versicherer des unfallgegnerischen Fahrzeugs. Das lässt sich nicht umdeuten in den Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den eigenen Versicherer. Neben allen sonstigen Anforderungen an eine Abtretung muss also auch darauf geachtet werden, ob das Formular überhaupt passt.
4. Manchmal hilft der Joker: § 354a Abs. 1 HGB
Manchmal gibt es einen Joker, nämlich die Regelung aus § 354a Abs. 1 HGB. Nach § 354a Abs. 1 HGB kann unter Kaufleuten kein Abtretungsverbot wirksam vereinbart werden. Wenn also der Versicherungsnehmer Kaufmann ist (der Versicherer ist es per se), dann ist eine Abtretung der Kaskoansprüche sehr wohl erlaubt.
Abtretungsgenehmigungserfordernisse werden in der Rechtsprechung genauso behandelt wie Abtretungsverbote. Damit ist die Regelung auf die Fallgruppe der Kaskobedingungen anzuwenden (OLG Hamm 5.12.97, 20 U 230/96; OLG Köln 20.11.01, 9 U 39/00).
5. Zukunftshinweis
In den ganz neuen Muster-AKB des GDV AKB 2015 ‒ Stand 28.5.21 ‒ ist das Abtretungsgenehmigungserfordernis nicht mehr enthalten. Grund ist die Änderung des AGB-Rechts zum 1.10.21. § 308 Nr. 9 BGB verbietet künftig Klauseln, die die Abtretung von auf Geld gerichtete Ansprüche beschränken. Ob und wann die einzelnen Gesellschaften nachziehen, bleibt abzuwarten. Es lohnt also ein entsprechender Blick in die Bedingungen des Kaskovertrags.