24.11.2015 · IWW-Abrufnummer 182066
Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 04.09.2014 – 8 Sa 90/14
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 13.11.2013 - 3 Ca 1019/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung sowie über die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs.
Die 1973 geborene, verheiratete und gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin war seit dem 11.08.2008 bei der Beklagten als IT-Kundenbetreuerin (Hotline) in Teilzeit (120 Monatsstunden) gegen ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von zuletzt 1.770,00 € tätig. Der Urlaubsanspruch der Klägerin belief sich bei regelmäßig 5 Arbeitstagen je Woche auf 25 Arbeitstage jährlich. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen. Die Beklagte entwickelt und vertreibt Software-Produkte für die Landwirtschaft, die dazu dienen, betriebliche Abläufe in landwirtschaftlichen Unternehmen, etwa in den Bereichen der Liegenschaftsverwaltung, Warenwirtschaft, Produktionskontrolle und Kostenrechnung abzubilden. Teil dieses Angebotes ist das Programm "T 7", eine Software zur Abrechnung von Helfern im Ernteeinsatz. Die Beklagte beschäftigte zum Kündigungszeitpunkt regelmäßig weniger als 10 Mitarbeiter, darunter den Programmierer U und den Produktmanager N, denen zum gleichen Zeitpunkt ebenfalls außerordentlich gekündigt worden ist. Wie die Klägerin hatten beide die Möglichkeit, zumindest teilweise an einem häuslichen Arbeitsplatz für die Beklagte zu arbeiten.
Nach Angaben der Klägerin entschloss sich der Mitarbeiter N gegen Jahresende 2012 dazu, das Unternehmen der Beklagten im Laufe des Jahres 2013 zu verlassen und ein eigenes Unternehmen, die später am Markt in Erscheinung getretene B GmbH, dessen Geschäftsführerin und Gesellschafterin seine Ehefrau war zu gründen und über diese konkurrierende Softwarelösungen anzubieten. Der Programmierer U nahm bereits um die Jahreswende 2012/2013 mit Arbeitsmitteln (Laptop, Programmierlizenz), die ihm der Mitarbeiter N zur Verfügung gestellt hatte, in Abstimmung mit diesem ohne Kenntnis der Beklagten zumindest vorbereitende Arbeiten an dem Programm "M" auf, welches die B GmbH als Alternativprodukt zur Software "T" auf den Markt bringen wollte.
Die Klägerin, die nach eigenen Angaben von vorbereitenden Aktivitäten zur Gründung eines Wettbewerbsunternehmens jedenfalls teilweise wusste, während sie nach unbestrittener Darstellung der Beklagten unter Bezugnahme auf Angaben des Mitarbeiters N in dessen parallel geführten Kündigungsschutzprozess (dortiger Schriftsatz vom 15.10.2013, hier Anlage B 14, Bl. 435 d. A.) an den Gründungsüberlegungen unmittelbar teilhatte, war nach ihrer Einlassung zum Kündigungszeitpunkt noch nicht entschlossen, von der ihr eröffneten Möglichkeit dorthin zu wechseln tatsächlich Gebrauch zu machen. Unstreitig ist jedoch, dass sie spätestens zum 01.08.2013 mit der B GmbH ein Arbeitsverhältnis als Kundenbetreuerin begründete.
Zu Beginn des Monats Juni 2013 festigte sich bei dem Geschäftsführer der Beklagten nach entsprechendem Austausch mit der weiteren Mitarbeiterin L der Eindruck, dass in Teilen des Mitarbeiterkreises Abwanderungstendenzen bestehen und insoweit ggf. Wettbewerbshandlungen vorbereitet werden. Am 10.06.2013 räumte der Mitarbeiter N der Mitarbeiterin L Zugriff auf seinen Dienst-PC ein, um ihn bei einem Programmupdate zu unterstützen. Die Mitarbeiterin L nutzte die Gelegenheit, um im dortigen Datenbestand nach entsprechenden Anhaltspunkten zu suchen. Sie fand einen "Dropbox-Zugang" auf, wobei es sich insoweit um ein über das Internet zu erreichendes, externes Datenspeichermedium handelt, von deren Existenz die Beklagte keine Kenntnis hatte bzw. deren Einrichtung nicht abgestimmt oder gebilligt war. In dieser Dropbox fand sie den Ordner "B" auf, der u. a. Dateiordner mit den Bezeichnungen "T", "Kundendaten", "Lizenz", "Logo" und "M" enthielt.
Auf dem Rechner befanden sich neben dem dienstlichen E-Mail Account N@Q Zugänge zu zwei weiteren Accounts (N@B und X@N). Es wurde festgestellt, dass die Klägerin, die am fraglichen Nachmittag an ihrem häuslichen Arbeitsplatz tätig war, am 03.06.2013 über ihren privaten E-Mail Account eine telefonische Anfrage des Kunden H bzgl. eines zu Beginn der Saison 2014 benötigten Rechnungsprogramms mit mehreren Modulen an den Mitarbeiter N weitergeleitet hatte. Dies erfolgte gegen 18.17 Uhr zunächst an die Anschrift N@B und gegen 18.26 Uhr an die Anschrift X@N. Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die E-Mail Ausdrucke (Anlage B 3, Bl. 152 d. A.) Bezug genommen.
Am 06. und 07.06.2013 kopierte der Mitarbeiter N mit Unterstützung der Klägerin vom Server der Beklagten den Datenbestand mehrerer Laufwerke, darunter Kundendaten, die Kundenverwaltung und die von der Beklagten entwickelten Programme, auf ein externes Speichermedium (Festplatte), was die Beklagte durch die Auswertung von Chat-Protokollen (Skype) des Mitarbeiters N erst nach Klageerhebung feststellte und sich anhand von Log-Files des Servers belegen lässt. Zwischen den Parteien ist streitig, aus welchem Anlass, auf welchen Datenträger und zu welchem Zweck diese Datenkopie erfolgte. Unstreitig ist jedoch, dass die Klägerin die externe Festplatte am Samstag, den 08.06.2013, ein für sie arbeitsfreier Tag, gemäß Absprache mit dem Mitarbeiter N zu dessen vom Betrieb rund 40 Kilometer entfernten Wohnung bringen wollte, wozu es nach streitigen Angaben der Klägerin aber nicht gekommen ist.
Im Rahmen eines am 17.06.2013 geführten Gesprächs konfrontierte der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin und die beiden weiteren involvierten Mitarbeiter mit seinen Erkenntnissen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wie tiefgreifend selbige zu diesem Zeitpunkt waren. Der Klägerin hielt er das Versenden einer Kundenanfrage an nicht dienstliche E-Mail-Adressen des Mitarbeiters N vor, ohne der Klägerin gegenüber selbiges durch deren Vorlage zu konkretisieren. Noch unter dem 17.06.2013 sprach die Beklagte der Klägerin, die sich in dem Gespräch wie die beiden weiteren Betroffenen nicht zur Sache eingelassen hatte, die außerordentlich fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung zum 31.07.2013 aus.
Am 01.08.2013 trat die B GmbH am Markt in Erscheinung. In dem Internetauftritt des Unternehmens wurde die Klägerin als dortige Kundenbetreuerin vorgestellt. Die B GmbH trat umgehend per E-Mail unmittelbar an zahlreiche Kunden der Beklagten heran und kündigte ein neues, demnächst verfügbares Programm zur Erntehelferverwaltung ("M") an. Die Beklagte geht insoweit davon aus, dass die dazu verwendeten Kundendaten am 06./07.06.2013 von ihrem Server kopiert worden sind.
Zuvor, mit Beschluss vom 10.07.2013, hatte das Amtsgericht Münster auf eine Anzeige der Beklagten hin wegen des Verdachts eines Vergehens nach § 17 UWG die Durchsuchung der klägerischen Wohnung angeordnet. Diese erfolgte am 06.08.2013, wobei zeitgleich die Wohnungen U und N durchsucht worden sind. Auf einem sichergestellten Mobiltelefon der Klägerin wurde dabei, was der Beklagten später durch Einsichtnahme in die Ermittlungsakte bekannt wurde, folgende am 08.06.2013 geführte Chat-Korrespondenz zwischen der Klägerin und dem Mitarbeiter N ausgelesen:
Mit ihrer am 02.07.2013 beim Arbeitsgericht Rheine eingegangenen, wegen der Abgeltung von Urlaubsansprüchen später erweiterten Klage wendet sich die Klägerin gegen die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, während sie die ordentliche Kündigung gegen sich gelten lässt.
Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nicht vorliege. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Datenbestände des Mitarbeiters N zu kontrollieren und auf dessen Chat- oder E-Mail-Korrespondenz zuzugreifen. Die Klägerin hat behauptet, dass sie die Kundenanfrage vom 03.06.2013 lediglich aus Unachtsamkeit an die Adresse N@B weiter geleitet habe. Im Hinblick auf das angefragte Produkt sei der Mitarbeiter N zuständig gewesen. Nur aus diesem Grunde habe sie diesem die Nachricht zugeleitet. Dabei habe sie in ihr Outlook-Programm den Namen N eingegeben. Das Programm habe ihr darauf wohl die Adresse N@B vorgeschlagen, statt die beabsichtigte Adresse N@Q anzubieten. Aus Unachtsamkeit habe dann sie die falsche Adresse bestätigt. Warum genau sie die Mail zweimal gesendet habe, könne sie sich selbst nicht erklären. Sie meine sich zu erinnern, dass ihr der erste Versand in ihrem Programm nicht angezeigt worden sei und habe ausschließlich eine sichere Weiterleitung der Anfrage gewährleisten wollen, damit diese nicht in Vergessenheit gerate.
Selbst eine willentliche Weiterleitung an die Adresse N@B könne eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen. Der Adressat sei in jedem Fall der richtige Ansprechpartner für eine derartige Kundenanfrage gewesen und es habe allein in seiner Verantwortung gelegen, damit pflichtgemäß zu verfahren. Eine wirksame Tatkündigung könne die Beklagte auf diesen Sachverhalt jedenfalls nicht stützen.
Eine Verdachtskündigung insoweit scheide deshalb aus, weil die Beklagte sie im Rahmen des Gesprächs vom 17.06.2013 nicht mit hinreichend konkreten Vorwürfen konfrontiert und insbesondere die fragliche Mail-Korrespondenz nicht offengelegt habe, womit ihr gar nicht die Gelegenheit einer fundierten Stellungnahme zu den nur pauschal angegebenen Verdachtsmomenten eröffnet worden sei.
Soweit die Beklagte die Kündigung mit Schriftsatz vom 21.10.2013 auch darauf stütze, dass sich aus Chat-Protokollen (Skype) über Korrespondenz zwischen dem Kollegen N und ihr vom 07.06.2013, die der Beklagten über die weitere unzulässige Auswertung dessen Dienstrechners bzw. der dortigen Accounts verfügbar geworden sind, ergebe, dass sie an einer Duplizierung von betrieblichen Datenbeständen mitgewirkt habe, um diese für die B GmbH zu Wettbewerbszwecken verfügbar zu machen, handle es sich um sachlich nicht begründbare Verdächtigungen. Etwas anderes folge auch nicht aus dem von den Ermittlungsbehörden im Zusammenhang mit der Durchsuchung vom 06.08.2013 ausgelesenen Mobilfunk-Chat mit dem Kollegen N vom Vormittag des 08.06.2013. Tatsächlich habe der Mitarbeiter N die Datensicherung am 06.06.2013 nur deshalb und allein im Sicherungsinteresse der Beklagten begonnen, weil er bei extremer Langsamkeit des Servers einen Defekt befürchtet habe. Ihr Beitrag habe sich auf die Kontrolle des Kopierfortschritts und die Weitergabe entsprechender Informationen beschränkt. Daneben habe sie auf entsprechende Bitte des Mitarbeiters N diesem zugesagt, die Festplatte mit der Datenkopie am Vormittag des 08.06.2013 im Betrieb abzuholen und zu ihm nach Hause zu bringen. Er habe diese unverzüglich kontrollieren wollen. Zu dem Abholen der Festplatte sei es aber nicht gekommen, denn der Kollege N habe am Vormittag des 08.06.2013 angerufen und mitgeteilt, dass er wegen zeitlich starker Inanspruchnahme durch ein Reitturnier erwartungswidrig doch nicht dazu kommen werde, die Datenkopie zu überprüfen. Die Festplatte sei daher im Betrieb verblieben und dort am folgenden Montag kontrolliert worden.
Zur Begründung des Urlaubsabgeltungsanspruchs hat die Klägerin geltend gemacht, dass noch 27 Urlaubstage offen seien. Dieser Urlaubsumfang sei von der Beklagten explizit in der Lohnabrechnung für den Monat Mai 2013 (Bl. 169 d. A.) ausgewiesen worden.
Zusätzlich zum Jahresurlaubsanspruch 2013 (25 Tage) seien aus dem Jahr 2012 danach 4 Tage Resturlaub übertragen worden. Von diesen habe sie zwei Urlaubstage bis März 2013 genommen. Bei Unwirksamkeit der Kündigung und dem damit verbundenen Ausscheiden in der 2. Jahreshälfte sei der Rest von 27 Tagen mit einem Betrag in Höhe von 2.205,63 € abzugelten (1.770,00 € x 3 Monate = 5.310,00 €; 5.310,00 € : 65 Arbeitstage x 27 Urlaubstage). Bei Fälligkeit des Zahlungsanspruchs am 31.07.2013 ergebe sich der Zinsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verzugs.
Die Klägerin hat beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Die außerordentliche Kündigung vom 17.06.2013 sei durch wichtige Gründe im Verhalten der Klägerin veranlasst und deshalb wirksam. Zur Begründung hat die Beklagte darauf verwiesen, dass die Einlassung der Klägerin, die Mail vom 03.06.2013 wäre zweimal versehentlich an falsche Adressen geleitet worden, nicht glaubhaft sei. Darüber hinaus sei es auch nicht richtig, dass die betreffende Kundenanfrage an den Mitarbeiter N habe weiter geleitet werden müssen. Denn nach der internen produktbezogenen Aufgabenverteilung sei der Geschäftsführer für die Bearbeitung dieser Anfrage zuständig gewesen, was die Klägerin gewusst habe.
Im Rahmen des Gesprächs vom 17.06.2013 sei die Klägerin zunächst darüber aufgeklärt worden, dass die Anhörung die Frage klären solle, ob das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund gekündigt werden müsse. Die Klägerin sei dann vom Geschäftsführer gefragt worden, weshalb sie am 03.06.2013 eine E-Mail an die Adresse N@B geschickt habe und ob ihr bekannt sei, dass der Mitarbeiter N ein Wettbewerbsunternehmen, eben die B GmbH, aufbaue. Auf die Frage der Klägerin, ob sie den Ausdruck sehen dürfe, sei ihr der Inhalt dargestellt und der Kunde angegeben worden. Die Klägerin habe sodann jedwede Stellungnahme verweigert, was weitere Anhörungsbemühungen entbehrlich gemacht habe. Vor diesem Hintergrund bestehe der dringende Verdacht, dass die Klägerin den Mitarbeiter N bei seinem Wettbewerbshandeln während des laufenden Arbeitsverhältnisses vertragswidrig unterstützt habe. Eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei allein deshalb nicht zumutbar gewesen.
Die später bekannt gewordenen Umstände der "Datensicherung vom 06./07.06.2013 nebst der darüber geführten Korrespondenz ließen erkennen, dass die Klägerin dem Mitarbeiter N daneben bei einer illegalen Kopie des betrieblichen Datenbestandes behilflich gewesen sei, um diese später zu Wettbewerbszwecken verwenden zu können, worauf die Kündigung ebenfalls gestützt werde. Insoweit sei die Abwesenheit der eigentlich zuständigen Mitarbeiterin L gezielt ausgenutzt worden, was sich aus dem Chat-Verkehr vom 07.06.2013 ergebe. Der mit dem klägerischen Mobiltelefon am 08.06.2013 geführte Nachrichtenaustausch lasse zudem deutlich erkennen, dass die Klägerin die Festplatte an diesem Vormittag im Betrieb abgeholt und zum Wohnsitz des Mitarbeiters N verbracht habe. Dafür gebe es zumal an einem Wochenende, an dem selbiger durch die organisatorische Begleitung eines Reitturniers gebunden gewesen sei, keine andere Erklärung als die Absicht, sich diese Datenbestände heimlich zum Zwecke des Wettbewerbs verfügbar machen zu wollen.
Die klägerische Darstellung, die Festplatte nach entsprechendem Anruf dann doch nicht abgeholt, sondern im Betrieb belassen zu haben, stehe in diametralem Widerspruch zum Inhalt des Chat-Verkehrs vom 08.06.2013.
Der über den Rechner des Mitarbeiters N geführte Chat-Verkehr sowie der dortige Datenbestand habe ausgewertet werden dürfen, weil den Mitarbeitern - entgegen den Angaben der Klägerin - die Nutzung der überlassenen Rechner nebst den entsprechenden Kommunikationsmöglichkeiten allein zu dienstlichen Zwecken gestattet worden sei. Jedenfalls habe erkennbar kein Einverständnis mit einer Nutzung betrieblicher Ressourcen zu Wettbewerbszwecken bestanden.
Zum Urlaubsabgeltungsanspruch hat die Beklagte vorgetragen, dass die Klägerin für das Jahr 2013 bei Ausscheiden am 17.06.2013 lediglich 5/12 des Jahresanspruchs, mithin 10,41 Urlaubstage beanspruchen könne, wobei zwei im März 2013 bereits genommene Urlaubstage in Abzug zu bringen seien. Die von der Klägerin zitierte Monatsabrechnung teile - eine ganzjährige Betriebszugehörigkeit unterstellend - lediglich informatorisch die Anzahl der Urlaubstage mit, ohne insoweit als Anerkenntnis gewertet werden zu können oder in sonstiger Weise rechtsverbindlichen Charakter zu haben. Der bis zum 31.03.2013 nicht genommene Resturlaub aus dem Vorjahr sei gesetzlich verfallen.
Mit Urteil vom 13.11.2013 - 3 Ca 1019/13 - hat das Arbeitsgericht Rheine auf die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung erkannt, der Klägerin deshalb einen Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von lediglich 850,42 € brutto nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen kostenpflichtig abgewiesen. Das zweimalige Weiterleiten einer Kundenanfrage an nicht dienstliche E-Mail-Adressen des Mitarbeiters N stelle sich bei klägerseits eingeräumter Kenntnis von den Gründungsaktivitäten und dem Geschäftsfeld des Konkurrenzunternehmens als Verletzung des vertraglichen Wettbewerbsverbots dar, welches über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 HGB hinaus im bestehenden Arbeitsverhältnis allgemein gelte. Dieses habe die Klägerin verletzt, da die Ableitung einer Kundenanfrage zu einem Wettbewerbsunternehmen einen erheblichen Eingriff in die Geschäftsinteressen der Arbeitgeberin darstelle.
Wenngleich die Auffassung der Klägerin, das am 17.06.2013 geführte Gespräch genüge nicht den Anforderungen der Rechtsprechung an die Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers vor dem Ausspruch einer Verdachtskündigung, von der Kammer geteilt werde, bleibe der Feststellungsantrag ohne Erfolg. Denn als Tatrichter sei man von Amts wegen gehalten, alternativ zur Verdachtskündigung stets auch die Voraussetzungen einer Tatkündigung zu prüfen. Insoweit gehe die Kammer bei Würdigung aller Umstände davon aus, dass die Klägerin die Kundenanfrage vom 03.06.2013 zum Nachteil der Beklagten bewusst der in Gründung befindlichen B GmbH habe zuleiten wollen. Ein zweimaliges Versehen der Klägerin sei unter den vorliegenden Umständen nicht plausibel, was jedenfalls unter ergänzender Betrachtung der klägerischen Beteiligung am Kopieren der Datenbestände gelte. Hinsichtlich dieses Vorfalls greife kein relevantes Vortrags- oder Beweisverwertungsverbot ein.
Bei der im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB stets vorzunehmenden Interessenabwägung im Einzelfall sei dem Interesse der Beklagten an ein einer sofortigen Vertragsbeendigung wegen der aus dieser Wettbewerbshandlung folgenden und drohenden gewichtigen Nachteile Vorrang einzuräumen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe des Monats Juni 2013 könne die Klägerin auf gesetzlicher Grundlage lediglich 5/12 des Jahresurlaubs, mithin die Abgeltung von 10,41 Urlaubstagen verlangen, woraus sich ein Betrag in Höhe von 850,42 € brutto nebst Verzugszinsen ergebe. Die im Monat März genommen zwei Urlaubstage seien nicht in Abzug zu bringen, da übertragener Resturlaub bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werde könne, was hier erfolgt sei.
Gegen dieses ihr am 22.12.2013 zugestellt Urteil hat die Klägerin am 20.01.2014 Berufung eingelegt, die sie - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 24.03.2014 - mit Schriftsatz vom 24.03.2014, der an eben diesem Tag beim Landesarbeitsgericht einging, unter Bezugnahme auf und weiterer Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens begründet.
Das Arbeitsgericht habe dem Umstand, dass die E-Mail vom 03.06.2013 lediglich versehentlich an die Adresse N@B gesandt worden sei, keine ausreichende Bedeutung beigemessen und insoweit zu Unrecht Vorsatz angenommen. Die Annahme vorsätzlichen Handelns habe es dabei auf Annahmen und Unterstellungen im Zusammenhang mit der am 07.06.2013 fertiggestellten Datenkopie gestützt, ohne diesen Sachverhalt näher aufzuklären und insoweit entlastenden Umständen nachzugehen. Der danach allenfalls zu belegende Vorwurf einer fahrlässigen Fehlleitung der E-Mails vom 03.06.2013 müsse im Rahmen der bei Prüfung einer außerordentlichen Kündigung stets gebotenen Interessenabwägung im Einzelfall entscheidend berücksichtigt werden, da dem Verschuldensgrad insoweit besonderes Gewicht zukomme. Zudem sei der Mitarbeiter N, was die Beklagte entgegen der betrieblichen Aufgabenteilung falsch darstelle, bei dieser tatsächlich für die Bearbeitung des konkreten Anfragegegenstands zuständig gewesen. Als ihr Vorgesetzter sei es allein dessen Aufgabe und Verantwortung gewesen, mit der Nachricht pflichtgemäß zu verfahren. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei die Beklagte deshalb jedenfalls auf das mildere Mittel der Abmahnung zu verweisen. Bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.07.2013 könne sie - nach Abzug von zwei im März 2013 genommenen Resturlaubstagen - wie erstinstanzlich vorgetragen die Abgeltung von insgesamt 27 weiteren Tagen mit einem Betrag in Höhe von 2.205,63 € brutto nebst Zinsen verlangen. Abzüglich des erstinstanzlich rechtskräftig zuerkannten Teilbetrages in Höhe von 850,42 € ergebe sich insoweit eine verbleibende Hauptforderung in Höhe von 1.355,21 € brutto.
Die Klägerin beantragt,
Die Beklagte beantragt,
Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf und weiterer Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Wenngleich das Arbeitsgericht unter Hinweis auf eine nach dortiger Auffassung unzureichende Anhörung zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung nicht vorlägen, sei ihm hinsichtlich seiner Annahmen zur Wirksamkeit der Kündigung unter dem Gesichtspunkt der erwiesenen Pflichtwidrigkeit (Tatkündigung) vollständig beizupflichten. Insoweit sei es ohne Weiteres zulässig, zur Begründung des Tatvorwurfs bei Ausspruch der Kündigung noch unbekannte Sachverhalte nachzuschieben und an diese anzuknüpfen, wie dies das Arbeitsgericht im Kontext mit der Bewertung der klägerischen Beteiligung an der vermeintlichen Datensicherung vom 06./07.06.2013 getan habe. Es bleibe zudem dabei, dass die Klägerin das zumal zweimalige Versenden einer Kundenanfrage an nicht dienstliche E-Mail-Adressen des intern unzuständigen Mitarbeiter N nicht plausibel machen könne, was allein die Annahme der Unterstützung illegaler Wettbewerbsaktivitäten tragen könne. Außerdem sei bei verständiger Betrachtung des Skype- und Mobilfunkchats vom 07. und 08.06.2013 klar erkennbar, zu welchem Zweck die Kopie von Betriebsdaten erfolgt sei und dass die Klägerin daran mitgewirkt habe, diese Daten der in Gründung befindlichen B GmbH zugänglich zu machen. Da das Arbeitsverhältnis mit dem 17.06.2013 beendet sei, bestehe kein weitergehender Urlaubsabgeltungsanspruch.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer war, sowie auf die tatbestandlichen Feststellungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
I.
Die gem. § 64 Abs. 1 u. 2c ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Die Klägerin hat das Rechtsmittel nach § 66 Abs. 1 S. 1 u. 2 ArbGG i. V. m. § § 519, 520 ZPO insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
II.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage, mit Ausnahme des der Klägerin in Höhe von 850,42 € brutto zugesprochenen Urlaubsabgeltungsanspruchs nebst Zinsen, mit umfassender und sorgfältiger Begründung zu Recht abgewiesen. Die mit der Berufung geltend gemachten Gesichtspunkte rechtfertigen eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.
1.
Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.06.2013 ist - wie vom Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet - durch einen wichtigen Grund im Verhalten der Klägerin i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB bedingt, welcher der Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar macht.
Die Kündigung ist allein deshalb unter dem Gesichtspunkt der Tatkündigung gerechtfertigt, weil die Klägerin am 03.06.2013 nach fester Überzeugung der Kammer eine Kundenanfrage aus dem Geschäftslauf der Beklagten vorsätzlich ab-, dem Mitarbeiter N für die in Gründung befindliche B GmbH zugeleitet und so erheblich gegen das ihr vertragsimmanent auferlegte Wettbewerbsverbot verstoßen hat. Auf die weiteren, von der Beklagten zur Begründung der Kündigung vorgebrachten, später ermittelten und weitgehend streitigen Gesichtspunkte kommt es daher ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Verdachtskündigung - hier insbesondere die vorherige ordnungsgemäße Anhörung der Klägerin - erfüllt sind. Die Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB ist, was nach erst- und zweitinstanzlichem Vorbringen der Parteien keiner Vertiefung bedarf, erkennbar gewahrt. Sonstige, nach § 6 S. 1 KSchG von der Berufungskammer zu berücksichtigende Unwirksamkeitsgründe greifen nicht ein. Die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien daher mit ihrem Zugang aufgelöst.
a. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst festzustellen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", also typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Ber ücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 09.06.2011 - 2 AZR 323/10 - NZA 2011, S. 1342 m. w. N.; BAG, Urteil vom 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - NZA 2010, S. 1227 m. w. N.). Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB ist nur dann gegeben, wenn das Ergebnis dieser Gesamtwürdigung die Feststellung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist (BAG, Urteil vom 09.06.2011 - 2 AZR 381/10 - NZA 2011, S. 1027 m. w. N.). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes in diesem Sinne trägt die Partei, die sich des besonderen Kündigungsrechts aus § 626 Abs. 1 BGB berühmt (APS-Dörner, 4. Auflage 2013, § 626 BGB Rn. 173 m. w. N.), hier demnach der Beklagte.
b. Als wichtiger Grund für eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung "an sich" geeignet sind regelmäßig erhebliche Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Verletzung des Rücksichtnahmegebots aus § 241 Abs. 2 BGB durch Ausübung von Konkurrenztätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist dem Arbeitnehmer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt (BAG, Urteil vom 28.01.2010 - 2 AZR 1008/08 - AP Nr. 227 zu § 626 BGB m. w. N; BAG, Urteil vom 26.06.2008 - 2 AZR 190/07 - AP Nr. 213 zu § 626 BGB). Auch wenn dazu keine einschlägigen individual- oder kollektivrechtlichen Regelungen bestehen und der Arbeitnehmer nicht Handlungsgehilfe i. S. d. § 60 Abs. 1 HGB ist, der eine entsprechende Verhaltenspflicht für diesen Beschäftigtenkreis ausdrücklich begründet, folgt dies aus der nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB normierten Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners (BAG, Urteil vom 24.03.2010 - 10 AZR 66/09 - AP Nr. 141 zu Art. 12 GG). Der Arbeitgeber ist danach vor Wettbewerbshandlungen seiner Arbeitnehmer geschützt. Diese dürfen Dritten im Marktbereich ihrer Arbeitgeber keine Dienste oder Leistungen anbieten, weil diesen selbiger uneingeschränkt und ohne nachteilige Beeinflussung durch die eigenen Beschäftigten offenstehen soll (BAG, Urteil vom 28.01.2001, aaO).
Dem Arbeitnehmer ist danach nicht nur die Konkurrenzt ätigkeit im eigenen Namen untersagt, sondern ihm ist es ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen.
c. Gemessen an diesen Maßstäben liegt zunächst ein an sich geeigneter wichtiger Kündigungsgrund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB im Verhalten der Klägerin vor.
aa. Wie vom Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet hat die Klägerin am 03.06.2013 eine geschäftliche Anfrage des Kunden H, statt diese ordnungsgemäß in den Geschäftsgang der Beklagten zu leiten, dem Mitarbeiter N in einer Weise zugespielt, die auf eine Absicht der Klägerin zur Unterstützung der in Gründung befindlichen Wettbewerberin zum Nachteil der Beklagten schließen lässt, womit sie ihre vertraglich begründeten Rücksichtnahmepflichten erheblich verletzt hat (sie unten dd.).
bb. Der Umstand, dass die Beklagte die Kündigung zunächst mit entsprechenden dringenden Verdachtsmomenten begründet hat, hindert die Annahme einer wirksamen Tatkündigung nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stehen, wenngleich der Verdacht einer erheblichen Pflichtwidrigkeit z.B. einer strafbaren Handlung zum Nachteil des Arbeitgebers gegenüber dem uneingeschränkten Tatvorwurf selbst einen eigenständigen Kündigungsgrund darstellt (BAG, Urteil vom 13.09.1995 - 2 AZR 587/94 - AP Nr. 25 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung m. w. N.), beide Kündigungsgründe nicht beziehungslos nebeneinander (BAG, Urteil vom 23.06.2009 - 2 AZR 474/07 - AP Nr. 47 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Wird eine Kündigung zunächst nur mit dem Verdacht der Pflichtwidrigkeit begründet, steht selbige jedoch zur Überzeugung des Gerichts fest, so ist es nicht gehindert, die Pflichtwidrigkeit selbst statt des Verdachtsfalls als Kündigungsgrund anzuerkennen (BAG, Urteil vom 23.06.2009, aaO). Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich eine Verdachtskündigung ausgesprochen hat und er sich im Prozess gar nicht auf die Wirksamkeit einer Tatkündigung beruft bzw. diesen Gesichtspunkt zur Begründung nicht nachgeschoben hat (BAG, Urteil vom 03.07.2003 - 2 AZR 437/02 - AP Nr. 38 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung).
cc. Der Beklagten ist es nicht aufgrund eines Vortrags- oder Beweisverwertungsverbots versperrt, sich zur Begründung der Kündigung auf den unter II. 1. der Entscheidungsgründe genannten Sachverhalt zu stützen. Die Zivilprozessordnung kennt für rechtwidrig erlangte Informationen oder Beweismittel kein - ausdrücklich normiertes - prozessuales Verwertungsverbot. Vielmehr besteht aus § 286 ZPO i. V. m. Art. 103 Abs. 1 GG im Regelfall gerade die Verpflichtung der Gerichte, den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt und die dazu ggf. angebotenen Beweismittel umfassend und erschöpfend zu berücksichtigen. Folglich bedarf es für die Annahme eines Vortrags- oder Beweisverwertungsverbotes einer besonderen, durch gesetzliche Grundlagen vermittelten Legitimation (BAG, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 546/12 - AP Nr. 244 zu § 626 BGB).
Wird dem Arbeitnehmer ein Rechner mit Internetzugang, E-Mail Account und Chatmöglichkeit ausschließlich zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung gestellt, was hier streitig ist, obwalten gegen Kontrollen des Datenbestands und der über das Gerät geführten Kommunikation durch den Arbeitgeber, wie bei der Kontrolle sonstiger Arbeitsinhalte und Arbeitsschritte, regelmäßig keine Bedenken. Ist das Führen auch privater Kommunikation hingegen gestattet, kann der Zugriff auf private E-Mail oder Chat-Kommunikation bzw. die entsprechenden Accounts mit einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung mit der Folge verbunden sein, dass wegen der unmittelbar daraus gewonnen Erkenntnisse ein Verwertungsverbot bestehen kann, soweit der Eingriff nicht durch zwingende Gründe gerechtfertigt ist und sich auch im Übrigen als verhältnismäßig darstellt.
Das Verwertungsverbot bezieht sich in diesen Fällen jedoch nur auf die unmittelbar aus dem rechtswidrigen Eingriff erlangte Information bzw. das daraus gewonnene Beweismittel, nicht jedoch auf andere den konkreten Sachverhalt betreffende Erkenntnisquellen (BVerfG, Beschluss vom 31.07.2001 - 1 BvR 304/01 - AP Nr. 32 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht).
Soweit hier danach von einem illegalen Zugriff auf die Korrespondenz des Mitarbeiters N unter Verletzung seines Persönlichkeitsrechts auszugehen wäre, was keiner Entscheidung bedarf, führt dies bezogen auf die vorliegend allein relevanten E-Mails der Klägerin vom 03.06.2013 nicht zu einem Verwertungsverbot. Insoweit ist zunächst entscheidend, dass Umstand, Inhalt, Zeitpunkt und Adressat der beiden Mails von der Klägerin nicht nur unstreitig gestellt, sondern von ihr im Rahmen ihres Verteidigungsvorbringens aufgegriffen und verwendet werden, was deren Verwertung durch das Gericht erfordert. Ein etwaiger Eingriff der Beklagten in Persönlichkeitsrechte bezog sich zudem, der Zielrichtung nach, auf die ggf. geschützte Sphäre des Mitarbeiters N. Da die Klägerin den beiden E-Mails - soweit es sie betrifft - ausdrücklich dienstlichen Charakter beimisst und sie als Teil ihrer pflichtgemäßen Arbeitsleistung für die Beklagte beschreibt, nämlich als Zuleitung einer Anfrage an den zuständigen Mitarbeiter, fehlt es unter dem Gesichtspunkt des Schutzes ihres Persönlichkeitsrechts zudem bereits an einem relevanten - ggf. mittelbaren - Eingriff der Beklagten.
dd. Nach den Umständen des klägerischen Verhaltens und deren Würdigung nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO geht die Kammer bezogen auf die am 03.06.2013 mit dem Mitarbeiter N geführte, den Kunden H betreffende E-Mail-Korrespondenz von einer vorsätzlichen Pflichtwidrigkeit der Klägerin aus. Deren Darstellung, es habe sich insoweit allenfalls um ein fahrlässiges Abirren beim Versand der Nachrichten gehandelt, kann hingegen als widerlegte Schutzbehauptung betrachtet werden.
Die Kammer kann es nach dem Vorbringen beider Parteien als unstreitig betrachten, dass die Klägerin seit Jahresende 2012 von den Aktivitäten zur Gründung einer Wettbewerberin und des ihr zugedachten Geschäftsfelds zumindest positiv wusste. Der Umstand, dass auf ihrem privaten E-Mail-Account die Adresse N@B als Kontakt hinterlegt war, zeigt, dass die Klägerin mit dem Kollegen N in der Funktion einer für die in Gründung befindliche Wettbewerberin verantwortlichen Person kommunizieren wollte. Angesichts der erkennbaren Brisanz der ihr bekannten Gründungsaktivitäten in den bestehenden Arbeitsverhältnissen musste sich der Klägerin aufdrängen, dass eine Verwechslung von Kontakten des Mitarbeiters N im Kontext der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben für ihr eigenes wie für dessen Arbeitsverhältnis und die daraus resultierenden Pflichten höchst problematisch werden konnte, weshalb die Kammer insoweit entsprechende Sensibilität unterstellen darf.
Soweit es der Klägerin wirklich darauf ankam, die Anfrage H dem Kollegen N pflichtgemäß in seiner Funktion als Arbeitnehmer der Beklagten zuzuleiten, durfte sie vor diesem Hintergrund zu diesem Zweck nur dessen Dienstadresse N@Q verwenden bzw. verwenden wollen. Wurde ihr beim Schreiben einer E-Mail im Zusammenhang mit der Eingabe des Adressaten tatsächlich vom Programm der falsche Kontakt angeboten, so stand dies bei mehreren gespeicherten Kontakten einer Person zunächst für die aufgrund ihrer Arbeitsaufgaben notwendig nutzungserfahrene Klägerin zu erwarten und war folglich zu vermeiden. Jedenfalls konnte sie hier aber anhand der auf den ersten Blick trotz bestehenden Wortähnlichkeiten erkennbar unterschiedlichen Gestaltung der Adressen (mit und ohne Bindestrich) selbst bei Anwendung nur geringer Sorgfalt eine Verwechslung erkennen.
Wenngleich sich bei dem einmaligen Versand einer elektronischen Nachricht ohne jede Kontrolle das behauptete Versehen der Klägerin nicht ausschließen ließe, jedenfalls ein solches nicht als widerlegt betrachtet werden könnte, stellt hingegen der Umstand des zweifach nicht pflichtgemäß gewählten Adressaten die Willensrichtung der Klägerin im Sinne einer vertragswidrigen Wettbewerbshandlung hier deutlich heraus. Denn wären ihr wirklich Zweifel am ordnungsgemäßen Versand der ersten Nachricht gekommen - was in der Konsequenz ihres eigenen Vorbringens nur plausibel ist, wenn sie die Möglichkeit einer versehentlichen Versendung an die Adresse N@B in Betracht gezogen hat - galt es zunächst, den wirklichen Adressaten zu identifizieren, was im verwendeten Programm Outlook durch Betätigen der Funktion "Gesendete Objekte" ohne Weiteres möglich gewesen wäre.
Hätte die Kontrolle ergeben, dass die Nachricht versehentlich nicht an die beabsichtigte Adresse N@Q versandt worden ist, wäre zumindest jetzt der ggf. erneute Aufruf des ursprünglich geplanten richtigen, möglicherweise aber verfehlten Adressaten zu erwarten gewesen, was gerade nicht erfolgte. Ein blindes nochmaliges Versenden derselben Nachricht hingegen an eine zumal gänzlich andere als die zuerst gewählte Adresse ist danach nicht plausibel, will man von einem ursprünglichen Willen zur sicheren Übermittlung der Nachricht an die Dienstadresse des Kollegen N ausgehen.
Die Bewertung dieser objektiven Umstände lässt einen hinreichend sicheren Rückschluss auf die subjektive Willensrichtung der Klägerin zu. Es ging dieser erkennbar gerade darum, den Mitarbeiter N in dessen Aufgaben bei der B GmbH, ggf. auch privat, nicht jedoch im Kontext seiner für die Beklagte wahrzunehmenden Aufgaben über das Kundeninteresse und die damit verbundene Umsatzperspektive zu informieren. Die Möglichkeit eines Kundenverlustes, jedenfalls aber einer Umsatzeinbuße bei der Beklagten hat sie dabei mindestens in Kauf genommen.
ee. Ihr Hinweis, dass der Mitarbeiter N - gleich über welche E-Mail-Adresse informiert - gegenüber der Beklagten letztlich allein für den pflichtgemäßen Umgang mit der 2-fach vermittelten Nachricht verantwortlich gewesen sei, entlastet die Klägerin nicht.
Zum einen lassen die von der Klägerin gewählten Informationswege - wie ausgeführt - auf einen begleitenden Schädigungsvorsatz schließen. Zum anderen gehörte es zum Pflichtenkreis der Klägerin, eine Information über konkrete Kundenanfragen so weiterzuleiten, dass sie selbst alles Ihrige zu deren ausschließlich im Interesse der Beklagten erfolgenden Bearbeitung beigetragen hat, wozu die exklusive Information eines - ihr bekannt - parallel für eine zu gründende Wettbewerberin handelnden Kollegen über ausschließlich nicht dienstlich und damit für die Arbeitgeberin im Regelfall nicht nachvollziehbare Informationskanäle nicht gehört. Mit einer zur Unterstützung der Wettbewerberin geeigneten Handlung hat die Klägerin folglich eigene Pflichten verletzt, weshalb sie nicht darauf verweisen kann, dass dem Mitarbeiter N - soweit er die kl ägerische Vorlage aufgreift - selbiges in ggf. gesteigerter Form ebenfalls vorzuwerfen ist.
d. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber trotz des Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder dem aus anderen Gründen feststehenden Ende des Arbeitsverhältnisses zuzumuten ist, muss im Rahmen einer Gesamtwürdigung sein Interesse an einer sofortigen Vertragsbeendigung gegen das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abgewogen werden (BAG, Urteil vom 21.11.2013 - 2 AZR 797/11 - [...] m. w. N.).
Die danach gebotene Bewertung des Einzelfalls hat unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer die Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung zu beurteilen muss, nicht abschließend abstrakt festlegen (BAG, aaO). In die Abwägung einzustellen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen der in Rede stehenden Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Zeitraum seines störungsfreien Verlaufs. Die außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB ist nicht Strafe für vergangenes Fehlverhalten. Die Norm ermöglicht vielmehr die Ausübung eines unter Prognosegesichtspunkten in die Zukunft wirkenden Gestaltungsrechts. Die außerordentliche Kündigung kommt daher nur in Betracht, wenn dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG, aaO). Als milderes Mittel kommt - neben der ordentlichen Kündigung - insbesondere die Erteilung einer Abmahnung in Betracht.
Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten, so kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Arbeitnehmer selbiges abstellt, wenn ihm die dadurch veranlasste Gefährdung des Arbeitsverhältnisses vor Augen geführt wird (BAG, Urteil vom 11.07.2013 - 2 AZR 994/12 - [...]).
Einer Abmahnung bedarf es nach dem auch in §§ 314 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB verankertem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung nicht zu erwarten steht oder wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme - für den Arbeitnehmer erkennbar - dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben nicht zugemutet werden kann (BAG vom 11.7.2013, aaO).
e. Der Beklagten war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses danach selbst bis zum Ablauf des 31.07.2013 unzumutbar.
Wenngleich die Klägerin zum Kündigungszeitpunkt bereits rund 5 Jahre bei der Beklagten beschäftigt war, soweit erkennbar störungsfrei gearbeitet hat und Unterhaltspflichten bestehen, tritt ihr Fortsetzungsinteresse unter weiterer Berücksichtigung ihrer aufgrund guter Fachqualifikation und Berufserfahrung bei günstigem Lebensalter positiven Perspektiven am Arbeitsmarkt hier hinter dem Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses deutlich zurück. Die Beklagte weist insoweit völlig zu Recht darauf hin, dass angesichts der durch die Produktentwicklung faktisch bereits aufgenommenen Tätigkeit der Wettbewerberin und deren Absicht, ganz zeitnah an den Markt zu gehen, jeder Tag der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Gefahr weiterer Interessenverletzungen durch die Klägerin verbunden gewesen wäre. Das mit einem noch mehrwöchigen Festhalten am Arbeitsverhältnis verbundene Risiko künftiger Einflussnahme auf Hotline-Kunden im Interesse der Wettbewerberin oder der weiteren Beeinträchtigung von Umsatzperspektiven durch das Zuspielen neuer, allein der Klägerin mündlich angetragenen Kundenanfragen an die Wettbewerberin musste die Beklagte unter diesen Umständen nicht eingehen. Angesichts der mit dem klägerischen Fehlverhalten verbundenen Intensität des Eingriffs in das vitale Interesse der Beklagten, ohne störende Einflussnahme aus der eigenen Belegschaft Umsätze zu generieren, was einen Kernbestandteil der Wettbewerbsinteressen der Beklagten darstellt, sowie deren - durch das klägerische Verhalten - dokumentierten Geringschätzung, konnte die Klägerin nach objektiven Maßstäben nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ihr Verhalten hinnehmen wird oder selbiges - weil nicht so gravierend - zunächst mit einer Abmahnung belegen wird bzw. belegen muss.
Angesichts des mit dem Fehlverhalten verbundenen, irreparablen Vertrauensverlustes und der fehlenden Möglichkeit, die Klägerin während ihrer Beratungsaufgaben fortlaufend und effektiv zu kontrollieren, stellt sich eine Abmahnung vorliegend vielmehr als untaugliches Instrument dar. Die Beklagte muss sich folglich - mangels gleicher Eignung - nicht auf mildere Mittel wie Abmahnung oder ordentliche Kündigung verweisen lassen. Sie konnte auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten unmittelbar zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung als dem schärfsten und in den Folgen weitreichensten Mittel greifen.
2.
Die Klägerin hat - wie vom Arbeitsgericht rechtskräftig tituliert - einen Urlaubsabgeltungsanspruch gegen die Beklagte aus § 7 Abs. 4 BUrlG in Höhe von 850,42 € brutto nebst Zinsen. Da nach den Ausführungen zu II.1. der Entscheidungsgründe mit dem Vordergericht von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 17.06.2013 auszugehen ist, besteht hier bei erfüllter Wartezeit und Ausscheiden der Klägerin in der ersten Jahreshälfte 2013 gem. § 5 Abs. 1c BUrlG lediglich ein Teilurlaubsanspruch im Umfang von 10,41 Tagen (5/12 des Jahresanspruchs), den die Beklagte mit dem bereits ausgeurteilten Betrag abzugelten hat.
Die mit der Berufung geltend gemachten weitergehenden Ansprüche scheiden hingegen aus den vom Arbeitsgericht angenommenen Gründen aus, weshalb die Berufungskammer wegen des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Grund und Höhe insgesamt gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen und sich diesen ausdrücklich anschließen kann.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich.
Der Rechtsstreit wirft weder entscheidungserhebliche Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf noch weicht die Kammer in entscheidungserheblicher Weise von obergerichtlicher Rechtsprechung ab.