05.10.2018 · IWW-Abrufnummer 204735
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 31.07.2018 – 3 Sa 130/18
1. Die Um- oder Versetzung eines Arbeitnehmers in einen anderen Arbeitsbereich und eine andere Schicht kann unter anderem auch als Reaktion auf eine konkrete Konfliktlage im bisherigen Arbeitsbereich zur Sicherung oder Wiederherstellung des Betriebsfriedens und/oder -ablaufs erfolgen; hierin liegt ein berechtigtes betriebliches Interesse zur Begründung der Billigkeit der Direktionsrechtsausübung.
2. In solchen Fällen ist es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren will. Insbesondere ist er nicht gehalten, zunächst die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Konfliktlage aufzuklären. Der damit verbundene Aufwand und Zeitverlust sind dem Arbeitgeber regelmäßig in solchen Fällen gerade deshalb unzumutbar, weil er schnell reagieren muss.
3. Das bedeutet aber nicht, dass der die Darlegungs- und Beweislast für die die Billigkeit einer Weisung begründenden Umstände tragende Arbeitgeber nicht nur die weitere Aufklärung der Ursachen einer Konfliktlage unterlassen könnte, sondern nicht einmal gehalten wäre, wenigstens die Konfliktlage selbst und ihre Auswirkungen auf Betriebsfrieden und/oder Betriebsablauf konkret und - soweit streitig - unter Beweisantritt darzulegen. Die innerbetriebliche Konfliktlage ist kein "Freifahrtschein" für quasi jedwede Ausübung des Weisungsrechts. Vielmehr ist konkret zu der behaupteten Konfliktlage selbst und zu deren Auswirkungen auf Betriebsfrieden und/oder -ablauf vorzutragen, um überhaupt zur Annahme eines berechtigten betrieblichen Belanges für die Weisung zu kommen, mit dem dann die gegen die Weisung sprechenden Interessen des betroffenen Arbeitnehmers abzuwägen sind.
4. Zu den in die Interessenabw ägung einzubeziehenden, gegen eine Um- oder Versetzung sprechenden Interessen des betroffenen Arbeitnehmers gehören unter anderem die Außenwirkung der von ihm als "Bestrafung" empfundenen Maßnahme im Betrieb sowie wirtschaftliche Auswirkungen wie der Wegfall einer bisher erlangten Schichtzulage.
Tenor:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 26.01.2018 - Az.: 2 Ca 1373/17 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 3/4 und der Kläger zu 1/4.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug zuletzt noch über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Weisung, wonach der Kläger statt des bisherigen Einsatzes als Maschinenbediener im 3-Schicht-System in der Verzinkerei in die Abteilung Verpackung/Logistik im 1-Schicht(Frühschicht)-System wechseln soll.
Der am 10.11.1979 geborene Kläger ist seit dem 01.08.2000 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 3.574,- € beschäftigt.
Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 26.11.2003, wegen dessen Inhalts im Übrigen auf Blatt 5 ff. der Akte Bezug genommen wird, enthält unter § 1 folgende Regelungen:
Unter dem 28.01.2009 änderten die Parteien den Arbeitsvertrag dahingehend ab, dass der Kläger ab dem 01.02.2009 als Maschinenbediener in der Stanzerei eingesetzt wurde. Alle übrigen Regelungen des Arbeitsvertrages blieben ausdrücklich unberührt (Blatt 9 der Akte). Im Jahr 2013 wurde der Kläger dann mit seiner Zustimmung in die Verzinkerei versetzt, wo er zuletzt bis zu der hier streitigen Weisung im 3-Schicht-System als Maschinenbediener tätig war.
Etwa Mitte März 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in Zukunft nicht mehr als Maschinenbediener in der Stanzerei/Verzinkung beschäftigt werde. Man werde ihn in die Abteilung für Verpackung/Logistik versetzen. Dort werde man ihn entgegen der bisherigen Praxis nicht mehr im 3-Schicht-System, sondern ausschließlich im 1-Schicht-System (Frühschicht) beschäftigen. Dies begründete die Beklagte damit, dass sich Mitarbeiter aus der Abteilung des Klägers über seine mangelnde Sozialkompetenz beschwert hätten.
In seiner Sitzung vom 14.12.2017 stimmte der Betriebsrat der Beklagten der unbefristeten Versetzung des Klägers zu (Blatt 89 der Akte).
Mit seiner am 24.08.2017 bei dem Arbeitsgericht Krefeld eingereichten und der Beklagten am 30.08.2017 zugestellten Klage hat der Kläger erstinstanzlich neben der Entfernung einer ihm in anderem Zusammenhang erteilten Abmahnung die Feststellung begehrt, dass die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages verpflichtet sei, ihn als Maschinenbediener in der Stanzerei/Verzinkung im 3-Schicht-System zu beschäftigen, die Versetzung in die Abteilung Verpackung/Logistik im 1-Schicht-System unwirksam und er nicht verpflichtet sei, dieser Weisung Folge zu leisten. Er hat die Ansicht vertreten, dass er einen vertraglichen Anspruch darauf habe, im 3-Schicht-System beschäftigt zu werden. Bei der Tätigkeit, die die Beklagte ihm nunmehr zugewiesen habe, handele es sich um eine völlig stupide Arbeit, bei der er nichts anderes zu tun habe, als eine Maschine den gesamten Arbeitstag über bei deren Arbeit zu beobachten. Diese Arbeit werde im Unternehmen üblicherweise ausschließlich von gering qualifizierten bzw. unausgebildeten Helfern verrichtet. Zudem falle - unstreitig - die bisherige Schichtzulage weg, was nach der Behauptung des Klägers zu einer Einkommenseinbuße von monatlich ca. 600,- € brutto führe. Bei der Weisung der Beklagten handele es sich um eine Maßregelung und Schikanemaßnahme. Betriebliche Notwendigkeiten für seine Versetzung bestünden nicht und die ohnehin nur pauschal von der Beklagten behaupteten Mitarbeiterbeschwerden habe es nicht, jedenfalls nicht in seiner Schicht gegeben. Die von der Beklagten genannten Mitarbeiter seien bis auf eine Ausnahme alle nicht in seiner Schicht, sondern in der Nachbarschicht tätig. Sie hätten allenfalls bei den Übergaben Kontakt zu ihm. Eine durch ihn verursachte Unruhe im Betrieb hat der Kläger dementsprechend ebenfalls bestritten.
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie berechtigt sei, dem Kläger die streitige Tätigkeit im 1-Schicht-Betrieb zuzuweisen. Es handele sich wie bisher um Maschinenbedienungstätigkeiten. Diese seien ausweislich des betrieblichen Kompetenzpasses gleichwertig mit der zuvor ausgeübten Tätigkeit des Klägers. Die Beklagte hat weiter behauptet, die Versetzung sei erforderlich geworden, weil mit den Beschäftigten N. ×., B. B., O. D., N. T., I. L., S. C., G. T., L. N. und N. G. Gespräche geführt worden seien. Die Mitarbeiter hätten sich über das Verhalten des Klägers beschwert und geäußert, dass dieses zu einem schlechten Betriebsklima in der Abteilung führe. Durch die Kollegen werde dem Kläger insbesondere vorgeworfen, dass er Mitarbeiter und Leiharbeitnehmer aufstachele und dazu neige, über nicht anwesende Beschäftigte zu lästern, während er sich dann diesen Mitarbeitern gegenüber nach deren Rückkehr in den Betrieb betont vertraulich, ja geradezu kumpelhaft gebe. Es werde ihm weiter durch seine Kollegen vorgeworfen, dass er Leiharbeitnehmer bewusst provoziere, die Produktionsdaten falsch aufzeichne und sich seinen Kollegen gegenüber durch arrogantes Auftreten und ironische Bemerkungen auszeichne. Zutreffend sei, dass von den genannten Mitarbeitern allein Herr N. in der bisherigen Schicht des Klägers tätig sei. Die anderen seien aber in der Nachbarschicht tätig und Herr G. früher auch in der Schicht des Klägers. Zur wegfallenden Schichtzulage hat die Beklagte schließlich unter Bezugnahme auf Abrechnungen behauptet, diese mache lediglich 214,44 € brutto monatlich aus.
Mit Urteil vom 26.01.2018 hat das Arbeitsgericht Krefeld der Klage im Hinblick auf die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung in die Abteilung Verpackung/Logistik im 1-Schicht-System stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - soweit in der Berufung noch von Interesse - dabei im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellungsklage sei insofern sowohl zulässig als auch begründet. Die Zuweisung der Tätigkeit in der Abteilung Verpackung/Logistik wahre nicht die Grenzen billigen Ermessens. Bei Spannungen zwischen Arbeitnehmern könne der Arbeitgeber zwar mit der Umsetzung eines Arbeitnehmers reagieren. Grundsätzlich sei es Sache des Arbeitgebers, zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren wolle. Er müsse die Ursachen eines Streits zwischen Arbeitnehmern nicht abschließend ergründen oder den "Schuldigen" ermitteln. Die Grenzen billigen Ermessens seien dementsprechend gewahrt, wenn Mitarbeiter durch eine Versetzung getrennt würden, weil eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr zu erwarten sei. Im vorliegenden Fall betrachte die Beklagte allerdings den Kläger als den "Schuldigen" und den Verursacher betrieblicher Unruhen und habe deshalb dessen Versetzung vorgenommen. Die Versetzung sei nicht erfolgt, um Arbeitnehmer zu trennen, die nicht gedeihlich zusammenarbeiten können, ohne dass der "Schuldige" ermittelt worden wäre, sondern sie stelle eine Maßregelung gerade des Klägers dar. Damit sei die Beklagte aber gehalten gewesen, konkret darzulegen, worin das Fehlverhalten des Klägers bestehen solle, wann er sich also in welcher Weise und wem gegenüber fehlverhalten haben solle. Hierzu bestehe umso mehr Anlass, als sich herausgestellt habe, dass es Mitarbeiter einer anderen Schicht gewesen seien, die sich negativ über den Kläger geäußert haben sollen. Angesichts dessen, dass diese Mitarbeiter nur anlässlich der Schichtübergabe mit dem Kläger zusammentreffen könnten, die Beklagte auch keine konkreten Einzelheiten vorgetragen habe, könne sich der Kläger letztlich nicht substantiiert gegen die Behauptungen der Beklagten wehren. Die Beklagte wäre hier gehalten gewesen, das von anderen Mitarbeitern behauptete Fehlverhalten des Klägers näher aufzuklären und zu substantiieren. Da sie dies unterlassen habe, überwiege das Interesse des Klägers an der Beibehaltung des bisherigen Arbeitsplatzes.
Gegen das ihr über ihre Prozessbevollmächtigten am 01.02.2018 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld hat die Beklagte mit am 28.02.2018 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese mit bei dem Landesarbeitsgericht am 28.03.2018 eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger wiederum hat zunächst hinsichtlich seines abgewiesenen weitergehenden Feststellungsbegehrens Anschlussberufung eingelegt, die er aber in der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2018 zurückgenommen hat.
Die Beklagte verfolgt mit der Berufung das Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Sie rügt, dass das Arbeitsgericht zu hohe Anforderungen an ihre Darlegungslast zur Begründung der Versetzung gestellt habe und beruft sich insoweit insbesondere auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94. Sie behauptet, durchaus den Versuch einer näheren Aufklärung unternommen und hierzu Gespräche mit den neun namentlich benannten Kollegen des Klägers geführt zu haben. Bei diesen Gesprächen sei auch der Betriebsrat zugegen gewesen. Es sei dabei zweifelsfrei zutage getreten, dass es zu Spannungen zwischen dem Kläger und den übrigen Beschäftigten gekommen sei. Diese Spannungen hätten sich letztlich nicht endgültig aufklären lassen, so dass die Beklagte darauf verzichtet habe, eine Abmahnung auszusprechen und vielmehr als milderes Mittel die hier streitige Versetzung vorgenommen habe. Weitere Ermittlungen durch konkretere Befragungen der Arbeitskollegen des Klägers vorzunehmen, um den Sachvortrag substantiieren zu können, würde nach ihrer Einschätzung zu einer weiteren Störung des Betriebsfriedens führen, die es zu vermeiden gelte. Mit der hier vorgenommenen Versetzung des Klägers sei hingegen jedes Konfliktpotential entschärft worden. Sie sei dem Kläger zumutbar. Die Eingruppierung ändere sich nicht. Der Wegfall des Einsatzes im 3-Schicht-Betrieb führe präventiv dazu, dass durch den nunmehr engeren Kontakt zu einer Führungskraft gleichzeitig die Voraussetzungen dafür geschaffen worden seien, entweder weitere vom Kläger ausgehende Konflikte zu vermeiden oder aber den Kläger jedenfalls davor zu schützen, unverschuldet in Konfrontationen mit Kollegen hineinzugeraten.
Die Beklagte beantragt,
Der Kläger beantragt,
Er verteidigt unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen das erstinstanzliche Urteil, hält die Versetzung unverändert für unbillig und den Sachvortrag der Beklagten zu ihrer Rechtfertigung unverändert für unzureichend.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen in erster und zweiter Instanz sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € übersteigt, statthaft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG. Ferner ist sie form- und fristgerecht im Sinne von § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Krefeld hat der Klage hinsichtlich des in der Berufung noch anhängigen, die Versetzung in die Verpackung/Logistik in den 1-Schicht-Betrieb betreffenden Streitteils zu Recht stattgegeben.
1.Die Klage ist mit dem Feststellungsantrag insoweit zunächst - wie schon das Arbeitsgericht zutreffend unter I.1.a (Seite 6) der Entscheidungsgründe festgestellt hat - zulässig. Es wird damit eine bestimmte Maßnahme des Direktionsrechts inhaltlich klar abgrenzbar bezeichnet (253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und in ihrer Wirksamkeit der gerichtlichen Überprüfung zugeführt. Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, anerkannt, dass sich Feststellungsklagen nach § 256 Abs. 1 ZPO auch auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken können und nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken müssen; sie können sich insbesondere bei der Überprüfung einer direktionsrechtlichen Maßnahme auch auf einen Teil eines Rechtsverhältnisses beziehen (BAG vom 27.10.2005 - 6 AZR 123/05, juris, Rz. 20; vgl. auch Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Auflage, Seite 113).
2.Die gegen die Versetzung in die Abteilung Verpackung/Logistik im 1-Schicht-System gerichtete Feststellungsklage ist zudem begründet. Die entsprechende Weisung der Beklagten ist unwirksam und die Entscheidung des Arbeitsgerichts damit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung überzeugen aus den nachfolgenden Gründen nicht:
Die Weisung der Beklagten entspricht nicht den zu beachtenden Grundsätzen billigen Ermessens nach §§ 106 Satz 1 GewO, 315 Abs. 1 BGB.
a. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG vom 28.08.2013 - 10 AZR 569/12, juris, Rz. 40; BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 34 f.; BAG vom 13.04.2010 - 9 AZR 36/09, juris, Rz. 40; BAG vom 21.07.2009 - 9 AZR 404/08, juris, Rz. 22; vgl. auch HWK/Lembke, 7. Auflage, § 106 GewO Rn. 119 ff. m.w.N.).
Die Darlegungs- und Beweislast für die die Billigkeit der Direktionsrechtsausübung begründenden Umstände trifft dabei den Arbeitgeber (BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 36; BAG vom 14.07.2010 - 10 AZR 182/09, juris, Rz. 90; LAG Düsseldorf vom 02.10.2017 - 3 Sa 669/16, juris, Rz. 35; HWK/Lembke, 7. Auflage, § 106 GewO Rn. 132) und maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung ist der der Vornahme der Weisung, nicht der der letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Überprüfungsverfahren oder irgendein dazwischen liegender Zeitpunkt (BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 41; BAG vom 14.07.2010 - 10 AZR 182/09, juris, Rz. 89; BAG vom 23.09.2004 - 6 AZR 567/03, juris, Rz. 19; LAG Düsseldorf vom 02.10.2017 - 3 Sa 669/16, juris, Rz. 35; HWK/Lembke, 7. Auflage, § 106 GewO Rn. 132).
b. Im vorliegenden Fall beruft sich die Beklagte auf eine Konfliktlage, auf die sie habe reagieren müssen.
Richtig ist dabei ihre Grundannahme, dass eine Weisung auch als Reaktion auf eine konkrete Konfliktlage zur Sicherung oder Wiederherstellung des Betriebsfriedens und/oder -ablaufs erfolgen kann; hierin liegt ein berechtigtes betriebliches Interesse zur Begründung der Billigkeit der Direktionsrechtsausübung (BAG vom 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94, juris, Rz. 11 ff., 15; LAG Berlin-Brandenburg vom 22.03.2018 - 5 Sa 1575/17, juris, Rz. 31; Sächsisches LAG vom 18.10.2017 - 5 Sa 8/17, juris, Rz. 43; LAG Rheinland-Pfalz vom 27.06.2017 - 8 Sa 4/17, juris, Rz. 36; LAG Schleswig-Holstein vom 02.05.2007 - 6 Sa 504/06, juris, Rz. 36 ff.; HWK/Lembke, 8. Auflage, § 106 GewO Rn. 120).
Es ist auch grundsätzlich Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, wie er auf solche Konfliktlagen reagieren will; insbesondere ist er nicht gehalten, in solchen Situationen anstelle einer Umsetzung eine Abmahnung auszusprechen oder zunächst die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die entstandenen Konflikte im Einzelnen aufzuklären (BAG vom 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94, juris, Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg vom 22.03.2018 - 5 Sa 1575/17, juris, Rz. 31; LAG Rheinland-Pfalz vom 27.06.2017 - 8 Sa 4/17, juris, Rz. 36). Der damit verbundene Aufwand und Zeitverlust sind dem Arbeitgeber regelmäßig in solchen Konfliktfällen gerade deshalb nicht zumutbar, weil er schnell reagieren und den Betriebsfrieden sichern bzw. wiederherstellen muss (ebenso LAG Schleswig-Holstein vom 02.05.2007 - 6 Sa 504/06, juris, Rz. 37).
Entgegen der Ansicht der Beklagten bedeutet das aber nicht, dass ein Arbeitgeber zur Begründung einer Weisung, die mit Nachteilen für den betroffenen Arbeitnehmer verbunden ist, einfach pauschal und ohne jede einlassungsfähige Konkretisierung auf Mitarbeiterbeschwerden, eine unspezifizierte Konfliktlage und ebenso unspezifizierte Betriebsablaufstörungen verweisen könnte und damit quasi einen "Freifahrtschein" zu mehr oder weniger jedweder Versetzung gelöst hätte, der einer weiteren gerichtlichen Prüfung entzogen wäre. Die Beklagte verkennt, dass sie zur Begründung eines anerkannten betrieblichen Interesses für eine Versetzung zunächst eine konkrete Konfliktlage und durch diese verursachte oder jedenfalls konkret zu erwartende Störungen des Betriebsfriedens und/oder -ablaufs darzulegen und im Bestreitensfalle auch zu beweisen hat. In keinem der vorstehend zitierten Fälle mangelte es an der Darlegung einer solchen konkreten Konfliktlage. Diese ist eben gerade Grundvoraussetzung für die Annahme eines berechtigten Anlasses für eine Versetzung. Ist sie gegeben, wird von dem Arbeitgeber aus den dargelegten Gründen der Gewährleistung des ungestörten Betriebsablaufs nicht erwartet, vor dem Ergreifen von Abhilfemaßnahmen noch aufwändig aufzuklären, welcher der betroffenen Mitarbeiter welchen Verursachungsbeitrag an der Konfliktlage hatte, wer also der überwiegend oder allein "Schuldige" sein könnte (vgl. BAG vom 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94, juris, Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg vom 22.03.2018 - 5 Sa 1575/17, juris, Rz. 31; Sächsisches LAG vom 18.10.2017 - 5 Sa 8/17, juris, Rz. 45 ff; LAG Rheinland-Pfalz vom 27.06.2017 - 8 Sa 4/17, juris, Rz. 36; LAG Schleswig-Holstein vom 02.05.2007 - 6 Sa 504/06, juris, Rz. 36 f.).
Die grundlegenden Darlegungsanforderungen, die bereits der Kläger von Beginn an gerügt und das Arbeitgericht als nicht erfüllt erachtet hat, auf die die Beklagte aber auch in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer nochmals ausdrücklich hingewiesen worden ist, verstehen sich schon deshalb eigentlich von selbst, weil es eben um die Darlegung des berechtigten betrieblichen Interesses der Arbeitgeberin geht, die überhaupt erst eine Interessenabwägung hinsichtlich der zu überprüfenden Weisung eröffnet. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist weiterhin zu prüfen, ob die erfolgte Weisung gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer unter Berücksichtigung seiner Interessen billigem Ermessen entspricht. In diesem Rahmen wird lediglich nicht von dem Arbeitgeber verlangt, bei einer konkret gegebenen Konfliktlage und entsprechenden, bereits eingetretenen oder jedenfalls konkret zu befürchtenden Störungen des Betriebsfriedens und/oder -ablaufs noch aufwändig zunächst weiter zu ermitteln, wer welche Verursachungs- oder gar Schuldbeiträge hieran trägt, bevor gehandelt werden könnte. Nicht entlastet wird der Arbeitgeber hingegen von der konkreten Darlegung des berechtigten betrieblichen Interesses als solchem, also eben der konkreten Konfliktlage und ihrer Auswirkungen auf den betrieblichen Frieden und den Betriebsablauf.
Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag der Beklagten weder in erster noch in zweiter Instanz auch nur ansatzweise gerecht. Dem Kläger wird allein pauschal und in keiner Weise einlassungsfähig, nämlich weder personell (wer hat sich konkret beschwert?), zeitlich noch inhaltlich einlassungsfähig vorgehalten, es gebe aus einem Kreis von neun Mitarbeitern, mit denen man (wann?) gesprochen habe, Beschwerden über sein Sozialverhalten. Diese Beschwerden werden gleichfalls nur allgemein und für den Kläger nicht einlassungsfähig beschrieben. Es wird nicht einmal angegeben, ob alle neun befragten Mitarbeiter sich in identischer Weise geäußert haben oder wer hier welche Beschwerde geäußert haben soll. Das wiederum erlangt aber gerade deshalb besondere Bedeutung, weil unstreitig von den neun benannten Arbeitnehmern allein ein einziger, nämlich Herr N. in der Schicht des Klägers tätig ist. Soweit Herr G. jedenfalls früher dort tätig war, gibt die Beklagte keinerlei Auskunft darüber, wann er die Schicht gewechselt hat und ob seine Beschwerde - hier hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 26.01.2018 vor dem Arbeitsgericht wenigstens ein einziges Mal den Personenbezug einer Beschwerde hergestellt, wenn auch die Beschwerde selbst mit der Pauschalangabe, der Kläger "bringe Sprüche und verhalte sich ironisch", nicht weiter konkretisiert - nun vor oder nach dem Schichtwechsel geäußert worden ist.
Vollkommen unklar und gleichfalls nur pauschal und für den Kläger nicht einlassungsfähig behauptet bleiben damit auch eingetretene oder - konkret (!) - zu befürchtende Auswirkungen auf Betriebsablauf und/oder Betriebsfrieden. Hier wäre konkreter Sachvortrag aber allein deswegen schon notwendig gewesen, weil eben bis auf Herrn N. kein angeblich sich beschwerender Mitarbeiter der Schicht des Klägers angehört und der Kläger selbst Herrn N. ausdrücklich dafür benannt hat, dass keine Beschwerde geäußert worden sei. Da die Beklagte nicht einmal behauptet, konkret dieser Mitarbeiter habe sich (mit welchem Inhalt?) über den Kläger beschwert, sondern lediglich (Schriftsatz vom 22.12.2017, Seite 2), dass unter anderem mit ihm Gespräche geführt worden seien, ohne das Gesprächsergebnis personenbezogen zu konkretisieren, ist nicht einmal eine einzige Beschwerde aus der Schicht des Klägers und damit von den mit ihm ständig zusammenarbeitenden Mitarbeitern ersichtlich. Wo dann die von der Beklagten pauschal bemühte Konfliktlage herkommen soll und welche konkreten Störungen im Betriebsablauf und/oder des Betriebsfriedens daraus resultieren oder zu befürchten sein sollen, bleibt unklar. Unstreitig kommt der Kläger mit den anderen Kollegen, welcher auch immer sich von diesen mit welchem Inhalt über ihn beschwert haben soll, nur zu Übergaben zusammen. Angesichts der eben nur pauschal und niederschwellig dargelegten Beschwerden ist nicht ersichtlich, welche Probleme für die Zusammenarbeit oder den Betriebsfrieden nun hieraus resultieren sollten.
Dass der Betriebsrat am 14.12.2017 der Weisung der Beklagten nachträglich seine Zustimmung erteilt hat, ändert nichts an der Darlegungslast der Beklagten im vorliegenden arbeitsgerichtlichen Verfahren. Es schließt lediglich aus, dass die Versetzung aus mitbestimmungsrechtlichen Gründen unwirksam ist.
Soweit die Beklagte meint, mehr als geschehen nicht darlegen zu müssen, weil sie dann weitere Sachaufklärung betreiben müsste und durch Gespräche mit den Arbeitskollegen des Klägers der Betriebsfrieden weitere und zu vermeidende Störungen erfahren würde, ist dem entgegen zu halten, dass solche "weiteren" Störungen des Betriebsfriedens zu vermeiden wären, wenn die Beklagte wenigstens die angeblich ursprünglich ihrer Weisung zugrundeliegenden Störungen konkret und einlassungsfähig dargelegt hätte. Ihrem Vorbringen lässt sich außer allgemeinem Gerede aber keine konkrete Konfliktlage - zwischen wem denn auch? - entnehmen und erst recht nicht, dass diese in irgendeiner mit dem Kläger zusammenhängender Weise zu konkreten Störungen im Betriebsablauf oder des Betriebsfriedens geführt hätte oder solche Störungen konkret zu befürchten wären.
Damit kann es die Beklagte nicht überraschen, dass schon mangels nachvollziehbar begründeten, berechtigten betrieblichen Anlasses für ihre Weisung die dieser entgegenstehenden Belange des Klägers, auf seinem bisherigen, ihm vertrauten Arbeitsplatz weiterbeschäftigt zu werden, überwiegen. Dem Kläger wird grundlos mit dem Wegfall der Schichtarbeit eine nicht unerhebliche Verdienstmöglichkeit in Höhe der bisherigen Schichtzulage von jedenfalls 214,44 € brutto monatlich genommen (vgl. zur Relevanz des Verlustes einer Zulage infolge einer Ausübung des Direktionsrechts bereits LAG Düsseldorf vom 02.10.2017 - 3 Sa 669/16, juris, Rz. 37 f.). Die neu zugewiesene Tätigkeit wird von ihm als "stupide" sowie als Bestrafung empfunden und in der Tat ist die Versetzung in ihrer betrieblichen Außenwirkung mit einer Stigmatisierung des Klägers verbunden, die keinerlei Grund in einem berechtigten betrieblichen Belang findet.
Ob die Versetzungsmaßnahme der Beklagten - wie das Arbeitsgericht meint - darüber hinaus eine Maßregelung darstellt, was dann konsequenterweise zur Anwendung des § 612a BGB führen müsste, kann vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen letztlich dahingestellt bleiben. Fernliegend ist die Annahme des Arbeitsgerichts allerdings nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 Abs.1 Satz 1 ZPO. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind unter Berücksichtigung des Unterliegens der Beklagten einerseits sowie der Berufungsrücknahme des Klägers mit der daraus folgenden Kostentragungslast aus § 516 Abs. Abs. 3 Satz 1 ZPO andererseits verhältnismäßig zu teilen. Das führt hier zu einer Kostenverteilung von 3/4 zu 1/4.
IV.
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 1 ArbGG. Ein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor, insbesondere betrifft die Entscheidung weder Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch liegt eine Divergenz im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vor.
Cremer
Wackernagel