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  • 05.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212048

    Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 04.07.2019 – 7 Sa 38/19

    Zur Frage, ob die Bezeichnung des Chefs einer kleinen Baufirma mit nicht mehr als 10 Arbeitnehmern als "Arschloch" durch einen Bauarbeiter im Rahmen eines Streitgesprächs ausreicht, um eine außerordentliche, fristlose Kündigung zu rechtfertigen (für den vorliegenden Einzelfall verneint).


    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.11.2018 in Sachen 3 Ca 2671/18 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 06.04.2018 fristlos aufgelöst worden ist, sondern bis zum Ablauf der Kündigungsfrist der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung am 31.08.2018 fortbestanden hat.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.

    Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung, die hilfsweise auch als ordentliche Kündigung ausgesprochen wurde, und um ein Feststellungsbegehren des Klägers hinsichtlich des Umfangs seines (Rest-) Urlaubsanspruchs für das Jahr 2018.



    Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage vollständig abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 23.11.2018 Bezug genommen.



    Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 02.01.2019 zugestellt. Er hat hiergegen am 28.01.2019 Berufung eingelegt und diese am 01.03.2019 begründet.



    Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Vorkommnisse des 05.04.2018 eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigten. Nach Ansicht des Klägers sei seine Äußerung, die er dem Geschäftsführer gegenüber am 05.04.2018 unstreitig gemacht hat, nicht so gravierend, dass eine weitere Zusammenarbeit der Parteien als völlig ausgeschlossen anzusehen gewesen wäre. Zu berücksichtigen sei das allgemeine Sprachverständnis und der Umgangston der beteiligten Personen. Der Sachverhalt habe sich bei einem Kanalbauunternehmen zugetragen. Er, der Kläger, sei einfacher Arbeiter und an einen rauen Umgangston auf der Baustelle gewöhnt. Der dortige allgemeine Sprachgebrauch sei nicht feinsinnig, akademisch oder besonders "politisch korrekt". Verärgerung könne sich sprachlich explosiv äußern, ohne dass damit eine nachhaltige beleidigende Tendenz verbunden wäre.



    Der Kläger weist darauf hin, dass seine Äußerung in einer emotional aufgeladenen Situation gefallen sei, an deren Entstehen der Geschäftsführer der Beklagten nicht ganz unbeteiligt gewesen sei. Er habe sich herabgewürdigt gefühlt, da er wie ein Kind behandelt worden sei. Dies habe bei ihm eine Stresssituation ausgelöst, der er nicht gewachsen gewesen sei.



    Die Bewertung der Ereignisse durch das Arbeitsgericht sei auch insbesondere deshalb fehlerhaft, weil das Arbeitsverhältnis zuvor elf Jahre lang unbeanstandet und positiv verlaufen sei. Eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens sei auch nicht zu befürchten gewesen, da es sich um ein Vier-Augen-Gespräch zwischen ihm, dem Kläger und dem Geschäftsführer gehandelt habe.



    Der Feststellungsantrag bezüglich seines Urlaubsanspruchs sei zur Sicherung der Ansprüche vor den Verfallfristen erforderlich.



    Der Kläger und Berufungskläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.11.2018 aufzuheben und

    1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 06.04.2018 aufgelöst wird; 2. festzustellen, dass dem Kläger aus dem Vertrag für das Jahr 2018 6 Urlaubstage zustehen.



    Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.



    Die Beklagte und Berufungsbeklagte hält den Kündigungsschutzantrag insoweit für unzulässig, als er sich auch gegen die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 06.04.2018 wende. Der Kläger habe nämlich ungeachtet dessen, dass das Kündigungsschutzgesetz mangels ausreichender Betriebsgröße unstreitig keine Anwendung findet, keinerlei Ausführungen dazu gemacht, warum die ordentliche Kündigung gleichwohl unwirksam sein solle.



    Nach Auffassung der Beklagten hat das Arbeitsgericht den Rechtsstreit im Übrigen zutreffend entschieden. Der Kläger habe den Geschäftsführer grob beleidigt, was geeignet gewesen sei, seine Vorgesetztenstellung im Kleinbetrieb nachhaltig zu untergraben und ihn bloßzustellen. Die Ereignisse vom 05.04.2018 hätten sich in ihrem kleinen Betrieb sehr schnell herumgesprochen und das Arbeitsklima stark belastet.



    Entgegen der Auffassung des Klägers habe er sich auch keineswegs eines branchenüblichen Sprachjargons bedient. Die Bezeichnung als "Arschloch" sei im innerbetrieblichen Umgang keineswegs gebräuchlich oder gar geduldet gewesen.



    Schließlich habe der Kläger auch nach dem Vorfall die Baustelle verlassen und für den Rest des Tages unentschuldigt gefehlt. Dieses Gesamtverhalten könne nicht lediglich aus einer situativen Überforderung heraus entstanden sein. Die Einlassungen des Klägers in der Berufungsinstanz liessen darauf schließen, dass ihm bis heute jede Einsicht in das Unrecht seiner groben arbeitsrechtlichen Pflichtverletzung fehle.



    Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift des Klägers und der Berufungserwiderungsschrift der Beklagten, auf die weiteren Schriftsätze der Parteien vom 15.04.2019 bzw. 26.04.2019 und das Sitzungsprotokoll vom 04.07.2019 wird ergänzend Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.11.2018 in Sachen 3 Ca 2671/18 ist insgesamt zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) und c) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen gesetzlichen Fristen formal ordnungsgemäß eingelegt und begründet.



    Die Berufung ist entgegen der Rechtsansicht der Beklagten auch insoweit zulässig, als sie sich gegen die von der Beklagten unter dem 06.04.2018 hilfsweise ausgesprochene fristgerechte ordentliche Kündigung richtet. Da das Arbeitsgericht, von seinem Standpunkt, bereits die außerordentliche Kündigung für wirksam zu halten, konsequent zur Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung keine Aussagen machen musste und gemacht hat, fehlt es insoweit an einem auseinandersetzungsfähigen Inhalt des arbeitsgerichtlichen Urteils.



    Zwar findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsvertragsverhältnis der Parteien unstreitig keine Anwendung, da die Beklagte in ihrem Betrieb nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Ebenfalls trifft zu, dass der Kläger weder in der ersten Instanz noch in der Berufungsinstanz Ausführungen dazu gemacht hat, warum aus seiner Sicht auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung gleichwohl rechtsunwirksam sein sollte. Das Fehlen entsprechender Ausführungen macht die Klage, soweit sie auch gegen die Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung gerichtet ist, was der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich bestätigt hat, zwar unschlüssig. Die Schlüssigkeit einer Klage ist aber grundsätzlich nicht Voraussetzung ihrer Zulässigkeit, sondern ihrer Begründetheit. Ebenso wirkt sich in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden das Festhalten an einem unschlüssigen Klageantrag in der Rechtsmittelinstanz insoweit zwar auf die Begründetheit des Rechtsmittels aus, nicht aber auf dessen Zulässigkeit.



    II. Die Berufung des Klägers musste nach der rechtlichen Einschätzung des Berufungsgerichts auch teilweise Erfolg haben. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts reichen die arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen, die der Kläger am 05.04.2018 unstreitig begangen hat, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (noch) nicht aus, um einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB für den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung zu begründen. Es war der Beklagten vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht unzumutbar, das Arbeitsverhältnis zumindest noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einer fristgerechten Kündigung fortzusetzen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat jedoch mit Ablauf der gesetzlich maßgeblichen Kündigungsfrist am 31. August 2018 sein Ende gefunden. Insoweit mussten Klage und Berufung des Klägers erfolglos bleiben. Dies gilt im Ergebnis auch für den Feststellungsantrag zu 2.



    Im Einzelnen:



    1. Die Kündigung der Beklagten vom 06.04.2018 ist als außerordentliche, fristlose Kündigung rechtsunwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Aufgrund der Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erscheint es der Beklagten nicht unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31.08.2018 fortzusetzen.



    a. Allerdings hat der Kläger bei dem in allen Einzelheiten weitgehend unstreitigen Geschehen am 05.04.2018 seine arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber der Beklagten in mehrerlei Hinsicht schwerwiegend verletzt. Zum einen hat der Kläger den Chef, den Geschäftsführer und obersten Repräsentanten des Arbeitgeberunternehmens, beleidigt, indem er ihm durch die Bezeichnung als "Arschloch" seine Missachtung kundgetan hat und dies noch durch einen unbeherrschten Tritt gegen eine Kabeltrommel bekräftigt hat. Zum anderen hat der Kläger sodann ohne berechtigten Grund zusammen mit seinem Kollegen S die Baustelle verlassen und ist der Arbeit im weiteren Verlauf des Tages unentschuldigt ferngeblieben.



    b. Auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts unterliegt es auf der ersten Stufe der vorzunehmenden Prüfung der Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB keinem Zweifel, dass das Gesamtverhalten des Klägers vom 05.04.2018 grundsätzlich geeignet sein konnte, als wichtiger Grund im Sinne der Norm eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen.



    c. Berücksichtigt man jedoch die Umstände des Einzelfalls und wägt vor deren Hintergrund die Interessen beider Vertragsteile gegeneinander ab, so ergibt sich auf der zweiten Prüfungsstufe eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB, dass das Verhalten des Klägers vom 05.04.2018 eine fristlose Kündigung noch nicht rechtfertigen konnte.



    aa. Bei dieser Einschätzung ist für das Berufungsgericht von erheblicher Bedeutung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien im Zeitpunkt der Vorfälle vom 05.04.2018 bereits seit knapp elf Jahren Bestand hatte und bis dahin unstreitig beanstandungsfrei verlaufen war. Bis zum 05.04.2018 hatte das Verhalten des Klägers offensichtlich keinerlei Anlass geboten, eine Abmahnung oder andere arbeitsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen in Erwägung zu ziehen.



    bb. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die verbale Entgleisung des Klägers sich sehr wohl in einer emotionalisierten Gesamtsituation ereignete. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte zuvor umfassend, wiederholend und nachhaltig seine Kritik daran geäußert, dass der Kläger und sein Kollege S im Zeitpunkt seines Erscheinens auf der Baustelle noch nicht mit der Arbeit begonnen hatten. In diesem Zusammenhang gab es auch Meinungsverschiedenheiten aller Beteiligten darüber, wo und in welcher Weise das Firmenfahrzeug im Umfeld der Baustelle hätte geparkt werden können oder sollen. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte seine Kritik darüber hinaus auch seinerseits mit körperlichem Einsatz bekräftigt, indem er sich auf den Kanaldeckel stellte, obwohl der Mitarbeiter S sich gerade angeschickt hatte, diesen zum Zwecke der Arbeitsvorbereitung zu öffnen. Zwar entschuldigt dies die dann folgende beleidigende Reaktion des Klägers nicht, erklärt aber nachvollziehbar, dass sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt subjektiv in einer emotionalen Stresssituation befunden hat.



    cc. Dabei erscheint sehr wohl auch zu bedenken, dass es sich bei dem Kläger um einen einfachen Bauarbeiter ohne herausgehobenen Bildungshintergrund handelt, eher einen "Mann der Tat" als des differenzierten und abwägenden Wortes. Ebenso ist in Rechnung zu stellen, dass im sozialen Umfeld der Baubranche gemeinhin ein rauerer Umgangston gepflegt wird und zu erwarten ist als z. B. unter Bankangestellten im Büro. Dies bedeutet keineswegs, dass in der Baubranche Beleidigungen akzeptabel wären und folgenlos bleiben müssten. Jedoch ist bei der Gewichtung der Schwere eines Verstoßes die anzunehmende niedrigere Hemmschwelle im branchentypischen Berufsumfeld mildernd einzukalkulieren.



    dd. Bei der Bewertung, ob es der Beklagten in Anbetracht des Fehlverhaltens des Klägers in Würdigung nicht zuletzt seiner zuvor über knapp elf Jahre gezeigten unbeanstandeten Arbeit zumutbar war, das Arbeitsverhältnis zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen, kann nicht zu Lasten des Klägers gewertet werden, dass hier eine gesetzliche Kündigungsfrist von, aus der Sicht des Kündigungstages, noch mehr als 4 1/2 Monaten einzuhalten war; denn die gesetzgeberische Intention, durch die verlängerten Kündigungsfristen für längerfristig beschäftigte Mitarbeiter in Anerkennung von deren langjähriger Unternehmenstreue deren sozialen Besitzstand zu erhöhen, würde auf diese Weise in ihr Gegenteil verkehrt.



    ee. Der Kläger hätte zwar auch nach Überzeugung des Berufungsgerichts gut daran getan, spätestens am Folgetag des Geschehens aktiv auf den Geschäftsführer der Beklagten zuzugehen, um sich bei diesem für sein Fehlverhalten zu entschuldigen und damit klar zu machen, dass er einsieht, sich ungebührlich verhalten zu haben. Immerhin hat der Kläger aber im Rahmen des vorliegenden Kündigungsschutzverfahrens zumindest mehrfach sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass er "auf sein Verhalten nicht stolz ist".



    ff. Bei alledem verstärkt die weitere Pflichtverletzung des Klägers, die Baustelle verlassen zu haben und im weiteren Verlauf des Tages der Arbeit ferngeblieben zu sein, sein Fehlverhalten nicht so sehr, dass dadurch die Schwelle zur Unzumutbarkeit einer auch nur auf einige Monate befristeten Weiterarbeit überschritten worden wäre. Dieses Verhalten des Klägers stellte ersichtlich ein Fluchtverhalten dar, um sich der durch ihn selbst geschaffenen peinlichen Situation vorläufig zu entziehen. Die Beklagte hat im Laufe der Berufungsverhandlung selbst betont, dass die Beleidigung des Geschäftsführers ausschlaggebend für ihren Kündigungsentschluss gewesen sei und nicht so sehr das weitere Fernbleiben des Klägers von der Arbeit an diesem Tag, das im Übrigen zur Folge haben musste, dass der Kläger für diesen Tag auch keinen Vergütungsanspruch erworben hat . Soweit ersichtlich hat der Mitarbeiter S , welcher ebenfalls ohne rechtfertigenden Grund zusammen mit dem Kläger die Baustelle verlassen hatte, seinerseits keine arbeitsrechtliche Sanktion erhalten.



    d. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen ist auf Seiten des Klägers zu berücksichtigen, dass ihm durch eine außerordentliche, fristlose Kündigung nicht nur die wirtschaftliche Existenzgrundlage von heute auf morgen entzogen worden wäre, sondern zumindest in der näheren Zukunft auch seine Bemühungen, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, erheblich erschwert worden wären.



    e. Die Beklagte ihrerseits kann auf ihr berechtigtes Interesse daran verweisen, die persönliche Integrität ihres Repräsentanten zu schützen, aber auch sicherzustellen, dass die Autorität als Vorgesetzter im Arbeitsalltag nicht in Frage gestellt ist. Diese Belange können gegenüber einem bis dahin unbescholtenen langjährig beschäftigten Mitarbeiter im Zweifel aber auch durch deutliche klare arbeitsrechtliche Sanktionen unterhalb einer außerordentlichen fristlosen Kündigung gewahrt werden, zumal bei dem Vorfall selbst nur der Mitarbeiter S unmittelbar anwesend war. Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles kann die Beklagte hier sogar darauf verweisen, dass der Kläger als Konsequenz seines arbeitsvertraglichen Fehlverhaltens vom 05.04.2018 den Verlust seines Arbeitsplatzes hinnehmen muss, wenn auch nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist.



    2. Die Berufung des Klägers konnte ersichtlich keinen Erfolg haben, soweit sie sich gegen die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten zum 31.08.2018 richtet.



    Die ordentliche Kündigung wurde hilfsweise formwirksam ausgesprochen. Unstreitig sind die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nicht gegeben, so dass der Kläger sich nicht etwa auf eine fehlende soziale Rechtfertigung dieser ordentlichen Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG berufen könnte. Andere Umstände, die zur Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung führen könnten, hat der Kläger ebenfalls nicht aufgezeigt. Wie bereits ausgeführt erweist sich seine Kündigungsschutzklage gegen die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung somit als unschlüssig und war abzuweisen.



    3. Auch der Feststellungsantrag zu 2. konnte keinen Erfolg haben. Er war, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, als unzulässig abzuweisen.



    a. Selbst wenn der Feststellungsantrag zu 2. entsprechend dem vom Kläger angestrebten Obsiegen mit dem Feststellungsantrag zu 1. im Hinblick auf ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses der Parteien konzipiert gewesen sein mag, so fehlte es doch an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine derartige Feststellung; denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte den vom Kläger angegebenen Umfang seiner (Rest-)Urlaubsansprüche für 2018 jemals bestritten hätte.



    b. Maßgeblich ist jedoch nunmehr ohnehin, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Wirkung zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.08.2018 sein Ende gefunden hat, so dass jetzt nur noch die Abgeltung etwaiger offener Resturlaubsansprüche in Frage kommt. Diese hätte der Kläger jedoch, falls Grund und Umfang einer ihm zustehenden Urlaubsabgeltung zwischen den Parteien streitig geworden wären, exakt beziffern können. Im Gegensatz zu einem Leistungsantrag wäre der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag keiner Zwangsvollstreckung zugänglich und somit nicht geeignet, einen etwaigen Streit der Parteien über den Umfang von Resturlaubsansprüchen endgültig beizulegen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht daher geurteilt, das der Feststellungsantrag hinsichtlich des Urlaubsanspruchs gegen den Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage verstößt.



    III. Die Kostentscheidung richtet sich gemäß § 92 Abs. 1 ZPO nach dem Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zwar mehr als 4 1/2 Monate länger bestanden als von der Beklagten mit dem Ausspruch ihrer fristlosen Kündigung angestrebt. Da der Kläger jedoch den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft eingeklagt hat, ist sein Unterliegen als überwiegend anzusehen. Das Gericht hält daher - unter Einbeziehung auch des Feststellungsantrags zu 2. - eine Kostenverteilung mit 2/3 zu Lasten des Klägers für angemessen.



    Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht erkennbar.

    Vorschriften§ 64 Abs. 2 b), c) ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 626 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 KSchG, § 92 Abs. 1 ZPO