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  • 29.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192918

    Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 06.03.2014 – 6 Sa 676/13


    In dem Rechtsstreit

    ...

    hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 6 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2014

    für R e c h t erkannt:

    Tenor:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 26.09.2013 - 2 Ca 4572/12 - auf Kosten des Beklagten

    a b g e ä n d e r t :

    Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 07./12.01.2009 mit Ablauf des 31.10.2011 beendet worden ist.

    Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07./12.01.2009 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

    Die Revision wird zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsverhältnisses sowie Prozessbeschäftigung.



    Die Klägerin war ununterbrochen vom 01.09.1989 bis zum 31.10.2011 bei der Beklagten als wissenschaftliche Mitarbeiterin/wissenschaftliche Assistentin beschäftigt, in dem Zeitraum vom 01.03.1996 bis 24.04.2007 auf der Grundlage eines Beamtenverhältnisses auf Zeit. Auf zunächst fünf arbeitsvertragliche Befristungsabreden vom 12.07.1988 (ohne Benennung eines Sachgrunds), 12.08.1991 (ohne Benennung eines Sachgrunds), 14.12.1992 (Verlängerung wegen Anrechnung von Mutterschutz- und Erziehungsurlaub ohne Benennung eines Sachgrunds), 13.07.1994 (zum Abschluss der Promotion) und 04.07.1995 (zum Erwerb der Habilitation) folgten in dem Zeitraum vom 01.03.1996 bis zum 24.04.2007 vier Zeitabschnitte, in denen die Klägerin als Beamtin auf Zeit zur wissenschaftlichen Assistentin ernannt wurde. Im Zeitraum vom 25.04.2007 bis zum 31.10.2011 schlossen sich zwei befristete Arbeitsverhältnisse an, deren Grund mit Drittmittelfinanzierung angegeben wurde. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf Bl. 7 bis 22 d. A. zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen. Abweichend von dem im letzten Arbeitsvertrag vom 7./12.01.2009 angegebenen Drittmittelprojekt 977000-116 (dessen Bewilligungszeitraum sich auf den 01.11.2008 bis 31.10.2011 erstreckte) war die Klägerin jedenfalls in dem Zeitraum vom 01.07.2010 bis zum 30.05.2011 in dem Projekt 977000-126 tätig.



    Mit ihrer am 22.11.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage setzt sich die Klägerin gegen das Auslaufen des befristeten Arbeitsverhältnisses zur Wehr.



    Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrags vom 7./12.01.2009 sei rechtsunwirksam, da weder die Voraussetzungen des WissZeitVG noch des TzBfG vorlägen. Die Klägerin sei mit Daueraufgaben beschäftigt gewesen.



    Die Klägerin beantragt:



    1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 07./12.01.2009 zum 31.10.2011 geendet hat.



    2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07./12.01.2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität ... bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen.



    Der Beklagte beantragt,



    die Klage abzuweisen.



    Die Klägerin sei im Rahmen des von der EU genehmigten Projekts befristet eingestellt und tätig geworden. Die Forschungsarbeiten bei der Aktivierung des b-Catenin-Signalweges, bei dessen Erforschung die Klägerin unstreitig eingesetzt wurde, seien das Herzstück des "CancerSys-Projekts" gewesen. Der zwischenzeitliche Einsatz der Klägerin im Zusammenhang mit dem Projekt "Virtuelle Leber" stehe im unmittelbaren Zusammenhang. Grundsätzlich sei damit aber der Einsatz der Klägerin in dem drittmittelfinanzierten Projekt "CancerSys" für die Dauer bis spätestens zum 31.10.2011 nicht zu beanstanden. Beide Projekte seien sehr eng miteinander verwandt, so dass die Ergebnisse "Virtuelle Leber" nicht nur im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Projekt "CancerSys" bestanden haben, sondern auch dort Verwendung finden konnten.



    Darüber hinaus liege auch keine unzulässige Kettenbefristung vor. Die Klägerin sei für die Zeit von 2007 bis 2011 in zwei befristeten Arbeitsverhältnissen, zuvor jedoch in verschiedenen Beamtenverhältnissen, tätig geworden.



    Hinsichtlich der Darstellung des erstinstanzlichen Streitstandes wird ergänzend auf den Tatbestand des Urteils vom 26.09.2013 Bezug genommen.



    Mit Urteil vom 26.09.2013, der Klägerin zugestellt am 18.10.2013, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist am 18.11.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen und mit einem am 17.12.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen Schriftsatz begründet worden.



    Die Klägerin greift das Urteil unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihrer Rechtsansichten nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 17.12.2013 und ihres Schriftsatzes vom 27.02.2014 vollumfänglich an. Auf die genannten Schriftsätze wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.



    Die Klägerin beantragt,



    das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 26.09.2013 - 2 Ca 4572/12 - abzuändern und



    1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 07./12.01.2009 mit Ablauf des 31.10.2011 beendet worden ist;



    2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07./12.01.2009 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen.



    Der Beklagte beantragt,



    die Berufung zurückzuweisen.



    Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil ebenfalls unter Vertiefung seiner Rechtsansichten nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 18.02.2014 als zutreffend.



    Auf den genannten Schriftsatz wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.



    Hinsichtlich der weiteren Wiedergabe des Tatbestandes im Einzelnen wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf die Darstellung im Urteil des Arbeitsgerichts sowie auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    Die bereits nach dem Beschwerdewert statthafte (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.



    Ihr ist auch in der Sache Erfolg beschieden. Das Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 7./12.01.2009 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31.10.2011 geendet.



    1. Die Wirksamkeit der Befristung folgt nicht aus § 2 Abs. 2 WissZeitVG. Danach ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird.



    Die Klägerin ist jedenfalls in dem Zeitraum vom 01.07.2010 bis zum 30.05.2011, mithin elf Monate des insgesamt 22 Monate andauernden Beschäftigungsverhältnisses, nicht für das der Befristungsabrede zugrunde liegende Drittmittelprojekt tätig gewesen, sondern war anderweitig eingesetzt. Eine überwiegende Beschäftigung der Zweckbestimmung der Drittmittel des Projekts 977000-116 entsprechend kann somit nicht festgestellt werden. Die Klägerin ist vielmehr - so die Erklärung des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer - in ein anderes Projekt (977000-126) "umgeschlüsselt" und aus dessen Mitteln vergütet worden.



    Die Aufgaben der Klägerin in "ihrem" Projekt wurden laut Darstellung des Beklagten in diesem Zeitraum durch andere Mitarbeiter wahrgenommen, die nunmehr aus den Projektmitteln vergütet worden wären.



    Selbst wenn es sich bei der Frage der Beschäftigung während der Befristungsdauer um eine Prognoseentscheidung handelt, für die es allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages ankommt, so ist für die Berechtigung dieser Prognose der Arbeitgeber, der das Vorliegen eines Sachgrundes dartun und beweisen muss, insgesamt darlegungs- und beweispflichtig. Zu seinen Prognoseüberlegungen im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages hat sich der Beklagte jedoch nicht eingelassen, wozu aber angesichts der fehlenden Kongruenz zwischen Drittmittelbewilligungszeitraum und Befristungsdauer besondere Veranlassung bestanden hätte.



    Grundsätzlich muss nämlich die Dauer der Befristung bei einer Drittmittelbefristung dem Bewilligungszeitraum der Drittmittel entsprechen, da die inhaltliche Fremdbestimmung der Tätigkeit durch den Drittmittelgeber das wesentliche Merkmal der Drittmittelforschung darstellt. Im vorliegenden Fall war die Klägerin aber bereits auf der Grundlage einer vorangehenden - nicht mit einem bestimmten Projekt unterlegten - Drittmittelbefristung beschäftigt und wurde im Rahmen dieses Arbeitsvertrages dem bereits laufenden Projekt 9777000-116 zu Beginn des Jahres 2009 zugeordnet. Wenn man vor diesem Hintergrund die seitens des Bundesarbeitsgerichts geforderte Gesamtbetrachtung vornimmt um festzustellen, ob eine überwiegende, die Interessen des Drittmittelgebers nicht beeinträchtigende Beschäftigung aus Drittmitteln vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 22.11.1995 - 7 AZR 248/95 - wie sämtliche Verweise im Folgenden: zitiert nach JURIS), so vermag diese bereits deswegen kein für den Beklagten günstiges Ergebnis zu erbringen, weil für den Befristungszeitraum vom 25.04.2007 bis zum 31.12.2009 überhaupt nicht feststellbar ist, wer ursprünglich der Drittmittelgeber war, dessen Interessen hier hätten beachtet werden müssen. Vielmehr erscheint es so, dass die Klägerin nach Bedarf jeweils auf aktuell vorhandene Drittmittelprojekte "umgeschlüsselt" wurde. Dies lässt es aber naheliegend erscheinen, dass real die Klägerin im Wesentlichen mit Daueraufgaben des Lehrstuhls befasst war.



    2. Nach Ansicht der erkennenden Kammer schließt die Spezialität der Regelungen des WissZeitVG es aus, sich zur Rechtfertigung der - arbeitsvertraglich im Übrigen ausdrücklich auf die Bestimmungen des WissZeitVG gestützten - Befristung auf die allgemeinen Befristungsregeln des § 14 TzBfG zu stützen (wohl ebenso:



    LAG Köln, Urteil vom 09.09.2009 - 3 Sa 746/09 -; a. A.: Sächsisches LAG, Urteil vom 08.03.2013 - 3 Sa 448/12 -), da ansonsten die (wenigen) Schranken des WissZeitVG leerlaufen würden, die den die Befristungsmöglichkeiten erweiternden Regelungen entgegenstehen.



    3. Letztlich kann dies aber dahinstehen, da auch die streitgegenständliche Befristung einer besonderen Missbrauchskontrolle zu unterziehen ist. Die Gerichte sind aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Zahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen (BAG, Urteil vom 18.07.2012 - 7 AZR 443/09 -).



    Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung (vgl. im Einzelnen: BAG, Urteil vom 18.07.2012 - 7 AZR 443/09 -) verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (EuGH 26.01.2012 - C-586/10 - [Kücük]). Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Auch wenn z. B. ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift. Zu berücksichtigen ist außerdem die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Beschäftigungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Beschäftigungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Beschäftigungsbedarf zurückbleibt. Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen, wie beispielsweise das Vorhandensein oder die Dauer von Unterbrechungen zwischen den wiederholt geschlossenen befristeten Arbeitsverträgen (ebenso: BAG, Urteil vom 10.07.2013 - 7 AZR 761/11 -; BAG 18.07.2012 - 7 AZR 443/09 -).



    Das Bundesarbeitsgericht gibt in seiner vorstehend zitierten Rechtsprechung (vgl. außerdem: BAG, Urteil vom 18.07.2012 - 7 AZR 783/10 -) nur grobe Orientierungshilfen zur Beurteilung, ob rechtsmissbräuchliches Verhalten gegeben ist. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen verweist es zum einen auf die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit.



    Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften. Vor diesem Hintergrund ist das Bundesarbeitsgericht bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und einer Anzahl von 13 Befristungen sowie einer gleichbleibenden Beschäftigung zur Deckung eines ständigen Vertretungsbedarfs davon ausgegangen, die rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit der Vertretungsbefristung sei indiziert, könne aber vom Arbeitgeber noch widerlegt werden (vgl. BAG, Urteil vom 10.07.2013 - 7 AZR 761/11 -; BAG 18.07. 2012 - 7 AZR 443/09 -).



    Im vorliegenden Fall war die Klägerin ununterbrochen vom 01.09.1989 bis zum 31.10.2011 bei der Beklagten als wissenschaftliche Mitarbeiterin/wissenschaftliche Assistentin beschäftigt. Auf zunächst fünf arbeitsvertragliche Befristungsabreden folgten vier Zeitabschnitte, in denen die Klägerin als Beamtin auf Zeit zur wissenschaftlichen Assistentin ernannt wurde. Anschließend war die Klägerin erneut auf der Grundlage zweier arbeitsvertraglicher Befristungsabreden beschäftigt. Die ununterbrochene gleichartige Beschäftigung als Mitarbeiterin des Beklagten dauerte somit 22 Jahre und zwei Monate an und basierte auf elf verschiedenen rechtlichen Grundlagen. Mit der (vorstehend zitierten) Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist angesichts dieser Beschäftigungshistorie die rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der grundsätzlich eröffneten Möglichkeit der Befristung von Beschäftigungsverhältnissen im Hochschulbereich indiziert. Dies gilt sogar dann, wenn man nicht den Zeitraum des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zugrunde legt, sondern die erweiterten Möglichkeiten des WissZeitVG heranzieht; selbst der danach zulässige Zeitraum von sechs Jahren nach Abschluss der Promotion ist seit Juli 1995 bis 31.10.2011 um ein Vielfaches überschritten. Nicht unerhebliche Unterbrechungszeiten, die gegen eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Rechtsinstituts der Befristung sprechen könnten, sind nicht gegeben. Im Wesentlichen beruhten die Befristungen auch nicht auf unterschiedlichen Gründen. Allerdings hängt eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung auch nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - davon ab, welcher Sachgrund für die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Befristungsabrede vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 10.07.2013 - 7 AZR 761/11 -; BAG, Urteil vom 13.02.2013 - 7 AZR 225/11 -). Entgegenstehende Anhaltspunkte hat der Beklagte nicht vorgetragen.



    Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin nicht durchgehend auf (arbeits-)vertraglicher Grundlage beschäftigt war, sondern zeitweise in einem Beamtenverhältnis auf Zeit stand. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner maßgeblichen Rechtsprechung (EuGH 26.01.2012 - C-586/10 - [Kücük]) nicht danach differenziert, ob eine Beschäftigung auf vertraglicher oder beamtenrechtlicher Grundlage erfolgt; vielmehr spricht er einheitlich von Beschäftigungsverhältnissen.



    4. Der seitens der Klägerin geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 611, 242 BGB i. V. m. Art. 1, 2 GG (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.02.1985, AP Nr. 14 zu 611 BGB Beschäftigungspflicht; BAG, Urteil vom 13.06.1985, AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).



    5. Der Beklagte hat gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.



    6. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.

    Vorschriften§ 69 Abs. 3 ArbGG, § 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 1, 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 2 Abs. 2 WissZeitVG, § 14 TzBfG, § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG, § 14 Abs. 1 TzBfG, §§ 611, 242 BGB, Art. 1, 2 GG, § 91 ZPO