21.05.2019 · IWW-Abrufnummer 209006
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 31.01.2019 – 21 Sa 936/18
Auch im Bereich der Forschung kann ein Arbeitgeberwechsel zum Zwecke einer sachgrundlos befristeten Weiterbeschäftigung einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf demselben Arbeitsplatz als rechtsmissbräuchliche Umgehung des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG anzusehen sein (hier bejaht).
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
58 Ca 13755/17 Arbeitsgericht Berlin
Verkündet am 31. Januar 2019
Im Namen des Volkes
Urteil
In Sachen
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 21. Kammer,
auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. H. als Vorsitzende sowie
die ehrenamtliche Richterin N. und den ehrenamtlichen Richter v. K. für Recht erkannt:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2018 - 58 Ca 13755/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Zur Klarstellung wird der Tenor I. 2. des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2018 - 58 Ca 13755/17 - wie folgt gefasst:Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss der Befristungskontrollklage als technische Mitarbeiterin zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 15. September 2015 weiterzubeschäftigten.
Tatbestand
Die Beklagte, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, unterhält seit 2006 zusammen mit dem Forschungsverbund Berlin e.V. (im Folgenden: Forschungsverbund) auf dem Campus Berlin Buch ein gemeinsames, am Leibnitz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und dem Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin (MDC) angesiedeltes Labor und beide betreiben die dort tätige Arbeitsgruppe „Physiologie und Pathologie des Ionentransports“. Die Klägerin war in der Arbeitsgruppe seit 2012 durchgehend als technische Assistentin bzw. technische Mitarbeiterin tätig und verdiente zuletzt ….. Euro brutto.
Leiter der Arbeitsgruppe und zugleich Dienstvorgesetzter der übrigen Arbeitsgruppenmitglieder ist Prof. Dr. Dr. J. (im Folgenden: Prof. J.). Prof. J. ist 1953 geboren und seit 2006 aufgrund einer gemeinsamen Berufung des Forschungsverbunds und der Charité - Universitätsmedizin Berlin Professor an der Charité und im Rahmen des sog. Berliner Modells bis 2021 als Arbeitsgruppenleiter zum Forschungsverbund delegiert. Daneben nimmt er in geringem Umfang Lehr- und Prüfungsverpflichtungen an der Charité wahr. Er erhält seine Bezüge von der Charité, die diese vom Forschungsverbund erstattet bekommt. Die für das Labor und die Arbeitsgruppe anfallenden Kosten einschließlich der Personalkosten werden, soweit sie nicht durch vom Forschungsverbund eingeworbene Drittmittel abgedeckt sind, von der Beklagten und dem Forschungsverbund hälftig getragen, wobei die Kosten dem jeweils anderen Träger zur Hälfte in Rechnung gestellt werden. Das drittmittelfinanzierte Personal ist beim Forschungsverbund angestellt und wird über die Drittmittel abgerechnet. Das haushaltsfinanzierte Personal ist bis auf wenige Ausnahmen bei der Beklagten angestellt, die die Kosten dem Forschungsverbund zur Hälfte in Rechnung stellt.
Zunächst war die Klägerin beim Forschungsverbund auf der Grundlage eines vom 23. Mai 2012 bis zum 31. Mai 2013 sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages vom 10./21. Mai 2012 beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach „dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und den diesen ergänzenden (insbesondere den TVÜ-Bund), ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes einschließlich des besonderen Teils Verwaltung (BT-V) maßgebenden Fassung für das Tarifgebiet Ost.“ Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 36 f. d.A.) verwiesen. Mit Änderungsvertrag vom 8./19. März 2013 wurde das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 Satz 2 WissZeitVG aF zur Mitarbeit im Projekt „EU CYTOVOLION“ bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum 31. Mai 2015 verlängert (Bl. 38 d.A.). Mit einem weiteren Änderungsvertrag vom 11. Februar 2015 wurde das Arbeitsverhältnis ohne Änderungen nochmals bis zum 31. März 2017 verlängert (Bl. 39 d.A.). Das Projekt „EU CYTOVOLION“ wurde ua. durch Drittmittel finanziert und hatte eine Laufzeit vom 1. April 2012 bis zum 31. März 2017.
Weiter war in der Arbeitsgruppe Frau Je. als technische Mitarbeiterin tätig. Frau Je. war bei der Beklagten auf der Grundlage eines vom 1. Februar 2013 bis zum 31. Dezember 2015 befristeten Arbeitsvertrages beschäftigt.
Im Sommer 2015 sprach die beim Forschungsverbund beschäftigte und innerhalb der Arbeitsgruppe für Personalfragen zuständige Arbeitsgruppenkoordinatorin Dr. N. in Absprache mit Prof. J. die Klägerin an und schlug ihr vor, ihr Arbeitsverhältnis mit dem Forschungsverbund zum 1. Januar 2016 vorzeitig zu beenden und zur Beklagten zu wechseln, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Zu diesem Zeitpunkt existierte bereits ein Referentenentwurf zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes mit Stand 9. Juli 2015, der bezogen auf das nichtwissenschaftliche Personal die Streichung der Drittmittelfinanzierung als zulässigen Befristungsgrund vorsah (Bl. 119 d.A.).
Am 21. Juli 2015 wandte sich Frau Dr. N. per E-Mail (Bl. 172 d.A.) an die Personalleiterin der Beklagten Dr. W. und erkundigte sich danach, ob es möglich sei, eine technische Assistentin (TA) mit Erstanstellung am MDC sofort zu entfristen, etwa weil man schon lange, aber unter FMP-Anstellung mit ihr zusammenarbeite. Darauf antwortete Frau Dr. W. noch an demselben Tag (Bl. 221 d.A.). Eine TA-Stelle am MDC müsse ausgeschrieben werden und, wenn sie unbefristet ausgeschrieben werde, gebe es viele Bewerbungen. Außerdem entspreche eine unbefristete Erstanstellung nicht der Befristungspolicy der Beklagten. Jede TA werde zunächst für zwei Jahre angestellt. Dagegen spreche im Fall, dass die TA noch nie am MDC tätig gewesen sei, nichts. Danach könne die Entfristung vorbereitet werden. Mit Schreiben vom 30. Juli 2015 (Bl. 175 d.A.) wandte sich Prof. J. an den Personalrat des MDC. Er teilte mit, er plane die Klägerin, die bisher am FMP über Drittmittel angestellt gewesen sei, über Personalmittel, die ihm am MDC zur Verfügung stehen, anzustellen, und bat, da er nicht daran interessiert sei, eine gut in die Forschungsthematik eingearbeitete und geschätzte Kollegin zu ersetzen, um Zustimmung zum Verzicht auf eine Ausschreibung. Mit Schreiben vom 6. August 2015 (Bl. 223 d.A.) stimmte der Personalrat zu. Mit Anschreiben vom 28. August 2015 (Bl. 174 d.A.) übersandte Frau Dr. N. Frau Dr. W. einen Antrag auf Anstellung der Klägerin beim MDC für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2017 (Bl. 174 Rs. d.A.) nebst Tätigkeitsbeschreibung sowie dem Verzicht des Personalrats auf eine Stellenausschreibung und teilte mit, die Klägerin sei bereits seit mehr als drei Jahren in der Arbeitsgruppe J. als technische Assistentin tätig und solle nun über das MDC weiterbeschäftigt werden. Nach Zustimmung des Personalrats teilte Frau Sch., eine Mitarbeiterin der Personalabteilung der Beklagten, Frau Dr. N. am 21. September 2015 per E-Mail mit, der Vertrag für die Klägerin liege zur Unterschrift bereit (Bl. 106 d.A.).
Der auf den 15. September 2015 datierte, von der Beklagten und der Klägerin unterzeichnete Arbeitsvertrag sah eine sachgrundlos befristete Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten als technische Mitarbeiterin für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2017 vor. Nach § 3 des Arbeitsvertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach „dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), einschließlich der besonderen Regelungen für die Verwaltung (TVöD - Besonderer Teil Verwaltung) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund)“, wobei die Regelungen für das Tarifgebiet Ost Anwendung fanden. Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 45 ff. d.A.) verwiesen.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 (Bl. 76 d.A.) wandte sich die Klägerin an den Forschungsverbund und bat wegen ihres Wechsels zum MDC um Auflösung ihres mit dem Forschungsverbund bestehenden Vertrages zum 31. Dezember 2015. Der Forschungsverbund erklärte sich mit der Auslösung einverstanden.
Am 29. August 2017 stellte Prof. J. bei der Beklagten vergeblich einen Antrag auf Entfristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin. Unter dem 24. Oktober 2017 stellte Prof. J. der Klägerin ein Arbeitszeugnis aus. Wegen des Inhalts des Zeugnisses wird auf dessen Ablichtung (Bl. 41 d.A.) verwiesen.
Frau Je. war im Anschluss an ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ab dem 1. Januar 2016 befristet bis zum 31. März 2017 beim Forschungsverbund beschäftigt und ab dem 1. April 2017 aufgrund eines bis zum 31. Januar 2018 befristeten Arbeitsvertrages wieder bei der Beklagten. Seit dem 15. Dezember 2017 ist sie bei der Beklagten aufgrund einer erfolgreichen Bewerbung unbefristet beschäftigt und in einer anderen Arbeitsgruppe tätig.
Mit der am 7. November 2017 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, der Beklagten spätestens am 14. November 2017 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Befristungsabrede vom 15. September 2015 gewandt und für den Fall des Obsiegens ihre vorläufige Weiterbeschäftigung begehrt.
Unter dem 8. Dezember 2017 schlossen die Parteien einen für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 7. September 2018 befristeten Arbeitsvertrag zur Vertretung von Frau R. während deren Elternzeit (Bl. 77 f. d.A.).
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristungsabrede vom 15. September 2015 sei unwirksam, da sie nicht durch einen sachlichen Grund und insbesondere nicht durch den Sachgrund der Projektbefristung gerechtfertigt sei. Auf eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG könne sich die Beklagte wegen Umgehung des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bzw. der rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung der Gestaltungsmöglichkeiten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes nicht berufen. Hintergrund ihres Wechsels zur Beklagten sei gewesen, dass die Beklagte seinerzeit das Arbeitsverhältnis mit Frau Je. über den 31. Dezember 2015 hinaus nicht habe fortführen wollen, Prof. J. aber sowohl Frau Je. als auch sie in der Arbeitsgruppe habe halten wollen. Zur Lösung des Problems seien der Forschungsverbund und die Beklagte übereingekommen, die Arbeitsverhältnisse „über Kreuz“ fortzuführen. Es habe geheißen, ihr Wechsel zur Beklagten sei nur ein „formaler Akt“, um Frau Je. aufgrund haushaltsrechtlicher Vorgaben zur Stellenplanung und deren Quotierung ebenfalls weiterbeschäftigen zu können. Sonst ändere sich nichts. Eine bevorstehende Gesetzesänderung sei ihr gegenüber nicht kommuniziert worden. Prof. J. oder Frau Dr. N. hätten ihr gegenüber auch nicht geäußert, dass die Chancen auf eine Entfristung bei der Beklagten besser als beim Forschungsverbund seien.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 15. September 2015 zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist;
2. für den Fall des Obsiegens hinsichtlich des Klageantrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als technische Mitarbeiterin bei der Durchführung experimentell technischer Arbeiten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit in Vollzeit nach dem TVöD und einer Vergütung gemäß der Entgeltgruppe E 9A Stufe 3 des Entgeltgefüges des TVöD zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingung des Arbeitsvertrages vom 15. September 2015 in Berlin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich eines allgemeinen Feststellungsantrags (sog. Schleppnetzantrag) hat die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 17. Mai 2018 zurückgenommen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei als sachgrundlose Befristung wirksam. Alleinige Initiatoren des Arbeitgeberwechsels seien Prof. J. und die Klägerin selbst gewesen. Der Grund für den Wechsel seien die auf den 31. März 2017 begrenzte Laufzeit des Projekts „EU CYTOVOLION“ und die bevorstehende Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gewesen. Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin beim Forschungsverbund sei über den 31. März 2017 hinaus aufgrund der bevorstehenden Gesetzesänderung und der absehbaren Auflösung der Arbeitsgruppe wegen des fortgeschrittenen Alters von Prof. J. nicht möglich gewesen. Dies habe der Forschungsverbund auch klar gegenüber der Klägerin kommuniziert. Aufgrund dieser Information habe Prof. J. der Klägerin empfohlen, sie solle versuchen, zur Beklagten zu wechseln, da dort die Chancen auf eine Entfristung nach Ablauf von zwei Jahren besser als beim Forschungsverbund seien. Der alleinige Grund für den Wechsel sei zum einen die sichere Verlängerung des Arbeitsverhältnisses um neun weitere Monate und zum anderen die Erwartung einer eventuell möglichen Weiterbeschäftigung gewesen. Ein kollusives Zusammenwirken zwischen ihr und dem Forschungsverbund habe es nicht gegeben. Sie habe der Klägerin einen Gefallen tun wollen. Von einer etwaigen „Über-Kreuz-Lösung“ sei ihr oder ihrer Personalabteilung nichts bekannt gewesen.
Mit Urteil vom 17. Mai 2018, auf dessen Tatbestand (Bl. 134 - 138 d.A.) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin sei es nicht verwehrt, die Befristungsabrede vom 15. September 2015 gerichtlich überprüfen zu lassen, da der befristete Arbeitsvertrag vom 8. Dezember 2017 erst nach der Zustellung der Befristungskontrollklage abgeschlossen worden sei. In diesem Fall sei auch ohne ausdrückliche Vereinbarung davon auszugehen, dass die weitere Befristung unter dem Vorbehalt eines nicht schon unbefristeten Arbeitsverhältnisses stehe. Die gerichtlich rechtzeitig angegriffene Befristungsabrede vom 15. November 2015 sei unwirksam.
Zwar ergebe sich die Unwirksamkeit der sachgrundlosen Befristung nicht schon aus § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, da der Forschungsverbund und die Beklagte als Vertragsarbeitgeber nicht identisch seien und die Klägerin bei der Beklagten ab dem 1. Januar 2016 erstmals beschäftigt gewesen sei.
Allerdings sei es der Beklagten nach Treu und Glauben ausnahmsweise verwehrt, sich auf die Zulässigkeit der Befristung zu berufen, da davon auszugehen sei, dass eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorliege. Die Klägerin habe ausreichend Indizien dafür vorgetragen, dass der Arbeitgeberwechsel im Zusammenwirken des Forschungsverbunds und der Beklagte allein zwecks Eröffnung einer nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht vorgesehenen sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit vorgenommen worden sei. Darauf, ob die Personalabteilungen des Forschungsverbunds und der Beklagten von den Vorgängen im Detail Kenntnis gehabt hätten, komme es, in Anbetracht dessen, dass die Klägerin von der Beklagten und Frau Je. vom Forschungsverbund jeweils ohne Vorstellungsgespräch eingestellt worden seien, nicht an. Der Beklagten sei es auch nicht gelungen, die Indizien zu erschüttern. Vielmehr bestätige deren Vorbringen, dass es gerade darum gegangen sei, der Klägerin aufgrund fehlender weiterer gerichtsfester Befristungsmöglichkeiten beim Forschungsverbund eine formal erstmals unproblematisch mögliche sachgrundlose Befristung bei der Beklagten zu vermitteln.
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 138 - 143 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses der Beklagten am 31. Mai 2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. Juni 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Beklagten, welche sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14. August 2018 mit am 14. August 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte setzt sich unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Ergänzend trägt sie vor, Frau Dr. W. sei der Bitte von Frau Dr. N., die Klägerin sofort zu entfristen, nur deshalb nicht nachgekommen, weil insbesondere unter Berücksichtigung der bevorstehenden Pensionierung von Prof. J. die Anzahl der haushaltsfinanzierten Stellen für technische Angestellte von 2,5 Stellen ab Mai 2018 auf 1,5 Stellen und ab Mai 2020 auf eine halbe Stelle reduziert werden sollten. Diesbezüglich verweist die Beklagte auf eine Aufstellung der geplanten Ausstattung der Arbeitsgruppe J. (Bl. 173 d.A.). Auch hätten die Personalleiterin des Forschungsverbunds Frau B. und der zuständige Verwaltungsleiter des FMP Herr Sc. von dem Wechsel der Klägerin zum MDC bis zum Eingang des Auflösungsantrags keine Kenntnis gehabt. Es gehe auch nicht um die Aneinanderreihung von sachgrundlosen Befristungen. Denn die befristeten Vorbeschäftigungen der Klägerin beim Forschungsverbund seien abgesehen vom ersten Vertrag alle mit Sachgrund erfolgt. Es handele sich vielmehr um den Neuabschluss eines Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 2 TzBfG mit einem neuen Arbeitgeber. Dieser sei auch nicht zu Lasten der Klägerin abgeschlossen worden.
Sie, die Beklagte, habe auch nicht arglistig gehandelt. Wer für eine Forschungsarbeitsgruppe wann und bei welchem Träger eingestellt werden solle, regele die Arbeitsgruppe grundsätzlich selbstständig. Bei Eingang eines Einstellungsantrags werde nur geprüft, ob im Haushaltsplan für die Arbeitsgruppe noch genügend offene Personalkapazitäten vorhanden seien und die übrigen Einstellungsvoraussetzungen vorliegen. Ob und welche Befristungsmöglichkeiten bestehen, werde unabhängig von einer etwaigen Vorbeschäftigung beim Forschungsverbund geprüft. Dass damit möglicherweise eine Umgehung des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verbunden sei, sei ihr nicht bewusst gewesen. Außerdem fehle es an der erforderlichen Gutgläubigkeit der Klägerin. Die Klägerin sei durch die Personalleiterin des Forschungsverbundes darüber informiert worden, dass keine Weiterbeschäftigung in Frage komme. Schließlich spreche gegen ein zu missbilligendes Ausnutzen von Befristungsmöglichkeiten auch, dass im Forschungsbereich Kooperationen wie die nach dem Berliner Modell allgemein üblich seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts vom 17. Mai 2018 - 58 Ca 13755/17 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Klageantrag zu 2. wie folgt lautet:
„die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss der Entfristungskontrollklage als technische Mitarbeiterin zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 15. September 2015 weiterzubeschäftigen.“
Im Übrigen hat die Klägerin den Klageantrag zu 2. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 6. Dezember 2018 mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.
Die Klägerin verteidigt unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil.
Ergänzend verweist sie mit Schriftsatz vom 30. Januar 2019 auf eine E-Mail vom 29. Juli 2015 (Bl. 243 d.A.), in der Frau Dr. N. der Klägerin und Frau Je. die angedachte „Über-Kreuz-Lösung“ erläutert und darauf hinweist, dass „so ein Vertragswechsel hier schon öfters vollzogen“ worden sei, „um Vertragsverlängerungen zu gewährleisten“, sowie auf eine E-Mail vom 29. September 2015 (Bl. 243 d.A.), in der Frau Dr. N. der Klägerin ua. erläutert, dass sie für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsvertrages mit dem Forschungsverbund einen Auflösungsantrag stellen müsse.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 14. August 2018 (Bl. 159 - 171 d.A.), 19. Oktober 2018 (Bl. 212 - 220 d.A.), 17. Dezember 2018 (Bl. 230 f. d.A.) und 17. Januar 2019 (Bl. 233 - 236 d.A.), die Schriftsätze der Klägerin vom 13. September 2018 (Bl. 196 - 211 d.A.), 28. Januar 2019 (Bl. 237 - 241 d.A.) und 30. Januar 2019 (Bl. 239 - 241 d.A.) sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen am 6. Dezember 2018 (Bl. 225 - 227 d.A.) und 31. Januar 2019 (Bl. 244 f. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg, soweit das Urteil des Arbeitsgerichts durch die mit Zustimmung der Beklagten erfolgte teilweise Rücknahme des Klageantrags zu 2. nicht gegenstandslos geworden ist. Insoweit war der Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils klarstellend neu zu fassen.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht iSv. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage gegen die Befristungsabrede vom 15. September 2015 stattgegeben und die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung der Klägerin verurteilt.
1. Der Befristungskontrollantrag ist zulässig und rechtzeitig angebracht worden. Er ist auch im Übrigen begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der Befristungsabrede vom 15. September 2015 nicht mit Ablauf des 31. Dezember 2017 geendet, sondern besteht auf unbestimmte Zeit. Dementsprechend entfaltet die weitere unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit der Befristungsabrede vom 15. September 2015 abgeschlossene Befristungsabrede vom 8. Dezember 2017 keine Wirkung.
a) Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Befristungsabrede nicht schon nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG wegen Verstoßes gegen das Verbot einer sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung unwirksam. Die Beklagte hat mit der Klägerin erstmals einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen. Allerdings ist es der Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) wegen Umgehung des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verwehrt, sich auf die Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zu berufen.
aa) Der Grundsatz von Treu und Glauben beschränkt als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung sowohl subjektive Rechte als auch die Inanspruchnahme von Rechtsinstituten und Normen. Die sich aus einem Rechtsinstitut oder einer Rechtsnorm an sich ergebenden Rechtsfolgen müssen zurücktreten, wenn sie zu einem mit § 242 BGB unvereinbaren Ergebnis führen (BAG 24. Juni 2015
- 7 AZR 452/13 -Rn. 24 mwN.) oder zwingende Rechtsnormen in rechtsmissbräuchlicher Weise umgangen werden (vgl. BAG 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 -Rn. 27 ff.)
(1) Dies ist ua. der Fall, wenn eine Vertragspartei eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil der anderen Vertragspartei Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind (vgl. BAG 24. Juni 2015 - 7 AZR 452/13 - Rn. 24) oder wenn der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich, dh. ohne einen im Gefüge der einschlägigen Rechtsnormen sachlich rechtfertigenden Grund, verwendet werden (vgl. BAG 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 28 mwN.).
(2) Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein. Dies ist nach mehreren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts etwa dann der Fall, wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeberinnen oder Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit einem Arbeitnehmer ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können. Besteht der Zweck des Arbeitgeberwechsels allein darin, dass sich die verbundenen Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber auf diese Weise eine nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht mehr zulässige sachgrundlose Befristung mit derselben Arbeitnehmerin oder demselben Arbeitnehmer ermöglichen wollen, kommt es nicht darauf an, ob die vormalige Arbeitgeberin oder der vormalige Arbeitgeber die „Höchstgrenzen“ für eine sachgrundlose Befristung des Vertrags nach § 14 Abs. 2 TzBfG bereits überschritten und ob für die vormalige Befristung ein rechtfertigender Sachgrund bestanden hat. Bei einer rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung der Möglichkeit sachgrundlos befristete Arbeitsverträge nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG abzuschließen - konkret: bei einer Umgehung des Anschlussverbots nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG - besteht die mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarende Rechtsfolge nicht in dem Vertragsschluss „an sich“, sondern in der Rechtfertigung der in dem Vertrag vereinbarten Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Die unredliche Vertragspartei kann sich auf eine solche Befristung nicht berufen (vgl. BAG 24. Juni 2015 - 7 AZR 452/13 - Rn. 24 mwN). Auf das Vorliegen einer Umgehungsabsicht oder einer bewussten Missachtung der zwingenden Rechtsnorm kommt es nicht an.
Entscheidend ist vielmehr die objektive Funktionswidrigkeit des Rechtsgeschäfts (vgl. BAG 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 28; BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 515/88 - unter 2 a der Gründe).
(3) Für das Vorliegen einer missbräuchlichen Vertragsgestaltung darlegungs- und beweispflichtig ist nach allgemeinen Grundsätzen die Vertragspartei, die eine solche geltend macht, bei einer Befristungsabrede also regelmäßig die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer. Allerdings ist insoweit den Schwierigkeiten, die sich aus den fehlenden Kenntnismöglichkeiten der Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmers ergeben, durch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen (vgl. BAG 24. Juni 2015 - 7 AZR 452/13 - Rn. 25; BAG 4. Dezember 2013 - 7 AZR 290/12 - Rn. 26).
Es genügt zunächst, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer - soweit sie oder er die arbeitgeberseitigen Überlegungen, die zu der Befristung geführt haben, nicht kennt - einen Sachverhalt vorträgt, der die Missbräuchlichkeit der Befristung nach § 242 BGB indiziert.
Entsprechende Indizien sind neben den Umständen, aus denen sich die rechtliche und tatsächliche Verbundenheit zwischen der vormaligen Vertragsarbeitgeberin oder des vormaligen Vertragsarbeitgebers mit der letzten Vertragsarbeitgeberin oder dem letzten Vertragsarbeitgeber ergibt, insbesondere der nahtlose Anschluss des mit der neuen Vertragsarbeitgeberin oder dem neuen Vertragsarbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags an den befristeten Vertrag mit der vormaligen Vertragsarbeitgeberin oder dem vormaligen Vertragsarbeitgeber, eine ununterbrochene Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz oder in demselben Arbeitsbereich (vor allem, wenn sie vertraglich zugesichert ist) zu auch im Übrigen - im Wesentlichen - unveränderten oder gleichen Arbeitsbedingungen, die weitere Ausübung des Weisungsrechts durch die bisherige Vertragsarbeitgeberin oder den bisherigen Vertragsarbeitgeber oder eine ohnehin gemeinsame Ausübung des Weisungsrechts, die „Vermittlung“ der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers an die letzte Vertragsarbeitgeberin oder den letzten Vertragsarbeitgeber durch die vormalige Vertragsarbeitgeberin oder den vormaligen Vertragsarbeitgeber und ein erkennbar systematisches Zusammenwirken der bisherigem Arbeitgeberin oder des bisherigen Arbeitgebers mit der neuen Arbeitgeberin oder dem neuen Arbeitgeber (vgl. BAG 24. Juni 2015 - 7 AZR 452/13 - Rn. 25; BAG 4. Dezember 2013 - 7 AZR 290/12 - Rn. 26).
Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber muss sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf den Vortrag der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers einlassen. Sie oder er kann einzelne Tatsachen konkret bestreiten oder Umstände vortragen, welche den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen. Insbesondere kann sie oder er dabei auch die - für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer häufig nicht ohne weiteres erkennbaren - Gründe für den Arbeitgeberwechsel darlegen. Trägt die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der schlüssige Sachvortrag der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BAG 24. Juni 2015 - 7 AZR 452/13 - Rn. 25; BAG 4. Dezember 2013 - 7 AZR 290/12 - Rn. 26).
bb) In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch den Abschluss der Befristungsabrede vom 15. September 2015 in rechtsmissbräuchlicher Weise umgangen.
(1) Die Befristungsabrede ist objektiv funktionswidrig. Durch § 14 Abs. 2 TzBfG sollen sachgrundlose Befristungen einerseits ermöglicht werden, indem sie unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen sind (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG), und andererseits begrenzt werden, indem deren höchstzulässigen Dauer und die Anzahl der möglichen Verlängerungen innerhalb der höchstzulässigen Dauer beschränkt sind (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 und 2 TzBfG) und sachgrundlose Befristungen nur bei der Ersteinstellung zulässig sind (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Damit ist die sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ab dem 1. Januar 2016 nicht zu vereinbaren. Ebenso wie in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen des gemeinsamen Betreibens eines „Jobcenters“ durch die Bundesagentur für Arbeit und einen kommunalen Träger (BAG 4. Dezember 2013 - 7 AZR 290/12 -; BAG 19. März 2014 - 7 AZR 527/12 -; BAG 24. Juni 2015 - 7 AZR 452/13 -) besteht auch in der vorliegenden Konstellation kein Grund, eine weitere sachgrundlose Befristung zu ermöglichen.
Wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, sind die Beklagte und der Forschungsverbund bezogen auf die gemeinsam betriebene und von Prof. J. geleitete Arbeitsgruppe „Physiologie und Pathologie des Ionentransports“ rechtlich und tatsächlich miteinander verbunden. Der befristete Arbeitsvertrag der Klägerin mit der Beklagten schloss sich nahtlos an den mit dem Forschungsverbund zuvor bestehenden vorzeitig aufgelösten befristeten Arbeitsvertrag an. Die Klägerin wurde von der Beklagten auf demselben Arbeitsplatz, auf dem sie während ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Forschungsverbund tätig war, beschäftigt. Sie unterlag weiterhin dem Weisungsrecht von Prof. J. als Leiter der Arbeitsgruppe und Dienstvorgesetzten der Klägerin. Auch die sonstigen Arbeitsbedingungen der Klägerin blieben in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen unverändert.
Denn sowohl in den Arbeitsverträgen mit dem Forschungsverbund als auch im streitgegenständlichen Arbeitsvertrag mit der Beklagten wird auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes für den Bereich des Bundes und des Tarifgebiets Ost Bezug genommen.
(2) Diese objektiv funktionswidrige Befristungsabrede beruht auch auf einem bewussten und gewollten Zusammenwirken der Beklagten und des Forschungsverbunds.
(a) Beim Abschluss des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin war der Beklagten bekannt, dass die Klägerin bereits seit mehr als drei Jahren in der Arbeitsgruppe von Prof. J. als technische Assistentin tätig und beim Forschungsverbund beschäftigt war. Denn dies hatte Frau Dr. N. der Personalleiterin der Beklagten Frau Dr. W. anlässlich der Übersendung des Einstellungsantrags mit Schreiben vom 28. August 2015 mitgeteilt. Der Personalleiterin war auch bekannt, dass die Klägerin weiterhin in der Arbeitsgruppe tätig sein sollte. Unbekannt war ihr allenfalls, dass der Arbeitsvertrag mit dem Forschungsverbund erst am 31. März 2017 auslief und aus welchen Gründen die Klägerin zur Beklagten wechseln sollte. Darauf kommt es jedoch nicht an. Denn unabhängig davon, aus welchen Gründen die Klägerin zur Beklagten wechseln sollte, war die an diesen Wechsel anknüpfende sachgrundlose Befristung objektiv funktionswidrig.
(b) Auch beim Forschungsverbund war das nötige Wissen und Wollen vorhanden. Dabei ist es ohne Belang, ob und welche Kenntnis die Personalleiterin des Forschungsverbunds Frau B. oder der Verwaltungsleiter des FMP Herr Sc. über den Wechsel der Klägerin vom Forschungsverbund zur Beklagten vor dem Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten hatten. Denn dem Forschungsverbund ist das Wissen und Wollen von Prof. J. als dem Leiter der Arbeitsgruppe und Frau Dr. N. als der für Personalfragen zuständigen Arbeitsgruppenkoordinatorin zuzurechnen. Nach dem Vorbringen der Personalleitern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 2018 war es grundsätzlich der Arbeitsgruppe selbst und damit letztlich Prof. J. und Frau Dr. N. überlassen, wer für die Arbeitsgruppe, wann und bei welchem Träger - der Beklagten oder dem Forschungsverbund - eingestellt werden sollte. Dass dies vom Forschungsverbund anders gehandhabt wurde, liegt fern und hat die Beklagte auch nicht behauptet. Damit waren der zum Forschungsverbund delegierte Prof. J. und die beim Forschungsverbund angestellte Frau Dr. N. maßgeblich in Personalentscheidungen eingebunden und insoweit auch zuständig.
(c) Darauf, ob sich die Beklagte und der Forschungsverbund arglistig verhalten haben und ihnen bewusst war, dass in dem Abschluss des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin vom 15. September 2015 eine Umgehung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG liegt, kommt es nicht an.
(3) Sonstige Umstände stehen der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht entgegen.
(a) Der Umstand, dass im Forschungsbereich Kooperationen mehrerer Forschungsträger wie die nach dem Berliner Modell üblich sind, ändert nichts daran, dass es gemessen an dem Zweck des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, sachgrundlose Befristungen auf die erstmalige Einstellungen zu beschränken, als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, wenn kooperierende Forschungsträger die Kooperation dazu nutzen, Arbeitsverträge entgegen der Beschränkung auf Ersteinstellungen sachgrundlos zu befristeten.
(b) Es spielt auch keine Rolle, ob die Klägerin ihrerseits gutgläubig war oder nicht. Bei einer rechtsmissbräuchlichen Umgehung des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG geht es nicht um die Ausnutzung der Unerfahrenheit oder des mangelnden Wissens der anderen Vertragspartei, sondern darum, dass der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer entgegen der gesetzlichen Wertung anstelle eines unbefristeten Arbeitsvertrags lediglich ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag angeboten wird. In der Versagung eines unbefristeten Arbeitsvertrages liegt auch der Nachteil der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers bzw. der Vorteil der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers, nicht dauerhaft gebunden zu sein, sondern sich von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmerin auch ohne Kündigungsgrund wieder trennen zu können.
(c) Die Beklagte kann auch nicht mit der Argumentation durchdringen, aufgrund ihrer Befristungspolicy wäre die Klägerin andernfalls nicht eingestellt worden. Auch wäre sie vom Forschungsverbund voraussichtlich über den 31. März 2017 hinaus nicht weiterbeschäftigt worden, weil zu diesem Zeitpunkt eine drittmittelfinanzierte Befristung mit nichtwissenschaftlichem Personal nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG nF nicht mehr möglich war. Insofern sei der bis zum 31. Dezember 2017 befristete und damit neun Monate längere Arbeitsvertrag für die Klägerin vorteilhaft gewesen.
Denn mit diesem Argument ließe sich auch jede andere im Gesetz nicht vorgesehene Befristung eines Arbeitsvertrages rechtfertigen. Abgesehen davon lässt sich dem E-Mail-Verkehr zwischen Frau Dr. N. und der Personalleiterin der Beklagten, dem Schreiben von Prof. J. an den Personalrat vom 30. Juli 2017 sowie dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Wechsel von Frau Je. zum Forschungsverbund entnehmen, dass es gerade auch darum ging, zwei in die Forschungsarbeit der Arbeitsgruppe bereits eingearbeitete technische Assistentinnen weiterbeschäftigen zu können und damit der Arbeitsgruppe die mit Neueinstellungen üblicherweise verbundenen Reibungsverluste und sonstigen Unwägbarkeiten zu ersparen.
(d) Für die rechtsmissbräuchliche Umgehung des Anschlussverbots des § 2 Abs. 2 Satz 2 TzBfG macht es auch keinen Unterschied, ob der Arbeitgeberwechsel erfolgt ist, um sachgrundlose Befristungen aneinanderzureihen oder eine sachgrundlose Befristung an eine Befristung mit Sachgrund anzuschießen. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeberwechsel allein dazu diente, eine sachgrundlose Befristung zu ermöglichen, die sonst nicht möglich gewesen wäre. Bei § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG geht es nicht darum, Kettenbefristungen zu verhindern, sondern - wie bereits oben unter (1) ausgeführt - darum, sachgrundlose Befristungen auf Ersteinstellungen zu beschränken.
b) Der Klägerin ist es ihrerseits nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die rechtsmissbräuchliche Umgehung des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch die Befristungsabrede vom 15. September 2015 zu berufen.
aa) Soweit die Beklagte erstinstanzlich behauptet hat, Initiatorin des Arbeitgeberwechsels sei ua. die Klägerin selbst gewesen, weil sie sich die sichere Fortdauer ihres Arbeitsverhältnisses um weitere neuen Monate und bessere Chancen auf eine Entfristung versprochen habe, ist dies nicht plausibel. Der Arbeitsvertrag zwischen dem Forschungsverbund und der Klägerin war erst einige Monate zuvor im Februar 2015 um mehr als zwei Jahre bis zum 31. März 2017 verlängert worden. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin unabhängig von der Frage der Weiterbeschäftigung von Frau Je. über den 31. Dezember 2015 hinaus bereits im Sommer 2015 an einem Arbeitgeberwechsel interessiert gewesen sei sollte und dies zeitgleich mit dem Wechsel von Frau Je. zum Forschungsverbund. Aus der Perspektive der Klägerin hätte es sehr viel näher gelegen, mit der Beklagten einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag im Anschluss an den Arbeitsvertrag mit dem Forschungsverbund ab dem 1. April 2017 zu schließen. Dem hätte auch nicht die von der Beklagten behauptete beabsichtige Reduzierung der der Arbeitsgruppe zugewiesenen TA-Stellen entgegengestanden, da diese erst ab Mai 2018 und damit erst mehr als ein Jahr später ins Auge gefasst war.
bb) Letztlich kommt es darauf jedoch nicht an. Denn - wie zwischen den Parteien zuletzt unstreitig war - ging die Initiative für den Arbeitgeberwechsel nicht von der Klägerin aus, sondern allein von Prof J. bzw. Frau Dr. N. in Absprache mit Prof. J.. Von ihrer ursprünglichen Behauptung, alleinige Initiatoren des Arbeitgeberwechsels seien Prof. J. und die Klägerin selbst gewesen, ist die Beklagte im Schriftsatz vom 17. Januar 2019 abgerückt. Es spielt auch keine Rolle, ob die Klägerin die Hintergründe für den ihr angesonnenen Arbeitgeberwechsel kannte und ob ihr der Wechsel auch dadurch schmackhaft gemacht worden war, dass die Chancen auf eine Entfristung bei der Beklagten besser als beim Forschungsverbund seien. Allein deshalb, weil sich die Klägerin von dem Arbeitgeberwechsel möglicherweise auch selbst einen Vorteil versprochen hat, macht das Berufen auf die rechtsmissbräuchliche Umgehung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch die Beklagte nicht rechtsmissbräuchlich.
2. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist ebenfalls zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. dazu BAG 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - Rn. 20). Der Antrag ist auch begründet.
Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 - haben gekündigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung bis zur endgültigen Klärung der Wirksamkeit der Kündigung, soweit kein überwiegendes schützenswertes Interesse der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers dem Beschäftigungsanspruch entgegensteht. Ist durch arbeitsgerichtliche Entscheidung festgestellt worden, dass die Kündigung unwirksam ist, ist ein überwiegendes Interesse der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nur gegeben, wenn besondere Umstände vorhanden sind, die der Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Auf Rechtsstreitigkeiten über andere Beendigungstatbestände wie die Wirksamkeit einer Befristung sind diese Grundsätze entsprechend anzuwenden (BAG 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 -). Umstände, die einer vorläufigen Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen, hat die Beklagte nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
3. Die Berufung war auch entscheidungsreif. Der Gewährung einer Erklärungsfrist auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30. Januar 2019 bedurfte es nicht, da es auf die E-Mails von Frau Dr. N. vom 29. Juli 2015 und vom 29. September 2015 nicht entscheidungserheblich ankam.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen.
IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Beklagte wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen (§ 72a ArbGG).
RechtsgebieteTzbfG, BGBVorschriften§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzbfG, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzbfG, § 242 BGB