04.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220307
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 14.01.2021 – 5 Sa 483/20
Die Entwendung einer Einliterflasche Desinfektionsmittel, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern während der Corona-Pandemie zur Verfügung gestellt hat, rechtfertigt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls die außerordentliche Kündigung eines langjährig bestehenden Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung.
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 01.07.2020 - Az.: 6 Ca 632/20 - wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung sowie einen Weiterbeschäftigungsanspruch.
Der am 26.01.1978 geborene, verheiratete und zwei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten seit dem 15.03.2004 im Bereich des Lagers mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 32,5 Stunden und einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 3.105,64 € beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind ein Arbeitsvertrag vom 09.03.2004 (Bl. 4 ff. der Gerichtsakte) und eine Änderungsvereinbarung vom 17.07.2013 (Bl. 7 der Gerichtsakte).
Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit. In ihrem Betrieb ist ein elfköpfiger Betriebsrat eingerichtet. Ausweislich des Protokolls der Betriebsratssitzung vom 14.05.2018 (Bl. 160 ff. d. A.) fasste der Betriebsrat unter Ziffer 2 der Tagesordnung folgenden Beschluss:
In der Geschäftsordnung heißt es auszugsweise:
Der Kläger war in der Zeit von 00:00 Uhr bis 08:00 Uhr zusammen mit sieben Arbeitskollegen in der Fahrzeugwäscherei eingesetzt bei einer Pausenzeit von 03:30 Uhr bis 04:00 Uhr. Ihm stand bei der Arbeit ein Materialwagen zur Verfügung, auf dem die Waschutensilien wie Reinigungsbürsten, Eimer und Waschmittel etc. lagen. Der Kläger fuhr mit seinem Privatfahrzeug zur Arbeitsstelle auf das Werksgelände und stellte sein Auto regelmäßig ca. 50 m entfernt von seinem Arbeitsplatz ab. Die Beklagte führte bei der Ausfahrt regelmäßig Kofferraumkontrollen durch, dies war dem Kläger bekannt.
Mit Beginn der Corona-Pandemie stellte die Beklagte ihren Mitarbeitern Desinfektionsmittel zu Verfügung. In der Folgezeit wurden in den Sanitäranlagen mehrfach Papierrollen und Desinfektionsmittel herausgerissen und gestohlen mit der Folge, dass zeitweise dort kein Desinfektionsmittel zur Verfügung stand.
Am 23.03.2020 entnahm der Kläger während seiner Arbeitszeit dem für alle Mitarbeiter zugänglichen Materialkäfig eine 1 Liter Flasche Desinfektionsmittel - ausreichend für ca. 300 Handdesinfektionen - sowie eine Rolle Handtuchpapier und verbrachte diese in den Kofferraum seines Pkw. Eine Information darüber an andere Mitarbeiter erfolgte nicht. Der Materialkäfig befand sich näher am Arbeitsplatz des Klägers als sein geparkter Pkw.
Als der Kläger an diesem Tag nach Arbeitsende das Werksgelände verlassen wollte, fand eine Fahrzeugkontrolle statt. Die Mitarbeiterin des Werksschutzes fand im Kofferraum des Klägers die nicht angebrochene Plastikflasche mit Desinfektionsmittel sowie die volle Rolle Handtuchpapier. Sie nahm die Gegenstände an sich und informierte den Vorgesetzten des Klägers. In dem daraufhin noch am gleichen Tag durchgeführten Personalgespräch teilte der Kläger auf Nachfrage mit, er habe das Desinfektionsmittel und die Papiertücher während der Waschsortierung aus dem Materialkäfig genommen und in sein Auto verbracht, weil es auf den Toiletten kein Desinfektionsmittel mehr gegeben habe. Der Wert des Desinfektionsmittels betrug nach Angabe der Beklagten unter Beachtung der Corona-bedingten Knappheit im Frühjahr 2020 rund 40,00 €.
Mit Schreiben vom 23.03.2020, adressiert "An den Betriebsrat im Hause über den Vorsitzenden des Betriebsrates/Personalausschusses" hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers an. Wegen des Wortlautes des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 39 f. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Der Personalausschuss des Betriebsrates gab am 24.03.2020 folgende Stellungnahme ab:
Mit Schreiben vom 24.03.2020, dem Kläger zugegangen am 25.03.2020, sprach die Beklagte sodann die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Mit seiner am 27.03.2020 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach eingegangenen Klage, die der Beklagten am 01.04.2020 zugestellt worden ist, wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Kündigung.
Der Kläger hat behauptet, er habe das Desinfektionsmittel genommen, da er es für sich und eventuell seine Kollegen habe verwenden wollen. In der Nachtschicht vom 23.03.2020 sei - wie in den Nächten zuvor - Desinfektionsmittel nicht verfügbar gewesen. Er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um dort seine Hände zu desinfizieren und gründlich abzutrocknen. Bei der Ausfahrt habe ihn die Mitarbeiterin vom Werksschutz gefragt "Was machst du damit?", worauf er geantwortet habe: "Ach ja, Hände desinfizieren und abtrocknen." Er habe an die Sachen in seinem Kofferraum nicht mehr gedacht. Der Kläger hat weiter behauptet, er habe die Gegenstände nicht stehlen wollen, wäre dies anders, so hätte er in Kenntnis der Kontrollen die Sachen nicht offen in seinen Kofferraum gelegt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung stelle sich unter Berücksichtigung seiner Beschäftigungsdauer und der Unterhaltspflichten zumindest als unverhältnismäßig dar. Zudem wäre eine Abmahnung ausreichend gewesen, um ein etwaig vorliegendes Fehlverhalten ausreichend zu ahnden. Die Kündigung sei auch deswegen unwirksam, da der Betriebsrat vor dem Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Sofern die Beklagte nur einen "Personalausschuss" angehört habe, entspreche dies nicht den gesetzlichen Regelungen.
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam. Dazu hat sie behauptet, der Kläger habe gegenüber der Mitarbeiterin des Werksschutzes erklärt, er habe das Desinfektionsmittel und das Papier mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren, bzw. um sein Auto säubern zu können. Aufgrund der Desinfektionsmittelknappheit im Frühjahr 2020 und vorausgegangener Entwendungen habe sie mit Aushängen in den Sanitärbereichen darauf aufmerksam gemacht, dass der Diebstahl von V. Sanitätsartikeln eine fristlose Kündigung und eine Anzeige zur Folge habe. Die Kündigung sei auch verhältnismäßig. Der Kläger habe in einer Zeit, als die Corona-Krise an Schärfe zugenommen habe und Desinfektionsmittel zu einer begehrten Mangelware geworden sei, eigennützig gehandelt. Die Tat stelle sich als Ausdruck einer Selbstbedienungsmentalität dar, die sie nicht dulden könne.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.07.2020 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die außerordentliche Kündigung sei nicht wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam. Auch liege ein wichtiger Grund vor, da der Kläger einen vollendeten Diebstahl begangen habe. Eine mildere Reaktion in Form einer Abmahnung oder einer fristgerechten Kündigung habe von der Beklagten nicht verlangt werden können. Die Kündigung sei auch unter Berücksichtigung der langen Beschäftigungszeit und der Unterhaltspflichten des Klägers verhältnismäßig. Entscheidend sei, dass der Kläger - selbst für den Fall, dass er das Desinfektionsmittel nicht habe verkaufen, sondern nur nutzen wollen - in einer Ausnahmesituation seine eigenen Interessen über die der Beklagten und seiner Kollegen gestellt. Aufgrund der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung komme es auf die Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung nicht an. Den hierauf bezogenen Antrag zu 2. hat das Arbeitsgericht nicht im Tatbestand aufgeführt. Der als uneigentlicher Hilfsantrag gestellte Weiterbeschäftigungsantrag sei nicht zur Entscheidung angefallen.
Gegen dieses - ihm am 20.07.2020 zugestellte - Urteil hat der Kläger mit einem am 31.07.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe unrichtig entschieden. Er habe mangels Zueignungsabsicht keinen Diebstahl begangen, denn er habe die Beklagte nicht dauerhaft von der Sachherrschaft ausschließen wollen. Wenn überhaupt, liege eine straflose Gebrauchsanmaßung vor. Er habe das Papier und das Desinfektionsmittel aus dem Materialkäfig genommen, um sich und seine Kollegen, die mit ihm die Kraftfahrzeuge außen und innen zu waschen hätten, zu schützen. Er habe die Gegenstände offen im Kofferraum seines Pkw deponiert, da sie am Arbeitsplatz im Wege gestanden hätten. Nach Arbeitsende habe er nicht mehr an die Gegenstände gedacht und sie deswegen in seinem Kofferraum belassen. Tatsächlich hätten das Desinfektionsmittel und das Papier auf dem Betriebsgelände verbleiben sollen. Er habe lediglich gedacht, es sei "praktischer", die Gegenstände in seiner Nähe zu haben, für sich und seine Kollegen, bis wieder durchgehend in den Sanitäranlagen Desinfektionsmittel zur Verfügung stünden. Es habe für ihn auch kein Grund bestanden, das Desinfektionsmittel zu entwenden, da seine Frau im Pflegedienst arbeite. Dort habe sie jederzeit die Möglichkeit, Desinfektionsmittel von ihrem Arbeitgeber kostenlos mit nach Hause zu nehmen und gegebenenfalls auch zu verkaufen. Zumindest aber sei die Kündigung in Ansehung seiner langen unbeanstandeten Beschäftigungszugehörigkeit und des von der Beklagten angegebenen Schadens von ca. 40,00 € unverhältnismäßig.
Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht nicht erkannt, dass die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Anhörung eines "Personalausschusses" sei nicht ausreichend. Es sei weder geklärt, ob der Betriebsrat seine Rechte wirksam an einen Personalausschuss delegiert habe, noch, ob dieser zutreffend zusammengesetzt sei, insbesondere, wie viele Mitglieder der Personalausschuss habe und wie er besetzt sei. Die Mitteilung der Entscheidung des Betriebsrats an die Beklagte durch Herrn A. sei ebenfalls nicht ordnungsgemäß. Es sei unklar, bei wem es sich um Herrn A. handele. Darüber hinaus sei die Stellungnahme des Betriebsrats nicht als abschließend gekennzeichnet gewesen.
Im Rahmen seiner Berufungsschrift hat der Kläger nicht den erstinstanzlichen Antrag zu 2. genannt.
Der Kläger beantragt nunmehr,
Die Beklagte beantragt,
Sie ist der Auffassung, die Berufung sei bereits unzulässig, da der Kläger sich nicht in ausreichendem Maße mit den tragenden Erwägungen des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt habe.
Zumindest aber sei die Berufung unbegründet. Bei dem erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gestellten Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen fristgerechten Kündigung handele es sich um eine unzulässige Klageerweiterung. Zudem sei das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung beendet worden. Der Kläger habe durch seinen eigenen Vortrag bestätigt, dass er durch Verbringung des Desinfektionsmittels in einen 50 m entfernt geparkten Pkw seine Kollegen von dem Gebrauch des dringend benötigten Mittels ausschließen wollte. Dies allein stelle einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Ob eine strafrechtliche Bewertung als Diebstahl anhand eines Tatbestandsmerkmals der Zueignungsabsicht erfolgen könne, sei für die arbeitsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend. Allerdings sei davon auszugehen, dass der Kläger mit Vorsatz gehandelt und das Desinfektionsmittel vom Betriebsgelände habe entfernen wollen. Schließlich würden lediglich stichprobenartige Fahrzeugkontrollen durchgeführt, so dass er durchaus darauf habe hoffen können, dass die Wegnahme des Desinfektionsmittels bei Verlassen des Betriebsgeländes nicht auffallen würde. Für einen entsprechenden Vorsatz des Klägers spreche zudem, dass er gegenüber der Mitarbeiterin des Werksschutzes erklärt habe, er sei berechtigt, die Sachen mitzunehmen.
Im Ergebnis sei die fristlose Kündigung selbst dann gerechtfertigt, wenn kein Diebstahl vorläge. Der Kläger habe zu den Hochzeiten der Pandemie, als eine Ansteckung und damit sowohl schwere gesundheitliche Auswirkungen auf die Kolleginnen und Kollegen als auch schwere wirtschaftliche Auswirkungen auf die Beklagte zu befürchten gewesen seien, das für alle dringend benötigte und regelmäßig zu verwendende Desinfektionsmittel heimlich in seinem Fahrzeug gebunkert und somit seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch zum Arbeitsschutz und zur Gesundheitsvorsorge aus purem Egoismus entzogen. Insoweit sei nicht nur der - schon nicht mehr als geringwertig anzusehende - Schaden von 40,00 € zu berücksichtigen, sondern ebenso, dass es sich um die Entwendung eines notwendigen und zur damaligen Zeit schwer zu beschaffenden knappen Gutes gehandelt habe.
Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß. Soweit der Kläger Rügen erhebe, die - ihr nicht bekannte - Fehler bei der inneren Willensbildung des Betriebsrats beträfen, seien sie nicht geeignet, die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung in Frage zu stellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Parteischriftsätze in beiden Rechtszügen, die Sitzungsprotokolle beider Rechtszüge sowie auf den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist statthaft gemäß § 64 Abs. 1, 2 lit. c) ArbGG.
Die Berufung ist auch ausreichend begründet worden. Sie setzt sich in - gerade noch - hinreichender Weise mit den Erwägungen der ersten Instanz auseinander.
1.
Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffes ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BAG v. 24.10.2019 - 8 AZR 528/18 - juris; BAG v. 21.05.2019 - 2 AZR 574/18 - juris; BAG v. 23.11.2017 - 8 AZR 458/16 - juris; BAG v. 14.03.2017 - 9 AZR 54/16 - juris; BAG v. 14.03.2017 - 9 AZR 633/15 - juris; BAG v. 11.06.2013 - 9 AZR 855/11 - juris).
Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Berufungsbegründung muss aber auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein, wenn sie diese bekämpfen will. Sie muss im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG v. 24.10.2019 - 8 AZR 528/18 - a.a.O.; BAG v. 21.05.2019 - 2 AZR 574/18 - a.a.O.; BAG v. 23.11.2017 - 8 AZR 458/16 - a.a.O.; BAG v. 14.03.2017 - 9 AZR 54/16 - a.a.O.; BAG v. 14.03.2017 - 9 AZR 633/15 - a.a.O.). Die Berufung muss die tragenden Erwägungen des Erstgerichts angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen; die Begründung muss also - ihre Richtigkeit unterstellt - geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen (BGH v. 10.12.2015 - IX ZB 35/15 - juris).
2.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Berufung als zulässig. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung bezogen auf die Betriebsratsanhörung gerügt, das Arbeitsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, der Betriebsrat habe wirksam einen Personalausschuss gebildet, der vor dem Ausspruch der Kündigung angehört worden sei. Die wirksame Bildung eines solchen Personalausschusses sei jedoch erstinstanzlich nicht dargelegt worden. Darüber hinaus hat der Kläger u. a. gerügt, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er das Desinfektionsmittel niemals habe der Beklagten dauerhaft habe entziehen wollen, sondern es lediglich für sich und seine Kollegen in der Nähe haben wollen, bis wieder in den Sanitäranlagen durchgehend Desinfektionsmittel zur Verfügung gestanden hätten.
Diese Ausführungen reichen für die Zulässigkeit der Berufung aus.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
1.
Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die dem Kläger am 25.03.2020 zugegangene außerordentliche Kündigung vom 24.03.2020 beendet worden.
a.
Die Klage gilt nicht gemäß § 7 KSchG als von Anfang an wirksam, denn der Kläger hat die dreiwöchige Klagefrist der §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG gewahrt. Die Kündigung vom 24.03.2020 ist ihm am 25.03.2020 zugegangen. Seine Klageschrift ging am 27.03.2020 beim Arbeitsgericht ein und wurde der Beklagten am 01.04.2020 zugestellt.
b.
Die Kündigung ist nicht wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam.
aa.
Die Beklagte hat ihr Anhörungsschreiben zutreffender Weise an den "Betriebsrat im Hause über den Vorsitzenden des Betriebsrats/Personalausschusses" gerichtet. Der seitens des Betriebsrats gebildete Personalausschuss war für die Entgegennahme des Anhörungsschreibens zuständig.
(1)
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist vom Betriebsrat ein Betriebsausschuss zu bilden, wenn der Betriebsrat neun oder mehr Mitglieder hat. Der Betriebsausschuss führt die laufenden Geschäfte des Betriebsrats, darüber hinaus kann ihm der Betriebsrat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen (§ 27 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG). Ist ein Betriebsausschuss gebildet, bleibt grundsätzlich der Betriebsrat für das Beteiligungsverfahren nach § 102 BetrVG zuständig. Zu den laufenden Geschäften, die dem Betriebsausschuss nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BetrVG durch Gesetz übertragen sind, zählt nicht die Ausübung des Mitwirkungsrechts in personellen Angelegenheiten (GK-BetrVG/Raab § 27 Rn. 50; Bader u. a. KR-Kommentar Rinck 12. Auflage 2019 § 102 BetrVG Rn. 133). Eine Zuständigkeit des Betriebsausschusses besteht nur, wenn ihm die Wahrnehmung des Beteiligungsrechts nach § 102 BetrVG entsprechend der Regelung in § 27 Abs. 2 Satz 2 BetrVG vom Betriebsrat durch Beschluss wirksam übertragen worden ist. Die Übertragung auf den Ausschuss und ihr Umfang müssen aus dem Beschluss eindeutig ersichtlich sein (vgl. zu § 103: BAG v. 17.03.2005 - 2 AZR 275/04 - juris). Sind die Befugnisse für das Anhörungsverfahren wirksam auf einen Ausschuss übertragen worden, ist nunmehr der Ausschussvorsitzende berechtigt und verpflichtet, die Erklärungen des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren entgegenzunehmen (BAG v. 04.08.1975 - 2 AZR 266/74 - juris). In Betrieben, in denen ein Betriebsausschuss zu bilden ist, kann der Betriebsrat weitere Ausschüsse bilden und ihnen u. a. auch die Zuständigkeit für das Beteiligungsverfahren nach § 102 BetrVG übertragen (§ 28 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BetrVG). U. a. ist die Delegation der Beteiligungsrechte gemäß § 102 BetrVG auf einen Personalausschuss zulässig (BAG v. 04.08.1975 - 2 AZR 266/74 - a.a.O.; Fitting/Engels u. a. Betriebsverfassungsgesetz 30. Auflage 2020 § 28 Rn. 10).
(2)
Eine Übertragung der Zuständigkeit zur Wahrnehmung der Beteiligungsrechte bei Kündigungen auf den Personalausschuss ist wirksam erfolgt. Der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat besteht aus 11 Mitgliedern. Damit war ein Betriebsausschuss zu bilden. Außerdem ist angesichts der Beschäftigtenzahl von mehr als 100 Arbeitnehmern gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Bildung weiterer Ausschüsse zulässig. Der Personalausschuss wurde wirksam gebildet. Der Betriebsrat hat mit Beschluss vom 14.05.2018 (Bl. 160 d. A.) seine Geschäftsordnung (Bl. 161 ff. d. A.) in Kraft gesetzt. In § 9 dieser Geschäftsordnung ist geregelt, dass die Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts gemäß § 102 BetrVG dem Personalausschuss zur selbständigen Erledigung übertragen worden ist. Dieser war demnach für die Betriebsratsanhörung im vorliegenden Fall zuständig und wurde von der Arbeitgeberin auch beteiligt.
bb.
Die Betriebsratsanhörung ist inhaltlich ordnungsgemäß.
(1)
Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Gemäß Satz 2 der Bestimmung hat ihm der Arbeitgeber die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine Kündigung ist dabei nach Satz 3 nicht erst unwirksam, wenn eine Unterrichtung gänzlich unterblieben ist, sondern schon dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist (BAG v. 22.09.2016 - 2 AZR 700/15 - juris; BAG v. 23.02.2012 - 2 AZR 773/10 - juris). Der notwendige Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung. Dieser besteht darin, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht, d.h. gegebenenfalls zu Gunsten des Arbeitnehmers auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers einzuwirken. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können. Die Anhörung soll dem Betriebsrat nicht die selbständige - objektive - Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern gegebenenfalls eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (BAG v. 05.12.2019 - 2 AZR 240/19 - juris; BAG v. 22.09.2016 - 2 AZR 700/15 - a.a.O.; BAG v. 16.07.2015 - 2 AZR 15/15 - juris; BAG v. 23.10.2014 - 2 AZR 736/13 - juris).
(2)
Hiernach begegnet der Inhalt der Betriebsratsanhörung im vorliegenden Fall keinen Bedenken. Das Anhörungsschreiben vom 23.03.2020 enthält neben den persönlichen Daten des Klägers die genaue Schilderung des der beabsichtigten Kündigung zugrunde liegenden Verhaltens.
cc.
Der Ausspruch der außerordentlichen Kündigung erfolgte nicht vor dem Ablauf der Stellungnahmefrist des Betriebsrats, auch wenn das Anhörungsschreiben auf den 23.03.2020 datiert ist und die Kündigung vom 24.03.2020 dem Kläger bereits am 25.03.2020 zuging.
(1)
Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, muss er diese unter Angaben von Gründen dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen schriftlich mitteilen (§ 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Eine vor Ablauf der Drei-Tage-Frist ausgesprochene Kündigung ist grundsätzlich unwirksam. Der Betriebsrat muss mit seiner Äußerung allerdings nicht bis zum Fristablauf warten. Er kann bereits vor diesem Zeitpunkt zur mitgeteilten Kündigungsabsicht des Arbeitgebers abschließend Stellung nehmen. Das Beteiligungsverfahren ist mit Eingang einer solchen Äußerung vorzeitig beendet und der Arbeitgeber kann die Kündigung umgehend erklären (BAG v. 25.05.2016 - 2 AZR 345/15 - juris; BAG v. 23.10.2014 - 2 AZR 736/13 - juris). Einer Äußerung des Betriebsrats während des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG kommt indes nur fristverkürzende Wirkung zu, wenn ihr der Arbeitgeber unzweifelhaft entnehmen kann, dass es sich um eine abschließende Stellungnahme handelt. Erklärt der Betriebsrat dies nicht ausdrücklich, ist der Inhalt seiner Mittelung durch Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (BAG v. 25.05.2016 - 2 AZR 345/15 - a.a.O.). Diese muss eindeutig ergeben, dass der Betriebsrat sich bis zum Ablauf der Anhörungsfrist nicht noch einmal - und sei es "nur" zur Ergänzung der Begründung seiner bereits eröffneten Entschließung - äußern möchte. Der Arbeitgeber muss aufgrund der bisherigen Äußerung des Betriebsrats davon ausgehen können, dieser werde unter keinen Umständen mehr tun als bereits geschehen (BAG v. 25.05.2016 - 2 AZR 345/15 - a.a.O.; BAG v. 24.06.2004 - 2 AZR 461/03 - juris).
Für die Annahme einer vorfristig abgegebenen verfahrensbeendenden Äußerung bedarf es besonderer Anhaltspunkte. Dem Betriebsrat steht für die Mitteilung der Gründe, die aus seiner Sicht gegen die Verwirklichung des Kündigungsentschlusses sprechen, die gesamte Anhörungsfrist zur Verfügung. Ebenso wie der Arbeitgeber seine Angaben im Anhörungsverfahren ergänzen darf, kann auch der Betriebsrat in diesem Zeitraum eine bereits abgegebene Stellungnahme jederzeit erweitern. Dieser ist auch nicht gehalten, sich die Ergänzung einer bereits übermittelten Stellungnahme ausdrücklich vorzubehalten (vgl. zur ordentlichen Kündigung BAG v. 25.05.2016 - 2 AZR 345/15 - a.a.O.). Besondere Anhaltspunkte für eine abschließende Stellungnahme liegen regelmäßig vor, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber mitteilt, er stimme der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltslos zu oder erklärt, von einer Äußerung zur Kündigungsabsicht abzusehen. In anderen Fällen wird der Arbeitgeber nur von einer abschließenden Stellungnahme ausgehen können, wenn aus seiner Sicht eine weitere Äußerung des Betriebsrats zur Kündigungsabsicht ausgeschlossen ist. Fehlt es an sicheren Anhaltspunkten dafür, dass sich der Betriebsrat in keinem Fall mehr zur Kündigungsabsicht äußern wird, muss der Arbeitgeber, sofern er die Kündigung vor Ablauf der Stellungnahmefrist erklären will, beim Betriebsratsvorsitzenden nachfragen und um entsprechende Klarstellung bitten. Auf dessen Erklärung darf er sich verlassen (BAG v. 25.05.2016 - 2 AZR 345/15 - a.a.O.).
(2)
Im vorliegenden Fall hat der Personalausschuss des Betriebsrats bereits am 24.03.2020 eine schriftliche Stellungnahme zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung abgegeben und dieser zugestimmt. Der Personalausschuss hat in seiner Stellungnahme ausdrücklich ausgeführt, er sei durch Befragung der Zeugen sowie durch die Protokolle der Befragung des Klägers und des Werksschutzes zu der Auffassung gekommen, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Diese Stellungnahme war abschließend, der Personalausschuss schloss sich darin vorbehaltlos der Auffassung der Beklagten an. Im Anschluss an diese abschließende Stellungnahme war die Beklagte berechtigt, die außerordentliche Kündigung auszusprechen.
Dass die von Herrn A. unterzeichnete Stellungnahme nicht vom Personalausschuss stammt, ist ausgeschlossen. Ausweislich der Unterschriftszeile der Geschäftsordnung handelt es sich bei Herrn A. um den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, der ausweislich der Unterschriftenzeile der Stellungnahme diese für den Personalausschuss unterzeichnet hat.
c.
Ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung liegt vor. Das Verhalten des Klägers stellt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen Grund für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB dar.
aa.
Nach dieser Vorschrift kann das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsteilen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der - ggfls. fiktiven - Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich" und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht. Ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB ist nur gegeben, wenn das Ergebnis dieser Gesamtwürdigung die Feststellung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist (st. Rechtsprechung, vgl. nur BAG v. 13.12.2018 - 2 AZR 370/18 - juris; BAG v. 15.01.2018 - 2 AZR 382/17 - juris; BAG v. 22.10.2015 - 2 AZR 569/14 - juris).
Eine außerordentliche Kündigung kommt zudem nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein "schonenderes" Gestaltungsmittel gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG v. 13.12.2018 - 2 AZR 370/18 - a.a.O.; BAG v. 20.10.2016 - 6 AZR 471/15 - a.a.O.). Als mildere Reaktion sind insbesondere Abmahnung (vgl. § 314 Abs. 2 BGB i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB), Versetzung und ordentliche Kündigung anzusehen.
bb.
Spricht der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aus, so ist er für alle Umstände des wichtigen Grundes darlegungs- und beweisbelastet (vgl. BAG v. 27.06.2019 - 2 AZR 28/19 - juris). Den Kündigenden trifft die Darlegungs- und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund ausschließen (BAG v. 03.11.2011 - 2 AZR 748/10 - juris; BAG v. 12.05.2010 - 2 AZR 587/08 - juris). Der Kündigende braucht aber nicht von vorneherein alle nur denkbaren Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe zu widerlegen. Der Gekündigte ist vielmehr nach § 138 Abs. 2 ZPO gehalten, substantiiert zu bestreiten (BAG v. 03.11.2011 - 2 AZR 748/19 - a.a.O.). Nur bei einer substantiierten Einlassung ist es dem Kündigenden möglich, die Angaben zu überprüfen und, falls sie sich nach seinen Ermittlungen als unrichtig herausstellen, die erforderlichen Beweise anzutreten (Erf. Kommentar/Niemann 21. Auflage 2021 § 626 BGB Rn. 235).
cc.
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze liegt ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist das Verhalten des Klägers "an sich" geeignet, einen wichtigen Grund darzustellen. Die vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus.
(1)
Das Verhalten des Klägers ist an sich geeignet, einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Der Kläger hat eine 1 Liter Flasche Desinfektionsmittel in seinen privaten Pkw verbracht und damit zumindest dem Zugriff der Beklagten und der übrigen Mitarbeiter entzogen.
(a)
Begeht ein Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche - ggf. strafbare - Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB darstellen, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat (BAG v. 21.06.2012 - 2 AZR 153/11 - juris; BAG v. 16.12.2010 - 2 AZR 485/08 - juris; BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - juris). Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch (BAG v. 22.09.2016 - 2 AZR 848/15 - juris; BAG v. 20.06.2013 - 2 AZR 546/12 - juris; BAG v. 21.06.2012 - 2 AZR 153/11 - a.a.O.; BAG v. 16.12.2010 - 2 AZR 485/08 - a.a.O.; BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - a.a.O.).
(b)
Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, steht bereits nach dem unstreitigen Vorbringen fest, dass der Kläger eine - nicht ihm allein zur Verfügung gestellte - Flasche Desinfektionsmittel sowohl dem Zugriff der Beklagten als auch dem Zugriff der anderen Arbeitnehmer der Beklagten entzogen hat. Diese schwere Pflichtverletzung ist geeignet, einen wichtigen Grund für eine Kündigung darzustellen. Auf die strafrechtliche Wertung, ob es sich bei dem Verhalten des Klägers um einen vollendeten Diebstahl gehandelt hat, kommt es nicht an.
Die Beklagte stellte ihren Mitarbeitern im Frühjahr 2020 Desinfektionsmittel zur Verfügung. Eine nicht angebrochene 1 Liter Flasche sowie eine Rolle Handtuchpapier befanden sich in einem offenen Materialkäfig in der Nähe des Arbeitsplatzes des Klägers und seiner Kollegen. Diese Flasche hat der Kläger aus dem Materialkäfig entnommen und in den Kofferraum seines, ca. 50 m vom Arbeitsplatz entfernt abgestellten, Pkw verbracht. Nach dem Arbeitsende hat er sodann das Desinfektionsmittel in seinem Pkw belassen und versucht, das Betriebsgelände zu verlassen. Damit hat er - wie das Arbeitsgericht ausführlich dargelegt hat - das Desinfektionsmittel dem Zugriff der Beklagten und seiner Arbeitskollegen entzogen und dessen Nutzung unmöglich gemacht.
Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Einschätzung, sondern bestätigt vielmehr die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
(aa)
Soweit der Kläger vorträgt, er habe das Desinfektionsmittel nicht dauerhaft dem Zugriff der Beklagten entziehen, sondern nur an sich nehmen wollen, bis in den Sanitäranlagen wieder ausreichend Desinfektionsmittel zur Verfügung stehen würde, und daraus den rechtlichen Schluss zieht, er habe keinen Diebstahl, sondern - allenfalls - eine straflose Gebrauchsanmaßung begangen, ist dies nicht geeignet, seine Pflichtverletzung zur relativieren. Selbst eine Gebrauchsanmaßung kann im Einzelfall eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung darstellen.
Grundsätzlich muss die Frage der arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung von der strafrechtlichen Bewertung getrennt werden. Ob der Kläger sich durch die Wegnahme des Desinfektionsmittels strafbar gemacht hat, kann dahinstehen. Die Vertragspflichtverletzung liegt im vorliegenden Fall darin, dass der Kläger der Beklagten das Desinfektionsmittel entzogen und die Kollegen von dessen Gebrauch ausgeschlossen hat.
Der Vortrag des Klägers zu der angeblichen bloßen Gebrauchsanmaßung ist im Übrigen nicht schlüssig. Ob statt Diebstahl eine (mit Ausnahme von §§ 248b, 290 StGB) straflose Gebrauchsanmaßung gegeben ist, hängt davon ab, ob der Täter die weggenommene Sache unter Anerkennung fortbestehenden fremden Eigentums in einer Weise nutzen will, die der Wahrnehmung eines unentgeltlichen Gebrauchsrechts entspricht (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen-Kindhäuser Strafgesetzbuch 5. Auflage 2017 § 242 Rn. 90). Die eine Zueignung ausschließende Anerkennung fremden Eigentums kann sich allerdings nicht darin erschöpfen, dass der Täter überhaupt bereit ist, die Sache nach eigenem Belieben irgendwann herauszugeben. Die Zueignung ist nicht nur eine Negation des formellen Rechts, sondern auch eine enteignende Vorenthaltung von Verfügungsmacht auf Kosten des Berechtigten. Wird diese Verfügungsmacht in einem Maße beansprucht, die für den Berechtigten jenseits des Akzeptablen liegt, so ist die Vorenthaltung des Besitzes als Eigentumsanmaßung anzusehen (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen-Kindhäuser § 242 Rn. 91). Enteignung und infolgedessen Zueignung ist zudem zu bejahen, wenn die Sache nach Gebrauch vernichtet bzw. ihrer Substanz nach dem Berechtigten zwar wieder zugänglich gemacht wird, doch ihr Wert durch den Gebrauch teilweise oder ganz entzogen, der Gebrauch also zum Verbrauch wird (Schönke/Schröder-Bosch Strafgesetzbuch 30. Auflage 2019 § 242 Rn. 52/53).
Hiernach trägt der Kläger selbst keine straflose Gebrauchsanmaßung vor. Der Inhalt der Flasche Desinfektionsmittel sollte nicht - unangetastet - lediglich im Kofferraum des Pkw gelagert und zum Schichtende oder irgendwann später zurück zum Materialkäfig gebracht, sondern verbraucht und allein dadurch endgültig dem Zugriff der Beklagten und der Arbeitskollegen des Klägers entzogen werden.
(bb)
Der Vortrag des Klägers, er habe das Desinfektionsmittel genommen, um nicht nur sich selber, sondern - gegebenenfalls - seine Arbeitskollegen zu schützen, ist ebenfalls nicht geeignet, die Schwere der Pflichtverletzung zu relativieren.
Abgesehen davon, dass die Behauptung des Klägers, er habe sich selber schützen wollen, allein dadurch widerlegt ist, dass die Flasche Desinfektionsmittel beim Auffinden ungeöffnet war, so hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass er seine Arbeitskollegen überhaupt über die Wegnahme des Desinfektionsmittels und die Lagerung in seinem Pkw informiert hat.
(aaa)
Der Kläger hat das Desinfektionsmittel entgegen seiner Beteuerung nicht zum Eigenschutz genutzt. Wäre es ihm darum gegangen, sich während seiner Arbeitszeit vor einer Infektion zu schützen, so hätte er seinen Pkw aufsuchen und sich die Hände desinfizieren müssen. Dies hat er erstinstanzlich zwar auch behauptet, tatsächlich jedoch nicht getan, was sich allein daraus ergibt, dass die Flasche mit dem Desinfektionsmittel beim Auffinden ungeöffnet war.
(bbb)
Der Kläger hat auch nicht gehandelt, um seine Arbeitskollegen zu schützen. Es fehlt insoweit bereits an einer Information der Arbeitskollegen über die Verbringung des Desinfektionsmittels. Ohne eine solche Information verbunden mit der Zusage, den Kollegen bei Bedarf seinen Fahrzeugschlüssel zur Verfügung zu stellen, konnten diese nicht mehr auf das Desinfektionsmittel zugreifen.
Im Übrigen macht der Vortrag des Klägers zum angeblichen Schutz der Arbeitskollegen auch keinen Sinn. Im Materialkäfig stand das Desinfektionsmittel allen Arbeitnehmern zur Verfügung und konnte genutzt werden. Gleiches hätte gegolten, wenn der Kläger es genommen und auf seinen Materialwagen gestellt hätte. Die Wegnahme und Verbringung in seinen - weiter vom Arbeitsplatz entfernt abgestellten - Pkw führte lediglich zu einem Ausschluss anderer Personen von der Nutzungsmöglichkeit.
(cc)
Die weitere Behauptung des Klägers, aus der Tatsache, dass er das Desinfektionsmittel offen in seinen Pkw gelegt habe, obwohl er von den regelmäßig durchgeführten Kontrollen gewusst habe, ergebe sich, dass er das Desinfektionsmittel nicht habe entwenden wollen, ist ebenfalls nicht schlüssig. Zum einen hat der Kläger die Flasche Desinfektionsmittel nicht offen in seinen Pkw gelegt, sondern vielmehr im Kofferraum seines Wagens deponiert, wodurch es versteckt und einem zufälligen Blick von außen entzogen wurde. Zum anderen musste der Kläger nicht zwingend davon ausgehen, dass es in jedem Fall zu einer Überprüfung seines Kofferraums kommen würde.
(dd)
Sein Vortrag dazu, er habe kein Motiv für eine Entwendung gehabt, denn es habe keine Notwendigkeit bestanden, Desinfektionsmittel zu stehlen, da seine Frau bei einem Pflegedienst arbeite und dort jederzeit Zugriff auf Desinfektionsmittel habe, die sie gegebenenfalls auch verkaufen könne, überzeugt die Kammer nicht von seinen angeblich lauteren Motiven. Nicht nur, dass die Kammer den Vortrag, der Arbeitgeber seiner Ehefrau stelle dieser zur privaten Nutzung und zum Zwecke der Veräußerung Desinfektionsmittel zur Verfügung, für wenig glaubhaft hält, ist die Frage, ob der Kläger die Wegnahme für "notwendig" gehalten hat, für die Bewertung der Pflichtverletzung nicht relevant. Selbst wenn er das Desinfektionsmittel nicht zum Eigenbedarf hätte nutzen wollen, hätte es andere Verwendungsmöglichkeiten etwa in Form einer Veräußerung gegeben. Die aus der Verbringung in den Privat-Pkw zu folgernde Zueignungsabsicht wird durch die Einlassung des Klägers nicht widerlegt.
(2)
Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf zu berücksichtigen (BAG v. 13.12.2018 - 2 AZR 370/18 - a.a.O.; BAG v. 20.10.2016 - 6 AZR 471/15 - juris; BAG v. 19.04.2012 - 2 AZR 186/11 - a.a.O.). Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falls - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls bei der Interessenabwägung nicht generell ausgeschlossen und können zu berücksichtigen sein (BAG v. 27.09.2012 - 2 AZR 955/11 - juris).
Eine Kündigung scheidet aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers - wie etwa eine Abmahnung - geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG v. 15.12.2016 - 2 AZR 42/16 - a.a.O.; BAG v. 19.11.2015 - 2 AZR 217/15 - a.a.O.). Eine Abmahnung ist dann alternatives Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet ist, den mit der Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - a.a.O.). Die Notwendigkeit einer Prüfung, ob nicht schon eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (die Kündigung als ultima ratio) und trägt zugleich dem Prognoseprinzip bei der verhaltensbedingten Kündigung Rechnung (BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - a.a.O.). Das Erfordernis gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich. Es ist nicht stets und von vorneherein ausgeschlossen, verlorenes Vertrauen durch künftige Vertragstreue zurückzugewinnen (BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - a.a.O.). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich (auch für den Arbeitnehmer erkennbar) ausgeschlossen ist (BAG v. 27.02.2020 - 2 AZR 570/09 - juris; BAG v. 13.12.2018 - 2 AZR 370/18 - juris; BAG v. 15.12.2016 - 2 AZR 42/16 - a.a.O.; BAG v. 19.11.2015 - 2 AZR 217/15 - a.a.O.).
(a)
Eine Abmahnung war hier entbehrlich. Das Fehlverhalten des Klägers ist derart schwerwiegend, dass es ohne Abmahnung geeignet ist, die fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Ein Arbeitnehmer, der in Zeiten einer Pandemie dringend benötigtes Desinfektionsmittel dem Zugriff seines Arbeitgebers und seiner Arbeitskollegen entzieht, obwohl er weiß, dass dieses Desinfektionsmittel schwer zu beschaffen ist, kann nicht damit rechnen, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten lediglich mit einer Abmahnung oder einer fristgerechten Kündigung ahnden wird. Der Kläger hat, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, in Kauf genommen, dass andere Mitarbeiter der Beklagten, die ebenso um ihre Gesundheit fürchteten wie er, leer ausgingen, während ca. 300 Einheiten Handdesinfektion nur für ihn zugänglich im Kofferraum seines Pkw lagen. Dieses Verhalten hat das in den Kläger und dessen Redlichkeit gesetzte Vertrauen in einer Weise zerstört, die auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann.
(b)
Auch die abschließend vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus.
Im Streitfall kommt der Dauer des Arbeitsverhältnisses von ca. 16 Jahren ein besonderes Gewicht zu. Durch seine lange Arbeit im Betrieb der Beklagten hat sich der Kläger einen erheblichen sozialen Besitzstand erworben. Darüber hinaus hat die Kammer zu seinen Gunsten sein Lebensalter von 42 Jahren ebenso berücksichtigt wie seine Unterhaltspflichten.
Das Interesse des Klägers, das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten, überwiegt jedoch, auch unter Berücksichtigung dieses hohen sozialen Besitzstandes, nicht das Interesse der Beklagten an der fristlosen Beendigung. Dabei geht die Kammer zum einen davon aus, dass sich der Kläger noch nicht in einem fortgeschrittenen Lebensalter befindet, welches ihm die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses relevant erschweren könnte. Darüber hinaus zeigt der Vorfall vom 23.03.2020, dass der Kläger seine Eigeninteressen rücksichtslos über die Interessen der Beklagten und der übrigen Arbeitnehmer stellt und dabei sogar Gesundheitsgefährdungen anderer Arbeitnehmer in Kauf nimmt. Auch ist der Wert des Desinfektionsmittels nicht als geringfügig anzusehen. Dies gilt bereits, da zum damaligen Zeitpunkt der Wiederbeschaffungswert ca. 40,00 € betrug, noch mehr jedoch, da die Verfügbarkeit von Desinfektionsmitteln im Frühjahr 2020 insgesamt sehr eingeschränkt war. Diese Argumente rechtfertigen im Rahmen der Gesamtabwägung die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
2.
Der Antrag zu 2. war so auszulegen, dass er lediglich für den Fall der Unwirksamkeit der vorrangigen fristlosen Kündigung gestellt worden ist. Nur dieses Verständnis entspricht nämlich dem wohlverstandenen Interesse einer klagenden Partei (BAG v. 29.06.2017 - 2 AZR 302/16 - juris; BAG v. 21.11.2013 - 2 AZR 474/12 - juris). Auf die Wirksamkeit der hilfsweise fristgerecht ausgesprochenen Kündigung kam es aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits durch die außerordentliche Kündigung nicht mehr an. Insoweit bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob es sich bei dem vom Kläger in der Berufungsinstanz erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Berufungsantrag zu 2. um eine Klageerweiterung gehandelt hat und ob diese zulässig war.
3.
Der lediglich für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellte Weiterbeschäftigungsantrag fiel ebenfalls nicht zur Entscheidung an.
B.
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO. Als unterlegene Partei trägt der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens.
II.
Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung. Die Voraussetzungen für eine Divergenzrevision im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG und der Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG sind nicht ersichtlich. Grundsätzliche Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann dem Rechtsstreit ebenso wenig beigemessen werden. Es handelt sich um eine sich aus den Besonderheiten des Falles ergebende Entscheidung, die keine klärungsbedürftigen Fragen aufwirft, die auf die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit Auswirkungen haben könnten.
Brune
Steeg