Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 16.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220554

    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 01.09.2020 – 16 Sa 2073/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
     
    Geschäftszeichen 16 Sa 2073/19
    56 Ca 4169/19 Arbeitsgericht Berlin

    Verkündet am 01. September 2020

    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In Sachen
     
    - Beklagte und Berufungsklägerin -

    - Kläger und Berufungsbeklagter -

    hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 16. Kammer,
    auf die mündliche Verhandlung vom 1. September 2020
    durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht P. als Vorsitzende
    sowie die ehrenamtlichen Richter Herrn B. und Herrn H.für Recht erkannt:

    I.    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Oktober 2019 ‒ 56 Ca 4169/19 ‒ wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
    II.    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Berechtigung des Klägers, eine Nebentätigkeit auszuüben.

    Der 1962 geborene Kläger wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Vertrag vom 30. März 1987 ab dem 25. März 1987 als Krankenpfleger eingestellt. Seit dem 1. April 1995 besteht das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Die Beklagte ist seit 1. Oktober 2017 Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Berlin.

    Der Kläger war von 1990 bis zum 31. Juli 2018 als Krankenpfleger auf Intensivstationen tätig und wird seit dem 1. August 2018 als Patientenmanager mit einer Arbeitszeit von 39 Stunden wöchentlich verteilt auf die Wochentage Montag bis Freitag beschäftigt.

    Mit Schreiben vom 20. September 2018 stellte der Kläger eine/n „Anzeige/Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit“ für eine bei einer Zeitarbeitsfirma beabsichtigte Tätigkeit als geringfügig beschäftigte Krankenpflegekraft mit maximal neun Stunden monatlich. Die Beklagte lehnte dies am 20. November 2018 unter Hinweis auf eine Konkurrenztätigkeit ab. Wegen der Einzelheiten des Antrages und der Erklärungen der Beklagten wird auf die als Anlage K6 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 18 ff. d. A.) Bezug genommen.

    Mit seiner beim Arbeitsgericht Berlin am 5. April 2019 eingegangen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.

    Er hat die Ansicht vertreten, aufgrund seiner Tätigkeit für die Beklagte als Patientenmanager und der angestrebten Tätigkeit als Krankenpfleger läge keine Konkurrenzsituation vor. Die Zeitarbeitsfirma j. in time m. GmbH als auf die Durchführung von Personaldienstleistungen aller Art gegenüber Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und Einrichtungen der Altenpflege ausgerichtetes Unternehmen stehe nicht in Konkurrenz zur Beklagten, die hochschulmedizinische Aufgaben in der Einheit von Forschung, Lehre und Krankenversorgung wahrnehme. Zeitarbeitsfirmen würden seit Jahren keine Beschäftigten mehr an die Krankenhäuser überlassen, bei denen diese im Hauptarbeitsverhältnis beschäftigt seien.

    Der Kläger hat beantragt festzustellen,
    dass der Kläger berechtigt ist, eine Nebentätigkeit als Krankenpfleger auf Intensivstationen für die Zeitarbeitsfirma j. in time m. GmbH als geringfügig Beschäftigter (Minijobber) an Samstagen und Sonntagen mit einem Stundenkontingent von bis zu 18 Stunden im Monat und höchstens neun Stunden in der Woche auszuüben.

    Die Beklagte hat beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die geplante Nebentätigkeit des Klägers sei geeignet, Interessen der Beklagten zu beeinträchtigen. Die vom Kläger beabsichtigte Nebentätigkeit habe Wettbewerbsbezug. Aufgrund seines bisherigen Einsatzgebietes gehöre der Kläger zu den wichtigen Funktionsträgern eines Krankenhauses und könne bei der Beklagten erworbene spezifische Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen zum Vorteil des Wettbewerbs einsetzen. Zu den Aufgaben des Klägers als Patientenmanager gehöre auch die Unterstützung des Pflegepersonals bei der stationären Patientenversorgung.

    Von einer näheren Darstellung des Parteivorbringens erster Instanz wird unter Bezugnahme auf die dort gewechselten Schriftsätze abgesehen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

    Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 16. Oktober 2019 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Versagung der Nebentätigkeit lägen nicht vor. Grundsätzlich sei dem Arbeitnehmer während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil des Arbeitgebers untersagt. Diese Maßstäbe würden auch bei der Ausübung von Nebentätigkeiten gelten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts könne bei einfachen Tätigkeiten, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenzunternehmens führen könnten und wenn im Übrigen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht berührt würden, eine andere Beurteilung angezeigt sein. Es spreche viel dafür, dass die Reichweite des Wettbewerbsverbotes auf unmittelbare Konkurrenztätigkeit beschränkt werden müsse und bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug nicht erfasst würden. Danach sei eine maßgebliche Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten nicht zu erkennen. Die Beklagte mache bereits nicht deutlich, worin die Ähnlichkeit der Haupttätigkeit des Klägers als Patientenmanager zu der Nebentätigkeit als Krankenpfleger liege. Es fehle damit an Anhaltspunkten dafür, welche Fachkenntnisse und welches Wissen der Kläger - für eine Konkurrenztätigkeit relevant - bei einem Drittunternehmen einbringen könnte. Die Tätigkeit des Klägers als Patientenmanager bei der Beklagte stelle sich im Vergleich zu der Tätigkeit als Krankenpfleger bei einem dritten Unternehmen nicht als derart ähnlich dar, dass der Abfluss konkurrenzrelevanten Wissens zu befürchten sei.

    Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

    Gegen dieses der Beklagten am 12. November 2019 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 9. Dezember 2019 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 13. Januar 2020 (Montag) eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

    Die Beklagte und Berufungsklägerin tritt der angefochtenen Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen. Bei der vom Kläger beantragten Nebentätigkeit handele es sich nicht um eine „einfache Tätigkeit“ im Sinne der vom Arbeitsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Art und Dauer der Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger und die verantwortungsvolle Tätigkeit, die bei ihr nach der Entgeltgruppe 7 vergütet werde, stünden der Annahme einer einfachen Tätigkeit entgegen. Zudem solle der Kläger auf Intensivstationen eingesetzt werden. Ein Einsatz dort erfordere gegenüber der Normaltätigkeit als Krankenpfleger gesteigertes Wissen und gesteigerte Fähigkeiten. Auch stelle die angestrebte Nebentätigkeit keine nur untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung des Konkurrenzunternehmens dar. Der jeweilige Einsatz des Klägers in der Nebentätigkeit sei von hoher Dringlichkeit für das anfordernde Krankenhaus und damit auch von existentieller Bedeutung, da die Patientenversorgung ohne den Einsatz von diesen Kräften nicht gewährleistet werden könnte. Auf etwaige bestehende Ähnlichkeiten zwischen der Haupt- und der angestrebten Nebentätigkeit käme es nicht an. Auch verfüge der Kläger aus seiner Tätigkeit für die Beklagte über einen großen Erfahrungsschatz und aktuelle Fachkenntnisse, insbesondere im Intensivpflegebereich, diese möchte der Kläger nunmehr bei einem Konkurrenten einsetzen. Die Einhaltung der Ruhezeiten sei nicht gewährleistet, wenn der Kläger regelmäßig an einem oder an zwei Wochenenden im Monat zusätzliche Dienste leisten würde, auf die die Beklagte keinen Einfluss nehmen könnte. Insofern kollidiere die gewünschte Nebentätigkeit des Klägers mit der Tätigkeit bei der Beklagten. Auch sei dem Kläger angeboten worden, Dienste im Intensivbereich im Rahmen einer Nebenabrede wahrzunehmen. Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie ergebe sich ein weiteres betriebliches Interesse, die Genehmigung der Nebentätigkeit zu versagen. Aktuell würden von ihr Nebentätigkeiten nur eingeschränkt genehmigt. Bei notwendiger Präsenz im Rahmen der Nebentätigkeit müsse eine Risikoabwägung mit den Vorgesetzten stattfinden zwischen Bedeutung der Nebentätigkeit und den dienstlichen Tätigkeiten bei der Beklagten. Im Übrigen würden bei der Beklagten im Bereich Pflege, Pflegemanagement eingesetzten Beschäftigten Nebentätigkeiten nur in Pflegeheimen genehmigt.

    Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
    auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Oktober 2019, Az. 56 Ca 4169/19, zugestellt am 12. November 2019, abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Kläger und Berufungsbeklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Spezifische die Tätigkeit als Patientenmanager konstituierende Fachkenntnisse fänden in der Beschäftigung als Krankenpfleger keine Berücksichtigung. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Patientenmanager übe er die Arbeitsaufgabe „Unterstützung des Pflegepersonals bei der stationären Patientenversorgung“ nicht aus. Auch handele es sich bei der Aufgabe des Patientenmanagers nicht um eine vorrangige, sondern um eine nachgeordnete Tätigkeit. Der geringe zeitliche Rahmen der von ihm angestrebten Nebentätigkeit eröffne ihm keine Möglichkeiten, sich in die besonderen organisatorischen Gegebenheiten des jeweiligen Entleiherbetriebes so vertieft einzuarbeiten, dass er dort die Patientenmanagern obliegenden Aufgaben ausüben könnte. Die Beachtung der Ruhezeiten nach dem Arbeitszeitgesetz sei möglich. Ausgehend von einer Ruhezeit von 11 Stunden nach Dienstende stünde für die angestrebte Nebentätigkeit ein Arbeitszeitrahmen von samstags 01:46 Uhr bis sonntags 20:29 Uhr und somit von 42 Stunden 20 Minuten zur Verfügung.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze der Beklagten und Berufungsklägerin vom 13. Januar 2020 (Bl. 162 ff. d. A.) und vom 19. August 2020 (Bl. 216 ff. d. A.) sowie auf die Schriftsätze des Klägers und Berufungsbeklagten vom 16. März 2020 (Bl. 197 ff. d. A.) und vom 28. August 2020 (Bl. 243 ff. d. A.) Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) statthafte Berufung der Beklagten ist von ihr form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 Zivilprozessordnung (ZPO), § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 188, 193 BGB).

    II.

    Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

    Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, eine Nebentätigkeit als Krankenpfleger auf Intensivstationen für die Zeitarbeitsfirma j. in time m. GmbH als geringfügig Beschäftigter (Minijobber) an Samstagen und Sonntagen mit einem Stundenkontingent von bis zu 18 Stunden im Monat und höchsten neun Stunden in der Woche auszuüben.

    A.    Die Klage ist zulässig.

    1.    Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht.

    Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (so genannte Elementenfeststellungsklage). Ein Feststellungsinteresse ist jedoch nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien streitigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 6 AZR 23/19 - zitiert nach juris, dort Rn. 14 m.w.N.).

    Vorliegend handelt es sich um eine Elementenfeststellungsklage, welche geeignet ist, den Streit der Parteien über die angezeigte Nebentätigkeit insgesamt zu beseitigen. Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der von ihm beabsichtigten Nebentätigkeit und stellt in Abrede, dass die Beklagte hierzu gem. § 3 TVöD-VKA-K berechtigt ist. Dem Klageziel entspricht deshalb ein auf die Feststellung der Berechtigung zur Ausübung der angezeigten Nebentätigkeit gerichteter Antrag. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus der Untersagung der Nebentätigkeit durch die Beklagte.

    2.     Der Antrag genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

    Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat (BAG, Urteil vom 3. Dezember 2019 - 9 AZR 78/19 - zitiert nach juris, dort Rn. 10 m.w.N.). Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber worin diese besteht (BAG, a.a.O. m.w.N.).

    Diesen Anforderungen wird der Antrag des Klägers gerecht. Dort werden die Art und der zeitliche Umfang der angestrebten Nebentätigkeit sowie das Unternehmen, mit dem der Vertrag geschlossenen werden soll, genau bezeichnet.

    B.    Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist nicht nach § 3 TVöD-VKA-K berechtigt, dem Kläger eine Nebentätigkeit als Krankenpfleger auf Intensivstationen für eine Zeitarbeitsfirma als geringfügig Beschäftigter an Samstagen und Sonntagen mit einem Stundenkontingent von bis zu 18 Stunden im Monat und höchstens neun Stunden in der Woche zu untersagen.

    1.    Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der TVöD-VKA-K sowie der Ergänzungstarifvertrag für die Charité vom 12. Dezember 2017 kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung Anwendung. Dies folgt aus der Auslegung des Arbeitsvertrages vom 3. Februar 2019. Von der Anwendung des TVöD-VKA-K auf ihr Arbeitsverhältnis gehen auch die Parteien aus.

    2.    Der Kläger ist zur Ausübung der von ihm angezeigten Nebentätigkeit berechtigt, weil die Voraussetzungen, nach denen gem. § 3 Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA-K die Nebentätigkeit von der Beklagten untersagt werden kann, nicht vorliegen. Die Nebentätigkeit des Klägers als Krankenpfleger auf Intensivstationen für die Zeitarbeitsfirma j. in time m. GmbH im Umfang von bis zu 18 Stunden in Monat und höchstens neun Stunden in der Woche ist weder geeignet, die Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten des Klägers zu beeinträchtigen, noch geeignet, die berechtigten Interessen der Beklagten zu beeinträchtigen.

    a.    Gemäß § Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA-K kann der Arbeitgeber die Nebentätigkeit untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten des Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen.

    aa.    Nach § 3 Abs. 3 TVöD-VKA-K besteht ein Regel-Ausnahmeverhältnis. In der Regel genügt nach § 3 Abs. 3 Satz 1 TVöD-VKA-K die Anzeige der Nebentätigkeit. Nur im Ausnahmefall ist der öffentliche Arbeitgeber gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA-K berechtigt, die Nebentätigkeit zu untersagen oder mit Auflagen zu versehen. Dies gilt dann, wenn die Nebentätigkeit geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen. § 3 Abs. 3 TVöD-VKA-K stellt die Untersagung einer Nebentätigkeit somit nicht in das freie Ermessen des Arbeitgebers, sondern ermöglicht in Streitfällen den Gerichten den verfassungsrechtlich geforderten Ausgleich der Interessen beider Vertragsparteien im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles (vgl. BAG, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 6 AZR 23/19 - zitiert nach juris, dort Rn. 18 zum inhaltsgleichen § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L).

    Die rechtfertigungslose Untersagung einer Nebentätigkeit wäre ebenso wie ein generelles Verbot mit der nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gewährleisteten Berufsfreiheit der Beschäftigten nicht zu vereinbaren (BAG, a.a.O., Rn. 19).

    Das Grundrecht der Berufsfreiheit gewährt dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als „Beruf“ zu ergreifen und zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Es konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung und zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab (BAG, a.a.O., Rn. 20 m.w.N.).

    Der Schutzbereich der Berufsfreiheit ist eröffnet. Beruf im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG ist jede auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage und damit die Freiheit eine nebenberufliche Tätigkeit zu ergreifen. Dies berücksichtigt, dass auch Nebentätigkeiten einen Beitrag zur Lebensgrundlage leisten (BAG, a.a.O., Rn. 21 m.w.N.).

    Die Untersagung einer Nebentätigkeit durch den Arbeitgeber kann deshalb grundsätzlich nur wirksam sein, wenn dieser ein berechtigtes Interesse daran hat. Das Interesse des Arbeitnehmers an der Ausübung der Nebentätigkeit und das Interesse des Arbeitgebers an der Untersagung der Nebentätigkeit sind gegeneinander abzuwägen und soweit wie möglich zum Ausgleich zu bringen (BAG, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.).

    § 3 Abs. 3 TVöD-VKA-K wird diesen Anforderungen gerecht. Die bloße Anzeigepflicht der Beschäftigten nach § 3 Abs. 3 Satz 1 TVöD-VKA-K schränkt ihre Berufsfreiheit inhaltlich nicht ein. Zwar sieht § 3 Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA-K für die Untersagung der Nebentätigkeit seinem Wortlaut nach keine Interessenabwägung vor. Das dargestellte Regel-Ausnahmeverhältnis verlangt jedoch bei verfassungskonformer Auslegung die Berücksichtigung der Interessen beider Arbeitsvertragsparteien. Der öffentliche Arbeitgeber kann die angezeigte Nebentätigkeit nur untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn dafür die in den beiden Alternativen des § 3 Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA-K näher bezeichneten berechtigten Interessen vorliegen. Diese Tatbestandsmerkmale sind wiederum im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG auszulegen. Die so ermittelten Belange des Arbeitgebers sind dann gegen die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers abzuwägen. Es besteht daher keine Veranlassung, § 3 Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA-K zum Schutz der Berufsfreiheit der Beschäftigten generell die Durchsetzung zu versagen. Ob eine Untersagung oder Einschränkung der angezeigten Nebentätigkeit nach § 3 Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA-K gerechtfertigt ist, haben die Gerichte für Arbeitssachen im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessen beider Arbeitsvertragsparteien zu beurteilen (BAG, a.a.O., Rn. 23 zum inhaltsgleichen § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L).

    bb.    Die angezeigte Nebentätigkeit ist nicht geeignet, die Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten des Klägers im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 1. Alt. TVöD-VKA-K zu beeinträchtigen.

    Der Kläger kann die von ihm angestrebte Nebentätigkeit unter Beachtung der Ruhezeiten des § 5 ArbZG ausüben. Unter Einhaltung der Ruhezeit von 11 Stunden kann der Kläger die Nebentätigkeit in einem Zeitrahmen von Samstag 01:49 Uhr bis Sonntag 20:29 Uhr ausüben.

    cc.     Berechtigte Interessen der Beklagten im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. TVöD-VKA-K stehen der beabsichtigten Nebentätigkeit des Klägers nicht entgegen.

    (1)    § 3 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. TVöD-VKA-K setzt die objektive Eignung der angezeigten Nebentätigkeit für eine Beeinträchtigung betrieblicher Interessen des Arbeitgebers voraus. Insoweit muss der Arbeitgeber eine Prognose treffen, die wie jede Prognose naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet ist. Ein hohes Maß der Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung in absehbarer Zeit wird darum nicht verlangt. Es genügt die nicht fernliegende, objektiv nachvollziehbare Gefahr einer Beeinträchtigung berechtigter Arbeitgeberinteressen. Bei der zu erstellenden Prognose darf der Arbeitgeber allerdings nicht von unrealistischen Umständen ausgehen, welche die Annahme einer potentiellen Beeinträchtigung bei objektiver Betrachtung konstruiert erscheinen lassen. Im Streitfall trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Eignung der Nebentätigkeit für eine solche Beeinträchtigung seiner betrieblichen Interessen (vgl. BAG, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 6 AZR 23/19 - zitiert nach juris, dort Rn. 25 m.w.N. zum inhaltsgleichen § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L).

    (2)    Welche Interessen des Arbeitgebers als berechtigt im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. TVöD-VKA-K anzusehen sind, bedarf der Prüfung im Einzelfall. Die Tarifnorm enthält keinen Katalog von Versagungsgründen (BAG, a.a.O., Rn. 27).

    (3)     Durch die Nebentätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen können berechtigte Interessen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. TVöD-VKA-K beeinträchtigt sein.

    Es muss eine nicht nur fernliegende, objektiv nachvollziehbare Gefahr bestehen, dass durch die Ausübung der Nebentätigkeit berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden.

    (4)     Unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers und der Beklagten ist eine Untersagung der Nebentätigkeit des Klägers vorliegend nach § 3 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. TVöD-VKA-K nicht gerechtfertigt.

    (a)    Auf Seiten des Klägers war dessen Grundrecht auf Berufsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG zu beachten, das auch die Freiheit, eine nebenberufliche Tätigkeit zu ergreifen umfasst.

    (b)    Für die Beklagte spricht, dass dem Arbeitnehmer während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt ist (vgl. BAG, Urteil vom 24. März 2010 - 10 AZR 66/09 - zitiert nach juris, dort Rn. 15 m.w.N.). Diese Verhaltenspflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners ist nun ausdrücklich in § 241 Abs. 2 BGB normiert.

    Diese Grundsätze gelten grundsätzlich auch für die Ausübung von Nebentätigkeiten, etwa im Rahmen eines weiteren Arbeitsverhältnisses (BAG, a.a.O., Rn. 16).  

    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es für die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen sich eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber als Konkurrenz auswirkt unerheblich, auf welche Art und Weise der Arbeitnehmer den auch im Tätigkeitsbereich seines Hauptarbeitgebers aktiven Konkurrenten unterstützt, sofern der Nebentätigkeit nicht ausnahmsweise von vornherein jegliche unterstützende Wirkung abgesprochen werden kann, und es nicht auf die Funktion des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber ankomme. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 24. März 2010 (10 AZR 66/09) Bedenken geäußert, ob an der bisherigen Rechtsprechung festgehalten werden kann, wenn es sich lediglich um einfache Tätigkeiten handelt, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenzunternehmens führen können, und im Übrigen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht berührt werden. Danach ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles festzustellen, ob nach Art der Haupt- und Nebentätigkeit und der beteiligten Unternehmen überhaupt eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers vorliegt. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts spricht vieles dafür, dass die Reichweite des Wettbewerbsverbots auf unmittelbare Konkurrenztätigkeiten beschränkt werden muss und bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug nicht erfasst werden.

    (c)    Der Kläger wird von der Beklagten seit August 2018 als Patientenmanager beschäftigt und strebt im Rahmen der Nebentätigkeit eine Tätigkeit als Krankenpfleger auf Intensivstationen an.
    Dem Patientenmanager obliegen andere Aufgaben und Zuständigkeiten als einem Krankenpfleger auf Intensivstationen. Soweit der Patientenmanager das Pflegepersonal bei der stationären Patientenversorgung zu unterstützen hat, kommt dieser Arbeitsaufgabe eine untergeordnete Bedeutung zu, wie den von der Beklagten eingereichten Aufgabenbeschreibungen zu entnehmen ist.

    Kern der Tätigkeit des Patientenmanagers ist demnach die Koordination und Bettenplanung, die stationäre Aufnahme, die Diagnostikplanung, die Koordination des stationären Aufenthaltes sowie die Entlassungsplanung, ferner die Anleitung von Patienten und deren Angehörigen. Auch Angabe von Arbeitszeitanteilen liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit des Patientenmanagers bei diesen Aufgaben, die bis zu 24 Unteraufgaben umfassen.

    (d)    Bei der j. in time m. GmbH als Zeitarbeitsunternehmen handelt es sich nicht um ein Unternehmen, das in direkter Konkurrenz zur Beklagten steht. Eine unmittelbare Konkurrenzsituation besteht jedoch zwischen den entleihenden Krankenhäusern und der Beklagten, der neben weiteren Aufgaben auch der Bereich der Krankenversorgung obliegt.

    (e)    Bei dem entleihenden Krankenhaus erbringt der Kläger im Rahmen der Nebentätigkeit nicht dieselben Aufgaben wie bei seinem Hauptarbeitgeber. Dass der Kläger dort bei der Beklagten erworbene Spezialkenntnisse oder Spezialfähigkeiten als Patientenmanager einsetzen könnte, ist angesichts des kurzzeitigen Einsatzes in der Funktion eines Krankenpflegers nicht zu erwarten.

    (f)    Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass die Tätigkeit des Klägers als Krankenpfleger auf Intensivstationen für das Zeitarbeitsunternehmen nachteilige Folgen für sie haben könnte und welche das sein könnten.

    (g)    Soweit sich die Beklagte im Berufungsverfahren auf die Corona-Pandemie beruft, rechtfertigt dies eine Untersagung der Nebentätigkeit nicht.

    Der Kläger kann sowohl im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte als auch im Rahmen der angestrebten Nebentätigkeit mit an Covid 19 erkrankten Patienten in Kontakt kommen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass in den Krankenhäusern, in denen der Kläger im Rahmen seiner Nebentätigkeit eingesetzt wird, die erforderlichen Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden und der Kläger einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt wäre.

    Das von der Beklagten herangezogene Nebentätigkeitsverbot in der „Regelung zu Personal- und Veranstaltungsthemen während der COVID-19-Pandemie“ betrifft nicht die von dem Kläger angestrebte Nebentätigkeit, sondern Dienstreisen und Nebentätigkeiten in Präsenzveranstaltungen. Ob ein solches Nebentätigkeitsverbot wirksam ist, kann daher dahingestellt bleiben.

    III.

    Die Berufung der Beklagten war daher mit der Folge zurückzuweisen, dass sie die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat, § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 97 ZPO.

    IV.

    Die Revision gegen die Entscheidung war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen, weil keiner der dort genannten Zulassungsgründe vorlag. Insbesondere wies der am Einzelfall orientierte Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung auf und folgte die Kammer bei der Entscheidung den in der zitierten Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Beklagte wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a ArbGG hingewiesen. 

    RechtsgebietTVöD-VKA-KVorschriften§ 3 TVöD-VKA-K