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  • 21.01.2025 · IWW-Abrufnummer 246031

    Landesarbeitsgericht Niedersachsen: Urteil vom 19.11.2024 – 11 Sa 827/23

    1. Die Beweislast für die Einwendung nach § 11 Nr. 2 KSchG trägt der Arbeitgeber. Er hat deshalb grundsätzlich im ersten Schritt konkret darzulegen, dass für den gekündigten Arbeitnehmer zumutbare Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden.

    2. Meldet sich der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung entgegen § 38 Abs. 1 SGB III nicht oder verspätet arbeitslos, begründet das allein keine Vermutung, dass im Falle rechtzeitiger Arbeitslosmeldung eine zumutbare Beschäftigung vermittelt worden wäre. Es bleibt schlüssiger Vortrag des Arbeitgebers zu konkreten und zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten erforderlich, da der Arbeitnehmer über hypothetisch mögliche Stellenvorschläge ebenso wenig Kenntnis hat wie der im Annahmeverzug befindliche Arbeitgeber.

    3. Das gilt auch bei fehlenden oder unzureichenden eigenen Bewerbungsbemühungen des Arbeitnehmers. Auch in diesem Fall bedarf es schlüssigen Vortrags des Arbeitgebers zu konkreten und zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten.


    Tenor: I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 22.11.2023 - 2 Ca 122/23 - wird, soweit die Beklagte zur Zahlung einer Inflationsausgleichspauschale von 700,- Euro brutto für den Monat März 2023 verurteilt worden ist, als unzulässig verworfen. II. Im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das genannte Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg soweit die Beklagte zur Zahlung von Annahmeverzugslohn verurteilt worden ist unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und in Ziff. 2 des Tenors zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.600,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.777,88 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz auf 700,00 EUR seit dem 16. März 2023, auf weitere 900,00 EUR seit dem 16. April 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Mai 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Juni 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Juli 2023, auf weitere 3.400,00 EUR abzüglich am 19.10.2023 erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 752,18 Euro netto seit dem 16. August 2023 sowie auf weitere 3.400,00 EUR abzüglich am 19.10.2023 erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.025,70 Euro netto seit dem 16. September 2023 zu zahlen. Im Übrigen wird der Zahlungsantrag abgewiesen. III. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung bleibt unverändert. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Ansprüche des Klägers auf Annahmeverzugsvergütung und Zahlung einer Inflationsausgleichspauschale.

    Die Beklagte erstellt Journale mit Nachrichten über Börsenwerte, nämlich das monatlich erscheinende "Nebenwerte Journal" und den wöchentlichen Infodienst "Nebenwerte Journal extra". Sie beschäftigt weniger als 10 Arbeitnehmer. Der 0000 geborene Kläger war seit dem 00.00.0000 bei der Beklagten zunächst als stellvertretender Chefredakteur und zuletzt als Chefredakteur auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 28. November 2018 (Anlage K 1, Bl. 4 d.A. I. Instanz) beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah in Nr. 4 eine monatliche Bruttovergütung von 2.500,- Euro vor, die jeweils zur Monatsmitte fällig ist. Die Arbeitsleistung erbrachte der Kläger von seinem Wohnort in N. aus. In Nr. 9 des Arbeitsvertrags ist Folgendes festgehalten:

    "9. Vertragsänderungen Nebenabreden und Änderungen des Vertrages bedürfen zu ihrer rechtlichen Wirksamkeit der Schriftform. Auch eine eventuelle Aufhebung dieses Schriftformerfordernisses Bedarf zu ihrer Wirksamkeit ihrerseits der Schriftform. ..."

    Anlässlich des Ausscheidens des bisherigen Chefredakteurs Herrn S. zum Jahresende 2022 kommunizierten die Parteien über die Übernahme von dessen Aufgaben durch den Kläger und weitere Mitarbeiter der Beklagten sowie eine diesbezügliche Gehaltserhöhung. Mit Schreiben vom 29. November 2022 (Anlage K4, Bl. 47 d.A. I. Instanz) teilte der Kläger dem Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, Herrn M., ua. mit:

    "Sehr geehrter Herr M., wie wir in der Telefonkonferenz am 30.09. besprochen haben, soll das bisher von C. S. in Rechnung gestellte Arbeitsentgelt ab dem 01.12.2022 zu je 1/3 auf die Akteure D. S., K. H. und mich verteilt werden. In meinem Fall sind dadurch bei meinem 2018 mit C. S. geschlossenen Arbeitsvertrag durch dessen Ausscheiden zwei Änderungen erforderlich. Zum einen betrifft es die Bezeichnung meiner Tätigkeit, zum anderen die Aufstockung meines Salärs. Ich habe eine entsprechende Änderungsvereinbarung beigefügt und bitte um Gegenzeichnung und Rücksendung eines Exemplars."

    Die dem Schreiben beigefügte Änderungsvereinbarung wurde von der Beklagten nicht unterzeichnet. Per E-Mail-Schreiben vom 22. Dezember 2022 (Anlage K5, Bl. 48 d.A. I. Instanz) führte Herr H., ein weiterer Mitarbeiter der Beklagten, gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden Herrn M. ua. aus:

    "Hallo Herr M., ich schreibe Ihnen auch im Namen von Frau S. und Herrn A. (jeweils cc). Wie besprochen, haben wir die Aufgaben von CS verteilt und NJ 12/22 als "Probelauf" im neuen Verfahren ohne CS pünktlich erstellt. Die Aufteilung und der Ablauf erwiesen sich als sinnvoll und sollen so bleiben. Wie ebenfalls besprochen, verzichten wir auf komplizierte Zurechnungen, da sich die Abläufe in verschiedener Hinsicht geändert haben und übernehmen die Mehrarbeit für jeweils ein Drittel des Honorars von S., d. h. je Ausgabe für € 900, bei DS und KH jeweils zzgl. MSt."

    In einem E-Mail-Schreiben vom 29. Dezember 2022 (Anlage zum Schriftsatz vom 25. September 2023, Bl. 107 d.A. I. Instanz) des Vorstandsvorsitzenden Herrn M. an den Kläger heißt es ua.:

    "Moin Herr A., sitze gerade an der N. Verwaltung und stelle fest, dass wir keinen Arbeitsvertrag von Ihnen in der Akte haben. Es kann gut sein, dass dieser in den noch zu scannenden physischen Ordern, die vor Weihnachten aus Haar kamen, drinne steckt. Sie haben ihn sicherlich griffbereit und ich wäre über einen Scan-Zusand dankbar. Die 700 Euro laufen dann DEZ 22; 01/03 2023, mithin 2800 Euro. Ab April ist dann das Gehalt anzupassen, insoweit erstellen wir einen Nachtrag, den ich nachdem mir Ihr Arbeitsvertrag vorliegt, sogleich erstellen werde. Hinsichtlich der Gage: Die 700 Euro für DEZ sind Acconto an Sie raus. Die korrigierte Gehaltsabrechnung DEZ geht Ihnen dann Ende JAN von der Buha direkt zu. MAR ist dann die letzte Zahlung aus diesem Topf. Hiernach dann wie obig beschrieben die Vertragsanpassung."

    Für die Monate Dezember bis März 2023 vereinbarten die Parteien die Zahlung einer Inflationsausgleichspauschale an den Kläger iHv. je 700,00 EUR.

    In der Folge kam es zu Unstimmigkeiten über die Zuständigkeiten und Kompetenzen des Klägers als Chefredakteur mit dem weiteren Mitarbeiter und vormaligen Herausgeber Herrn H.. In einer E-Mail vom 14. Februar 2023 wandte sich der Kläger hierzu an den Vorstand Herrn M. und führte u.a. aus

    "Das Heft NJ März ist daher das letzte, für das ich verantwortlich zeichne. KH und DS können dann im Heft schalten und walten, wie sie möchten. Ich stehe voll für das NJE zur Verfügung, werde redaktionelle Beiträge auch für das NJ verfassen und natürlich gern auch wieder Artikel redigieren"

    Wegen des weiteren Inhalts der E-Mail wird auf die Anlage BK 2 zur Berufungsbegründung (Bl. 85 d.A.) Bezug genommen. Der Vorstand unterbreitete dem Kläger daraufhin Vorschläge für dessen weitere Beschäftigung, die der Kläger ablehnte. Mit Schreiben vom 28. März 2023, welches dem Kläger am 31. März 2023 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. April 2023. Der Kläger erhob dagegen Kündigungsschutzklage.

    Für die Monate März und April zahlte die Beklagte an den Kläger jeweils Vergütung in Höhe von 2.500,- Euro brutto. Die vereinbarte Inflationsausgleichspauschale für März zahlte sie nicht.

    Per E-Mail wandte sich der Kläger an die bei der Beklagten beschäftigte Frau S. am 13. April 2023 u.a. wie folgt:

    "...Da ich in der nächsten Woche am Montag, Dienstag und Donnerstag Zahnarzttermine habe (die mit größeren Baustellen verbunden sind), möchte ich Ihnen die Dateien für das NJE des 19.4. bereits morgen früh zur gewohnten Stunde ausliefern. Wir können gern im Anschluss daran (im Laufe des Vormittags) die Korrekturen durchgehen. Geben Sie mir doch bitte Bescheid, ob Ihnen das recht ist!"

    Frau S. antwortet darauf unter Hinweis auf den Vorstand, dass die Zusammenarbeit bereits beendet sei.

    Hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses führten die Prozessbevollmächtigten der Parteien nach Erhebung der Kündigungsschutzklage Vergleichsverhandlungen. Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2023 an das Arbeitsgericht forderte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Kläger auf, unverzüglich seine Arbeit für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits wieder aufzunehmen und vertrat die Auffassung, die Vergütungserhöhung sei mangels Schriftform nicht wirksam vereinbart. Daraufhin wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit außergerichtlichem Schreiben vom 26. Juni 2023 an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten, teilte mit, sein Mandant sei grundsätzlich bereit, die Tätigkeit wieder aufzunehmen, sofern das Gehalt in Höhe von 3.400,- Euro bestätigt werde. Er bitte ferner um Mitteilung, ob an der erklärten fristlosen Kündigung nicht weiter festgehalten werde. Mit einem elektronisch aus dem besonderen Anwaltspostfach an das Arbeitsgericht übermittelten Schriftsatz vom 21. Juli 2023 erklärte die Beklagte über ihren Prozessbevollmächtigten, die fristlose Kündigung werde nicht weiter aufrecht erhalten. Der Kläger sei der Aufforderung, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen nicht nachgekommen, aus diesem Grund werde das Arbeitsverhältnis wegen Arbeitsverweigerung fristlos gekündigt. Gegen diese Kündigung wandte sich der Kläger mit einem weiteren Kündigungsschutzantrag. Am 10. August 2023 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit arbeitslos. Für die Zeit vom 10. August 2023 bis zum 30. September 2023 zahlte die Arbeitsagentur am 19. Oktober 2023 Arbeitslosengeld in Höhe von 1.777,88 Euro netto. Seit März 2024 bezieht der Kläger Altersrente.

    Mit der Berufungsbegründung forderte die Beklagte den Kläger zunächst zur Auskunftserteilung darüber auf, welche Arbeitsplatzangebote er seit dem 29. März 2023 von der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter und Dritten erhalten habe, auf welche Angebote er sich eigeninitiativ beworben habe und welche anderweitigen Einkünfte er erzielt habe. Wegen des konkreten Umfangs der begehrten Auskunft wird auf die Berufungsbegründung (dort IV., S. 14, 15) Bezug genommen. Der Kläger erklärte sich hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Kammer am 27. August 2024. Auf das Protokoll (Bl. 155ff d.A.) wird wegen des Inhalts der Erklärung Bezug genommen. Im Nachgang legte er den Bewilligungsbescheid vom 16.10.2023 (Anlage BB 3, Bl. 184 d.A.) vor, aus dem sich die Bewilligung des Arbeitslosengeldes ab dem 10.08.2023 ergibt. Mit Schreiben vom 04. Oktober 2024 wandte sich die Beklagte an die Bundesagentur für Arbeit und bat um Auskunft u.a. darüber, dass dem Kläger ein zumutbares Stellenangebot für den Fall der rechtzeitigen Arbeitslosmeldung (01.04.2023) bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 30. September 2023 vorgelegen hätte.

    Erstinstanzlich hat der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2023, die Zahlung der Inflationsausgleichspauschale für März 2023 sowie Annahmeverzugsvergütung für die Monate April bis September 2023 geltend gemacht. Er hat behauptet, für die Zeit ab April sei eine Erhöhung des Gehalts auf 3.400,- Euro brutto vereinbart worden. Dies ergebe sich aus den - unstreitigen - Emails.

    Er hat beantragt,

    1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28. März 2023, noch durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21. Juli 2023 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30. September 2023 fortbestanden hat, 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.600,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 700,00 EUR seit dem 16. März 2023, auf weitere 900,00 EUR seit dem 16. April 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Mai 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Juni 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Juli 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. August 2023 sowie auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. September 2023 zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie hat gemeint, die Erhöhung der Vergütung ab dem 01. April 2023 sei so nicht vereinbart worden. Mangels Unterzeichnung der dem Schreiben vom 29. November 2023 beigefügten Änderungsvereinbarung liege keine wirksame Vereinbarung über eine Vergütungserhöhung vor. Die arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftform bei Vertragsänderungen sei nicht gewahrt.

    Das Arbeitsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (dort unter II., S. 6 bis 9 des Urteils) verwiesen. Das Urteil ist der Beklagten am 22. November 2023 zugestellt worden. Mit einem am 22. Dezember 2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte dagegen Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Februar 2024 am 22. Februar 2024 begründet.

    Sie macht geltend, das erstinstanzliche Urteil habe dem Kläger zu Unrecht eine monatliche Gehaltserhöhung ab 01. April 2023 zugesprochen. Sie behauptet, das Thema der Gehaltserhöhung ab dem 01. April 2023 sei von den Parteien nicht weiterverfolgt worden. Es habe hierzu erst eine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen werden sollen. Mit der Ablehnung des Klägers ab dem 01. April 2023 weiter als Chefredakteur tätig zu werden, sei zudem die Geschäftsgrundlage für die avisierte Gehaltserhöhung entfallen. Darin liege auch die Ablehnung der angedachten Gehaltserhöhung ab April 2023 durch den Kläger. Zudem bestehe ein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nicht, weil der Kläger - wie sich aus seiner E-Mail vom 14. Februar 2023 ergebe - nicht leistungswillig gewesen sei. Auch danach habe der Kläger wiederholt erklärt, nicht mehr als Chefredakteur tätig sein zu wollen, weil er mit den weiteren Mitarbeitern der Beklagten nicht mehr zusammenarbeiten wolle. Ferner habe der Kläger es böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst zu erzielen, da er sich erst verspätet arbeitslos gemeldet und sich auch nicht anderweitig beworben habe. Von einem gekündigten Arbeitnehmer seien mindestens 20 Bewerbungen im Monat zu verlangen, um einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn zu erlangen. Zudem habe es auch zumutbare anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten im Streitzeitraum gegeben, nämlich u.a. folgende zu diesem Zeitpunkt offene Stellen:

    Wirtschaftsredakteur bei W.O., S.H.AG, Berlin, in Vollzeit. Wirtschaftsredakteur bei der V. Gmbh & Co. KG, Augsburg, in Vollzeit. Wirtschaftsredakteur bei der B. AG, Frankfurt am Main, in Vollzeit.

    Zudem sei exemplarisch auf das Stellengesuch der C. GmbH in Wiesbaden von Mai 2023 für einen Senior Redakteur im Bereich Wirtschaft, Immobilien und Aktienmärkte mit Homeoffice-Möglichkeit hinzuweisen. Dort sei eine Vergütung von 5.000,- Euro brutto monatlich zu erzielen gewesen. Wegen der Einzelheiten des Stellengesuchs wird auf die Anlage BB 4 (Bl. 301 d.A.) Bezug genommen.

    Auch ließen sich auf Basis der aktuell angebotenen Stellen Rückschlusse auf die Beschäftigungsmöglichkeiten im Streitzeitraum ziehen. Stand 07. Oktober 2024 gebe es beim Jobportal stepstone.de allein 236 freie Stellen in Vollzeit als Wirtschaftsredakteur in Deutschland, davon 141 Stellen mit Homeoffice-Option. Der Kläger habe es damit böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst in Höhe von 23.650,- Euro brutto in der Zeit vom 29. März 2023 bis 30. September 2023 zu erzielen. Ausweislich einer Erhebung des Onlineportals kununu verdienten Redakteure in Hamburg, mithin im Norden Deutschlands, durchschnittlich 47.300,00 EUR brutto jährlich.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 25. Oktober 2023 - Aktenzeichen 2 Ca 122/23 - teilweise abzuändern, und die Verurteilung der Beklagten, an den Kläger 18.600,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz auf 700,00 EUR seit dem 16. März 2023, auf weitere 900,00 EUR seit dem 16. April 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Mai 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Juni 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. Juli 2023, auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. August 2023 sowie auf weitere 3.400,00 EUR seit dem 16. September 2023 zu zahlen, aufzuheben und die Klage diesbezüglich abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er behauptet, in der Telefonkonferenz am 30.09.2023 sei besprochen worden, sein Gehalt wie auch das der beiden weiteren Mitarbeiter H. und S. um jeweils 900,00 EUR monatlich zu erhöhen, wobei er selbst gleichzeitig Chefredakteur werden sollte. In einer weiteren Besprechung sei man dann übereingekommen, anstelle der Erhöhung ab Dezember 2022 zunächst einmal die Inflationsausgleichspauschale zu zahlen. Ab April 2023 sollte dann das Gehalt 3.400,00 EUR betragen. Er behauptet weiter, er habe mit seiner E-Mail vom 14. Februar 2023 lediglich ein Einschreiten des Vorstandes gegen die aus seiner Sicht unzulässige inhaltliche Einflussnahme des Herrn H. auf den Inhalt der von ihm als Chefredakteur zu verantwortenden Texte erreichen wollen, sei aber weiterhin bereit gewesen, die Tätigkeit als Chefredakteur zu verrichten. Er habe im April noch für die gesamte Ausgabe des wöchentlich erscheinenden Nebenwerte Journal Extra die Daten geliefert und den Heftplan für die Aprilausgabe des Nebenwerte Journal erstellt. Zudem habe er im April für die von ihm geplante Titelgeschichte ein Interview mit dem Finanzvorstand des Unternehmens M. geführt. Die Daten, die er der Beklagten habe übermitteln wollen, seien dann aber von Frau S. unter Hinweis auf Herrn M. nicht mehr angenommen worden.

    Der Kläger behauptet außerdem, nach seiner Arbeitslosmeldung hätten ihm die zuständigen Mitarbeiter der Arbeitsagentur mitgeteilt, keinen geeigneten Arbeitsplatz stellen zu können. Er sei aufgrund seines Alters nicht vermittelbar. Vermittlungsvorschläge seien ihm nicht unterbreitet worden. Er sei nach der ersten Kündigung zunächst auch im Hinblick auf die geführten Vergleichsverhandlungen davon ausgegangen, dass sich alles wieder einrenke, insbesondere da der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 17. April 2023 telefonische eine vergleichsweise Regelung mit einer ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2023 avisiert habe. Deshalb habe er sich erst nach der zweiten fristlosen Kündigung arbeitslos gemeldet. Bis dahin habe er von seinen Ersparnissen gelebt. Nach der zweiten Kündigung habe er sich in der Branche umgehört. Es sei der Kontakt zu Herrn H. von der Firma H. Börsenbriefe zustande gekommen. Dieser habe am 22. September 2023 ein letter of intent übersandt und ein Angebot über eine freie Mitarbeit unterbreitet. Letztlich sei es aber aufgrund des ungeklärten Ausgangs des Rechtsstreits mit der Beklagten und weil ein geplantes persönliches Treffen aufgrund eines Unfalls des Herrn H. sich immer wieder verzögert habe, nicht zu einem Vertragsschluss gekommen. Die von der Beklagten genannten Stellen beinhalteten keine Homeoffice-Möglichkeit und seien deshalb nicht zumutbar.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    A.

    Die Berufung der Beklagten ist teilweise unzulässig. Soweit sich die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel auch gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Inflationsausgleichspauschale in Höhe von 700,- Euro brutto für den Monat März 2023 wendet, fehlt es in Bezug auf diesen Streitgegenstand an einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Berufungsbegründung.

    I.

    Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (BAG 05. April 2023 - 7 AZR 224/22 -, Rn. 47).

    II.

    Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung im Hinblick auf die vom Arbeitsgericht für den März 2023 zugesprochene Inflationsausgleichspauschale nicht. Das Arbeitsgericht hat insoweit zur Begründung ausgeführt, zwischen den Parteien sei unstreitig, dass sie eine Vereinbarung getroffen hätten, aus der sich dieser Zahlungsanspruch ergebe. Der Anspruch sei auch nicht gemäß § 362 BGB durch Erfüllung erloschen. Das wird weder durch die Ausführungen zur Wirksamkeit der am 31. März 2023 zugegangenen fristlosen Kündigung vom 28. März 2023 und zur Wirksamkeit der fristlosen Schriftsatzkündigung per beA vom 21. Juli 2023 in Frage gestellt, noch durch die Ausführungen über das Fehlen einer wirksamen schriftlichen Vereinbarung zur Gehaltserhöhung ab dem 01. April 2023 und über den durch die Weigerung des Klägers, ab April 2023 weiter als Chefredakteur tätig zu sein, eingetretenen Wegfall der Geschäftsgrundlage für die ab dem 01. April 2023 angedachte Gehaltserhöhung.

    B.

    Im Übrigen ist die Berufung zulässig und teilweise begründet. Soweit der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Arbeitslosengeld bezogen hat, war sein Zahlungsanspruch abzuweisen. Die darüberhinausgehenden Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung in Höhe von 900,- Euro brutto für April sowie je 3.400,- Euro brutto für die Monate Mai bis September 2023 zuzüglich Zinsen hat das Arbeitsgericht dem Kläger zu Recht zugesprochen.

    I.

    Der Kläger hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung aus § 611a Abs. 2 iVm. § 615 S. 1 BGB. Die Beklagte befand sich ab dem 01. April 2023 im Annahmeverzug.

    1. Der unwirksam kündigende Arbeitgeber gerät gemäß §§ 293 ff. BGB in Annahmeverzug, ohne dass es eines - auch nur wörtlichen - Arbeitsangebots des Arbeitnehmers bedarf. Denn in der Kündigung des Arbeitgebers liegt zugleich die Erklärung, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bei der fristlosen Kündigung nach deren Zugang nicht mehr anzunehmen (BAG 29. März 2023 - 5 AZR 255/22 -, Rn. 13 mwN).

    2. Danach geriet die Beklagte mit dem Zugang der unwirksamen fristlosen Kündigung vom 28. März 2023 am 31. März 2023 ohne Weiteres in Annahmeverzug. Die Unwirksamkeit dieser Kündigung steht aufgrund der arbeitsgerichtlichen Entscheidung über den diesbezüglichen Kündigungsschutzantrag fest. Die Kammer ist an diese Entscheidung gebunden, denn die Beklagte hat bis zum Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung insoweit keine Abänderung der stattgebenden arbeitsgerichtlichen Entscheidung beantragt. Der Prüfung und Entscheidung des Berufungsgerichts unterliegen aber nur die Berufungsanträge. Das Urteil des ersten Rechtszuges darf nur insoweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 528 ZPO).

    II.

    Der Annahmeverzug wurde weder durch die Aufforderung der Beklagten vom 21. Juni 2023, die Arbeit wieder aufzunehmen beendet, noch durch die Erklärung vom 21. Juli 2023, die fristlose Kündigung vom 28. März 2023 nicht aufrecht zu erhalten.

    1. Zur Beendigung des Annahmeverzugs muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Arbeit auffordern und dies mit der Erklärung verbinden, dass er die Arbeitsleistung als Erfüllung des fortbestehenden Arbeitsvertrags annimmt. Deshalb endet der Annahmeverzug nicht, wenn der Arbeitgeber bei seiner Arbeitsaufforderung die Kündigung aufrechterhält, er muss vielmehr gegenüber dem Arbeitnehmer unmissverständlich klarstellen, zu Unrecht gekündigt zu haben und bereit sein, die Arbeitsleistung als Erfüllung des bestehenden Arbeitsvertrags entgegenzunehmen (BAG 29. März 2023 - 5 AZR 255/22 -, Rn. 24).

    2. Diese Voraussetzungen erfüllt die Aufforderung der Beklagten vom 21. Juni 2023 nicht. Damit ist die Beklagte von ihrer fristlosen Kündigungserklärung nicht unmissverständlich abgerückt, sondern hat offen gelassen, ob sie daraus keine Rechte mehr herleitet oder lediglich eine Prozessbeschäftigung anbieten will. Letzteres jedenfalls beendet den Annahmeverzug nicht. Mit ihrem Schriftsatz vom 21. Juli 2023 hat die Beklagte dann zwar erklärt, sie halte an der fristlosen Kündigung nicht weiter fest. Zugleich hat sie das Arbeitsverhältnis aber erneut fristlos gekündigt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie jedenfalls nun nicht mehr bereit war, die Arbeitsleistung des Klägers anzunehmen.

    III.

    Der Kläger war ab dem 01. April 2023 auch bereit, die Arbeitsleistung als Chefredakteur zu erbringen. Die Beklagte hat einen fehlenden Leistungswillen (§ 297 BGB) des Klägers für die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht bewiesen.

    1. Beruft sich der Arbeitgeber gegenüber einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Annahmeverzugsvergütung auf dessen Leistungsunfähigkeit oder -unwilligkeit iSd. § 297 BGB, erhebt er eine Einwendung, für deren Voraussetzungen er als Gläubiger der Arbeitsleistung die Darlegungs- und Beweislast trägt (BAG 21. August 2024 - 5 AZR 169/23 -, Rn. 21). Dabei reicht es zunächst aus, dass der Arbeitgeber Indizien vorträgt, aus denen auf die fehlende Leistungswilligkeit geschlossen werden kann. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig oder leistungsunwillig gewesen, als zugestanden. Anderenfalls ist der Arbeitgeber für die fehlende Leistungsfähigkeit bzw. fehlenden Leistungswillen begründenden Tatsachen beweispflichtig (BAG 13. Juli 2022 - 5 AZR 498/21 -, Rn. 29).

    2. Ein fehlender Wille des Klägers ab 01. April 2023 die Arbeitsleistung als Chefredakteur zu erbringen ist nicht feststellbar. Das geht zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten.

    Zwar hat die Beklagte mit dem Hinweis auf die E-Mail des Klägers vom 14. Februar 2023 Indizien vorgetragen, die darauf hindeuten, der Kläger sei ab dem 01. April 2023 nicht mehr willens gewesen, die Arbeitsleistung als Chefredakteur zu erbringen. Denn die darin enthaltene Erklärung des Klägers, das Nebenwerte Journal Heft für März sei das letzte, für das er verantwortlich zeichne und die von der Beklagten vorgetragene, wiederholte Erklärung, ab dem 01. April .2023 nicht mehr als Chefredakteur tätig sein zu wollen, weil er mit den weiteren Mitarbeitern der Beklagten nicht mehr zusammenarbeiten wolle, lassen dies vermuten.

    Diese Indizwirkung ist aber unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers erschüttert. Zum einen ist es bereits anhand des Textes der E-Mail vom 14. Februar 2023 selbst nachvollziehbar und erscheint gut möglich, dass es dem Kläger damit darum ging, nochmals eindringlich auf die bestehenden Unklarheiten und Konflikte im Hinblick auf die Abgrenzung von Aufgaben und Zuständigkeiten bei der redaktionellen Überarbeitung des Nebenwerte Journals hinzuweisen und so auf eine Intervention des Vorstandes hinzuwirken, damit er seine Tätigkeit als Chefredakteur ohne Einflussnahme des Herrn H. ausüben kann. Denn der Kläger hat seine "Weigerung" gerade mit den aus seiner Sicht unzulässigen inhaltlichen Änderungen des Journals begründet. Zudem hat er nicht zu erkennen gegeben, dass er keine Arbeitsleistung mehr erbringen werde, sondern nur zum Ausdruck gebracht, dass er für die Inhalte "nicht mehr verantwortlich zeiche", also dafür als Chefredakteur im Außenverhältnis nicht mehr die Verantwortung übernehmen könne, wenn ihm nicht auch im Innenverhältnis das maßgebliche Entscheidungsrecht über den Inhalt zukommt. Zugleich hat er aber auch betont, für das Nebenwerte Journal Extra voll zur Verfügung zu stehen und auch für das Nebenwerte Journal weiter Beiträge zu verfassen und auch zu redigieren.

    Zusätzlich wird die Annahme einer fehlenden Leistungsbereitschaft vorliegend durch den Vortrag des Klägers, er habe noch nach Zugang der Kündigung vom 28. März 2023 Daten für die Aprilausgabe zu übermitteln versucht, erschüttert. Diesem Vortrag, für dessen Richtigkeit auch die von dem Kläger an Frau S. verfasste E-Mail streitet, ist die Beklagte nicht weiter entgegen getreten. Damit aber hat der Kläger nach seiner die Leistungsunwilligkeit zunächst indizierenden E-Mail die geschuldete Arbeitsleistung angeboten. Weitere Tatsachen, die belegen, dass der Kläger gleichwohl nicht leistungsbereit war, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

    IV.

    Der Anspruch besteht - soweit nicht Arbeitslosengeld bzw. die für April geleistete Zahlung in Abzug zu bringen sind - in Höhe von 3400,- Euro monatlich.

    1. Im Arbeitsvertrag der Parteien ist eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.500,- Euro für die Tätigkeit als stellvertretender Chefredakteur vereinbart. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich ferner ein übereinstimmender Wille der Parteien dahingehend, diese Vergütung im Gegenzug für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben des zum Jahresende ausgeschiedenen Chefredakteurs Stern ab dem 01. April 2023 um 900,- Euro brutto zu erhöhen. Das hat der Kläger unter Hinweis auf die in diesem Zusammenhang von ihm, Herrn K.H. und dem Vorstand der Beklagten geführte E-Mail-Korrespondenz nachvollziehbar dargelegt, ohne dass die Beklagte abweichende Gesprächsinhalte dargelegt hätte. Insoweit schließt sich die Berufungskammer der Begründung des Arbeitsgerichts (unter A III 2 b) aa) auf S. 7 des angefochtenen Urteils) an und stellt diese fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

    2. Diese Vereinbarung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Parteien sie entgegen dem in Nr. 9 des Arbeitsvertrags vereinbarten Schriftformerfordernis nicht schriftlich niedergelegt haben. Da aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags mit dem Arbeitsgericht anzunehmen ist, dass es sich um eine von der Beklagten vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingung handelt, genießt die individuelle mündliche Abrede, mit der die Parteien das vereinbarte Formerfordernis konkludent aufgehoben haben, gemäß § 305b BGB Vorrang. Der insoweit im Wege der doppelten Schriftformklausel für die Aufhebung des Formerfordernisses vereinbarte Formzwang ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Auch insoweit folgt die Berufungskammer der nicht mit konkreten Rügen angegriffenen Begründung des Arbeitsgerichts (unter A III 2 b) bb) auf S. 8 des angefochtenen Urteils) und stellt diese gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

    3. Anders als von der Beklagten mit der Berufung geltend gemacht, haben beide Parteien den Abschluss einer schriftlichen Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag über die Gehaltserhöhung und die Tätigkeit des Klägers als Chefredakteur nicht individuell zur Voraussetzung der Gehaltserhöhung gemacht. Die Handlungen und Erklärungen der Parteien lassen nicht darauf schließen, dass sie die Wirksamkeit der vereinbarten Gehaltserhöhung unabhängig von der vertraglich vereinbarten Schriftformklausel in jedem Fall von dem Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung abhängig machen wollten. Hierfür hätte es abgesehen von den Bekundungen, die Gehaltsanpassung schriftlich niederlegen zu wollen, besonderer Anhaltspunkte bedurft. Denn die Absicht, die Anpassung schriftlich zu fixieren kann auch Dokumentationszwecken oder dazu gedient haben, die arbeitsvertragliche Schriftformklausel einzuhalten.

    Überdies spricht gegen eine von den Parteien individuell vereinbarte, konstitutive Schriftform, dass die Parteien bereits mit der Vertragsdurchführung begonnen hatten. Denn ihre Abrede beschränkte sich nicht auf die Erhöhung des Gehaltes des Klägers. Sie hatte vielmehr - wie sich aus dem E-Mail-Verlauf ergibt - auch die Übernahme weiterer Aufgaben durch den Kläger, die Anpassung seiner Tätigkeitsbezeichnung sowie die Zahlung einer Inflationsausgleichspauschale für die Monate Dezember 2022 bis März 2023 zum Gegenstand. Auch nach dem Vortrag der Beklagten war der Kläger zuletzt als Chefredakteur tätig, hatte also die vereinbarten zusätzlichen Aufgaben bereits übernommen. Das belegt auch die E-Mail vom 22. Dezember 2022 über den erfolgreichen Probelauf. Die Inflationsausgleichspauschale wurde jedenfalls für die Monate bis Februar 2023 ebenfalls bereits gezahlt. Danach gingen die Parteien übereinstimmend von der Wirksamkeit der Vertragsanpassung auch ohne schriftliche Niederlegung aus, denn sie haben beide begonnen, diese zu erfüllen.

    4. Dementsprechend konnte der Kläger das Angebot der Beklagten, sein Gehalt ab April 2023 zu erhöhen am 14.Februar 2023 oder danach nicht mehr ablehnen, da sich die Parteien bereits zuvor wirksam hierüber geeinigt hatten. Es handelt sich auch nicht um einen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Die Folgen der fehlenden Bereitschaft, die geschuldete Leistung zu erbringen, regelt im Falle des Annahmeverzugs § 297 BGB.

    V.

    Einen gemäß § 11 Nr. 1 und Nr. 2 KSchG iVm. § 13 Abs. 1 Satz 5 KSchG anzurechnenden Verdienst hat der Kläger im Streitzeitraum weder erzielt, noch dies böswillig unterlassen.

    1. Der Kläger hat tatsächlich keinen anderweitigen Verdienst erzielt. Nach seinen Angaben hat er nach dem Ausspruch der Kündigung zunächst von seinen Ersparnissen gelebt. Eine anderweitige Beschäftigung hat er nicht aufgenommen. Konkrete Anhaltspunkte für einen tatsächlich erzielten Verdienst hat die Beklagte nicht behauptet.

    2. Der Kläger muss sich auch keinen böswillig unterlassenen (fiktiven) anderweitigen Verdienst anrechnen zu lassen.

    a) Ein Arbeitnehmer unterlässt böswillig iSd. § 11 Nr. 2 KSchG anderweitigen Verdienst, wenn ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt und eine ihm nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl nach Art. 12 GG zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufnimmt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert. Maßgebend sind dabei die gesamten Umstände des Einzelfalls. Die Unzumutbarkeit einer anderweitigen Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben, sie kann etwa ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen haben. Erforderlich für die Beurteilung der Böswilligkeit ist stets eine unter Bewertung aller Umstände des konkreten Falls vorzunehmende Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen. Dies schließt es aus, einen bei der Gesamtabwägung zu berücksichtigenden Umstand losgelöst von den sonstigen Umständen des Einzelfalls gleichsam absolut zu setzen (BAG, 12. Oktober 2022 - 5 AZR 30/22 -, Rn. 14).

    b) Auf den Anspruch ist danach nicht allein deshalb gemäß § 11 Nr. 2 KSchG ein anderweitig zu erzielender Verdienst anzurechnen, weil der Kläger sich entgegen § 38 Abs. 1 SGB III nicht innerhalb von drei Tagen nach dem Zugang der fristlosen Kündigung am 31. März 2023 arbeitslos gemeldet hat. Die Verletzung dieser Meldeverpflichtung hat im Rahmen der durchzuführenden Gesamtabwägung zwar Beachtung zu finden (BAG 12. Oktober 2022 - 5 AZR 30/22 -, Rn. 21). Sie begründet aber noch keine Vermutung, dass im Falle rechtzeitiger Arbeitslosmeldung eine zumutbare Beschäftigung vermittelt worden wäre oder eine dahingehende Umkehr der Darlegungs- und Beweislast.

    aa) Die Beweislast für die Einwendung nach § 11 Nr. 2 KSchG trägt grundsätzlich der Arbeitgeber, der mit dem Ausspruch der unwirksamen Kündigung die Ursache für den Annahmeverzug gesetzt hat. Er hat grundsätzlich im ersten Schritt konkret darzulegen, dass für den Arbeitnehmer im Verzugszeitraum Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden. In Bezug auf die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit hat er ergänzend einen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer. Den Arbeitnehmer trifft insoweit unter Berücksichtigung der aus § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO folgenden Pflicht, sich zu den vom Arbeitgeber behaupteten Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig zu erklären, eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt allerdings weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BAG 7. Februar 2024 - 5 AZR 177/23 -, Rn. 27f).

    bb) In Sonderfällen kann, auch in Anlehnung an den Rechtsgedanken der Bedingungsvereitelung (§ 162 BGB), eine interessengerechte Abstufung der Darlegungs- und Beweislast erforderlich sein. Hierbei sind die jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen und ebenso die Anknüpfungspunkte, die sozialrechtliche Pflichten für die Konkretisierung des unterlassenen anderweitigen Verdienstes bilden. Dies gilt ua. für den Fall, dass ein Arbeitnehmer zwar der in § 38 Abs. 1 SGB III geregelten Meldepflicht nachkommt, aber zugleich durch sein Verhalten veranlasst, dass ihm die Agentur für Arbeit tatsächlich keine Vermittlungsvorschläge unterbreitet. Auch in diesem Fall bleibt im Ausgangspunkt schlüssiger Vortrag des darlegungs- und beweisbelasteten Arbeitgebers zu konkreten und zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten erforderlich. Der Arbeitnehmer hat über die hypothetisch möglichen Stellenvorschläge ebenso wenig Kenntnis wie der im Annahmeverzug befindliche Arbeitgeber. Dieser kann sich im Streitzeitraum aber zB über die öffentlich zugänglichen Angebote der Agentur für Arbeit (Selbstinformationseinrichtungen iSd. § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB III) Kenntnis über bestehende Vermittlungsmöglichkeiten verschaffen. Er hat also die Möglichkeit, bei Anwendung der ihn im eigenen Interesse treffenden Sorgfalt zu Beschäftigungsmöglichkeiten vorzutragen und damit seiner primären Darlegungslast nach § 11 Nr. 2 KSchG zu genügen (BAG, 7. Februar 2024 - 5 AZR 177/23 -, Rn. 30f mwN).

    cc) Danach oblag es vorliegend der Beklagten, konkrete, hypothetisch mögliche Stellenvorschläge darzulegen. Dem ist sie nicht nachgekommen. Sie hat keine konkreten, hypothetischen Vermittlungsvorschläge genannt. Dass ihr entsprechender Vortrag trotz Anwendung der im eigenen Interesse zu wahrenden Sorgfalt nicht möglich war, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Die Beklagte hätte sich bereits unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung über die öffentlich zugänglichen Angebote der Arbeitsagentur über offene Stellen informieren können oder jedenfalls bereits vorher und nicht erst am 04. Oktober 2024 ein entsprechendes Auskunftsersuchen an die Arbeitsagentur richten können, um die mit der Berufungsbegründung erhobene Einwendung nach § 11 Nr. 2 KSchG zu substantiieren. Dass dieses Auskunftsersuchen der Beklagten von der Bundesagentur bis zum Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung unbeantwortet blieb mag auch daran liegen, dass die Beklagte es nicht auf allgemein zu einem bestimmten Berufsbild im Streitzeitraum vorhandene Vermittlungsgesuche gerichtet, sondern Auskünfte in Bezug auf die Person des Klägers geltend gemacht hat. Einer solchen Auskunft dürfte § 35 SGB I entgegenstehen.

    c) Fehlende eigene Bewerbungsbemühungen des Klägers führen vorliegend ebenfalls für sich genommen nicht zur Anrechnung eines Zwischenverdienstes.

    aa) Es kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger sich im Streitzeitraum nicht anderweitig beworben hat und auch nicht oder jedenfalls nicht ausreichend nach zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten gesucht hat. Die nicht näher substantiierte Behauptung des Umhörens noch dazu erst nach Ausspruch der zweiten Kündigung dürfte keine ausreichenden Bewerbungsbemühungen des Klägers belegen. Diese waren auch nicht aufgrund der schwebenden Vergleichsverhandlungen entbehrlich. Diese änderten nichts an dem Annahmeverzug der Beklagten und der deshalb aus Billigkeitsgründen bestehenden Erwerbsobliegenheit des Klägers.

    Das allein begründet aber keine Vermutung dafür, dass entsprechende Bemühungen des Klägers erfolgreich gewesen wären. Die Versäumnisse des Klägers in Bezug auf eigene Bewerbungsbemühungen sind unabhängig von den für die Beklagte mit Ausspruch der Kündigung bestehenden Möglichkeiten, sich durch eigene Recherchen in einschlägigen Jobportalen, Printmedien oder dem öffentlich zugänglichen Vermittlungsportal der Bundesagentur für Arbeit Kenntnis von zumutbaren Stellen zu verschaffen, um den ihr obliegenden Darlegungsanforderungen im Prozess zu genügen. Auch insoweit hat die Beklagte konkrete Stellenangebote zu benennen, um ihrer primären Darlegungslast zur Begründung der erhobenen Einwendung zu genügen. Die erforderlichen Kenntnisse kann sie sich eben so gut wie der Kläger aus allgemein zugänglichen Quellen verschaffen. Den Anforderungen an die Darlegungslast genügt ein allgemeiner Hinweis auf zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Berufungsverhandlung offene Stellen nicht. Denn ob eine Beschäftigung dem Kläger zumutbar gewesen wäre, muss in Bezug auf eine konkrete, im Streitzeitraum zu besetzende Stelle und anhand der konkreten Arbeitsbedingungen geprüft werden. Diese Prüfung kann nicht durch einen Hinweis auf eine allgemein, noch dazu zu einem anderen Zeitpunkt bestehende, gute Arbeitsmarktlage ersetzt werden.

    bb) Soweit die Beklagte ein Stellenangebot der C.K. GmbH vorgelegt hat, reicht auch das nicht aus. Denn nach ihrem Vortrag bleibt unklar, wo und wann dieses Angebot aufzufinden gewesen wäre, so dass nicht festgestellt werden kann, ob der Kläger es bei Einhaltung der gebotenen Bewerbungsbemühungen hätte zur Kenntnis nehmen können und ihm deshalb in Bezug auf diese Beschäftigungsmöglichkeit Böswilligkeit anzulasten ist. Es handelt sich bei der eingereichten Stellenausschreibung nicht um einen Auszug aus einschlägigen Jobportalen, deren Durchsuchen dem Kläger in zumutbarem Umfang oblegen hätte, sondern nach dem äußeren Erscheinungsbild um ein von dem die Stelle ausschreibenden Unternehmen selbst verfasstes Dokument, dass nicht erkennen lässt, wo es veröffentlicht worden ist. Daher kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger durch das Unterlassen einer Jobsuche in zumutbarem Umfang auf Onlineportalen oder in sonstigen naheliegenden Quellen bewusst verhindert hat, dass ihm dieses konkrete Stellenangebot zur Kenntnis gelangte und er sich darauf bewerben konnte.

    cc) Die weiteren von der Beklagten vorgebrachten Beschäftigungsmöglichkeiten bei Redaktionen mit Sitz in Berlin, Augsburg und Frankfurt am Main sind aus Sicht der Kammer dem Kläger billigerweise nicht zumutbar. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass der Kläger in N. wohnt und aufgrund seines Alters bei Ausspruch der Kündigung nur noch etwa ein Jahr bis zum Bezug der Altersrente zu arbeiten hatte. Er musste deshalb für eine ohnehin nur vorübergehende Beschäftigung weder einen dauerhaften Umzug noch die mit Kosten und organisatorischem Aufwand verbundene vorübergehende Begründung eines Zweitwohnsitzes in Erwägung ziehen, sondern hätte sich angesichts des absehbar bevorstehenden Ruhestands auf solche Beschäftigungsmöglichkeiten beschränken dürfen, die er mit zumutbarem zeitlichen, organisatorischen und finanziellen Aufwand von N. aus hätte ausüben bzw. erreichen können. Das war bei den von der Beklagten benannten Stellen angesichts der geographischen Entfernung zum Wohnort des Klägers nach Auffassung der Kammer offensichtlich nicht der Fall. Dass diese Tätigkeiten ganz oder teilweise von zu Hause aus hätten ausgeübt werden können, ist dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen.

    d) Der Kläger muss sich auch nicht anrechnen lassen, was er mit einer Tätigkeit für die Beklagte in der Zeit vom 21. Juni 2023 bis 21. Juli 2023 an Vergütung hätte erzielen können. Mit ihrer Aufforderung vom 21. Juni 2023, die Tätigkeit wieder aufzunehmen, hat die Beklagte kein ernstgemeintes Angebot einer Prozessbeschäftigung unterbreitet. Die Annahme dieses Angebots war dem Kläger deshalb nicht zumutbar.

    aa) Wie der Leistungswille des Arbeitnehmers ist der Beschäftigungswille des Arbeitgebers eine innere Tatsache. Ebenso wie für den Leistungswillen ein bloßes "Lippenbekenntnis" des Arbeitnehmers regelmäßig nicht ausreicht, kann der Arbeitgeber Annahmeverzug nach Ausspruch einer unwirksamen Kündigung nicht dadurch vermeiden, dass er dem Arbeitnehmer formaliter eine Prozessbeschäftigung andient, ohne dass sein wirklicher Wille (§ 133 BGB) tatsächlich auf eine solche Beschäftigung trotz Festhaltens an der erklärten Kündigung gerichtet ist. Der Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB verhaltensbedingt fristlos kündigt, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht länger zumutbar erscheint, kann in der Regel - ohne von einem arbeitsgerichtlichen Urteil dazu gezwungen zu sein - nicht ernsthaft den weiteren Vollzug des Arbeitsverhältnisses wollen mit dem Risiko, damit die behauptete Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung selbst zu widerlegen (BAG 29. März 2023 - 5 AZR 255/22 -, Rn. 19).

    bb) Bereits der Umstand, dass die Beklagte im Zeitpunkt ihrer Aufforderung vom 21. Juni 2023 (noch) an der erklärten außerordentlichen Kündigung festhielt, spricht für ein bloßes Lippenbekenntnis. Die Beklagte konnte kein ernsthaftes Interesse daran haben, den Kläger weiter zu beschäftigen, denn damit hätte sie riskiert, die von ihr behauptete Unzumutbarkeit dieser Weiterbeschäftigung in Frage zu stellen. Verstärkt wird der Eindruck eines nicht ernst gemeinten Angebots durch die mangelnde Reaktion auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Hätte die Beklagte ernstlich beabsichtigt, den Kläger auch nur vorübergehend für die Dauer des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen, hätte es nahegelegen, dessen Bitte um Klarstellung hinsichtlich des Schicksals der ausgesprochenen Kündigung sowie der zwischen den Parteien streitigen Vergütungshöhe wenigstens zu beantworten. Stattdessen hat die Beklagte am 21. Juli 2023 mit einer neuerlichen Kündigung reagiert und damit ihren unbedingten Trennungswillen dokumentiert. Diese Gesichtspunkte führen in der Gesamtschau dazu, dass kein ernstgemeintes Angebot einer Prozessbeschäftigung angenommen werden kann, welches der Kläger in zumutbarer Weise hätte annehmen können.

    VI.

    Für die Monate August und September 2023 ist das von dem Kläger bezogene Arbeitslosengeld in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe in Abzug zu bringen (§ 11 Nr. 3 KSchG). In dieser Höhe ist der Anspruch auf die Bundesagentur gemäß § 115 Abs. 1 SGB X übergangen.

    VII.

    Die Zinsansprüche folgen aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

    C.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. In Anbetracht der Gesamtforderung handelt es sich bei dem für Arbeitslosengeld abzusetzenden Betrag um eine verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung des Klägers. Die Kammer hat deshalb die erstinstanzliche Kostenentscheidung unverändert gelassen und den Kläger nicht an den Kosten des Berufungsverfahrens beteiligt.

    Vorschriften§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 362 BGB, § 615 S. 1 BGB, §§ 293 ff. BGB, § 528 ZPO, § 297 BGB, § 69 Abs. 2 ArbGG, § 305b BGB, § 307 Abs. 1 BGB, § 11 Nr. 1 und Nr. 2 KSchG, § 13 Abs. 1 Satz 5 KSchG, § 11 Nr. 2 KSchG, § 242 BGB, Art. 12 GG, § 38 Abs. 1 SGB III, § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, § 162 BGB, § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB III, § 35 SGB I, § 133 BGB, § 626 Abs. 1 BGB, § 11 Nr. 3 KSchG, § 115 Abs. 1 SGB X, §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO