18.02.2025 · IWW-Abrufnummer 246574
Landesarbeitsgericht Niedersachsen: Urteil vom 11.11.2024 – 7 SLa 306/24
Beruft sich der Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit einer Kündigung gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 HinSchG iVm. § 134 BGB , muss er das Vorliegen einer rechtmäßigen Meldung/Offenlegung sowie einer - zeitlich nachfolgenden - Benachteiligung substantiiert darlegen und ggf. beweisen.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück - 4 Ca 339/23 - vom 13. März 2024 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung in der Probezeit. Streit besteht insbesondere darüber, ob die Kündigung gegen das in § 36 HinSchG geregelte Verbot von Repressalien verstößt und welche Rechtsfolgen sich aus der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist in dem Kündigungsschreiben ergeben.
Der am 00.00.0000 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltspflichtige Kläger war seit dem 00.00.2023 als Leiter Recht im Bereich Corporate Office bei der Beklagten zu einem Jahres-Bruttoeinkommen in Höhe von 175.100,- € beschäftigt.
Aufgaben des Klägers waren ua. der Aufbau eines Compliance Management Systems, Vertragsprüfungen, Klärungen gesellschaftsrechtlicher Fragestellungen, Unterstützung des Nachhaltigkeitsbereichs sowie die Beantwortung diverser ad hoc-Fragestellungen.
Der Kläger arbeitete eng mit dem Geschäftsführer der Beklagten Herrn G. zusammen.
Es fanden regelmäßige Meetings statt. Dazu gehörten ua. drei teamübergreifende wöchentliche Meetings, zwei wöchentliche Regeltermine mit dem Geschäftsführer Herrn G. (CEO) und Frau E. (CFO) sowie fast wöchentliche ad hoc-Meetings in Präsenz oder online.
Die Stelle war bei der Beklagten vor Einstellung des Klägers neu geschaffen worden.
Unter Ziffer 9 und 10 des Anstellungsvertrags der Parteien vom 11./23. Oktober 2022 heißt es:
" 9) Probezeit Die Probezeit beträgt 6 Monate vom Tag des Eintritts an gerechnet. Im Anschluss an die Probezeit wird das Anstellungsverhältnis unbefristet fortgeführt, sofern einer der Vertragsparteien vor Ablauf der Probezeit keine anderslautende Erklärung zugeht. 10) Kündigungsfrist Während der ersten sechs Monate gilt gegenseitig eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende. Im Anschluss daran gilt eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende. ..."In einer "Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusrechtsanwältin / Syndikusrechtsanwalt" vom 9. Februar 2023, die oben rechts den Aufdruck "Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Koblenz" trägt, heißt es u. a.:
"Ferner wird Herr B. die Rolle des Compliance Officers übernehmen und nicht zuletzt die Aufgabe der Stelle für interne Hinweise nach RL 2019/1937 EU. In diesem Zusammenhang obliegt es ihm, den gemeldeten Sachverhalt sachlich wie auch juristisch zu prüfen und Lösungen zu entwickeln. Diese sind - je nach Sachlage - anonymisiert mit der Geschäftsleitung bzw. mit dem Hinweisgeber zu verhandeln."Diese Tätigkeitsbeschreibung wurde seitens des Klägers angefertigt und der Beklagten zur Unterschrift vorgelegt.
Bereits 2020 wurde die Mitarbeiterin der Beklagten Frau K. als "Compliance Officer" ernannt. Im Intranet der Beklagten heißt es unter der Rubrik "Gesellschaftliche Verantwortung > Whistleblower-System > Kontakt":
"Sie haben Fragen oder möchten einen Vorfall melden? Compliance Managerin M. K. + 49 .... Für anonyme Meldungen kommen Sie über diesen Link auf das System..."In dem Verhaltenskodex der Beklagten (Stand 19.12.2023), der auch zum Zeitpunkt der Beschäftigung des Klägers galt, heißt es unter der Überschrift "MELDE- UND WHISTLEBLOWING-Verfahren" ua.:
"... Um sicherzustellen, dass eine offene Kommunikation und das Verhalten aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit diesem Verhaltenskodex, den geltenden Gesetzen und Vorschriften sowie unseren internen Richtlinien und Organisationsanweisungen übereinstimmen, sind wir auf die Unterstützung jedes Mitarbeitenden angewiesen. Verstöße können persönlich durch direkten Kontakt zum Vorgesetzten, zum Compliance Officer oder über das digitale Meldesystem (anonym) gemeldet werden. Andererseits gewährleistet Schoeller einen Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen für die Meldung von Bedenken jeglicher Art. Es wird dafür gesorgt, dass Mitarbeitende, die in gutem Glauben und ohne böswillige Absicht mögliche Verstöße melden, dadurch keine Nachteile erleiden. Darüber hinaus wird niemand, der sich an der Untersuchung unseres Unternehmens beteiligt oder ehrlich kooperiert, Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt sein. Jede tatsächliche oder angedrohte Vergeltung wird als ernsthafte Verletzung dieses Verhaltenskodex betrachtet."Im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beklagten wurden dem Kläger Rechtsverstöße bekannt, wegen derer er sich an den Geschäftsführer Herrn G. wandte. Im Mai und Juni 2023 prüfte der Kläger z. B. Sachverhalte auf sanktionsrechtliche, strafrechtliche und unternehmensinterne (z. B. Reisekostenrichtlinie) Compliance. Während der Beschäftigungszeit des Klägers wurde ein Compliance-Fall über das Hinweisgebersystem erfasst. Das elektronische Hinweisgebersystem führte Frau K..
Der Geschäftsführer Herr G. beauftragte den Kläger mit der Prüfung eines Vertrags, den er mit einem österreichischen Kunden abgeschlossen hatte. Bei der Erteilung des Prüfauftrags erwähnte der Geschäftsführer keinen Bezug zum Kartellrecht. In einem Gespräch am 9. August 2023, an dem der Geschäftsführer, der Vertriebsleiter sowie der Kläger teilnahmen, ging es dem Kläger darum, seine Annahme hinsichtlich eines Kartellrechtsverstoßes zu verifizieren. Nachdem der Geschäftsführer und der Vertriebsleiter bestätigten, dass die Beklagte einen Marktanteil von über 30% habe, prüfte der Kläger den Vertrag erneut und kam zu dem Ergebnis, dass die Beklagte marktmächtig und dementsprechend in der Vertragsfreiheit beschränkt sei. Dies teilte der Kläger dem Geschäftsführer mit. Während des Urlaubs des Klägers Ende August 2023 ging ein Gutachten einer Kanzlei ein, die von dem österreichischen Kunden beauftragt wurde. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass kein Kartellrechtsverstoß vorliege. Der Kläger geht davon aus, dass es zu dem Gutachten kam, weil der Geschäftsführer in der Zwischenzeit mit dem österreichischen Kunden gesprochen hatte. In der Folgezeit informierte der Kläger den Geschäftsführer über einen Fehler im Gutachten. Konkret entsprach die Mitteilung zur Marktanteilsschwelle nicht dem, was am 9. August 2023 besprochen worden war.
Am 5. September 2023 fand ein Feedbackgespräch des Geschäftsführers mit dem Kläger über die Gesamtleistung des Klägers statt. Zu den Themen "Compliance" und "Legal" lagen die Bewertungen zwischen gut und sehr gut. Lediglich der "Zugriff auf die Auslandsgesellschaften" war aus Sicht des Geschäftsführers verbesserungswürdig.
Am 6. September 2023 empfahl der Kläger in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer zu dem kartellrechtlichen Thema die Kontaktaufnahme zu dem Gutachtenersteller mit dem Ziel, die Klauseln zu entschärfen. Am 13. September 2023 fand ein Telefonat mit dem Gutachtenersteller statt. Thema des Gesprächs war die Marktanteilsschwelle. Der Gutachtenersteller erklärte, dass er die vom Kläger gemachten Angaben/Einschätzungen mit Kollegen verifizieren und anschließend auf den Mandanten zugehen müsse. Der Kläger teilte dem Geschäftsführer mit, dass bessere Vertragskonditionen ausgehandelt werden müssten. Am 20. September 2023 gab es ein weiteres Gespräch zwischen dem Geschäftsführer und dem Kläger zu dem Vorgang. Der Geschäftsführer schlug vor, dass der Kläger ein eigenes Gutachten zum Thema verfassen solle. Der Kläger hielt die Erstellung eines internen Gutachtens bei der Beklagten nicht für sinnvoll und empfahl, ein externes Gutachten erstellen zu lassen.
Mit Schreiben vom 20. September 2023 informierte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat "gemäß §§ 102 und 103 BetrVG über geplante ordentliche Kündigung innerhalb der Probezeit" betreffend das Arbeitsverhältnis des Klägers. Als Kündigungszeitpunkt wurde dem Betriebsrat der 30. September 2023 mitgeteilt. Unter dem Stichpunkt "Kündigungsgrund" heißt es in dem Anhörungsschreiben ua. wie folgt:
"Kündigung innerhalb der Probezeit In der Probezeit hat sich gezeigt, dass Herr B. leider nicht unsere Erwartungen an die Stelle erfüllt. Dies zeigt sich insbesondere an den Konzepten und Handlungsempfehlungen, die nicht pragmatisch genug sind und somit nicht bedarfsgerecht auf unser Unternehmen zugeschnitten sind. Darüber hinaus ist die Arbeitsweise von Herrn B. sehr unstrukturiert. Dadurch nimmt die Bearbeitung bestimmter Themen zu viel Zeit in Anspruch. ..."Wegen der weiteren Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf die Anlage B1, Bl. 56 und 57 der erstinstanzlichen Akte Bezug genommen.
Der Betriebsrat teilte mit Schreiben vom 28. September 2023 mit, er mache keine Ausführungen zu der Kündigung und betrachte mit dieser Stellungnahme das Anhörungsverfahren als abgeschlossen.
Mit Schreiben vom 28. September 2023, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis "fristgerecht innerhalb der Probezeit zum 30. September 2023."
Für das Kündigungsgespräch am 28. September 2023 erstellte der Geschäftsführer ein Manuskript mit folgendem Inhalt:
"Wir beenden die Zusammenarbeit! Gemeinsame Zukunft aus meiner Sicht nicht sinnvoll für beide Seiten - Cultural Fit nur bedingt gegeben Wesentliche Gründe für diese Einschätzung: 1. Inhaltlich/Fachlich fehlt mir der unternehmerische lösungsorientierte Blick mit Willen zu klaren Lösungen zu kommen - Beispiel: Tensei heute Morgen 2. Fachliche Klarheit in den Aussagen fehlt mir beispielsweise Aussagen zu den gekündigten Anteilen meines Vaters. 3. Dringlichkeiten und Wirksamkeit in der Herangehensweise fehlt mir. 4. Zug zum Tor im unternehmerischen Sinne fehlt, beispielsweise Reisekostenanpassung zzgl. Bewirtungen und Schulungen USA für 2 Wochen 5. In Summe guter Jurist und viel Wissen 6. Menschlich sehr angenehm Viel Erfolg für beruflichen und privaten Weg."In einem weiteren Schreiben vom 28. September 2023 teilte die Beklagte dem Kläger mit:
"1. Mit der Entgeltabrechnung für den Monat September erhalten Sie zusätzlich eine Prämie in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes. 2. Gemäß Nr. 4) Buchst. a) Ihres Arbeitsvertrages vom 11.10.2022 beträgt Ihr Bonusanspruch 13.125 EUR brutto. Die Auszahlung des Bonus erfolgt mit der Entgeltabrechnung für den Monat September."Da die Zahlungen nicht mehr in den Abrechnungslauf für den Monat September 2023 aufgenommen werden konnten, gab es E-Mail-Verkehr zwischen dem Kläger und dem Personalleiter der Beklagten. Wegen des genauen Inhalts wird auf die Anlage B3, Bl. 86 bis 88 der erstinstanzlichen Akte Bezug genommen.
In der Folge stellte die Beklagte dem Kläger eine Arbeitsbescheinigung aus. Diese an den Kläger adressierte "Bescheinigung zur Vorlage" vom 4. Oktober 2023 enthält u. a. folgende Ausführungen:
"Herr B., geboren am 00.00.0000, ist seit dem 00.00.2023 in unserem Unternehmen tätig. Er wird unser Unternehmen mit Wirkung zum 31.10.2023 verlassen ..."Die von dem Kläger innegehabte Stelle wurde nach seinem Ausscheiden nicht wiederbesetzt. Die Aufgaben wurden umverteilt, ua. auf den Personalleiter Herrn H. sowie die Compliance Managerin Frau K. oder fremd vergeben - so wie dies auch in der Vergangenheit bereits gehandhabt wurde.
Mit seiner beim Arbeitsgericht am 17. Oktober 2023 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wegen Nichteinhaltung der einmonatigen Kündigungsfrist in der Probezeit unwirksam. Die Kündigung sei weder in eine fristgerechte Kündigung zum 31. Oktober 2023 auszulegen noch in eine solche umzudeuten.
Der Kläger hat bestritten, dass der Betriebsrat über die Kündigung vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß unterrichtet worden sei. Die in dem Unterrichtungsformular enthaltenen Gründe der Kündigung in der Probezeit träfen nicht zu.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei nach § 36 HinSchG unwirksam. Die seitens der Beklagten genannten Kündigungsgründe seien nur vorgeschoben. Tatsächlicher Anlass der Kündigung seien Rechtsverstöße, die der Kläger gegenüber dem Geschäftsführer gemeldet habe. Neben dem von ihm gemeldeten kartellrechtlichen Verstoß habe er Verstöße gegen Produktkonformitäten sowie gegen Art. 101 und Art. 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gemeldet. Er habe Grund zur Annahme gehabt, dass seine Informationen wahr gewesen seien und in den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes gefallen seien.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien seit dem 1. April 2023 bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 28. September 2023 aufgelöst worden ist, 2. Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als "Leiter Recht im Bereich Corporate Office" weiter zu beschäftigen.Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zwar nicht zum 30. September 2023, aber zum 31. Oktober 2023 sein Ende gefunden habe. Das Kündigungsschreiben sei auslegungsfähig, jedenfalls umzudeuten. Dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht habe beenden worden, werde daran deutlich, dass sie "fristgerecht innerhalb der Probezeit" gekündigt habe.
Die Beklagte hält die Kündigung für wirksam. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden; der Kläger im Übrigen als leitender Angestellter anzusehen.
Die Kündigung sei nicht nach § 36 HinSchG unwirksam. Bereits der sachliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes sei nicht eröffnet. Es habe zu den originären Aufgaben des Klägers gehört, Verträge der Beklagten zu prüfen, auf kritische Vertragspassagen hinzuweisen oder auch Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Auch hinsichtlich der vom Kläger dargestellten Thematik um die vermeintlich "kartellrechtswidrige Klausel" handele es sich lediglich um die rechtliche Beurteilung eines Vertragswerks durch den Kläger, welches letztlich ohne Beanstandungen abgeschlossen worden sei.
Die Beklagte hat behauptet, dass keiner der vom Kläger - wenn auch nur mitunter in Form von Andeutungen - vorgetragenen Vorgänge für die Beklagte kündigungsbegründend gewesen sei. Vielmehr hätten die Arbeitsergebnisse des Klägers - wie in der Betriebsratsanhörung ausgeführt - nicht den Vorstellungen der Beklagten entsprochen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass auch der persönliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes nicht eröffnet sei. § 33 Abs. 1 Ziff. 1 HinSchG regele, dass die §§ 35 bis 37 HinSchG auf hinweisgebende Personen anwendbar seien, sofern diese intern gemäß § 17 HinSchG oder extern gemäß § 28 HinSchG Meldung erstattet oder eine Offenlegung gemäß § 32 HinSchG vorgenommen haben. An sämtlichen Voraussetzungen fehle es hier, da sich der Kläger nicht an die interne Meldestelle der Beklagten gewandt habe, sondern sich lediglich auf Gespräche mit dem Geschäftsführer berufe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 13. März 2024 teilweise stattgegeben, soweit es um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Oktober 2023 geht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe den Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt, § 102 Abs. 1 BetrVG. Sozialdaten und Kündigungsgründe seien dem Betriebsrat ausreichend mitgeteilt worden. Die Beklagte habe den Betriebsrat darüber informiert, dass es sich um eine "ordentliche Kündigung in der Probezeit" handele. Soweit die Beklagte als Kündigungszeitpunkt den 30. September 2023 genannt habe, sei die Betriebsratsanhörung mit Blick auf den Grundsatz der subjektiven Determinierung nicht fehlerhaft. Der Arbeitgeber müsse dem Betriebsrat nur seine Vorstellung über die anwendbare Kündigungsfrist mitteilen, wobei die Anhörung nicht unwirksam sei, wenn diese nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimme. Für die Mitteilung des konkreten Beendigungstermins gelte nichts Anderes. Die Kündigung sei nicht nach § 36 Abs. 1 HinSchG iVm. § 134 BGB unwirksam. Der sachliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes sei nicht eröffnet. Soweit der Kläger geltend mache, er habe Verstöße der Beklagten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) und Nr. 8 HinSchG gemeldet, sei das Vorbringen unsubstantiiert. Konkrete Tatsachen habe der Kläger dafür nicht vorgetragen. Sein Vorbringen erschöpfe sich in der bloßen Wiederholung des Gesetzeswortlauts. Der Kläger habe auch keinen Verstoß iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG gemeldet. Soweit der Kläger kartellrechtliche Verstöße der Beklagten anführe, habe der Kläger nicht dargelegt, dass diese Verstöße Vorschriften betrafen, die dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte der Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienten. Schließlich sei die Kündigung auch nicht insgesamt deshalb unwirksam, weil die Beklagte die Kündigungsfrist nicht eingehalten habe. Es könne dahinstehen, ob die Kündigung als Kündigung zum 31. Oktober 2023 ausgelegt werden könne oder nicht. Jedenfalls könne die Kündigung in eines solche zum 31. Oktober 2023 umgedeutet werden.
Gegen das dem Kläger am 25. März 2024 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. April 2024 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und am Montag, den 27. Mai 2024 begründete Berufung.
Der Kläger geht weiterhin davon aus, dass Anlass der Kündigung mehrere von ihm intern gemeldete Rechtsverstöße der Beklagten gewesen seien. Er meint, er müsse die von ihm gemeldeten Verstöße nicht vollumfänglich darlegen. Es komme lediglich darauf an, dass es Meldungen gegeben habe; nicht aber auf den Inhalt der Meldung. Er lege die Verstöße der Beklagten im Interesse der Beklagten nicht so detailreich dar; nicht, weil der Kläger keinen Vortrag zur Sache halten könne. Gegenstände der Meldungen umfassten Betriebsgeheimnisse der Beklagten. Es bestünden besondere Verschwiegenheitspflichten des Klägers als Rechtsberater.
Der Kläger behauptet, er selbst sei interne Meldestelle der Beklagten gewesen. Daran ändere sich nichts dadurch, dass es eine weitere Meldestelle bei der Beklagten gegeben habe. Er ist der Ansicht, dass der Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes nicht dadurch ausgeschlossen sei, dass er die Meldungen nicht über die Meldestelle Frau K. abgegeben habe. Er meint, er habe den bestehenden Meldekanal über sich selbst an die Geschäftsführung nutzen können. Der Verhaltenskodex der Beklagten sehe gerade auch eine direkte Meldung an den Vorgesetzten vor.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Kündigung wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist insgesamt unwirksam sei. Eine Auslegung wie eine Umdeutung der Kündigungserklärung mit Wirkung zum 31. Oktober 2023 schieden aus. Die Beklagte habe gerade zum 30. September 2023 und nicht "fristgerecht" kündigen wollen. Dies folge schon daraus, dass eine Kündigung mit einer Frist von zwei Tagen aus Sicht eines Laien nicht fristgerecht sei, aber hier von einem Juristen in der Personalverwaltung mit einer solchen Frist ausgesprochen worden sei. Aus den weiteren Erklärungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Kündigung könne geschlossen werden, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis sofort habe beenden wollen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 13. März 2024 - 4 Ca 339/23 - teilweise abzuändern und 1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien seit dem 1. April 2023 bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 28. September 2023 aufgelöst worden ist, 2. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1., die Beklagte zu verurteilen,a) den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen; b) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger seine Vergütung ab November 2023 in Höhe von zuletzt 11.450,00 Euro brutto monatlich zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die jeweiligen Monatsgehälter, jeweils ab dem 1. des jeweiligen Folgemonats ab dem 1. Dezember 2023 zu zahlen.Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Die Beklagte hält die Kündigung mit Wirkung zum 31. Oktober 2023 für wirksam.
Die Beklagte meint, weder der sachliche noch der persönliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes seien eröffnet. Zum sachlichen Anwendungsbereich: Der Vortrag des Klägers zu den Verstößen sei unsubstantiiert. Soweit er einen Vorfall betreffend eine kartellrechtliche Klausel konkreter schildere, habe er - unstreitig - den Prüfauftrag von dem Geschäftsführer der Beklagten erhalten. Der Kläger habe keine "Meldung" iSd. Hinweisgeberschutzgesetzes erstattet, sondern seine arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber der Beklagten erfüllt. Das Vorliegen einer rechtmäßigen Meldung/Offenlegung sowie einer zeitlich nachfolgenden Benachteiligung sei nicht Gegenstand der in § 36 Abs. 2 Satz 1 HinSchG enthaltenen Vermutung, sondern müsse durch die betroffene Person hinreichend substantiiert dargelegt und ggf. bewiesen werden. Zum persönlichen Anwendungsbereich ist die Beklagte der Auffassung: Da der Kläger sich nicht an die von der Beklagten benannte interne Meldestelle gewandt habe, sei der persönliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes nicht eröffnet. Verstöße auch den Vorgesetzten zu melden, mache diese nicht zur Meldestelle. Insbesondere der Geschäftsführer sei mit Blick auf § 15 Abs. 1 Satz 3 HinSchG keine geeignete Meldestelle. Die Beklagte behauptet, der Kläger sei nicht interne Meldestelle. Die vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung sei - unstreitig - vom Kläger mit dem Ziel der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht angefertigt und dem Personalleiter zur Unterschrift vorgelegt worden.
Die Beklagte behauptet, die Kündigung sei nicht aufgrund der von dem Kläger behaupteten Meldung von Vertragsverstößen ausgesprochen worden. Vielmehr habe der Geschäftsführer während der Probezeit von verschiedenen Seiten Rückmeldungen zur Arbeitsweise des Klägers erhalten, die ihn an einer erfolgreichen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Probezeit hätten zweifeln lassen. So sei er von verschiedenen Mitarbeitern aus den USA kontaktiert worden, weil der Kläger eine einwöchige Compliance-Schulung mit den dortigen Mitarbeitern geplant habe. Der zeitliche Umfang habe bei den betroffenen Mitarbeitern zu Irritationen geführt. Dies habe der Geschäftsführer zum Anlass genommen, im Zeitraum vom 7. bis 20. September 2024 Rücksprache mit dem Personalleiter sowie der Compliance-Managerin zu nehmen und deren Einschätzung zur Arbeitsweise des Klägers einzuholen. Hier habe er erfahren, dass der Kläger mit drei konkreten Beauftragungen - einer Überarbeitung der Reisekostenrichtlinie, einer Unterschriftenrichtlinie sowie einem Regelwerk für Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte - in Rückstand sei. Der Kläger lasse es bei der Bearbeitung der Aufgaben an Struktur und Pragmatismus mangeln, weswegen er die ihm übertragenen Aufgaben nicht zeitnah bearbeite, geschweige denn zum Abschluss bringe. Nachdem der Geschäftsführer nach den eingeholten Auskünften zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Arbeitsweise des Klägers nicht mit der Erwartung der Geschäftsleitung hinsichtlich der Bewältigung der aktuellen und zukünftigen Themen kompatibel sei, habe er in der zweiten Monatshälfte September 2023 den Entschluss gefasst, den Kläger innerhalb der Probezeit zu kündigen und habe dies dem Personalleiter mitgeteilt.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Kündigung sei nicht wegen Nicht-Einhaltung der Kündigungsfrist insgesamt unwirksam. Um im Wege der Auslegung zu einer außerordentlichen Kündigung zu kommen, müsse der Wille des Arbeitgebers erkennbar werden, aus wichtigem Grund zu kündigen. Dies sei hier nicht der Fall. Hätte die Beklagte fristlos kündigen wollen, hätte es des Hinweises "fristgerecht innerhalb der Probezeit" nicht bedurft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Sitzungsprotokolle sowie auf die in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2024 abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zum 31. Oktober 2023 beendet worden.
I.
Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und ordnungsgemäß begründete Berufung ist zulässig (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).
II.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung zum 31. Oktober 2023 beendet worden.
1.
Die Kündigung vom 28. September 2023 ist nicht nach § 134 BGB iVm. § 36 Abs. 1 HinSchG nichtig.
Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 HinSchG sind gegen hinweisgebende Personen gerichtete Repressalien verboten. Kündigungen und Abmahnungen können daher als Repressalien nach § 134 BGB iVm. § 36 Abs. 1 HinSchG nichtig sein (vgl. ErfK/Greiner, 24. Aufl. 2024, HinSchG § 36 Rn. 5).
a)
Wie bereits das Arbeitsgericht ausgeführt hat, hat der Kläger nicht dargelegt, dass der sachliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes eröffnet ist.
aa)
Erforderlich ist, dass die weitergegebenen Informationen Verstöße gegen mindestens eine der in § 2 HinSchG abschließend bezuggenommenen Rechtsnormen zum Gegenstand haben und insoweit keiner der in § 5 HinSchG genannten Ausnahmetatbestände einschlägig ist (vgl. BeckOK HinSchG/Colneric/Gerdemann, 4. Ed. 15.8.2024, HinSchG § 33 Rn. 3-5). Das Vorliegen einer rechtmäßigen Meldung/Offenlegung sowie einer - zeitlich nachfolgenden - Benachteiligung muss durch die betroffene Person hinreichend substantiiert dargelegt und ggf. bewiesen werden (vgl. ErfK/Greiner, 25. Aufl. 2025, HinSchG § 36 Rn. 6).
bb)
Der Kläger beruft sich darauf, dass der sachliche Anwendungsbereich durch Meldung von Verstößen iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 Bucht. b) und Nr. 8 HinSchG eröffnet sei.
(1)
Der Kläger stellt lediglich schlagwortartig den Bezug zum Gesetz her, indem er von einem "Verstoß gegen Konformitäten" (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) HinSchG) sowie von einem "Verstoß gegen Art. 101 und 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union" (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 HinSchG) spricht. In dem Schriftsatz vom 22. April 2024 erwähnt er noch, mit welchen Kanzleien er zu den Themenbereichen in Kontakt stand. Welche Tatsachen er als einen Verstoß iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) oder Nr. 8 HinSchG wertet, trägt der Kläger nicht vor.
(2)
Soweit der Kläger etwas mehr Tatsachenvortrag leistet, indem er die Abläufe zu einer kartellrechtlichen Prüfung eines Vertrags mit einem österreichischen Kunden schildert, bleibt auch hier offen, aufgrund welcher Tatsachen der Kläger zu der Wertung gelangt, es liege ein Verstoß iSd. § 2 HinSchG vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es sich um einen bußgeldbewehrten Verstoß gegen eine Vorschrift handelt, die dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient, § 2 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG.
(3)
Entsprechender Vortrag war erforderlich. Mangels Tatsachenvortrag des Klägers sind die Verstöße nach § 2 HinSchG zwar vom Kläger als Rechtsbehauptung in den Raum gestellt, aber nicht schlüssig dargelegt. Die Beklagte hat die vom Kläger ins Feld geführten Verstöße gegen § 2 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 Bucht. b) und Nr. 8 HinSchG zudem bestritten; außerdem ausgeführt, dass dem Personalleiter, der die Aufgaben des Klägers ua. auch hinsichtlich der kartellrechtswidrigen Klausel übernommen habe, keine Sachverhalte oder Umstände gewahr geworden seien, die in ihm Bedenken in der Weise aufkommen lassen hätten, wie sie der Kläger zu nähren suche.
(4)
Wie das Spannungsfeld zu den vom Kläger genannten Geheimhaltungspflichten aufzulösen ist, regelt § 5 HinSchG. Die vom Kläger genannten Geheimhaltungspflichten führen nicht dazu, dass das Gericht den Vortrag des Klägers zu den Verstößen iSd. § 2 HinSchG - überwiegend ohne jeglichen Tatsachenvortrag - zu Gunsten des Klägers zugrunde legen müsste. Eine dem Gericht obliegende rechtliche Prüfung ist ohne Tatsachenvortrag nicht möglich.
b)
Da der sachliche Anwendungsbereich nicht eröffnet ist, kann dahinstehen, ob der persönliche Anwendungsbereich eröffnet ist.
2.
Die Kündigung vom 28. September 2023 ist nicht nach § 612a BGB iVm. § 134 BGB nichtig.
a)
Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob ein Recht ausgeübt wird oder nicht. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB liegt vor, wenn die zulässige Rechtsausübung des Arbeitnehmers der tragende Beweggrund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme ist. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet. Handelt der Arbeitgeber aufgrund eines Motivbündels, so ist auf das wesentliche Motiv abzustellen. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann eine Maßnahme iSv. § 612a BGB sein (vgl. BAG 30. März 2023 - 2 AZR 309/22 -, Rn. 10).
b)
Der klagende Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 612a BGB und damit auch für den Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Maßnahme und zulässiger Rechtsausübung. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet (vgl. BAG 30. März 2023 - 2 AZR 309/22 -, Rn. 11).
c)
Der Kläger beruft sich darauf, dass Anlass der Kündigung gewesen sei, dass er den Geschäftsführer auf eine kartellrechtswidrige Klausel in einem Vertrag mit einem österreichischen Kunden hingewiesen habe. Es kann dahinstehen, ob in dieser Mitteilung eine Rechtsausübung des Klägers liegt. Denn es ist nicht feststellbar, dass diese Einschätzung des Klägers und deren Mitteilung gegenüber dem Geschäftsführer überhaupt ein Motiv oder das wesentliche Motiv für die Kündigung vom 28. September 2023 gewesen ist.
aa)
Es fehlt an einem inhaltlichen Bezug der Kündigung zu dem vom Kläger aufgeworfenen Kartellrechtsverstoß. Das Ergebnis dieser Vertragsprüfung durch den Kläger hat weder Eingang in die Betriebsratsanhörung noch das Manuskript des Geschäftsführers zum Kündigungsgespräch gefunden. Der Schwerpunkt beider Dokumente liegt auf der Bewertung von Struktur, Klarheit, Pragmatismus und Lösungsorientierung der Arbeit des Klägers.
bb)
Es besteht kein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung Ende September 2023 und dem vom Kläger im August 2023 "gemeldeten" Verstoß. Zwischen der klägerischen "Meldung" und dem Ausspruch der Kündigung liegt über ein Monat.
cc)
Auch die übrigen äußeren Abläufe zeigen keinen Zusammenhang zwischen der Kündigung und dem Hinweis auf den Kartellrechtsverstoß auf. Im Gegenteil: Der Geschäftsführer hatte den Kläger zur Prüfung des Vertrags aufgefordert, wenn auch nicht unter Hinweis auf einen möglichen Kartellrechtsverstoß. Nachdem der Kläger seine Bedenken und Einschätzungen vorgetragen hatte, ging der Geschäftsführer diesen nach und folgte den Lösungsempfehlungen des Klägers. So geht der Kläger davon aus, dass der Geschäftsführer den Kontakt zum österreichischen Kunden suchte, was schließlich zur Erstellung eines Gutachtens im Auftrag des Kunden führte. Nach Kritik des Klägers an diesem Gutachten folgte der Geschäftsführer der Empfehlung des Klägers zum Gespräch mit dem Gutachtenersteller. Schließlich forderte der Geschäftsführer den Kläger auf, ein eigenes Gutachten zu erstellen. Nachdem der Kläger hiervon abriet, beharrte der Geschäftsführer nicht auf der Erstellung eines Gutachtens durch den Kläger. Das Gesamtverhalten ist geprägt von einem Willen zur Aufklärung des Sachverhalts und einer Offenheit gegenüber dem weiteren Vorgehen entsprechend den Empfehlungen des Klägers.
3.
Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.
Die Anhörung des Betriebsrats genügt den Anforderungen des § 102 Abs. 1 BetrVG. Die Sozialdaten wie die Gründe für die Kündigung sind dem Betriebsrat ausreichend mitgeteilt worden. Die Beklagte hat dem Betriebsrat mitgeteilt, dass eine "ordentliche Kündigung in der Probezeit" erfolgen soll. Die Mitteilung des falschen Kündigungstermins macht die Anhörung im Hinblick auf den Grundsatz der subjektiven Determinierung nicht unwirksam.
Das Berufungsgericht folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts und stellt dies fest, § 69 Abs. 2 ArbGG (siehe unter I. 1. des erstinstanzlichen Urteils).
4.
Die Kündigung ist nicht deshalb insgesamt unwirksam, weil die Beklagte die von ihr zu beachtende Kündigungsfrist nicht eingehalten hat. Wie das Arbeitsgericht ausgeführt hat, ist die Kündigung jedenfalls in eine solche zum 31. Oktober 2023 umzudeuten, § 140 BGB.
Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich zum 30. September 2023 gewollt hätte oder anders formuliert: dass sie das Arbeitsverhältnis fortsetzen wollte anstelle die Kündigung zum nächst zulässigen Termin - dem 31. Oktober 2023 - wirken zu lassen. Für den Kläger war dieser Beendigungswille der Beklagten erkennbar.
Das Berufungsgericht folgt auch insoweit den Ausführungen des Arbeitsgerichts und stellt dies fest, § 69 Abs. 2 ArbGG (siehe unter I. 3. des erstinstanzlichen Urteils).
5.
Da das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Oktober 2023 beendet ist, fallen die Hilfsanträge nicht zur Entscheidung an.
III.
Die Berufung war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Es bestanden keine Gründe für die Zulassung der Revision, § 72 Abs. 2 ArbGG.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde ( § 72 a ArbGG ) und der sofortigen Beschwerde ( § 72 b ArbGG ) wird hingewiesen.