Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 10.08.2011 · IWW-Abrufnummer 112586

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 26.11.2010 – 1 Ta 217/10

    Gemäß § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO i.V.m. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 78 ArbGG ist die sofortige Beschwerde gegen einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufhebenden Beschluss binnen einer Notfrist von einem Monat einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung an den Prozessbevollmächtigten oder, falls ein solcher nicht oder durch Entpflichtung nicht mehr bevollmächtigt ist, an die Partei. Der Umfang einer Prozessvollmacht und damit auch die Bevollmächtigung zur Entgegennahme von gerichtlichen Schriftstücken des Prozessbevollmächtigten erstreckt sich auch auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Prozesskostenhilfeantrag bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. In diesen Fällen muss gem. § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, um wirksam zu sein.


    1 Ta 217/10

    Tenor:
    Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - auswärtige Kammern Neuwied - vom 29.04.2010 - 11 Ca 1818/08 - wird als unzulässig verworfen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

    Gründe
    I. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.

    Das Arbeitsgericht Koblenz - auswärtige Kammern Neuwied - hat dem Kläger für die von ihm betriebene Klage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.

    Nach Abschluss des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht den Kläger mehrfach aufgefordert zu erklären, ob zwischenzeitlich eine Änderung seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse eingetreten sei. Nachdem der Kläger nicht reagierte, hat das Arbeitsgericht die Prozesskostenhilfebewilligung mit Beschluss vom 29.04.2010, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 03.05.2010, aufgehoben.

    Mit am 02.07.2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Bezug genommen auf eine nach seinen Angaben vom Kläger "unmittelbar eingelegte" Beschwerde und eine Erklärung des Klägers über dessen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Eine Beschwerde des Klägers ist jedoch nicht zu den Akten gelangt. Auf entsprechende Mitteilung des Arbeitsgerichts übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers ein Schreiben des Klägers mit Datum vom 12.05.2010, in dem der Kläger erklärt, Beschwerde gegen den Beschluss vom 29.04.2010 einzulegen. Des Weiteren erklärte der Prozessbevollmächtigte, ansonsten sei die Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers als Beschwerde zu werten. Das Arbeitsgericht hat dem Beschwerdeführer hierauf aufgegeben, Belege über seine Einkünfte und Belastungen vorzulegen. Nachdem der Beschwerdeführer hierauf nicht reagierte, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Nichtabhilfe hat das Arbeitsgericht mit der fehlenden Vorlage der angeforderten Unterlagen begründet.

    II. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 222 Abs. 1 ZPO, 187, 188 Abs. 2 BGB nicht fristgerecht eingelegt wurde.

    Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 78 ArbGG ist die sofortige Beschwerde binnen einer Notfrist von einem Monat einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nicht anders bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung an den Prozessbevollmächtigten oder, falls ein solcher nicht oder nicht mehr bevollmächtigt ist, an die Partei. Erfolgt keine Zustellung oder ist die Zustellung fehlerhaft, beginnt die Notfrist spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung des Beschlusses, vgl. § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO.

    Maßgeblich für den Beginn der Notfrist ist im vorliegenden Fall der Zugang des Beschlusses bei dem Prozessbevollmächtigten des beschwerdeführenden Klägers. Ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses erfolgte die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten am 03.05.2010 (Bl. 17 des PKH-Heftes). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschl. v. 19.07.2006 - 3 AZB 18/06) und der Beschwerdekammer des LAG Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 03.04.2009 - 1 Ta 46/09)erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag - wie hier - bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. In diesen Fällen muss gem. § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, um wirksam zu sein (vgl. BAG sowie LAG, aaO..)

    Die Monatsfrist begann daher mit dem 04.05.2010 zu laufen und endete nach §§ 127 Abs. 2 S. 3, 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 03.06.2010.

    Eine Beschwerdeschrift des Beschwerdeführers ist in diesem Zeitraum nicht bei Gericht eingegangen. Auch hat der Beschwerdeführer die Einreichung einer Beschwerdeschrift an das Arbeitsgericht in diesem Zeitraum nicht glaubhaft gemacht (vgl. den Hinweis des Beschwerdegerichts vom 09.11.2010, auf den der Beschwerdeführer nicht geantwortet hat).

    Die erst am 02.07.2010 eingegangene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist zwar als sofortige Beschwerde zu werten, sie ist als solche jedoch verfristet.

    Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zu verwerfen.

    Da das Rechtsmittel bereits unzulässig ist, ist es dem Beschwerdegericht verwehrt, die als Gegenvorstellung anzusehende Eingabe des Beschwerdeführers (vgl. insoweit LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.07.2009 - 1 Ta 139/09) und die Entscheidung des hierfür zuständigen Arbeitsgerichts hierüber inhaltlich zu überprüfen und ggf. zu ändern. Ob der Nichtabhilfebeschluss richtig war, hätte das Beschwerdegericht nur im Rahmen eines zulässigen Rechtsmittels überprüfen können, da dies eine Frage der Begründetheit ist.

    Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung.

    RechtsgebieteZPO, ArbGGVorschriften§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO § 172 Abs. 1 ZPO § 567 ZPO § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO § 78 ArbGG