· Fachbeitrag · Einspruch des Monats
Außergewöhnliche Belastungen: Scheidungskosten ab VZ 2013 sind keine Prozesskosten
| Ehepartner lassen sich nur scheiden, wenn die Ehe so zerrüttet ist, dass ihnen ein Festhalten an ihr nicht mehr möglich ist. Folglich fallen Scheidungskosten immer zwangsläufig an - und müssen damit als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden; auch ab dem Jahr 2013. Mit dieser sensationellen Entscheidung des FG Köln muss sich jetzt der BFH befassen (ausführlich siehe S. 453 dieser Ausgabe). |
PRAXISHINWEIS | Betroffene Steuerpflichtige sollten Scheidungskosten in der Steuererklärung 2015 als außergewöhnliche Belastung ansetzen. Lehnt das Finanzamt eine Berücksichtigung ab, ist mit Hinweis auf das beim BFH anhängige Verfahren mit dem anliegenden Muster Einspruch einzulegen (VI R 9/16). |
Einspruchsmuster / |
Bearbeiter Straße PLZ Ort
Einkommensteuerbescheid… vom… für Herrn/Frau ... St.-Nr.: .../hier: Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen - § 33 EStG
Sehr geehrte Damen und Herren,
gegen den oben genannten Bescheid lege ich hiermit form- und fristgerecht Einspruch ein und beantrage im Namen und in Vollmacht des Einspruchsführers, die geltend gemachten Scheidungs- und Scheidungsfolgekosten als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen. |
Begründung: Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.
Die Voraussetzungen für den Abzug der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen sind auch unter Zugrundelegung der Rechtslage ab VZ 2013 erfüllt.
Das FG Köln (13.1.16, 14 K 1861/15, Rev. BFH VI R 9/16) hat entschieden, dass Scheidungskosten immer als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, weil die Aufwendungen Betroffenen zwangsläufig erwachsen. Ehepartner lassen sich nur scheiden, wenn die Ehe so zerrüttet ist, dass ihnen ein Festhalten an ihr nicht mehr möglich ist, sie sich also dem Scheidungsbegehren aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen können. Deshalb ist die Zwangsläufigkeit der Ehescheidung zu bejahen, die Bedingung des § 33 Abs. 1 S. 1 EStG ist erfüllt. Scheidungskosten sind auch nicht nach § 33 Abs. 2 S. 4 EStG vom Abzug ausgeschlossen.
Sowohl der Begriff des Prozesses als auch der Begriff des Rechtsstreits sind aufgrund der Regelung des § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG ausdrücklich gesetzlich suspendiert. In der Folge spricht auch § 150 FamFG, der die Kosten in Scheidungssachen und Folgesachen regelt, nicht von Prozesskosten oder Kosten des Rechtsstreits, sondern von Kosten der Scheidungssache. Ebenso spricht § 132 FamFG, welcher die Kosten bei Aufhebung der Ehe regelt, von den Kosten des Verfahrens. Das Scheidungsverfahren ist damit kraft gesetzlicher Anordnung kein Prozess, die Kosten des Scheidungsverfahrens keine Prozesskosten. Damit erfüllt das Scheidungsverfahren nach Wortlaut und Systematik nicht die Voraussetzungen des Wortlauts des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG, da es sich weder um einen Rechtsstreit handelt noch Prozesskosten anfallen.
Höchstrichterlich zu klären ist in diesem Zusammenhang auch noch, ob nur Gerichtskosten und Anwaltskosten für Scheidung und Versorgungsausgleich (sog. Zwangsverbund, § 623 Abs. 1 ZPO) abzugsfähig sind, oder auch die Kosten für Scheidungsfolgesachen, wie vermögensrechtliche Regelungen, Ehegattenunterhalt/Kindesunterhalt, Umgangsrecht und Sorgerecht (vgl. hierzu etwa Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21.2.2012, 1 K 75/11, EFG 2013, 521, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 70/12; FG München, Urteil vom 21.8.2012, 10 K 800/10, EFG 2013, 451, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 69/12; FG Düsseldorf, Urteil vom 19.2.2013, 10 K 2392/12 E, EFG 2013, 933, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 16/13; FG Köln, Urteil vom 18.12.2014, 6 K 1090/12, Rev. zugelassen). |
Im Hinblick auf die vorgenannten Revisionsverfahren gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).
Mit freundlichen Grüßen
Steuerberater/-in |