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  • · Fachbeitrag · Zugewinnausgleich

    Rückblick auf die Rechtsprechung im Jahr 2012

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    | Im Anschluss an FK 13, 104 folgt die Fortsetzung der Zusammenfassung wichtiger Entscheidungen zum Zugewinnausgleich im Jahr 2012. |

    1. Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB

    Für den Auskunftsantrag nach § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Kläger in erster Linie die Umkehr der Beweislast nach § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB erreichen will, ohne dass tatsächlich Zugewinn verlangt werden kann (BGH FamRZ 13, 103).

     

    a) Zum Trennungszeitpunkt

    Die Auskunft zum Trennungstag kann auch bislang in der Vermögensbilanz nicht aufgeführte Vermögensbestandteile aufzeigen. Deren Einbeziehung kann zu einem Zugewinnausgleich (ZA) führen (BGH, a.a.O.). Der Anspruch kann auch erstmals als Stufenantrag in zweiter Instanz gestellt werden.

     

    b) Illoyale Vermögensminderungen

    Der BGH hat eine streitige Frage geklärt und die Anspruchsgrundlage für einen Auskunftsanspruch über illoyale Vermögensminderungen bestimmt (FamRZ 12, 1785). § 1379 BGB in der seit dem 1.9.09 geltenden Fassung erstreckt die Auskunftspflicht auch auf illoyale Vermögensminderungen im Sinne des § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB. Allerdings hat der Auskunftsberechtigte nach § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB - wie bisher nach § 242 BGB - konkrete Tatsachen vorzutragen, die ein unter § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB fallendes Handeln nahelegen. Das gilt jedenfalls , wenn und soweit er Auskunft für die Zeit vor der Trennung begehrt. Weiter kommt neben der Auskunftsverpflichtung eine Unterrichtungsverpflichtung nach § 1353 BGB in Betracht, die jedoch mit dem Scheitern der Ehe entfällt (BGH, a.a.O.).

     

    Ähnlich wie der BGH hat auch das OLG Brandenburg (6.12.11, 10 UF 179/11, FamRZ 12, 1714) entschieden: Die Auskunftspflicht nach § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB erstreckt sich auch auf illoyale Vermögensminderungen (§ 1375 Abs. 2 BGB) als Berechnungselemente des Anfangs- und Endvermögens. Zur Geltendmachung genügt der Vortrag konkreter Tatsachen, die ein unter § 1375 Abs. 2 BGB fallendes Handeln nahelegen.

    Der Anspruch kann sich auch auf Informationen über Vermögensbewegungen aus der Zeit vor der Trennung beziehen, wenn der in Rede stehende privilegierte Erwerb oder die Illoyale Vermögensminderung nach dem Eintritt des Güterstands erfolgt ist. Wenn ein Ehegatte, sich ohne berechtigten Grund weigere, auf entsprechende Fragen Auskunft zu erteilen (Unterrichtungspflicht nach § 1353 BGB), begründe diese Weigerung die Besorgnis, dass er etwas verbergen will, um seinen Ehepartner nicht in den vollen Genuss des Zugewinns kommen zu lassen.

     

    c) Beschwer bei Verurteilung zur Auskunft

    Der BGH hat seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach für die Bemessung des Beschwerdegegenstands bei einer Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgeblich ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen (FamRZ 12, 299). Dabei ist - anders bei einem besonderen Geheimhaltungsinteresse - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Zur Bewertung des Zeitaufwands kann dabei auf die Stundensätze zurückgegriffen werden, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde (maximal 17 EUR). Die Höhe des Einkommens des Pflichtigen ist unerheblich (BGH, a.a.O.; 13, 105). Das gilt auch, wenn der Pflichtige zwar Rechtsanwalt ist, die geforderte Auskunft sich aber auf eine private Tätigkeit bezieht. Bei rechtsanwaltlicher Tätigkeit des Pflichtigen ist ein Stundensatz von 100 bis 150 EUR angemessen.

     

    Nach fortgeführter ständiger Rechtsprechung des BGH richtet sich der Wert eines Beschwerdegegenstands nach Abweisung des Auskunftsantrags im Rechtsmittelverfahren über die Auskunftspflicht (§ 1379 BGB) nach dem wirtschaftlichen Interesse des Anspruchstellers an der Erteilung der Auskunft.

     

    MERKE |  Da die Auskunft die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erst vorbereiten und erleichtern soll, beträgt der Wert 1/10 bis 1/4 des Leistungsanspruchs. Zur Ermittlung ist anhand des Tatsachenvortrags des Anspruchstellers zu fragen, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat. Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist ohne Bedeutung, ob dem Anspruchsteller der geltend gemachte Auskunftsanspruch zusteht.

     

    Allein aus der Festsetzung des Streitwerts für eine Auskunftsklage auf über 600 EUR lässt sich nicht schließen, dass das erstinstanzliche Gericht von einer entsprechend hohen Beschwer auf Seiten der zur Auskunft verurteilten Partei ausgegangen ist und keine Veranlassung gesehen hat, die Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen (BGH FamRZ 12, 24). Über die Zulassung der Beschwerde ist im Ausgangsbeschluss zu entscheiden. Enthält dieser keinen ausdrücklichen Ausspruch zur Zulassung, ist das Rechtsmittel unzulässig (BGH FamRZ 12, 963). Der Wert für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung kann dem für die Auskunftserteilung entsprechen. Bedient sich der Pflichtige bereits vor Auskunftserteilung anwaltlicher Hilfe, sind diese Kosten bei der Wertbemessung (Pflicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung) nicht zu berücksichtigen (BGH FamRZ 13, 105).

    2. Verjährung

    Die Stufenklage hemmt die Verjährung des Anspruchs auf ZA gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch, wenn im Auskunftsantrag ein falscher Stichtag für das Endvermögen genannt ist. Die Hemmung endet sechs Monate nach Rechtskraft des Anerkenntnisurteils, § 204 Abs. 2 S. 1 BGB. Nach § 204 Abs. 2 S. 2 BGB tritt an die Stelle der Verfahrensbeendigung die letzte Verfahrenshandlung, wenn das Verfahren durch Nichtbetreiben in Stillstand geraten ist.

     

    Wird das Verfahren innerhalb der Frist weiterbetrieben, begründet dies gemäß § 204 Abs. 2 S. 3 BGB erneut die Hemmung. Dafür genügt jede Prozesshandlung einer Partei, die bestimmt und geeignet ist, das Verfahren wieder in Gang zu bringen wie z.B. der Auftrag zur Zustellung des Vollstreckungstitels oder der Antrag für die zweite oder dritte Stufe (hier: Bezifferung des Zahlungsantrags). Das Anerkenntnis zum Auskunftsanspruch führt nicht zu einem Anerkenntnis des Zahlungsanspruchs. Ein Neubeginn der Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB tritt nicht ein.

    3. Unverschuldeter Vermögensverlust nach Scheidungsantrag

    Durch die Neuregelung des § 1384 BGB ist der Stichtag für die Begrenzung der ZA-Forderung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorverlegt worden (BGH FamRZ 12, 1479). Die einschränkende Auslegung des § 1384 BGB, dass bei einem vom Ausgleichspflichtigen nicht zu verantwortenden Vermögensverlust die Begrenzung des § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB an die Stelle der des § 1384 BGB tritt, kommt nicht in Betracht. In den genannten Fällen kann aber § 1381 BGB eine Korrektur grob unbilliger Ergebnisse ermöglichen. Konkret ging es um den Wertverlust eines Aktienpakets. Der BGH lässt erkennen, dass er für die Bewertung auf den Aktienkurs der nächstgelegenen Börse abstellen will. Ob ein Wertverlust bei Aktien zur Anwendung des § 1381 BGB führt, hat er im konkreten Fall offengelassen. § 1381 BGB ist einredeweise geltend zu machen. Eine Einrede wurde nicht erhoben. § 242 BGB als Billigkeitskorrektur schied aus, da die Norm im Anwendungsbereich des § 1381 BGB keine Anwendung findet.

    4. Korrektur durch grobe Unbilligkeit

    Das LG Nürnberg-Fürth (FamRZ 12, 1940) hat einem Ehemann, der seine Ehefrau vorsätzlich getötet hatte, einen gegen die Erben gerichteten ZA wegen grober Unbilligkeit versagt. Das OLG Hamburg (FamRZ 12, 550) hat das Auskunftsverlangen eines Ehemanns, der während der Ehe mehrere Frauen vergewaltigte, als rechtsmissbräuchlich und grob unbillig angesehen. Das Verhalten betreffe den Kernbereich der ehelichen Beziehung, stehe sittlich auf tiefster Stufe und habe auch die Ehefrau in ihrem Ansehen geschädigt.

    5. Übergangsrecht

    Nach zutreffender Ansicht des BGH gilt auch in nach dem 1.9.09 eingeleiteten ZA-Verfahren uneingeschränkt das ab 1.9.09 geltende materielle Recht, wenn die Rechtskraft der Scheidung schon vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Auch in der Entscheidung vom 17.10.12 (XII RZ 110/10, Abruf-Nr. 123570) geht der BGH von der Anwendbarkeit des neuen § 1379 BGB aus, obwohl die Rechtskraft der Scheidung bereits im Jahr 2003 eingetreten war.

     

    Anders entschieden hat nun das KG (16.2.12, 17 UF 375/11, Abruf-Nr. 123125). War der gesetzliche Güterstand vor dem 1.9.09 beendet und dadurch der ZA-Anspruch entstanden, ist im Streit über den Zugewinn das Gesetz in der bis zum 1.9.09 geltenden Fassung anzuwenden, auch wenn der Rechtsstreit an diesem Tage noch anhängig war.

     

    6. Vorzeitiger Zugewinnausgleich

    Das OLG München (15.2.12, 12 UF 1523/11, FamRZ 13, 132) vertritt zutreffend die Auffassung, dass, ohne den Schutzgedanken des § 1365 BGB zu unterlaufen, jeder Ehegatte nach dreijähriger Trennung die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach § 1386, § 1385 Nr. 1 BGB verlangen kann.

    7. Verfahrensrecht, Streitwert und Kosten

    Das OLG Celle (FamRZ 12, 1941) geht zutreffend davon aus, dass ein vorzeitiger Zugewinn nicht im Rahmen eines Scheidungsverbunds geltend gemacht werden kann. Ein vor dem 01.09.09 fälschlich als Folgesache im Rahmen des Scheidungsverbunds geltend gemachter vorzeitiger ZA nehme am Rechtswechsel des Verbunds teil, wenn

    • das Verbundverfahren erstinstanzlich nicht abgeschlossen ist,
    • den Versorgungsausgleich umfasst,
    • gemäß Art. 111 Abs. 5 FGG-RG das zum 1.9.09 in Kraft getretene Verfahrensrecht nach dem FamFG maßgeblich ist.

     

    Sofern der ZA-Anspruch durch einen Stufenantrag insgesamt rechtshängig geworden sei, könne auf der Zahlungsstufe nicht allein über einen (hier: offenen) Teilbetrag befunden werden. Zur Vermeidung eines unzulässigen Teilurteils bedürfe es einer instanzbeendenden Entscheidung über den gesamten Ausgleichsanspruch. Instanzbeendend sei eine Rücknahme des weitergehenden Anspruchs oder die Feststellung, dass dem Ausgleichsbegehrenden keine weitergehenden Ausgleichsansprüche zustehen.

     

    Nach Auffassung des OLG Schleswig (FamRZ 12, 897) ist der Wert eines Verfahrens zur vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft bei Ungewissheit über die Höhe der ZA-Forderung und über die Zeitspanne nicht mit einem Bruchteil (so BGH NJW 73, 50) und nicht in Höhe der Verzugs- oder Anlagezinsen in dem Zeitraum zwischen vorzeitiger Beendigung und einer Beendigung mit Scheidung in Ansatz zu bringen (so OLG Stuttgart FamRZ 09, 1621). Der Wert ist mit 3000 EUR zu bemessen, § 42 Abs. 3 FamGKG.

     

    Nach Auffassung des OLG Karlsruhe (FamRZ 12, 1967) gibt eine Antragsgegnerin keinen Anlass zur Stellung eines Antrags auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft (§ 113 Abs. 1 FamFG, § 93 ZPO), wenn sie sich in einem vorangegangenen Verfahren gegen die Aufrechnung mit einer noch nicht entstandenen Ausgleichsforderung gewendet hat. Denn eine Veranlassung zur Klage fehle, wenn ein Antragsgegner sich vorgerichtlich gegen einen unschlüssig begründeten Anspruch wende. Vorliegend sei ein ZA-Anspruch nicht nur nicht fällig gewesen, sondern noch gar nicht entstanden, sodass kein Anlass zur Anerkennung bestanden habe.

     

    Weiterführende Hinweise

    • FK 13, 30: Zulässigkeitsgrenzen des Auskunftsanspruchs
    • FK 13, 10: Keine unbegrenzte Auskunftspflicht bei illoyaler Vermögensminderung
    • FK 12, 185: Verjährungshemmung durch Stufenklage trotz falscher Stichtagsangabe

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 123 | ID 39567610