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  • · Fachbeitrag · FG-Rechtsprechung

    Zehn wichtige Verfahren zur Freiberuflerberatung

    von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Bielefeld

    | Wie schon in PFB 12, 327 hat Praxis Freiberufler-Beratung wieder die wichtigsten jüngeren Urteile für Freiberufler im Bereich des Steuerverfahrensrechts, des Ertragsteuerrechts und der Gewinnermittlung zusammengestellt und kurz kommentiert. Bitte beachten Sie wie immer in dieser Rubrik, dass die Rechtsentwicklung in aller Regel aufgrund noch ausstehender Revisions-, BVerfG- oder EuGH-Entscheidungen nicht abgeschlossen ist und Sie daher die Problematiken weiter im Auge behalten sollten. |

    1. Gewinne aus der Auflösung von Ansparabschreibungen bei der Neubildung eines Investitionsabzugsbetrags

    Auflösungen von in früheren Wirtschaftsjahren nach § 7g EStG a.F. gebildeten Ansparabschreibungen sind bei der Ermittlung der Gewinngrenze des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst.c EStG als Betriebseinnahme zu berücksichtigen (FG Niedersachsen 3.12.13, 12 K 290/11, Rev. BFH X R 2/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Gegenteiliger Auffassung ist das FG Köln (10.04.13, 4 K 2910/10, EFG 13, 1386; Rev. BFH VIII R 29/13): Danach ist ein solcher Auflösungsgewinn nicht bei der Berechnung der Gewinngrenze zu berücksichtigen. Für die Ermittlung des Gewinns für die Gewinngrenze soll nur der reale wirtschaftlich erzielte Gewinn des Kalenderjahres maßgeblich sein. Bis zur Klärung der Rechtslage sollten betroffene Steuerbescheide offengehalten werden.

     

     

    Mustereinspruch / Ansparabschreibungen/Neubildung eines IAB

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.

     

    Der Investitionsabzugsbetrag kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gewerbebetrieb, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrages, einen Gewinn von nicht mehr als 100.000 EUR hat (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchstabe c EStG). Diese Gewinngrenze ist im Streitfall eingehalten worden. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist die Auflösung von in früheren Wirtschaftsjahren gebildeten Ansparabschreibungen nebst Gewinnzuschlag bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewinns für die Bildung des Investitionsabzugsbetrages nicht als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Für die Ermittlung des Gewinns für die Gewinngrenze ist nur der reale wirtschaftlich erzielte Gewinn des Kalenderjahres maßgeblich (so auch FG Köln 10.4.13, 4 K 2910/10, EFG 13, 1386; Rev. BFH VIII R 29/13; entgegen FG Sachsen 10.11.11, 2 K 1272/11). Im Hinblick auf das vorgenannte Revisionsverfahren gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 S. 2 AO).

     

     

    2. Verfassungswidrige Erhebung des Solidaritätszuschlags

    Die Regelung der Bemessungsgrundlage des SolZ verstößt gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Inländische und ausländische Einkünfte sowie inländische Einkünfte untereinander (gewerbliche und nichtgewerbliche) werden ungleich behandelt (Vorlagebeschluss des FG Niedersachsen 21.8.13, 7 K 143/08, BVerfG 2 BvL 6/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Wegen der unterschiedlichen Wirkung der steuerlichen Anrechnungsvorschriften - z.B. bei ausländischen Einkünften (§ 34c EStG) bzw. bei der Gewerbesteuer (§ 35 EStG) - unterliegen die Einkünfte bei Gewerbetreibenden und Beziehern ausländischer Einkünfte nicht vollständig dem SolZ. Folglich würden bei gleich hohem Einkommen Arbeitnehmer stärker belastet. Auch Berater von Freiberuflern sollten einen gesonderten Einspruch gegen die (erstmalige oder geänderte) Festsetzung des SolZ erheben, sofern nicht - wie bei der ersten, beim BVerfG gescheiterten Vorlage des FG Niedersachsen (25.11.09, 7 K 143/08, EFG 10, 1071) - das BMF die Festsetzung des SolZ zukünftig wieder vorläufig nach § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO durchführt. Die Festsetzung des SolZ kann auch dann isoliert angefochten werden, wenn für den Einkommensteuerbescheid im Übrigen eine Anfechtung nicht in Betracht kommt.

     

     

    Mustereinspruch / Verfassungswidriger Solidaritätszuschlag

    Die Festsetzung des Solidaritätszuschlags ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.

     

    Die der Festsetzung zugrunde liegenden Regelungen des SolZG, insbesondere die §§ 1, 3 SolZG, sind verfassungswidrig. Aufgrund der verschiedenen Anrechnungsvorschriften bei der Festsetzung der Einkommensteuer - z.B. bei ausländischen Einkünften (§ 34c EStG) bzw. bei der Gewerbesteuer (§ 35 EStG) - wird der Solidaritätszuschlag in unterschiedlicher Höhe bei gleichgelagerten Sachverhalten festgesetzt. Hierfür liegt nach Auffassung des FG Niedersachsen ein sachlicher Rechtfertigungsgrund nicht vor mit der Folge, dass damit die Regelungen gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. FG Niedersachsen 21.8.13, 7 K 143/08; BVerfG 2 BvL 6/14). Zudem wird weiterhin gerügt, dass die Erhebung eines Solidaritätszuschlags in Form einer Ergänzungsabgabe formell (Verstöße gegen Art. 105 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG) und materiell (Verletzung von Art. 2 Abs. 1 - allgemeine wirtschaftliche Handlungsfreiheit ; Art. 12 Abs. 1 - Berufsfreiheit und von Art. 14 Abs. 1 GG - Eigentumsgarantie ), verfassungswidrig ist. Das BVerfG hatte in diesen Punkten wegen der Nichtannahme des Vorlagebeschlusses vom 25.11.2009 in der gleichen Rechtssache bislang keine materiell-rechtliche Prüfung vorgenommen (BVerfG 8.9.10, 2 BvL 3/10). Im Hinblick auf das beim BVerfG anhängige Verfahren gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch das BVerfG bzw. das FG Niedersachsen (7 K 143/08) zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 S. 2 AO).

     

    3. Auflösungsverlust gemäß § 17 Abs. 4 EStG

    Das Teileinkünfteverfahren kommt ab VZ 2011 auch dann zur Anwendung, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht, dass aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft keine Einnahmen mehr erzielt werden (FG Niedersachsen 6.9.13, 3 K 230/13, EFG 14, 118; Rev. BFH IX R 43/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Das Urteil steht im Zusammenhang mit der BFH-Rspr. zur Nichtanwendung des Teilabzugsverfahrens, wenn Einnahmen aus der Beteiligung ausbleiben (BFH 25.6.09, IX R 42/08, BStBl II 10, 220 und BFH 9.6.10, IX R 52/09, BStBl II 10, 1102) und der Änderung in § 3c Abs. 2 S. 2 EStG durch das JStG 2010. Ab VZ 2011 reicht für das Teilabzugsverfahren die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG oder von Vergütungen i.S. von § 3 Nr. 40a EStG. Nach Auffassung des FG Niedersachsen ist für den Anwendungszeitraum des neuen § 3c Abs. 2 S. 2 EStG der VZ maßgebend, in dem der Auflösungsverlust gemäß § 17 Abs. 4 EStG entstanden ist. Die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG ist nur eine Bedingung, die zu irgendeinem Zeitpunkt während des Bestehens der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft vorgelegen haben muss. Setzt sich diese Auffassung durch, würde das Ausbleiben von Einnahmen praktisch in nahezu keinem Fall mehr die Anwendung des Teilabzugsverfahrens hindern. Die bürgerfreundliche BFH-Rechtsprechung wäre komplett ausgehebelt. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind bei vergleichbaren Konstellationen Einspruch und ggf. Klage geboten.

     

     

    Mustereinspruch / Auflösungsverluste nach § 17 Abs. 4 EStG

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.

     

    Der Einspruchsführer macht geltend, dass § 3c Abs. 2 EStG bei den Verlusten nach § 17 EStG keine Anwendung findet. Nach der Rechtsprechung des BFH ist das Teilabzugsverfahren nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige aus der Beteiligung keine dem Teileinkünfteverfahren unterliegenden Einkünfte erzielt hat (BFH 9.6.10, IX R 52/09, BStBl II 10, 1102). Das ist hier der Fall. Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf den durch das JStG 2010 eingefügten § 3c Abs. 2 S. 2 EStG. Diese Regelung und die damit einhergehende Änderung der Rechtslage gilt erst ab dem VZ 2011, d.h. nur dann, wenn der Steuerpflichtige nach dem 1.1.11 die Absicht hat, nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerfreie Einnahmen zu erzielen. Da sich die X-GmbH bereits vor 2011 in der Krise befunden hat, hat auch schon lange vor dem 1.1.211 unumstößlich festgestanden, dass die Inhaber der Geschäftsanteile keine nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Erträge erzielen würden. Seit 2011 hat zu keinem Zeitpunkt die Absicht bestanden, nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreie Einnahmen zu erzielen. Jede andere Ausdehnung des Anwendungszeitpunkts des § 3c Abs. 2 S. 2 EStG führt zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung. Zudem ist § 3c Abs. 2 S. 2 EStG deshalb verfassungswidrig, weil die dadurch herbeigeführte vollständige oder teilweise Nichtabzugsfähigkeit von Veräußerungs- und Aufgabeverlusten eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips bedeutet. Die dafür erforderlichen besonderen sachlichen Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich.

     

    Da diese streitentscheidende Rechtsfrage aktuell Gegenstand eines beim BFH unter dem Az. IX R 43/13 geführten Revisionsverfahrens ist (Zulassung durch FG; Vorinstanz: FG Niedersachsen 6.9.13, 3 K 230/13), gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 S. 2 AO).

     

    4. Sonderausgabenabzug für nachgezahlte Kirchensteuer

    Nachzahlungen des Erben für Kirchensteuer des Erblassers sind beim Erben Sonderausgaben (FG Hessen 26.9.13, 8 K 649/13, EFG 14, 128; Rev. BFH X R 43/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Höchstpersönliche Umstände, die unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verbunden sind, gehen nicht auf den Rechtsnachfolger über. Deswegen kann der Erbe den nicht verbrauchten Betrag einer Großspende des Erblassers nicht als eigene Spende abziehen (BFH 21.10.08, X R 44/05). Und auch ein vom Erblasser nicht ausgenutzter Verlustabzug (§ 10d EStG) geht nicht auf den Erben über (BFH 17.12.07, GrS 2/04, BStBl II 08, 608). Die für den Kirchensteuer-Sonderausgabenabzug konstituierende tatsächliche Zahlung ist jedoch - im Gegensatz zur Mitgliedschaft in der Kirche selbst - kein höchstpersönlicher Umstand. Kirchensteuerzahlungen für den Erblasser sollten also im VZ der Zahlung als eigene Sonderausgaben beim Erben angegeben werden. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollte gegen betreffende Steuerbescheide Einspruch eingelegt werden.

     

     

    Mustereinspruch / Sonderausgabenabzug für vom Erben nachgezahlte Kirchensteuer

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.

     

    Zu Unrecht haben Sie den Sonderausgabenabzug für die Kirchensteuern, die der Einspruchsführer für den Erblasser nachgezahlt hat, unter Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats des BFH (17.12.07, GrS 2/04, BStBl II 08, 608) abgelehnt. Nach der im Streitjahr geltenden Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG darf gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe abgezogen werden, wenn sie weder Betriebsausgabe noch Werbungskosten ist oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt wird. Die für den Sonderausgabenabzug erforderliche persönliche Belastung ist gegeben, weil das Vermögen des Erblassers im Zeitpunkt des Todes sofort Vermögen des Erben geworden ist, sodass die Kirchensteuer letztlich aus dessen Vermögen gezahlt wurde (vgl. BFH 14.10.09, X R 29/08). Der Erbe ist damit durch die Kirchensteuer des Erblassers in gleicher Weise belastet wie durch die Kirchensteuer, zu der er selbst veranlagt wird, womit es an einem nicht abziehbaren Drittaufwand fehlt. Der Beschluss des Großen Senats steht dem nicht entgegen, denn dieser ist zum Übergang des vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzuges nach § 10d EStG auf den Erben ergangen. Eine Übertragung auf die streitgegenständliche Problematik kommt daher nicht in Betracht (so FG Hessen 26.9.13, 8 K 649/13; Rev. BFH X R 43/13). Im Hinblick auf das vorgenannte Revisionsverfahren gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 S. 2 AO).

     

    5. Stillhaltergeschäfte mit Barausgleich ab VZ 2009

    Bei der Abgeltungsteuer können auch Zahlungen von Steuerpflichtigen im Rahmen des Cash Settlements/Barausgleichs bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuermindernd berücksichtigt werden (FG Niedersachsen 28.8.13, 2 K 35/13; Rev. BFH VIII R 55/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Bis zur Einführung der Abgeltungsteuer war ein vom Stillhalter der Kaufoption auf ein Indexzertifikat an den Optionsberechtigten gezahlter Barausgleich (cash-settlement) nicht als Werbungskosten gemäß § 22 Nr. 3 EStG abziehbar (BFH 13.2.08, IX R 68/07, BStBl II 08, 522). Die Finanzverwaltung geht daher davon aus, dass Vermögensverluste bei einem Stillhaltergeschäft aufgrund eines Barausgleichs einkommensteuerlich einen unbeachtlichen Vermögensschaden darstellen (BMF 9.10.12, IV C 1-S 2252/10/10013, BStBl I 12, 953, Rz. 26, 34). Das FG Niedersachsen ist dem entgegengetreten. Aufwendungen für ein Glattstellungsgeschäft, die vor Geltung der Abgeltungsteuer Werbungskosten dargestellten, sind dagegen nach der neuen Gesetzeslage bei den Einnahmen zu berücksichtigen (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG).

     

     

    Mustereinspruch / Stillhaltergeschäfte mit Barausgleich ab VZ 2009

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.

     

    Entgegen Ihrer Auffassung (vgl. BMF 9.10.12, IV C 1-S 2252/10/10013, 2011/0948384, BStBl I 2012, 953, Rn 26, 34) stellen Vermögensverluste bei einem Stillhaltergeschäft aufgrund eines Barausgleichs nicht einen einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Vermögensschaden dar. Vielmehr können auch im Rahmen der Abgeltungsteuer Zahlungen von Steuerpflichtigen im Rahmen des sog. Cash Settlements /Barausgleichs bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuermindernd berücksichtigt werden. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG sind Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden, Einkünfte aus Kapitalvermögen. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien. Glattstellungsgeschäfte sowie Stillhaltergeschäfte mit Barausgleich führen wirtschaftlich zum selben Ergebnis. Deshalb sind sowohl Aufwendungen im Rahmen einer Glattstellung wie auch eines Barausgleiches zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung des BFH (13.2.08, IX R 68/07, BStBl II 08, 522), die zur Rechtslage vor Einführung der Abgeltungsteuer ergangen ist, kann nicht mehr angewandt werden. Auch das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit spricht für eine Berücksichtigung des Barausgleichs (so auch FG Niedersachsen 28.8.13, 2 K 35/13; Rev. BFH VIII R 55/13). Im Hinblick auf das vorgenannte Revisionsverfahren gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 S. 2 AO).

     

    6. Schuldzinsen und Vorfälligkeitsentschädigungen

    Zu der Frage, ob Schuldzinsen und Vorfälligkeitsentschädigungen nach einer Veräußerung des Grundstücks außerhalb der Spekulationsfrist als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können, liegen zwei einander widersprechende Entscheidungen vor:

     

     

    • Wurde für die Ablösung eines Darlehens zur Finanzierung der Anschaffung eines vermieteten Grundstücks eine Vorfälligkeitsentschädigung im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung (außerhalb der Spekulationsfrist) gezahlt, da eine Verpflichtung zur lastenfreien Übertragung des Grundstücks bestanden hat, sind Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen (FG Düsseldorf 11.9.13, 7 K 545/13 E, Rev. BFH IX R 42/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Urteile sind eine Fortentwicklung der neueren Rechtsprechung des BFH. Nachträgliche Schuldzinsen können danach auch nach Veräußerung des Vermietungsobjekts abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (BFH 20.6.12, IX R 67/10, BStBl II 13, 275). Offen war bislang, ob die neue Rechtsprechung auch für die Fälle gilt, in denen die Veräußerung des Vermietungsobjekts außerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG erfolgte (bejahend: Jachmann/Schallmoser, DStR 11, 1245; Schallmoser, SteuK 13, 115; Heuermann, StBP 12, 327; ablehnend: BMF 28.3.13, IV C 1 - S 2211/11/1001:001, BStBl I 13, 508; Jochum, DStZ 12, 728). Man darf gespannt sein, ob der BFH im Revisionsverfahren seine Rechtsprechungsgrundsätze auf die Fälle der Veräußerung nach Ablauf der Spekulationsfrist erweitert. Bis dahin sind Einspruch und ggf. Klage geboten.

     

     

    Mustereinspruch / Schuldzinsen/Vorfälligkeitsentschädigungen

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.

     

    Nachträgliche Schuldzinsen können nach nunmehr vertretener Ansicht des BFH (20.6.12, IX R 67/10, BStBl II 2013, 275) auch nach Veräußerung des Vermietungsobjekts abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll eine Berücksichtigung der Schuldzinsen bei Veräußerung des Vermietungsobjekts außerhalb der Spekulationsfrist nicht in Betracht kommen (BMF 28.3.13, IV C 1 - S 2211/11/1001:001, BStBl I 13, 508). Diese Auffassung ist rechtsfehlerhaft.

     

    Der notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen nachträglichen Schuldzinsen und der Überlassung des Vermietungsobjektes zur Nutzung wird vielmehr durch eine nach Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erfolgte Veräußerung nicht unterbrochen (FG Niedersachsen 30.8.13, 11 K 31/13; Rev. BFH IX R 45/13). Am Veranlassungszusammenhang ändert sich durch einen Veräußerungsakt nach Ablauf der Spekulationsfrist grundsätzlich nichts (so auch Schallmoser, SteuK 2013, 115; Jachmann, juris PR-SteuerR 41/2012, Anm. 3; Jachmann/Schallmoser, DStR 2011, 1245, 1248/49; Heuermann in Blümich, EStG, KStG, GewStG (Loseblatt), § 21 EStG Rz. 281).

     

    Im Hinblick auf das vorgenannte Revisionsverfahren gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 S. 2 AO).

     

    7. Abzug von Verwaltungsgerichtsprozesskosten als agB

    Die vom BFH für Zivilprozesskosten herausgearbeiteten Grundsätze zur Abziehbarkeit von Anwalts- und Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastungen (agB) sind auch bei Kosten eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens anzuwenden (FG Münster 27.11.13, 11 K 2519/12 E).

     

    PRAXISHINWEIS | Das vom BFH (12.5.11, VI R 42/10, BStBl II 11, 1015) betonte staatliche Gewaltmonopol, nach dem strittige Ansprüche nur mithilfe der Gerichte durchzusetzen oder abzuwehren sind, gilt auch bei der Durchsetzung von Ansprüchen im öffentlich-rechtlichen Bereich (FG Düsseldorf 14.1.13, 11 K 1633/12 E, Rev. BFH VI R 9/13). Im Urteil vom 8.8.13 (11 K 3540/12 E; Rev. BFH VI R 62/13) hat das FG Düsseldorf die BFH-Rechtsgrundsätze auch auf Schlichtungsverfahren (z.B. wegen Bergschäden) als Vorstufe zu einem Zivilprozess ausgedehnt. Auch Aufwendungen anlässlich einer außergerichtlichen Mediation könnten mit dieser Begründung als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Zu beachten ist allerdings, dass ab VZ 2013 für einem Abzug die Gefahr des Verlustes der Existenzgrundlage bzw. die Sicherung lebensnotwendiger Bedürfnisse erforderlich sind (§ 33 Abs. 2 S. 4 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG).

     

     

    Mustereinspruch / Verwaltungsgerichtsprozesskosten als agB

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.

     

    Der BFH (12.5.11, VI R 42/10, BStBl II 11, 1015) hat entschieden, dass Kosten für einen Zivilprozess als zwangsläufig zu beurteilen sind, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat (anders BMF 20.12.11, IV C 4 - S 2284/07/003: 002, 2011/1025909, BStBl I 2011, 1286). Die vom BFH herausgestellten Grundsätze sind aber auch in den Fällen anzuwenden, in denen Kosten aus Anlass eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betroffen sind. Grund für die geänderte Rechtsauffassung des BFH zur Auslegung des Merkmals der Zwangsläufigkeit ist der Ausgangspunkt, dass sich im Hinblick auf das staatliche Gewaltmonopol streitige Ansprüche regelmäßig nur gerichtlich durchsetzen oder abwehren lassen. Zur gewaltfreien Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten sind die Kontrahenten auf den Weg vor die Gerichte verwiesen. Dieser Gesichtspunkt gilt auch für Fälle eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Soweit es um Maßnahmen eines Trägers öffentlicher Verwaltung geht, kann von dem dadurch Betroffenen eine Korrektur letztlich nur mit gerichtlicher Hilfe begehrt werden. Das vom BFH betonte staatliche Gewaltmonopol, nach dem zivilrechtliche Ansprüche nur mithilfe von Gerichten durchzusetzen oder abzuwehren sind, muss demgemäß auch bei der Durchsetzung von Ansprüchen bzw. Abwehrmaßnahmen im öffentlich-rechtlichen Bereich gelten (so FG Münster 27.11.13, 11 K 2519/12 E, Rev. zugelassen).

     

    Im Hinblick auf eine Vielzahl von Revisionsverfahren beim BFH nach der Änderung seiner Rechtsauffassung zum Merkmal der Zwangsläufigkeit in § 33 EStG (vgl. u.a. VI R 66/12, VI R 69/12, VI R 70/12, VI R 74/12, VI R 9/13, VI R 16/13, VI R 31/13, sowie X R 34/12) gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 S. 2 AO).

     

    8. Widerruf des Wechsels der Gewinnermittlungsart

    Durch das Einreichen eines (nachträglich erstellten) Jahresabschlusses i.S. des § 4 Abs. 1 EStG kann ein zuvor erklärter Wechsel der Gewinnermittlungsart vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmen-Überschussrechnung wirksam widerrufen werden. Hierin liegt kein erneuter Wechsel der Gewinnermittlungsart, wenn dadurch lediglich die im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angewandte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG fortgeführt wird (FG Niedersachsen 16.10.13, 9 K 124/12; Rev. BFH IV R 39/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung steht das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen prinzipiell unbefristet zu (BFH 19.10.05, XI R 4/04, BStBl II 06, 509). Formal wird das Wahlrecht hiernach allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. Ein Freiberufler, der freiwillig von der Einnahmen-Überschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich übergegangen ist und eine Verteilung des Übergangsgewinns auf drei Jahre beantragt hat, kann ohne besonderen wirtschaftlichen Grund nicht zwei Jahre nach dem Wechsel der Gewinnermittlungsart erneut zur Einnahmen-Überschussrechnung übergehen (BFH 19.3.09, IV R 57/07, BStBl II 09, 659 m.w.N.). Davon ist der Widerruf einer im gleichen VZ getroffenen Wahl einer Gewinnermittlung zu trennen, z.B. weil sich der Wechsel zu § 4 Abs. 3 EStG wegen einer vorzunehmenden Teilwert-AfA als ungünstig herausstellt.

     

     

    Mustereinspruch / Wechsel der Gewinnermittlungsart

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Einspruchsführer in seinen Rechten.

     

    Der Einspruchsführer hatte zunächst mit der Einreichung der Einkommensteuererklärung einen Wechsel der Gewinnermittlungsart (zuvor: Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG) durch Vorlage einer Einnahmen-/Überschussrechnung vollzogen. Nachdem er jedoch nunmehr die negativen steuerlichen Folgen dieses Wechsels überblickt (z.B. keine Teilwertabschreibung zulässig), begehrt er die Rückkehr zur bisherigen Gewinnermittlungsart. Entgegen Ihrer Auffassung kann durch das Einreichen eines (nachträglich erstellten) Jahresabschlusses i.S. des § 4 Abs. 1 EStG ein zuvor erklärter Wechsel der Gewinnermittlungsart vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmen-Überschussrechnung wirksam widerrufen werden. Hierin liegt kein erneuter Wechsel der Gewinnermittlungsart, wenn dadurch - wie im Streitfall - lediglich die im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angewandte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG fortgeführt wird (so aktuell: FG Niedersachsen 16.10.13, 9 K 124/12; Rev. BFH IV R 39/13).

     

    Im Hinblick auf das vorgenannte Revisionsverfahren gehe ich davon aus, dass das Einspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch den BFH zwangsweise ruht (§ 363 Abs. 2 S. 2 AO).

     

    9. Gestaltung von Werbeprospekten als gewerbliche Tätigkeit

    Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter eine Dipl.-Grafik-Designerin und ein Absolvent einer Akademie für Fotographie sind und die mit einem Umsatzanteil von über 90 % für einen Hauptkunden (Handelsunternehmen) Prospekte anhand von Fotos, Texten und Preisangaben der zu bewerbenden Waren gestaltet, erzielt gewerbliche Einkünfte, wenn sich die künstlerische Freiheit auf die Komposition der einzelnen Seiten mit Blick auf die Anordnung der zu bewerbende Ware beschränkt, ein Abstrahieren oder Verfremden nur in sehr eingeschränktem Maße möglich ist und damit eine Gestaltungshöhe nicht überschritten wird (FG Rheinland-Pfalz 24.10.13, 6 K 1301/10).

     

    PRAXISHINWEIS | Eine künstlerisch gestaltete Leistung verliert nicht allein dadurch die Eigenschaft einer künstlerischen Leistung, dass sie dem gewerblichen Zweck der Werbung dient. Entscheidend ist, ob die Arbeiten ohne Rücksicht auf ihre Verwendung künstlerischen Charakter aufweisen. Dazu ist nach der Rechtsprechung erforderlich, dass die Arbeiten nicht das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer Tätigkeit darstellen, sondern darüber hinaus etwas Eigenschöpferisches enthalten und eine künstlerische Gestaltungshöhe aufweisen. Daher ist eine künstlerische Tätigkeit zu verneinen, wenn sich der Steuerpflichtige an ins Einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung bleibt (BFH 15.10.98, IV R 1/97, BFH/NV 99, 465). Beim Erstellen von Werbefotos fehlt die künstlerische Eigenschaft, wenn der Fotograf die genauen Angaben oder die Grundgedanken für seine Aufnahmen von der Auftrag gebenden Firmen erhält und nur die praktische Ausgestaltung durchzuführen hat.

     

    10. Gewinnerzielung bei nebenberuflicher Autorentätigkeit

    Beruht die Entscheidung zur Begründung einer unternehmerischen Tätigkeit im Wesentlichen auf den persönlichen Interessen und Neigungen des Steuerpflichtigen, so sind entstehende Verluste nur dann für die Dauer einer betriebsspezifischen Anlaufphase steuerlich zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn seiner Tätigkeit ein schlüssiges Konzept erstellt hat, das ihn zu der Annahme veranlassen durfte, durch die Tätigkeit werde insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt. Verluste eines Hobbyautoren sind danach nicht steuerlich absetzbar (FG Rheinland-Pfalz 14.8.13, 2 K 1409/12).

     

    PRAXISHINWEIS | Vorsicht ist bei der Gewinnerzielungsabsicht von Freiberuflern nicht nur bei Tätigkeiten im Nebenberuf geboten. Der BFH hat selbst einem Rechtsanwalt mit Angestellten die Gewinnerzielungsabsicht abgesprochen. Es gäbe keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass bei einer Beschäftigung von Mitarbeitern in einer Anwaltskanzlei und der Erzielung sechsstelliger Honorareinnahmen i.d.R. davon auszugehen sei, dass die Kanzlei mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde (BFH 18.4.13, VIII B 135/12, BFH/NV 13, 1556). Der Möglichkeit der Verrechnung der Verluste mit anderen positiven Einkünften (verbunden mit dem Steuerspareffekt) kommt hinsichtlich der Annahme der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht zumindest eine indizielle Bedeutung zu. Zur Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht bei Freiberuflern siehe auch BFH 13.5.13, VIII B 162/11, BFH/NV 13, 1235).

    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 94 | ID 42524672