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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Vertrauensschutz: Kein Vorsteuerabzug bei falscher Adresse des leistenden Unternehmers

    von RA Dirk Petri, FA StrR, Brüssow & Petri, Köln

    Der Unternehmer kann die von einem anderen Unternehmer gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer von der eigenen Umsatzsteuerlast abziehen, wenn er die vom leistenden Unternehmer erbrachte Leistung für sein Unternehmen bezogen hat (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 16 Abs. 2 S. 1 UStG). Voraussetzung des Vorsteuerabzugs ist weiter, dass der Übernehmer eine ausgestellte Rechnung besitzt (§§ 14, 14a UStG). Eine Rechnung muss, um den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, alle in § 14 Abs. 4 UStG aufgezählten Merkmale aufweisen - insbesondere den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers (FG Köln 12.3.14, 4 K 2374/10, Abruf-Nr. 142044, Revision eingelegt, BFH XI R 22/14).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Dem Kläger wird aufgrund objektiv falscher Rechnungen der Vorsteuerabzug versagt. Der Vorsteuerabzug ist auch dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz im übrigen vorliegen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

     

    Der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers müssen im Zeitpunkt der Rechnungsbegebung vollständig vorliegen und richtig sein (BFH 6.12.07, V R 61/05, PStR 08, 131, BStBl II 08, 695; BFH 8.10.08, V R 63/07, BFH/NV 09, 1473; BFH 17.12.08, XI R 62/07, BStBl II 09, 432; BFH 2.9.10, V R 55/09, BStBl II 11, 235). Es kommt nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger die Unrichtigkeit der Angabe kannte oder kennen musste (BFH 30.4.09, V R 15/07, PStR 13, 133, BStBl II 09, 744). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist in einem solchen Fall die Klage selbst dann abzulehnen, wenn die Tatbestandsmerkmale des Vertrauensschutzes erfüllt sind (BFH 19.11.09, V R 41/08, DStR 10, 159, BFHE 227, 521). Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Europarechts und dessen Auslegung durch den EuGH.

     

    Praxishinweis

    Unternehmer sollten folgende Gesichtspunkte im Rahmen der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs vor Augen haben:

     

    • Bei der Verwendung eines unzutreffenden und ungenauen Namens kann der Vorsteuerabzug ausnahmsweise zugelassen werden, wenn der tatsächlich leistende Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar aus dem Abrechnungsverkehr ersichtlich ist. Kleinere Ungenauigkeiten führen nicht zur Versagung, wenn trotz der Ungenauigkeiten eine eindeutige und unzweifelhafte Identifizierung der am Leistungsaustausch Beteiligten, der Leistung und des Leistungszeitpunkts möglich ist.

     

    • Nach ständiger Rechtsprechung ist der Vorsteuerabzug indes selbst dann zu versagen, wenn der leistende Unternehmer trotz der fehlerhaften Anschrift auf andere Weise ermittelt werden könnte (BFH 30.4.09, V R 15/07, PStR 13, 133, BStBl II 09, 744). Denn es ist ohne Bedeutung, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen, da die Angabe der richtigen Anschrift in der Rechnung gerade dazu dient, die Voraussetzungen für den Sofortabzug der Vorsteuer überprüfen zu können (BFH 8.7.09, XI R 51/07, BFH/NV 10, 256).

     

    • Der Empfänger der Leistung trägt vollumfänglich die Feststellungslast dafür, dass die Angaben in einer Rechnung korrekt sind.

     

    • Der Vorsteuerabzug ist auch dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz vorliegen. Denn § 15 UStG sieht nicht den Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen vor. Der Vorsteuerabzug kann dann ausschließlich im Billigkeitsverfahren nach §§ 163, 227 AO gewährt werden.

     

    Im Hinblick auf die Revision bleibt abzuwarten, ob der BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgrund der Rechtsprechung des EuGH insoweit aufgeben wird. Denn wenn Vertrauensschutzgesichtspunkte für die Beibehaltung des Vorsteuerabzugs sprechen, sollten diese schon bei der Betriebsprüfung und einer nachfolgenden Steuerfestsetzung vom FA gewürdigt werden. Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer dürfte es gebieten, den Unternehmer bereits im Festsetzungsverfahren nicht mit Umsatzsteuerforderungen zu belasten, die die Finanzverwaltung letztendlich wegen des bestehenden Gutglaubensschutzes nicht verlangen könnte.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 226 | ID 42788604