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  • 30.04.2010 · IWW-Abrufnummer 101287

    Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 25.11.2009 – 10 AZR 779/08

    1. Ist ein Anspruch aufgrund einer betrieblichen Übung entstanden, kann er nur durch Kündigung oder eine einverständliche Vertragsänderung beseitigt werden.



    2. Eine Vertragsänderung bedarf eines Angebots und einer Annahme.



    3. Erfüllt der Arbeitgeber bestimmte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ohne weitere Erklärungen nicht, liegt hierin kein Angebot auf eine Vertragsänderung.



    4. Hat der Arbeitgeber ein Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen abgegeben und schweigt der Arbeitnehmer hierzu, liegt hierin keine Annahmeerklärung. Die Nichtgeltendmachung von Ansprüchen hat keinen Erklärungswert.



    5. Eine widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit kann nur dann eine konkludente Annahmeerklärung sein, wenn sich die Änderung unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt.


    10 AZR 779/08
    In Sachen
    Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin,
    pp.
    Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionsbeklagter,
    hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt, den Richter am Bundesarbeitsgericht Mestwerdt sowie die ehrenamtlichen Richter Bittelmeyer und Ohl für Recht erkannt:
    Tenor:
    1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Juli 2008 - 21 Sa 337/08 - wird zurückgewiesen.
    2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
    Von Rechts wegen!
    Tatbestand
    Die Parteien streiten über ein Treuegeld für das Jahr 2007 und die Feststellung, dass dem Kläger eine solche Leistung auch in Zukunft zusteht.
    Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen seit dem 5. August 1985 beschäftigt. Er ist im Betrieb in H tätig. Dieser gehörte bis zur "Wende" einem volkseigenen Betrieb, dessen Nachfolge-GmbH im Jahre 1994 durch Verschmelzung in der A GmbH aufging, die ihrerseits zum A-Konzern gehörte. Deren Gesellschaftsanteile erwarb später die im Jahr 1996 gegründete B GmbH. Diese wiederum firmierte im Jahr 1999 in D GmbH um. Die Beklagte erwarb zum 1. Mai 2001 alle Gesellschaftsanteile an dieser Gesellschaft und führt sie seitdem unter der jetzigen Firmenbezeichnung.
    Im Jahr 1994 forderte die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaften mit Sitz in den neuen Bundesländern auf, die übersandte sog. Musterbetriebsordnung (MuBO) innerhalb einer eigenen Betriebsordnung herauszugeben, die als Betriebsvereinbarung abzuschließen sei. Zu einer Betriebsvereinbarung kam es im H Betrieb nicht. Die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten sowie diese selbst wandten jedoch die Regelungen der MuBO seit 1994 vorbehaltlos an.
    In dieser sind unter Ziffer 6.14 Regelungen betreffend Dienstjubiläen geregelt und unter Ziffer 6.16 zu Treuegeldern. In der MuBO heißt es ua.:
    "6.16 Treuegeld
    Bei langjährigen Dienstzeiten werden nachstehende Beträge einmal jährlich als Treuegeld gezahlt:
    Mitarbeiter des Tarifkreises mit 20 bis 24 Dienstjahren erhalten
    DM 100,--
    Mitarbeiter des Tarif- und des AT-Kreises mit 26 bis 39 Dienstjahren erhalten
    DM 375,--
    Mitarbeiter des Tarif- und des AT-Kreises mit 41 und mehr Dienstjahren erhalten
    DM 600,--
    Die Auszahlung erfolgt jeweils mit der Mai-Abrechnung. Im Jubiläumsjahr wird Treuegeld nicht gezahlt.
    ..."
    Im Januar 2002 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat die Betriebsvereinbarung Nr. 86.1 "Rundungen auf glatte Euro-Beträge", in der unter Ziffer 3.5 "Treuegeld" festgelegt ist, dass im Mai des Jahres die Einmalbeträge bei 20 bis 24 Dienstjahren 60,00 Euro, bei 26 bis 39 Dienstjahren 200,00 Euro und bei 41 Dienstjahren aufwärts 300,00 Euro betragen.
    Am 25. Juni 2003 schrieb die Beklagte an den Betriebsratsvorsitzenden:
    "...
    Kündigung der A Betriebsordnung
    ...
    die unterschiedlichen Regelungen unserer freiwilligen Sozialleistungen führen in ihrer kaum noch zu überblickenden Vielfalt zu einer nicht mehr hinnehmbaren Ungleichbehandlung unserer Mitarbeiter an den B-Standorten.
    Es ist das erklärte Ziel von B, ein Sozialleistungssystem zu installieren, welches den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt und den Bedürfnissen der Mitarbeiter besser Rechnung trägt.
    Aus diesem Grunde sehen wir uns gezwungen, die oben genannte Betriebsvereinbarung fristgemäß zum 31. Dezember 2003 zu kündigen.
    ..."
    Dieses Schreiben ging im Juni 2003 beim Betriebsrat ein. Die daraus folgende Einstellung der Leistungen war spätestens im Dezember 2003 im Betrieb allgemein bekannt. Ab Januar 2004 zahlte die Beklagte an die Arbeitnehmer des H Betriebs weder Treuegelder noch Jubiläumsgelder.
    Ein Teil der Mitarbeiter klagte im Jahr 2004 und in den Folgejahren auf die Zahlung des Treuegeldes sowie des Jubiläumsgeldes. Der Kläger machte für die Jahre 2005 und 2006 kein Treuegeld geltend.
    Am 27. Juni 2005 schrieb die Beklagte dem Kläger mit der Überschrift "A Betriebsordnung Widerruf". In dem Schreiben heißt es:
    "...
    wie Sie bereits wissen, hat die Geschäftsführung die A-Musterbetriebsordnung, welche auch Jubiläumszahlungen und Treuegeld beinhaltete, zum 31. Dezember 2003 gekündigt.
    In einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin zur Wirksamkeit der Kündigung wird nunmehr von einer Widerruflichkeit der Leistungen ausgegangen. Zwar ist der Anspruch auf die Leistung unseres Erachtens bereits ohne Widerruf weggefallen. Rein vorsorglich erklären wir jedoch hiermit den Widerruf der Treue- und Jubiläumsgeldleistungen, die in Anlehnung an die A-Musterbetriebsordnung geleistet wurden.
    Der oben genannten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts lag ein Sachverhalt zugrunde, nach dem der Mitarbeiter seit Beginn seines Arbeitsverhältnisses am Standort H beschäftigt war. Sollten Sie vom Standort N nach H versetzt worden sein, ist mit Blick auf die Kündigung der Betriebsordnung aus unserer Sicht ein Widerruf der Leistungen nicht erforderlich."
    Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteilen vom 28. Juni 2006 (- 10 AZR 385/05 - BAGE 118, 360) und vom 28. März 2007 (- 10 AZR 720/05 -) den jeweiligen Klägern sowohl Treuegeld als auch Jubiläumsgeld aus betrieblicher Übung zugesprochen und den entsprechenden Anträgen für die Zukunft stattgegeben.
    Mit Schreiben vom 31. Mai 2007 forderte der Kläger die Beklagte auf, das Treuegeld für das Jahr 2007 zu zahlen. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 2. Juli 2007 ab. Hierin heißt es auszugsweise:
    "... Insbesondere besteht auch nach Maßgabe der sog. betrieblichen Übung kein Anspruch auf Treuegeld. ..."
    Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe das Treuegeld für das Jahr 2007 sowie für die Folgejahre zu, da er einen Anspruch aus betrieblicher Übung erworben habe, der nicht beseitigt worden sei. Insbesondere sei keine gegenläufige betriebliche Übung entstanden. Die Beklagte habe kein Änderungsangebot unterbreitet, das, wenn auch konkludent, annahmefähig gewesen sei. Sie habe vielmehr ihre Leistungen eingestellt, weil sie rechtsirrtümlich gemeint habe, dazu wegen der erfolgten Kündigung der A-Betriebsordnung nicht mehr verpflichtet gewesen zu sein. Ein Einverständnis hiermit habe er nicht erklärt. Er habe im Jahr 2004 noch keinen Anlass gehabt, einen noch nicht entstandenen Anspruch vorsorglich geltend zu machen.
    Der Kläger hat zuletzt beantragt,
    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 60,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2007 zu zahlen;
    2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Treuegeld entsprechend der Regelung in Ziffer 6.16 der Musterbetriebsordnung der A-Tochtergesellschaften in den neuen Bundesländern (Stand: 1. Juli 1994) und unter den dortigen Voraussetzungen in der dort jeweils geregelten Höhe an ihn zu zahlen.
    Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, die Verpflichtung zur Zahlung des Treuegeldes sei durch eine negative betriebliche Übung beseitigt worden. Ein ganz überwiegender Teil der Arbeitnehmer habe die Einstellung der Zahlungen widerspruchslos hingenommen. Im Jahr 2004 hätten 839 Arbeitnehmer Treuegeld beanspruchen können, geklagt hätten aber nur 98 Arbeitnehmer, im Jahr 2005 seien 865 Arbeitnehmer treuegeldberechtigt gewesen, von denen nur 55 geklagt hätten und im Jahr 2006 hätten von 792 berechtigten Mitarbeitern nur 39 geklagt. Mit der geänderten betrieblichen Handhabung habe sie dem Kläger ein auf Einstellung der Leistung gerichtetes Änderungsangebot unterbreitet. Auf das Kündigungsschreiben gegenüber dem Betriebsrat komme es für das Bestehen einer gegenläufigen betrieblichen Übung nicht an, weil es den Arbeitnehmern nicht bekannt gewesen sei. Die bloße tatsächliche Gewährung bzw. Nichtgewährung der Leistungen habe die betriebliche Übung begründen und auch wieder beseitigen können. Auch an § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB scheitere die gegenläufige betriebliche Übung nicht. Die Nichtzahlung der Leistungen sei klar und eindeutig und lasse keine Zweifel offen. Der Kläger habe das Angebot angenommen, da er der Einstellung der Treuegeldzahlungen in den Jahren 2004 bis 2006 nicht widersprochen habe. Etwas anderes folge nicht aus den wenigen erhobenen Klagen. Es komme nicht darauf an, welche Schlüsse der Arbeitgeber aus dem Verhalten anderer Arbeitnehmer ziehen dürfe, sondern allein darauf, wie sich derjenige Arbeitnehmer, der die Leistung beanspruche, zu einer erstmalig eingeführten oder später geänderten betrieblichen Handhabung seitens des Arbeitgebers konkret verhalten habe.
    Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung, während der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
    Entscheidungsgründe
    Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf das geltend gemachte Treuegeld aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung zu. Dies ist auch für die Zukunft festzustellen.
    I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der aufgrund einer betrieblichen Übung entstandene Anspruch sei nicht durch eine geänderte betriebliche Übung aufgehoben worden. Die Beklagte habe kein entsprechendes Angebot abgegeben. Die Nichtzahlung nach der Kündigung der MuBO zum 31. Dezember 2003 bringe allenfalls zum Ausdruck, dass die Beklagte von der Beseitigung einer vermeintlichen Anspruchsgrundlage ausgegangen sei. Auch im Schreiben vom 27. Juni 2005 habe die Beklagte dem Kläger gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass der Anspruch auf Treuegeld ihres Erachtens bereits ohne Widerruf durch die Kündigung der MuBO weggefallen sei. Die Beklagte habe das Schweigen des Klägers nicht als Annahme eines vermeintlichen Angebots interpretieren können. Sie habe keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Einstellung der Treuegeldzahlungen im Betrieb allgemein akzeptiert worden sei, auch wenn nur ein geringer Teil der Arbeitnehmer Ansprüche klageweise durchgesetzt habe.
    II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger einen Anspruch auf das Treuegeld erworben hat, der nicht beseitigt worden ist.
    1. Der Feststellungsantrag ist als Zwischenfeststellungsklage zulässig gem. § 256 Abs. 2 ZPO. Ein besonderes Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht erforderlich (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - mwN, BAGE 118, 360).
    2. Der Anspruch beruht auf einer betrieblichen Übung, die die Beklagte durch die regelmäßige vorbehaltlose Zahlung entsprechend den Regeln der MuBO begründet hat. Der Senat hat dies bezüglich des Treuegeldes im Urteil vom 28. Juni 2006 (- 10 AZR 385/05 - BAGE 118, 360) und bezüglich des Jubiläumsgeldes im Urteil vom 28. März 2007 (- 10 AZR 720/05 -) ausführlich begründet. Es bestand keine kollektivrechtliche Grundlage für die Zahlung des Treuegeldes im H Betrieb der Beklagten, da eine Betriebsvereinbarung nicht abgeschlossen wurde; eine Gesamtzusage mit dem Inhalt der MuBO ist nicht erteilt worden.
    3. Diesen vertraglichen Anspruch haben die Parteien nicht beseitigt. Insbesondere kommt eine gegenläufige betriebliche Übung nicht in Betracht.
    a) Der Senat hat im Urteil vom 18. März 2009 (- 10 AZR 281/08 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 83 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 9) seine Rechtsprechung zur sog. gegenläufigen betrieblichen Übung aufgegeben. Spätestens seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002, mit dem die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG weggefallen ist, können die zuvor aufgestellten Grundsätze zur Verschlechterung oder Beseitigung vertraglicher Ansprüche von Arbeitnehmern auf Sonderzahlungen aufgrund einer gegenläufigen betrieblichen Übung nicht mehr aufrechterhalten bleiben. Durch eine betriebliche Übung erwerben Arbeitnehmer vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Der so entstandene Rechtsanspruch ist kein vertraglicher Anspruch minderer Rechtsbeständigkeit. Der Arbeitgeber kann ihn daher genauso wenig wie einen durch ausdrückliche arbeitsvertragliche Abrede begründeten Anspruch des Arbeitnehmers unter erleichterten Voraussetzungen zu Fall bringen.
    b) Der durch die betriebliche Übung gestaltete Inhalt des Arbeitsvertrags ist nicht vertraglich abgeändert worden.
    aa) Die Beklagte hat weder ausdrücklich noch konkludent ein annahmefähiges Angebot abgegeben. Sie hat vielmehr die Leistungen eingestellt und dies - wenn überhaupt - mit der Kündigung einer nicht existenten Betriebsvereinbarung begründet. Erfüllt der Arbeitgeber bestimmte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nicht, gibt er damit nicht ohne Weiteres die rechtsgeschäftliche Erklärung ab, er wolle das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortsetzen. Ein solches Verhalten müssen die Arbeitnehmer nicht als Vertragsangebot verstehen.
    Bereits unter Anwendung der Grundsätze zur sog. gegenläufigen betrieblichen Übung hatte der Senat am 4. Mai 1999 (- 10 AZR 290/98 - BAGE 91, 283) gefordert, dass der Arbeitgeber bei Einstellung einer betrieblichen Übung ausdrücklich und unmissverständlich erklären müsse, dass die bisherige betriebliche Übung einer vorbehaltlosen Zahlung beendet und durch eine andere (oder auch keine) Leistung ersetzt werden solle. Dies hat die Beklagte nicht getan. Sie hat vielmehr sowohl in den im Jahre 2006 und 2007 entschiedenen Verfahren als auch gegenüber dem Kläger selbst ausdrücklich das Entstehen einer betrieblichen Übung bestritten.
    bb) Selbst wenn sich die Nichtzahlung des Treuegeldes und des Jubiläumsgeldes gegenüber den jeweils Anspruchsberechtigten als Angebot werten ließe, hätte der Kläger dieses durch bloßes Schweigen nicht angenommen. Die Beklagte hatte keinen Anlass, die zeitweise Nichtgeltendmachung der Ansprüche als Einverständnis mit einem Wegfall der Ansprüche aufzufassen.
    Das Schweigen gegenüber einem Angebot auf Verschlechterung eines Vertrags ist grundsätzlich keine Annahme eines solchen Angebots (§ 151 BGB). Das gilt bei einer widerspruchslosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer jedenfalls dann, wenn sich die angetragene Änderung nicht unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt (vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 129/00 - BAGE 98, 293; 20. Mai 1976 - 2 AZR 202/75 - AP BGB § 305 Nr. 4 = EzA BGB § 305 Nr. 9; 8. Juli 1960 - 1 AZR 72/60 - AP BGB § 305 Nr. 2 = EzA BGB § 305 Nr. 1). Nur die tatsächliche Praktizierung geänderter Vertragsbedingungen kann eine konkludente Erklärung sein, die einer Annahme innerhalb der Frist des § 147 BGB gleichkommt. Ein etwaiger Antrag der Beklagten zu Beginn des Jahres 2004 hätte sich jedenfalls nicht unmittelbar, sondern wegen der nur einmal jährlich fällig werdenden Treuegeldzahlung allenfalls langfristig im Arbeitsverhältnis ausgewirkt.
    Dementsprechend hat der Senat im Urteil vom 18. März 2009 (- 10 AZR 281/08 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 83 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 9) eingehend begründet, dass es mit dem Klauselverbot für fingierte Erklärungen in § 308 Nr. 5 BGB nicht zu vereinbaren ist, anzunehmen, dass eine dreimalige Nichtgeltendmachung einer aufgrund betrieblicher Übung entstandenen Forderung die Verpflichtung des Arbeitgebers beenden könne. Hieran ist festzuhalten.
    Die Beklagte selbst hat mehrfach darauf hingewiesen, dass Jubiläumsund Treuegeldzahlungen auf Betriebsversammlungen diskutiert wurden. Auch wenn nur ein verhältnismäßig geringer Anteil der Arbeitnehmer geklagt hat, führte dies zu einer Vielzahl von Prozessen, die vor den Arbeitsgerichten anhängig waren. Auch ohne Abschluss einer Musterverfahrensvereinbarung musste die Beklagte davon ausgehen, dass die Arbeitnehmer, die nicht ausdrücklich geklagt hatten, auf den Ausgang der Verfahren warteten. Die Nichtgeltendmachung hatte lediglich zur Folge, dass Ausschlussfristen verstrichen, nicht jedoch, dass das zugrunde liegende Recht verloren ging.
    4. Aus denselben Gründen ist auch der Feststellungsantrag begründet.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 147 BGB § 151 BGB § 308 Nr. 5 BGB § 611 BGB