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  • 17.10.2013 · IWW-Abrufnummer 133210

    Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 11.06.2013 – 8 SaGa 224/13

    Im Kalenderjahr des Übergangs von der Arbeitsphase in die Freistellungsphase eines im Blockmodell geführten Altersteilzeitarbeitsverhältnis entsteht der Urlaubsanspruch nach dem Umrechnungsgrundsatz nur anteilig pro-rata-temporis.


    LAG Hessen

    11.06.2013

    8 SaGa 224/13

    Tenor:

    Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Main vom 31. Januar 2013 - 20 Ga 6/13 - abgeändert:

    Die Anträge werden zurückgewiesen.

    Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    Tatbestand

    Die Parteien streiten im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens über den Umfang des Erholungsurlaubs im Jahr des Übergangs von der Arbeitsphase in die Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.

    Die Verfügungsklägerin steht seit dem 1. Januar 2001 in einem Arbeitsverhältnis zur Verfügungsbeklagten, bei der es sich um eine Bank handelt. Am 23. März 2009 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitvertrag. Danach soll das Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell durchgeführt werden. Die Arbeitsphase begann am 1. April 2009 und dauerte bis zum 15. März 2013, die Freistellungsphase begann am 16. März 2013 und soll am 28. Februar 2017 enden. Nach § 11 des Altersteilzeitvertrags richtet sich der Urlaub nach § 15 des Manteltarifvertrags für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (im Folgenden: MTV Banken). Diese Regelung lautet auszugsweise:

    "1. Der Erholungsurlaub wird für das laufende Kalenderjahr gewährt. Er beträgt - unabhängig von individuellen Arbeitszeitschwankungen - 30 Arbeitstage. Als Arbeitstage gelten alle Werktage mit Ausnahme der Sonnabende.

    ...

    3. Im Verlauf des Kalenderjahres eintretende oder ausscheidende Arbeitnehmer erhalten für jeden Beschäftigungsmonat, in dem sie mindestens 15 Kalendertage dem Betrieb angehört haben, 1/12 des vollen Jahresurlaubs, aufgerundet auf volle Arbeitstage.

    ...

    6. Kann der Erholungsurlaub nicht mehr vor dem Ausscheiden gewährt werden, so ist er durch Zahlung eines entsprechenden Gehaltsteils (1/21 des Monatsgehalts für jeden Arbeitstag) abzugelten."

    Mit Schreiben vom 25. September 2012 verlangte die Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten, ihr für das Jahr 2013 Erholungsumfang im Umfang von 30 Tagen vom 4. Februar 2013 bis zum 15. März 2013 zu gewähren. Die Verfügungsbeklagte teilte der Verfügungsklägerin am 26. November 2012 mit, dass ihr nur ein Urlaubsanspruch von 8 Arbeitstagen zustehe; sie erteilte Urlaub für die Zeit vom 6. bis 15. Februar 2013.

    Die Verfügungsklägerin hat mit der Klage vom 12. Dezember 2012, die beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main unter dem 20 Ca 8870/12 anhängig war, die Erteilung von 30 Tagen Urlaub begehrt. Nachdem im Gütetermin vom 10. Januar 2013 keine Einigung erzielt worden war, hat sie den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 15. Januar 2013 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingereicht.

    Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe im Kalenderjahr 2013 Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Der Urlaubsanspruch sei nicht im Hinblick auf den Eintritt in die Freistellungsphase des Altersteilzeitvertrags anteilig zu kürzen, denn damit sei kein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis verbunden. Das Entstehen des Urlaubsanspruchs setze allein das Bestehen des Arbeitsverhältnisses, nicht aber die Erbringung von Arbeitsleistung voraus. Eine Kürzung des Urlaubs für Ruhenszeiträume setze eine gesetzliche Regelung voraus, welche das Altersteilzeitgesetz nicht enthalte. Jedenfalls sei ihr vom 18. Februar 2013 bis 15. März 2013 der gesetzliche Jahresurlaub zu erteilen.

    Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

    die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, die Verfügungsklägerin am 4. und 5. Februar 2013 sowie in der Zeit vom 18. Februar 2013 bis einschließlich 15. März 2013 zum Zwecke der Urlaubsgewährung von der Arbeit freizustellen;

    hilfsweise, die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, die Verfügungsklägerin in der Zeit vom 18. Februar 2013 bis einschließlich zum 15. März 2013 zum Zweck der Urlaubsgewährung von der Arbeit freizustellen.

    Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

    die Anträge abzuweisen.

    Sie hat die Ansicht vertreten, der Urlaubsanspruch der Verfügungsklägerin für das Kalenderjahr 2013 betrage nur 8 Tage.

    Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat dem (Haupt-) Antrag durch Urteil vom 31. Januar 2013 - 20 Ga 6/13 - stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Verfügungsklägerin nach § 11 des Altersteilzeitvertrags iVm § 15 MTV Banken ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen zustehe. Der Urlaubsanspruch sei mit Beginn des Jahres 2013 im Umfang von 30 Tagen entstanden. Er sei nicht nach § 5 Abs. 1 c BUrlG zu kürzen, denn die Verfügungsklägerin scheide mit dem Eintritt in die Freistellungsphase nicht aus dem Arbeitsverhältnis aus. Es gehe nicht um die Suspendierung von Hauptpflichten. Das Altersteilzeitgesetz enthalte keine Regelung zur Kürzung des Erholungsurlaubs. Die Verfügungsbeklagte habe der Urlaubsgewährung entgegenstehende betriebliche Gründe nicht dargelegt.

    Das Urteil ist der Verfügungsbeklagten am 7. Februar 2013 zugestellt worden. Ihre Berufung ist am 19. Februar 2013 und ihre Berufungsbegründung am Montag, den 8. April 2013, beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen.

    Die Verfügungsbeklagte meint, dass der Urlaubsanspruch nach dem Umrechnungsprinzip anzupassen sei; da die Hauptpflichten in der Freistellungsphase suspendiert seien. Die Rechtsprechung des EuGH zur Kürzung des Urlaubs nach dem pro-rata-temporis Grundsatz bei Teilzeitarbeit und Kurzarbeit "Null" sei auf die Altersteilzeit zu übertragen.

    Nachdem die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin nach Verkündung des angefochtenen Urteils zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung in der Zeit vom 4./5. Februar 2013 und vom 18. Februar bis 15. März 2013 Urlaub gewährt hat, die Verfügungsklägerin den Rechtstreit für erledigt erklärt und die Verfügungsbeklagte der Erledigungserklärung nicht zugestimmt hat, beantragt die Verfügungsklägerin,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Januar 2013 - 20 Ga 6/13 - abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.

    Die Verfügungsbeklagte beantragt,

    die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

    Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, der Wechsel in die Freistellungsphase sei nicht als Wechsel von Vollzeit in Teilzeit "Null" anzusehen, vielmehr bestehe in der gesamten Zeit des Altersteilzeitverhältnisses ein Teilzeitarbeitsverhältnis. In der Freistellungsphase erhalte der Arbeitnehmer die Leistungen, die er zuvor erarbeitet habe. Eine Umrechnung könne erst mit Beginn der Freistellungsphase eintreten, denn für die Berechnung des Urlaubsanspruchs komme es auf die Arbeitszeit bei Inanspruchnahme des Urlaubs an.

    Wegen des weiteren Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze vom 8. April 2013 (Bl. 74 - 79 d. A.), vom 30. April 2013 (Bl. 83 d. A.), vom 21. Mai 2013 (Bl. 89 d. A.) und vom 23. Mai 2013 (Bl. 91 f. d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 11. Juni 2013 (Bl. 94 d. A.) Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe

    I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Januar 2013 - 20 Ga 6/13 - ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und darüber hinaus auch zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.

    II. Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist auch begründet. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war von Anfang an im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet, so dass nicht infolge Zeitablaufs und tatsächlicher Gewährung von Freistellung Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache eingetreten ist. Die Verfügungsbeklagte war nicht verpflichtet, der Verfügungsklägerin am 4. und 5. Februar 2013 sowie in der Zeit vom 18. Februar 2013 bis einschließlich 15. März 2013 oder nur in der Zeit vom 18. Februar 2013 bis 15. März 2013 Urlaub zu gewähren. Der Urlaubsanspruch der Verfügungsklägerin für das Kalenderjahr 2013 ist nur anteilig im Umfang von acht Arbeitstagen entstanden.

    1. Der Urlaubsanspruch der Verfügungsklägerin ist im Jahr 2013, in dem sie von der Arbeitsphase in die Freistellungsphase ihres im Blockmodell geführten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses gewechselt ist, nur anteilig entstanden. Das folgt allerdings weder aus § 11 Altersteilzeitvertrags iVm § 15 Abs. 3 MTV Banken noch aus einer Suspendierung der Hauptleistungspflichten. Der Urlaubsanspruch ist vielmehr aufgrund der Teilzeitbeschäftigung der Verfügungsklägerin nach dem Umrechnungsgrundsatz nur anteilig pro-rata-temporis entstanden.

    a) Der Urlaubsanspruch ist nicht gemäß § 11 Altersteilzeitvertrag iVm § 15 Abs. 3 MTV Banken als Teilurlaub entstanden. Nach dieser Regelung erhalten im Verlauf des Kalenderjahres ausscheidende Arbeitnehmer für jeden Beschäftigungsmonat, in dem sie mindestens 15 Kalendertage dem Betrieb angehört habe, 1/12 des vollen Jahresurlaubs, aufgerundet auf volle Arbeitstage. Diese Regelung betrifft - ebenso wie § 5 Abs. 1c BUrlG - die Fälle, in denen der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, d.h. in denen das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet wird. Das folgt aus dem Begriff "Ausscheiden" und dem Umstand, dass dieselbe Formulierung in § 11 Abs. 6 MTV Banken verwendet ist, der erkennbar eine § 7 Abs. 4 BUrlG entsprechende Regelung zur Urlaubsabgeltung enthält. Darüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 MTV Banken sind nicht erfüllt, da der Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase nicht mit einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis iSv § 11 Abs. 3 MTV Banken verbunden ist (vgl. BAG 16. Oktober 2012 - 9 AZR 234/11 -, Rn. 19, NZA 2013, 575 [BAG 16.10.2012 - 9 AZR 234/11]; BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 -, zu II 2 b der Gründe, BAGE 114, 89; BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 196/04 -, Rn. 13, AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 88).

    b) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist nicht von einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses auszugehen. In der Freistellungsphase ruht das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht. Arbeitsrechtlich erlischt zwar mit Ablauf der Arbeitsphase die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber bleibt aber verpflichtet, dem Arbeitnehmer die im Voraus erbrachte Arbeitsleistung zu vergüten. Deshalb führt der Eintritt des Arbeitnehmers in die Freistellungsphase auch nicht zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses, das das Erlöschen der beiderseitig geschuldeten Hauptpflichten voraussetzt (BAG 16. Oktober 2012 - 9 AZR 234/11 -, Rn. 19, NZA 2013, 575 [BAG 16.10.2012 - 9 AZR 234/11]; BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 196/04 -, Rn. 13, AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 88).

    c) Der Urlaubsanspruch ist jedoch aufgrund der Teilzeitbeschäftigung der Verfügungsklägerin nach dem Umrechnungsgrundsatz nur anteilig im Umfang von acht Urlaubstagen entstanden.

    aa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 MTV Banken beträgt der Erholungsurlaub - unabhängig von individuellen Arbeitszeitschwankungen - 30 Arbeitstage. Dem liegt ausweislich § 15 Abs. 1 Satz 3 MTV Banken die Verteilung der Wochenarbeitszeit auf fünf Arbeitstage zugrunde. Verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Woche, erhöht oder vermindert sich die Urlaubsdauer entsprechend pro-rata-temporis (vgl. BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 309/99 - AP BUrlG § 3 Fünf-Tage-Woche Nr. 15).

    Das folgt aus dem Umrechnungsgrundsatz (BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 309/99 - AP BUrlG § 3 Fünf-Tage-Woche Nr. 15; ErfK/Gallner, 13. Aufl., BUrlG, § 3 Rdnr. 13; Leinemann/Linck, 2. Aufl., BUrlG, § 3 Rdnr. 30; Hohmeister/Goretzki/Oppermann, BUrlG, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 29 f; Arnold/Ackermann/Rambach/Steuerer/Thiel-Koch/Tillmanns/Zimmermann, BUrlG, § 3 Rdnr. 12; Powietzka/Christ, NJW 2010, 3397; Rudkowski, NZA 2012, 74 [75]). Dieser Grundsatz, der erstmals gesetzlich in § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX für den Schwerbehinderten-Zusatzurlaub kodifiziert wurde, beruht auf einem allgemeinen für das gesamte Urlaubsrecht anwendbaren Rechtsgedanken (BAG 20. August 2002 - 9 AZR 261/01 - AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 27). Rechtsgrundlage der Umrechnung ist § 3 BUrlG, aus dem der Umrechnungsgrundsatz herzuleiten ist (BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 309/99 - aaO.; BAG 30. Oktober 2001 - 9 AZR 314/00 - EzA BUrlG § 3 Nr. 23; LAG Hessen 30. Oktober 2012 - 13 Sa 590/12, zitiert nach Juris).Dabei geht es nicht um eine Kürzung des Urlaubsanspruchs, sondern um eine Anpassung des Urlaubsanspruchs aufgrund des von der Fünf-Tage-Woche abweichenden Arbeitszeitmodells (Powietzka/Christ, NJW 2010, 3397 [3399]; Fieberg, NZA 2010, 925 [927]).

    Sofern die reduzierte Arbeitszeit unregelmäßig verteilt ist, ist bei der Umrechnung des Urlaubsanspruchs nicht auf einen Wochenzeitraum abzustellen, sondern auf einen längeren Zeitraum, ggf. einen Jahreszeitraum (BAG 22. Oktober 1991 - 9 AZR 621/90 - AP BUrlG § 3 Nr. 6; ErfK/Gallner, 13. Aufl., BUrlG, § 3 Rdnr. 16; Hohmeister/Goretzki/Oppermann, BUrlG, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 37; Arnold/Ackermann/Rambach/Steuerer/Thiel-Koch/Tillmanns/Zimmermann, BUrlG, § 3 Rdnr. 16).

    bb) Die Umrechnung ist auch bei einem im Blockmodell geführten Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Jahr des Übergangs von der Arbeits- in die Freistellungsphase vorzunehmen.

    (1) Ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist ein Teilzeitarbeitsverhältnis. Handelt es sich um ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell, ist die Arbeitszeit im Jahr des Übergangs von der Arbeitsphase zur Freistellungsphase unregelmäßig verteilt. Ist die Arbeitszeit über das Jahr gesehen auf weniger als fünf Tage verteilt, ist eine Umrechnung vorzunehmen. Es entsteht dann nur ein anteiliger Urlaubsanspruch (LAG Hessen 27. Mai 2013 - 17 Sa 93/13 -; Nimscholz/Oppermann/Ostrowicz, Altersteilzeit, 7. Aufl., S. 117; Schaub/Vogelsang, ArbR-Hdb, 13. Aufl., § 83, Rdnr. 32; aA: LAG Niedersachsen 19. Mai 2005 - 4 Sa 646/05 -nv., Bl. 30 f d.A.).

    Die von der Verfügungsklägerin zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 28. April 1998 - 9 AZR 314/97 - BAGE 88, 315; ; LAG Hessen 30. Oktober 2012 - 13 Sa 590/12, zitiert nach Juris) steht der Umrechnung nicht entgegen. In den entschiedenen Fällen ging es um einen andere Fallgestaltung, nämlich um die Umrechnung des Urlaubsanspruchs nach der Veränderung der Arbeitszeit und ihrer Verteilung. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Umfang des Urlaubsanspruchs nicht umzurechnen ist, wenn bei Beginn des Bezugzeitraums feststeht, dass der Arbeitnehmer im Laufe des Kalenderjahres von der Arbeits- in die Freistellungsphase wechselt.

    (2) Besonderheiten des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell stehen der Umrechnung nicht entgegen.

    (a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tritt der Arbeitnehmer im Blockmodell der Altersteilzeit während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Er erarbeitet hierdurch Entgelte, die nicht im Monat der Arbeitsphase ausgezahlt, sondern für die spätere Freistellungsphase zeitversetzt angespart und dann ausgezahlt werden (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 369/05 - Rn. 50, BAGE 118, 1).

    (b) Diese Vorleistung steht der Umrechnung nicht entgegen. Der Arbeitnehmer erarbeitet sich in der Arbeitsphase im Umfang seiner Vorleistungen zum einen Ansprüche auf die spätere Zahlung der Bezüge und zum anderen einen entsprechenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistungspflicht und damit ein Zeitguthaben. Das betrifft die Entgeltzahlung. Etwas anderes gilt für den Urlaub. Der Arbeitnehmer erhält während der Dauer des Altersteilzeitvertrags in der Summe den Urlaub, der seiner Vorleistung während der Arbeitsphase entspricht, und zwar nicht zeitlich versetzt und während der Arbeitsphase für die spätere Freistellungsphase angespart, sondern während der Arbeitsphase (LAG Hessen 27. Mai 2013 - 17 Sa 93/13 -; vgl. auch Schaub/Vogelsang, ArbR-Hdb, 13. Aufl., § 83, Rdnr. 32). Nähme man mit der Klägerin dagegen an, dass in der Freistellungsphase Urlaubsansprüche entstehen, erhielte der Arbeitnehmer die doppelte Zahl an Urlaubstage gemessen an der Zahl seiner Arbeitstage. Außerdem wäre dann bei Beendigung jedes Altersteilzeitverhältnisses Urlaubsansprüche aus der Freistellungsphase abzugelten.

    (3) Unionsrechtliche Bedenken gegen die Umrechnung des Urlaubsanspruchs bei Übergang von der Arbeitsphase in die Freistellungsphase bestehen nicht.

    (a) Nach der Rspr. des EuGH ist insbesondere § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeit im Anhang der RL 97/81/EG des Rates zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (in der Folge: § 4 Nr. 2 Rahmenvereinbarung) zwar dahin auszulegen, dass es nationalen Bestimmungen entgegensteht, nach denen bei Übergang von Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung der in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworbene Urlaubsanspruch, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer nicht möglich war, reduziert wird (EuGH 22. April 2010 - C-486/08 - NZA 2010, 557 [Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols]).

    Das spricht nicht gegen die Umrechnung. Der Übergang von Vollzeit- zu (verblockter) Teilzeitbeschäftigung fand vorliegend nicht im Urlaubsjahr 2013 statt, sondern mit Beginn der Altersteilzeit und damit im Urlaubsjahr 2009 (LAG Hessen 27. Mai 2013 - 17 Sa 93/13 -). Selbst wenn man den Übergang von der Arbeitsphase in die Freistellungsphase als Übergang von Vollzeit- in Teilzeitbeschäftigung (im Sinne einer "Teilzeitbeschäftigung Null") werten wollte, führte die Umrechnung nicht zur nachträglichen Minderung eines zuvor erworbenen Urlaubsanspruchs. Abzustellen ist auf den laufenden Bezugszeitraum (EuGH 22. April 2010 - C-486/08 - aaO. [Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols], Rdnr. 32 f.).

    (b) Außerdem findet nach der Rspr. des EuGH der in § 4 Nr. 2 Rahmenvereinbarung niedergelegte Pro-rata-temporis-Grundsatz auf die Urlaubsgewährung für Zeiten der Teilzeitbeschäftigung grundsätzlich Anwendung; die Minderung des Anspruchs auf Jahresurlaub gegenüber dem bei Vollzeitbeschäftigung bestehenden Anspruch ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt (EuGH 08. November 2012 - C-229/11, C-230/11 - NZA 2012, 1273 [EuGH 08.11.2012 - Rs. C-229/11; C-230/11] [Heimann, Toltschin], Rdnr. 34), wobei ausweislich der Vorlagebeschlüsse (ArbG Passau 13. April 2011 - 1 Ca 62/11 - BB 2012, 1162; 13. April 2011 - 1 Ca 63/11 - Volltext: juris) ebenfalls unterjährig Einführung von nach Ansicht des EuGH mit der Situation Teilzeitbeschäftigter vergleichbarer (EuGH 08. November 2012 - C-229/11, C-230/11 - aaO. [Heimann, Toltschin], Rdnr. 32) "Kurzarbeit Null" erfolgte (LAG Hessen 27. Mai 2013 - 17 Sa 93/13 -).

    2. Bei der Umrechnung errechnet sich für die Verfügungsklägerin ein Urlaubsanspruch für das Jahr 2013 im Umfang von acht Arbeitstagen. Diesen Anspruch hat die Verfügungsbeklagte durch Urlaubsgewährung in der Zeit vom 6. bis 15. Februar 2013 erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

    III. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

    RechtsgebietATZGVorschriften§ 1 ATZG