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  • 17.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140159

    Landesarbeitsgericht Nürnberg: Beschluss vom 01.10.2013 – 4 Ta 128/13

    1. Der im Vergleich geregelte Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses mit einem bestimmten Inhalt ist mit einem Bruttomonatsentgelt zu bewerten (vgl. Streitwertkatalog, B I 24.2).

    2. Eine in den Vergleich aufgenommene Feststellung von Zahlungsansprüchen zur Insolvenztabelle ist nach § 182 InsO nicht mit dem Nominalbetrag sondern der zu erwartenden Quote zu bewerten.


    LAG Nürnberg

    01.10.2013

    4 Ta 128/13

    Gründe

    I.

    Der bei der Firma H... GmbH & Co. KG ab dem 15.04.2008 gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt EUR 9.167,-- beschäftigte Kläger hat in dem gegen seine Arbeitgeberin geführten Rechtsstreit die Unwirksamkeit der ihm ausgesprochenen Kündigung vom 21.02.2012 zum 30.06.2012 geltend gemacht.

    Mit Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 01.08.2012 ist über das Vermögen dieser Firma das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. S... zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

    Das unterbrochene Verfahren ist vom Insolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 14.05.2013 wieder aufgenommen worden.

    Das gerichtliche Verfahren ist durch feststellenden Beschluss vom 29.05.2013 beendet worden, denn die Parteien haben sich im Wege des Vergleichs über eine Vertragsbeendigung zum 30.06.2012, die Feststellung eines Abfindungsanspruchs von EUR 50.000,-- zur Insolvenztabelle, die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses und eine umfassende Abgeltungsklausel geeinigt.

    Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 29.05.2013 den Streitwert für das Verfahren auf EUR 27.501,-- und einen Vergleichswert von EUR 36.668,-- festgesetzt

    Gegen den ihm am 29.05.2013 formlos zugeleiteten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im eigenen Namen mit dem am 25.06.2013 beim Erstgericht eingegangenen Schriftsatz vom 22.06.2013 Beschwerde eingelegt.

    Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines Streitwertes von EUR 67.500,-- für Verfahren und Vergleich, da der Kläger in dieser Höhe Gehaltsforderungen zur Insolvenztabelle angemeldet hatte.

    Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 13.11.2012 der Beschwerde teilweise abgeholfen und den überschießenden Vergleichswert um EUR 6.750,-- erhöht. Dies nachdem aufgrund des gerichtlichen Hinweises auf die Sonderregelung des § 182 InsO der Beklagte eine zu erwartende Quote im zweistelligen Bereich mitgeteilt hatte.

    Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.

    II.

    1. Die Beschwerde ist zulässig.

    Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist.

    Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt EUR 200,--, denn bereits die einfache Gebührendifferenz zwischen dem festgesetzten und dem begehrten Gebührenstreitwert beträgt nach der Anlage 2 zum RVG EUR 442,--.

    Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG.

    Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann gegen die gerichtliche Festsetzung aus eigenem Recht das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, da die gerichtliche Gebührenfestsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist.

    2. Die Beschwerde ist sachlich nicht begründet.

    Das Arbeitsgericht hat sein bei der Streitwertfestsetzung gegebenes Ermessen in Bezug auf die Bewertung des Bestandsstreits der Parteien und ihrer Regelungen in dem abgeschlossenen Vergleich nachvollziehbar ausgeübt und die hierbei gegebenen Grenzen nicht überschritten.

    a) Vom Erstgericht ist gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG für den Bestandsstreit zutreffend ein Vierteljahresverdienst des Klägers in Höhe von EUR 27.501,-- in Ansatz gebracht worden.

    Eine Erhöhung des Verfahrensstreitwertes im Hinblick auf die Anmeldung von Zahlungsansprüchen zur Insolvenztabelle scheidet aus, da Zahlungsansprüche des Klägers nicht Streitgegenstand des Klageverfahrens gewesen sind.

    b) Hinsichtlich des in den Vergleich aufgenommenen Anspruchs auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis hat sich das Arbeitsgericht an dem Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit orientiert, wonach der Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnis regelmäßig mit einem Bruttomonatsentgelt zu bewerten ist (B I Ziffer 24.2 Streitwertkatalog).

    c) Der Mehrwert des Vergleichs hat sich nach Aufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einigung der Parteien über einen zur Insolvenztabelle festzustellenden Zahlungsanspruch des Klägers an der Sonderregelung des § 182 InsO zu orientieren.

    Nach dieser Vorschrift bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes einer Klage auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle nicht nach dem Nominalbetrag sondern dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist.

    § 182 InsO ist als Sonderregelung zu der allgemeinen Wertvorschrift des § 40 GKG bei allen Klagen gemäß §§ 179, 180 InsO auf Feststellung einer bestrittenen Insolvenzforderung zu berücksichtigen, und zwar sowohl bei einer Neuklage als auch einer Prozessaufnahme (vgl. LAG Nürnberg v. 01.02.2013 - 4 Ta 167/12 - ZInsO 2013, 627; LAG Baden-Württemberg v. 03.05.2012 - 5 Ta 3/12 - NZA RR 2012, 378).

    Bei dem im Rahmen des § 182 InsO zu betätigenden gerichtlichen Ermessen ist auf die für das Gericht schätzbare Quote für die Insolvenzgläubiger abzustellen (vgl. LAG Nürnberg aaO; LAG Rheinland-Pfalz vom 01.03.2010 - 1 Ta 16/10 - zitiert in [...]).

    Es besteht keine generelle Verpflichtung, die Insolvenzakte beizuziehen und auszuwerten. Vielmehr kann regelmäßig die Auskunft des Insolvenzverwalters die Grundlage für die Wertbestimmung sein. Nur wenn entsprechende Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung vorliegen, sind vom Gericht weitere Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen. Hierbei sind eventuelle Einwendungen der Prozessbeteiligten zu beachten und zu würdigen (vgl. LAG Nürnberg, LAG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).

    Im vorliegenden Fall ist von dem Insolvenzverwalter eine Quote im zweistelligen Bereich in Aussicht gestellt worden.

    Dies hat das Erstgericht berücksichtigt, als es die vom Kläger zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung in Höhe von EUR 67.500,--, die in die Regelung in Ziffer 2 des Vergleichs eingeflossen ist, mit 10% bewertet hat.

    Vom Beschwerdeführer sind zu der Teilabhilfe-Entscheidung des Erstgerichts keine Tatsachen dafür vorgetragen worden, dass eine höhere Bewertung geboten wäre.

    In Ermangelung konkreter Einwände sind seitens des Gerichts keine weiteren Nachprüfungen veranlasst. Von der Richtigkeit der Angaben des Insolvenzverwalters war in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren auszugehen.

    III.

    Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.

    Im Hinblick auf die Kostenregelung des § 68 Abs. 3 GKG ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

    RechtsgebieteZPO, GKG, InsOVorschriften§ 3 ZPO; § 42 Abs. 3 S. 1 GKG; § 182 InsO