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  • 06.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141502

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 24.01.2014 – 1 Sa 451/13

    1.Spricht der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung aus und stellt nachfolgend dem Arbeitnehmer in Aussicht, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, um diesen zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen, ohne dass gegenüber der zuvor ausgesprochenen ordentlichen Kündigung neue kündigungsrelevante Tatsachen eingetreten oder bekannt geworden sind, ist der Aufhebungsvertrag unter dem Gesichtspunkt widerrechtlicher Drohung anfechtbar.

    2.Der allgemeine Feststellungsantrag mit dem Ziel festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch den (wirksam angefochtenen) Aufhebungsvertrag beendet worden ist, bleibt ohne Erfolg, wenn eine ebenfalls ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis wirksam zum gleichen Zeitpunkt beendet hat, zu dem das Arbeitsverhältnis auch durch den (angefochtenen) Aufhebungsvertrag beendet werden sollte.


    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.8.2013, Az. 4 Ca 4391/12, wird zurückgewiesen.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung und eines Aufhebungsvertrages.

    Der 1973 geborene und zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit dem 23. August 2010, zuletzt im Bereich Einkauf, beschäftigt. Zur Durchführung der Arbeiten wird ein EDV-Programm genutzt. Der Arbeitsplatz des Klägers ist daher mit einem PC ausgestattet, über welchen auch ein Internet-Zugang möglich ist. Der Kläger verfügt ferner über eine dienstliche E-Mail-Adresse. Die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit ist nicht gestattet. Streitig ist zwischen den Parteien insoweit allerdings, ob ein Hinweis hierauf über mehrere Wochen hinweg im Jahr 2011 auch dergestalt erfolgte, dass beim Starten des Rechners eine entsprechende Meldung angezeigt wurde.

    Mit Schreiben vom 10. Februar 2012 (Bl. 36 d. A.) erhielt der Kläger eine Abmahnung folgenden Wortlauts:

    "...
    Am 31.01.2012 mussten wir feststellen, dass Sie während der Arbeitszeit an ihrem PC Arbeitsplatz regelmäßig private E-Mail Schreiben aufsetzten und versenden.

    Sie haben dadurch Ihre Pflicht, während Ihrer Arbeitszeit Ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, verletzt. Wir fordern Sie auf, in Zukunft Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.

    Sofern Sie noch einmal private Arbeiten an Ihrem Arbeitsplatz vornehmen, werden wir Ihr Arbeitsverhältnis ordentlich, gegebenenfalls außerordentlich kündigen."

    Am 19. November 2012 wurde der Geschäftsführer der Beklagten darüber unterrichtet, dass der Kläger während der Arbeitszeit im Zeitraum Oktober bis November 2012 das Internet und auch sein Mobiltelefon privat genutzt habe.

    Mit Schreiben vom 21. November 2012, dem Kläger persönlich am Folgetag übergeben, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2012. Sodann wurde dem Kläger ebenfalls am 22. November 2012 ein "Abwicklungsvertrag" vorgelegt, in dessen § 1 Folgendes vereinbart wurde:

    "Beendigung des Arbeitsverhältnisses

    Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 23.08.2010, wird unter Einhaltung der vertraglichen Frist zum 31.12.2012, vorsorglich zum zulässigen Termin aus betriebsbedingten Gründen beendet."

    Hinsichtlich des weiteren Inhalts des genannten Vertrages wird auf Bl. 37 ff. d. A. Bezug genommen.

    Der Kläger wollte im Gespräch mit dem Geschäftsführer erreichen, dass der genannte Vertrag noch eine Änderung erfährt, wozu der Geschäftsführer der Beklagten nicht bereit war. Der Geschäftsführer der Beklagten äußerte sodann sinngemäß, wenn es nicht zur Unterzeichnung des Vertrages käme, müsse das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt werden.

    Der Kläger ist der Auffassung, sowohl die ordentliche Kündigung, als auch der genannte Vertrag seien rechtsunwirksam. Er hat erstinstanzlich geltend gemacht, Kündigungsgründe lägen nicht vor. Die seinerzeitige Abmahnung sei unberechtigt, da er in den E-Mails von Januar 2012 während einer laufenden Fortbildungsmaßnahme, an welcher auch seine heutige Freundin teilgenommen habe, mit dieser Themen der Fortbildungsveranstaltung diskutiert habe. Online-Ausgaben von Zeitungen habe er nur gelegentlich und nur während der Mittagspause gelesen. Den Abwicklungsvertrag habe er nur deshalb unterzeichnet, weil der Geschäftsführer ansonsten den Ausspruch einer fristlosen Kündigung angedroht habe.

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28. August 2013 (Bl. 104 ff. d. A.).

    Nach Vernehmung des Zeugen S. (vgl. Bl. 98 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht durch das genannte Urteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche schriftliche Kündigung der Beklagten vom 21. November 2012 nicht zum 31. Dezember 2012 aufgelöst wurde und im Übrigen die Klage mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst wurde, abgewiesen.

    Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt:

    Die ordentliche Kündigung sei mangels sozialer Rechtfertigung rechtsunwirksam. Die Beweisaufnahme habe nicht die Behauptung bestätigt, der Kläger habe in den von der Beklagten genannten Zeiträumen durchgängig private Dinge erledigt. Es sei offen geblieben, ob es sich letztlich nur um wenige Minuten pro Tag oder um stundenlange Vorfälle gehandelt habe. Damit hätten sich zugleich auch die einzigen objektiven Anhaltspunkte für den Ausspruch einer Verdachtskündigung zerschlagen.

    Das Arbeitsverhältnis habe jedoch infolge des Vertrages vom 22. November 2012 seine Beendigung gefunden. Diese Vereinbarung sei nicht wirksam angefochten worden, da es an einer widerrechtlichen Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB fehle. Ein verständiger und besonnen handelnder Arbeitgeber habe zum damaligen Zeitpunkt unter Berücksichtigung der objektiv vorliegenden Anhaltspunkte den Ausspruch einer außerordentlichen Verdachtskündigung in Betracht ziehen können.

    Das genannte Urteil ist dem Kläger am 08. Oktober 2013 und der Beklagten am 14. Oktober 2013 zugestellt worden. Der Kläger hat gegen das Urteil mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2013, beim Landesarbeitsgericht am 23. Oktober 2013 eingegangen, Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Die Beklagte hat ihrerseits Berufung eingelegt mit Schriftsatz vom 07. November 2013, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, und diese mit Schriftsatz vom 20. November 2013, am Folgetag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründet.

    Der Kläger begehrt mit seiner Berufung die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Vereinbarung vom 22. November 2012 mit Ablauf des 31. Dezember 2012 beendet worden ist. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung die Abweisung der Klage insgesamt.

    Zur Begründung seiner Berufung und in Erwiderung auf die Berufung der Beklagten macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Die von der Beklagten in Anspruch genommenen Kündigungsgründe hätten einen verständigen Arbeitgeber nicht dazu veranlasst, eine außerordentliche Kündigung in Erwägung ziehen zu können. Zum Einen habe das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Kündigungsgründe feststellbar seien. Zum Anderen betrage die Frist der ordentlichen Kündigung lediglich einen Monat. Unter Berücksichtigung bestehender Unterhaltspflichten wäre es im Rahmen der Interessenabwägung unverhältnismäßig, auf die behaupteten Pflichtverstöße mit einer außerordentlichen Kündigung zu reagieren.

    Der Kläger beantragt,

    unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Vereinbarung vom 22. November 2012 mit Ablauf des 31. Dezember 2012 beendet worden ist.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28. August 2013, Az.: 4 Ca 4391/12, teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

    Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil insoweit, als dieses von der Rechtswirksamkeit des Aufhebungsvertrages ausgegangen ist. Nicht nur durch die Abmahnung vom 10. Februar 2012 sei dem Kläger das Verbot privater Internetnutzung bekannt gewesen. Aus der Aussage des Zeugen ergebe sich, dass der Kläger über Stunden ein Browser-Fenster der Online-Ausgabe einer Zeitung geöffnet gehalten habe und während der Arbeitszeit sein privates Handy bedient habe. Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung stelle sich unter Berücksichtigung dessen nicht als widerrechtlich dar. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht aber die ordentliche Kündigung vom 21. Oktober 2012 als rechtsunwirksam angesehen. Der Zeuge habe bestätigt, dass er das geöffnete Browser-Fenster - wie im Verfahren angegeben - geöffnet gesehen habe. Hieraus folge zwingend, dass während dieser Zeiten die Programme zur Bearbeitung des Arbeitsanfalls nicht aktiv gewesen seien und der Kläger mithin in ihnen nicht gearbeitet haben könne. Der Kläger habe damit trotz berechtigter Abmahnung gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen. Die Berechtigung der seinerzeitigen Abmahnung ergebe sich daraus, dass der Kläger E-Mails mit privatem Inhalt versendet habe.

    Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Berufungskammer hat Beweis erhoben durch (erneute) Vernehmung des Zeugen S.. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. Januar 2014 (Bl. 207 ff. d. A.) Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Berufungen sind zulässig. Die Rechtsmittel sind jeweils an sich statthaft und wurden form- und fristgerecht eingelegt und - auch inhaltlich ausreichend - begründet.

    II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, die der Beklagten begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die Kündigung der Beklagten vom 21. November 2012 aufgelöst. Zum Zeitpunkt der mit der Vereinbarung vom 22. November 2012 beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand daher kein Arbeitsverhältnis mehr, so dass ungeachtet der begründeten Anfechtung dieser Vereinbarung der auf Feststellung der Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses durch die genannte Vereinbarung gerichtete Feststellungsantrag des Klägers unbegründet ist.

    Die Berufung des Klägers kann nur Erfolg haben, wenn das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2012 noch bestand, d.h. weder infolge der Vereinbarung vom 22. November 2012, noch in Folge der ordentlichen Kündigung vom 22. November 2012 zum 31. Dezember 2012 aufgelöst worden ist.

    Eine Kündigungsschutzklage kann nur begründet sein, wenn zum Zeitpunkt der mit der Kündigung beabsichtigten Beendigung des Rechtsverhältnisses überhaupt noch ein Arbeitsverhältnis bestand. Andernfalls kann nicht festgestellt werden, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung nicht aufgelöst worden (BAG 14.6.2006 -5 AZR 592/05- EzA § 5 ArbGG 1979 Nr. 40). Entsprechendes gilt, wenn wie im vorliegenden Fall eine wirksame Kündigung ausgesprochen ist und zudem eine auf den gleichen Beendigungszeitpunkt gerichtete Aufhebungsvereinbarung geschlossen wird und diese rechtsunwirksam ist. Dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch durch eine solche Vereinbarung nicht beendet worden ist, kann nicht entsprochen werden, weil das Arbeitsverhältnis dann bereits durch die Kündigung beendet worden ist.

    Vorliegend ist zwar die Vereinbarung vom 22. November 2012 durch den Kläger mit Schreiben vom 10. Januar 2013 mit der Rechtsfolge ihrer von Anfang an bestehenden Nichtigkeit wegen einer widerrechtlichen Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB angefochten worden. Die von der Beklagten vor Abschluss dieser Vereinbarung ausgesprochene ordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis jedoch beendet.

    a) Nach den erstinstanzlichen Feststellungen hat die Beklagte dem Kläger nach Übergabe der ordentlichen Kündigung und Weigerung des Klägers, die genannte Aufhebungsvereinbarung zu unterzeichnen, diesem den Ausspruch einer fristlosen Kündigung in Aussicht gestellt.

    b) Die Beklagte hat hiermit gegenüber dem Kläger die Zufügung eines zukünftigen empfindlichen Übels angekündigt, dessen Verwirklichung in ihrer Macht lag (vgl. etwa BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - EzA § 123 BGB 2002 Nr. 7). Diese Drohung war auch widerrechtlich. Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.

    Die Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung kann sich regelmäßig nur aus der Inadäquanz von Mittel und Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung widerrechtlich. Nicht erforderlich ist, dass sich die angedrohte Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte (BAG 28. November 2007, aaO.).

    Vorliegend hätte ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung schon deshalb nicht in Betracht gezogen, weil zuvor bereits bei im Übrigen unverändertem Sachverhalt eine ordentliche Kündigung ausgesprochen worden war. Es ist anerkannt, dass ein Arbeitgeber ohne Hinzutreten weiterer Pflichtverletzungen nicht wegen solcher Pflichtverletzungen eine Kündigung aussprechen kann, die Gegenstand einer Abmahnung waren. Im Ausspruch einer Abmahnung liegt der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den bereits mit der Abmahnung gerügten Gründen (etwa BAG 26.November 2009 - 2 AZR 751/08 - EzA § 611 BGB 2002 Abmahnung Nr. 5). Dieser Gedanke gilt entsprechend, wenn wegen einer Pflichtverletzung bereits eine ordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Ohne das Hinzutreten weiterer Pflichtverletzungen bzw. dem Bekanntwerden weiterer, bisher nicht bekannter Pflichtverletzungen, kann nicht wirksam eine weitere, diesmal außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Durch den Ausspruch der ordentlichen Kündigung hat der Arbeitgeber zum Ausdruck gebracht, dass er das Vertragsverhältnis noch nicht in einem solchen Ausmaß als gestört betrachtet, dass ihm noch nicht einmal dessen Fortsetzung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist. Durch den Ausspruch einer solchen außerordentlichen Kündigung setzt sich der Arbeitgeber damit in Widerspruch zu seinem eigenen vorherigen Verhalten. Auf die Frage, ob die von der Beklagten geltend gemachten Gründe angesichts der Kürze der Kündigungsfrist unter Berücksichtigung des Gewichts der Gründe dergestalt sind, dass ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen konnte, kommt es daher nicht mehr an.

    c) Das Arbeitsverhältnis wurde jedoch durch die ordentliche Kündigung vom 22. November 2012 zum 31. Dezember 2012 aufgelöst. Dies führt aus den bereits dargelegten Erwägungen zur Abweisung der Klage insgesamt und damit zur Erfolglosigkeit der Berufung des Klägers und zum Erfolg der Berufung der Beklagten.

    Die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten ist rechtswirksam. Sie ist aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt und damit nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam. Andere Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich.

    aa) Ein an sich zu einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung rechtfertigender Grund liegt u.a. vor, wenn der Arbeitnehmer trotz vorheriger berechtigter Abmahnung wiederholt seine Arbeitspflicht schuldhaft verletzt (statt aller: KR-KSchG/Griebeling, 10. Aufl., § 1 KSchG, Rz. 432 ff m. w. N.). Eine kündigungsrechtlich relevante Arbeitspflichtverletzung liegt auch in der privaten Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets während der Arbeitszeit (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 581/04 - EzA § 626 BGB 2002 Nr. 10).

    bb) Zunächst ist festzuhalten, dass der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 10.12.2012 (Bl. 36 d. A.) berechtigt abgemahnt wurde, da er während der Arbeitszeit in nicht nur unerheblichem Umfang private E-Mails über seinen Arbeitsplatzrechner versendet hat.

    Nachdem der Kläger sich zunächst erstinstanzlich - insoweit wahrheitswidrig - dahingehend eingelassen hat, er habe ausschließlich während einer laufenden Fortbildungsmaßnahme diese betreffende Fragen mit seiner Freundin per E-Mail diskutiert, hat er an diesem Vortrag im Berufungsverfahren nach Vorlage diverser Mails (Bl. 166 - 189 d. A.), die eindeutig in keinem Zusammenhang mit einer Fortbildung stehen, sondern rein privater Natur sind, nicht mehr festgehalten. Der Kläger ist zudem der Behauptung der Beklagten nicht entgegengetreten, dass ihm das Verbot privater Internetnutzung während der Arbeitszeit bekannt war. Strittig blieb in diesem Zusammenhang nur, ob dieses Verbot den Mitarbeitern im Jahr 2011 durch eine jeweils bei Starten des Rechners erscheinende E-Mail über einen längeren Zeitraum hinweg kommuniziert wurde.

    cc) Trotz dieser demnach berechtigten Abmahnung hat der Kläger auch danach wiederholt seine Arbeitspflicht durch private Internetnutzung verletzt. Dies ergibt sich aus der Aussage des im Berufungsverfahren erneut vernommenen Zeugen S..

    Zutreffend ist zwar, dass der Zeuge S. hinsichtlich des 15. November 2012 keine eigene Wahrnehmung bekunden konnte. Ebenfalls ist zutreffend, dass der Zeuge nicht ausschließen konnte, dass der Kläger trotz geöffneter, nicht der Arbeit des Klägers zuordenbarer Internetseiten, zwischendurch Arbeiten erledigt hat. Gleichwohl ergibt sich aus der Aussage, dass der Kläger - insoweit auch als Gegenstand eigener Wahrnehmung des Zeugen - an den Tagen 31. Oktober, 2. November, 7. November und 19. November 2012 online Zeitung gelesen hat, wenn auch der genaue zeitliche Umfang nicht feststeht. Der Zeuge hat bekundet, dass in den von ihm angegebenen Zeiten, die sich hinsichtlich ihrer Dauer zwischen 1 Stunde und 2,5 Stunden bewegen, ein Browser-Fenster der XXX-Zeitung geöffnet war. Das Aufrufen dieses Internet-Auftritts und das Geöffnet lassen des Browserfensters lassen sich aber nur damit erklären, dass der Kläger in den angegebenen Zeitfenstern zumindest auch die Zeitungsinhalte gelesen hat. Der Zeuge hat auch geschildert, dass die Erledigung der Arbeiten ganz überwiegend mittels der Software der Beklagten erfolgt und bei deren Benutzung anderweitig geöffnete Browser-Fenster in den Hintergrund treten. Hieraus folgt, dass der Kläger seine Arbeitspflicht nicht nur in einem völlig geringfügigen Ausmaß verletzt hat, denn der Zeuge konnte bestätigen, dass er das geöffnete Browser-Fenster mit Zeitungslogo jeweils über längere Zeiträume hat wahrnehmen können.

    Hierdurch hat der Kläger seine Arbeitspflicht erneut verletzt. Nach eigenem Sachvortrag des Klägers war die Arbeitszeit von 8.00 Uhr - 16.00 Uhr, unterbrochen durch eine Mittagspause von 12.30 Uhr - 13.00 Uhr. Sämtliche der vom Zeugen mitnotierten Zeiten der genannten Tage bewegen sich außerhalb der Mittagspause, so dass der Sachvortrag des Klägers, er habe allenfalls während der Mittagspause online Zeitung gelesen, nicht zutreffen kann.

    Der Zeuge ist auch glaubwürdig. Er hat deutlich kenntlich gemacht, welche Beobachtungen er selbst aufgrund welcher Umstände machen konnte. Er war - da von seinem Vorgesetzten hierum gebeten - für ein mögliches Fehlverhalten des Klägers sensibilisiert und hat das Geschehen nicht nur randläufig, sondern gezielt beobachtet und notiert. Er hat auch die räumliche Situation, aufgrund derer er beobachten konnte, lebendig und detailreich geschildert und sich nicht in Widersprüche verstrickt. Ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits ist nicht ersichtlich. Auch nach seinem persönlichen Eindruck auf das Gericht bestehen an der Glaubwürdigkeit keine Zweifel.

    d) Diese neuerlichen Pflichtverletzungen erfolgten auch schuldhaft. Dem Kläger war das Verbot privater Internetnutzung während der Arbeitszeit bekannt. Anders lässt sich sein Sachvortrag, er habe nur während der Pausen online Zeitung gelesen, nicht verstehen. Die Beklagte hatte dem Kläger zudem durch die Abmahnung vom 10. Februar 2012 unmissverständlich verdeutlicht, dass sie die Erledigung privater Angelegenheiten während der Arbeitszeit nicht duldet und erwartet, dass während der Arbeitszeit diese für die Erledigung der anfallenden Arbeiten verwendet wird.

    e) Auch die abschließend vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus. Zu Gunsten des Klägers war zu berücksichtigen, dass er mittlerweile 2 Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist. Weitere Gesichtspunkte, die zugunsten des Klägers sprechen, sind nicht dargelegt oder ersichtlich. Das Arbeitsverhältnis bestand zum Zeitpunkt es Zugangs der Kündigung etwas mehr als 2 Jahre, wobei es allerdings - wie durch die berechtigte Abmahnung vom 10. Februar 2012 dokumentiert - bereits zuvor infolge von Pflichtverletzungen des Klägers gestört war. Der Kläger ist im Jahre 1973 geboren, so dass altersbedingte besondere Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nicht zu erwarten sind. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte überwiegt das Beendigungsinteresse der Arbeitgeberin. Dem Kläger fällt ein erhebliches Verschulden zur Last. Die berechtigte Abmahnung erfolgte nur relativ kurz vor den neuerlichen Pflichtverletzungen und hat damit offensichtlich den Kläger unbeeindruckt gelassen. Nach eigenem Sachvortrag des Klägers hatte dieser seinem Vorgesetzten mit dem Ziel der Rücknahme der Abmahnung auch erläutert, dass er nur gelegentlich im Zusammenhang mit einer Fortbildung per E-Mail Fragen der Fortbildung diskutiert habe, was ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten Ausdrucke des Mail-Verkehrs nicht zutrifft. Auch dies spricht dagegen, dass andere, mildere Mittel als das der ordentlichen Kündigung zu einer Verhaltensänderung des Klägers führen würden.

    III. Das angefochtene Urteil war daher auf die Berufung der Beklagten teilweise, wie aus dem Tenor ersichtlich, abzuändern und die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

    Vorschriften§ 123 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 KSchG, § 1 Abs. 1 KSchG, §§ 97, 91 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG