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  • 05.05.2021 · IWW-Abrufnummer 222144

    Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 23.10.2020 – 10 SaGa 863/20

    1. Streiten die Parteien um die Wirksamkeit einer Versetzung, so besteht dann kein Verfügungsanspruch gerichtet auf Beschäftigung zu den alten Arbeitsbedingungen, wenn nach der Versetzung eine Kündigung ausgesprochen worden und diese nicht offensichtlich unwirksam ist.

    2. Macht der Arbeitnehmer im einstweiligen Verfügungsverfahren nach einer umstrittenen Versetzung einen Anspruch auf Beschäftigung geltend, so begehrt er der Sache nach eine Vorwegnahme der Hauptsache. Daher kann nach einer Interessenabwägung ein Verfügungsgrund nur dann bejaht werden, wenn der Antragsteller entweder ein gesteigertes Abwehrinteresse, z.B. Pflege naher Angehöriger, Verlust von Fachwissen o.ä., darlegen kann oder aber die Versetzungsmaßnahme offensichtlich unwirksam ist.

    3. Die vorherige Anhörung des von einer Versetzung betroffenen Arbeitnehmers nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TVöD ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der personellen Maßnahme.

    4. Es ist grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft i.S.d. § 106 GewO, wenn der Arbeitgeber eine örtliche Versetzung ausspricht, um einer Konfliktsituation am Arbeitsplatz entgegenzuwirken.


    Tenor:

    Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 06. Juli 2020 ‒ 21 Ga 75/20 ‒ wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um die Frage, wie die Verfügungsklägerin zu beschäftigen ist.



    Der Verfügungsbeklagte ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in A. Vereinszweck ist u.a. die Betreuung und Unterhaltung von Obdachlosenunterkünften. Insgesamt werden ca. 4.500 Klienten betreut. Ein Betriebsrat ist gewählt.



    Die bei Antragseingang 43 Jahre alte Verfügungsklägerin war seit dem 11. November 2013 als Verwaltungsmitarbeiterin in Teilzeit bei dem Verfügungsbeklagten beschäftigt. Grundlage ist der schriftliche Arbeitsvertrag vom 11. November 2013. Darin heißt es u.a.



    „…§ 2 Aufgabe, Arbeitszeit, Veränderung vertraglicher Bedingungen Der/die Arbeitnehmer/in wird als Verwaltungsmitarbeiterin eingestellt.



    Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem/der Arbeitnehmer/in einseitig auch andere zumutbare Aufgaben zuzuweisen, die nach Art und Umfang seiner/ihrer Ausbildung, seinen/ihren Erfahrungen und seinen/ihren Fähigkeiten entsprechen und/oder ihn/sie an einen anderen Arbeitsplatz an einem anderen Arbeitsort/in einer anderen Betriebsstätte des Arbeitgebers zu versetzen, ohne dass es einer (Änderungs-)Kündigung des Anstellungsvertrags bedarf. …“



    Hinsichtlich der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird verwiesen auf Bl. 12 - 18 der Akte. Das Bruttomonatsgehalt belief sich auf 2.511 Euro.



    Die Verfügungsklägerin wurde zumindest unstreitig seit 2015 in der Buchhaltung in der Vereinszentrale eingesetzt. Dort war sie schwerpunktmäßig mit Tätigkeiten im Zusammenhang mit Entgeltabrechnungen betraut. Ob Sie zwischenzeitlich in dem Bereich SoNo (Soziale Notlagen) eingesetzt war, ist zwischen den Parteien im Streit.



    An dem Arbeitsplatz der Verfügungsklägerin bestand eine Konfliktsituation, insbesondere zwischen der Verfügungsklägerin und Frau B. Jedenfalls seit Januar 2020 ist ein Coach hinzugezogen worden. In einem Gespräch vom 8. Juni 2020 führte die Verfügungsklägerin aus, dass sie sich von ihrem Vorgesetzten gemobbt fühle.



    Mit Schreiben vom 25. Juni 2020 (Bl. 28 der Akte) teilte der Verfügungsbeklagte mit, dass die Verfügungsklägerin ab dem 1. Juli 2020 in den Bereich SoNo versetzt werde. Neuer Arbeitsort sollte die Übernachtungsstätte im C in A sein.



    Zuvor ist der Betriebsrat zu der beabsichtigten Maßnahme mit Schreiben vom 18. Juni 2020 (Anl. BB3) beteiligt worden. Dabei wurde mitgeteilt, dass die Kostenstelle bei der Frauenberatungsstelle angesiedelt sein sollte, der Einsatzort sollte der Bereich SoNo sein. Der Betriebsrat hat am 24. Juni 2020 seine Zustimmung erteilt.



    Der Verfügungsbeklagte hat das Arbeitsverhältnis mittlerweile mit Schreiben vom 22. September 2020 außerordentlich und mit Schreiben vom 28. September 2020 hilfsweise ordentlich gekündigt. Die Verfügungsbeklagte hat hiergegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt a.M. erhoben.



    Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Versetzungsanordnung rechtswidrig sei. Sie hat behauptet, dass bei der Übernachtungsstätte im C nur Baracken, keine richtigen Büroräume zur Verfügung stünden. Sie bräuchte längere Zeit, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin zu gelangen. Sie müsse sich dort den Arbeitsplatz mit einer anderen Vollzeitmitarbeiterin teilen. Bei der neuen Arbeitsstelle bestünde ihre Tätigkeit im Wesentlichen in dem Buchen der Kasse sowie in der Vertretung von Kollegen; diese Aufgaben seien mit ihrer bisherigen Tätigkeit, die im Wesentlichen in dem Erstellen von Entgeltabrechnungen sowie in der Durchführung von Zahlungsverkehr bestünden, nicht vergleichbar. Es sei auch zu besorgen, dass dort ein verstärkter Kundenkontakt auftrete. Die Versetzungsklausel in dem Arbeitsvertrag sei unwirksam. Die Versetzung stelle eine Reaktion darauf dar, dass sie sich wegen Mobbings und Diskriminierungen durch ihre Vorgesetzte beschwert habe, so dass das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB verletzt sei.



    Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, sie nach Maßgabe des Anstellungsvertrags vom 11. November 2013, abgeändert und entfristet mit Zusatzvereinbarung vom 26. Oktober 2016, als „Verwaltungsmitarbeiterin“ in der Buchhaltung in der Zentrale des Beklagten zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen.



    Der Verfügungsbeklagte hat beantragt,

    den Antrag zurückzuweisen.



    Er hat die Auffassung vertreten, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist. Es bestünde bereits kein Verfügungsanspruch. Er habe von seinem Direktionsrecht in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht. Dies sei auch von der Versetzungsklausel gemäß § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags gedeckt. Eine Konkretisierung auf die bisherigen Arbeiten sei nicht eingetreten. Die Verwaltungstätigkeit in der Übernachtungsstätte C sei gleichwertig. Unzutreffend sei, dass es sich bei der Übernachtungsstätte im C um Baracken handelte. Vielmehr entsprächen die dort vorhandenen Büroräume normalen Standards und seien voll ausgestattet. Laut RMV würde die Verfügungsklägerin lediglich vier Minuten länger brauchen, um zu der neuen Arbeitsstelle mit öffentlich Verkehrsmitteln zu gelangen. Unzutreffend sei, dass die neue Tätigkeit nur in dem Führen von Kassen bestünde. Richtig sei vielmehr, dass die Verwaltungstätigkeit in dem Erstellen der monatlichen Abrechnung im Abrechnungsprogramm bestehen sollte, ferner gehörten zu ihren neuen Aufgaben die Statistikerstellung über die Belegung, das Eigencontrolling, die Bearbeitung der Ein- und Ausgangspost sowie die Materialbestellung für den C. Diesbezüglich wird auf die zur Akte gereichte eidesstattliche Versicherung als Anlage zum Schriftsatz vom 6. Juli 2020 Bezug genommen. Dass die Verfügungsklägerin auch Kundenkontakt haben könne, gehöre zu dem Berufsbild einer Verwaltungsmitarbeiterin dazu. Die Ausübung dieses Weisungsrechtes sei auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Es lägen betriebliche und organisatorische Gründe zu Grunde. Die Leistungsbereitschaft der Verfügungsklägerin habe aus Sicht des Verfügungsbeklagten nachgelassen. Er habe mit der Maßnahme auch auf die konfliktreiche Situation am bisherigen Arbeitsplatz reagieren wollen. Er habe einen externen Coach hinzugezogen, dessen weitere Tätigkeit von der Verfügungsklägerin indes abgelehnt worden sei. Sie mache nunmehr erstinstanzlich einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 9.000 Euro wegen Mobbing und Diskriminierung gelten.



    Das Arbeitsgericht Frankfurt a.M. hat mit Urteil vom 6. Juli 2020 den Antrag abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei fraglich, ob ein Verfügungsanspruch bestünde. In dem Arbeitsvertrag hätten die Parteien lediglich vereinbart, dass die Verfügungsklägerin als Verwaltungsmitarbeiterin eingestellt werde. Es sei nicht erkennbar, dass der Verfügungsbeklagte ermessensfehlerhaft von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht habe. Insbesondere sei es zulässig, Mitarbeiter auseinanderzusetzen, wenn an der Arbeitsstelle Spannungen auftreten. Jedenfalls fehle es aber an einem Verfügungsgrund. Die Verfügungsklägerin begehre mit ihrer Beschäftigung der Sache nach eine Vorwegnahme der Hauptsache. Daher müsse ein strenger Maßstab angelegt werden, bei einer Interessenabwägung könne den Interessen des Antragstellers allenfalls dann Vorrang eingeräumt werden, wenn aus der Nichtbeschäftigung schwerwiegende Beeinträchtigungen folgten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils der ersten Instanz wird Bezug genommen auf Bl. 79 - 88 der Akte.



    Dieses Urteil ist der Verfügungsklägerin am 13. Juli 2020 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist am 16. Juli 2020 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Berufungsbegründung ist am 7. September 2020 bei dem Berufungsgericht eingegangen.



    Die Verfügungsklägerin vertritt in der Rechtsmittelinstanz die Auffassung, dass das Arbeitsgericht den Beschäftigungsantrag zu Unrecht abgewiesen habe. Sie meint, dass sie nach § 4 Abs. 1 TVöD vor einer Versetzung hätte angehört werden müssen. Die von ihr bisher in der Zentrale ausgeführten Verwaltungstätigkeiten seien höherwertiger und nicht vergleichbar mit den Tätigkeiten im C. Auch bestünden bei einer Arbeit in der Zentrale deutlich bessere Aufstiegschancen. Auch der Weg zur Arbeit sei nicht vergleichbar. Um den neuen Arbeitsort zu erreichen, müsse sie bei Herbst und Winter bei Dunkelheit ca. einen 25 Minuten langen Fußweg zurücklegen, bei dem sie psychisch kranken Menschen oder Drogenabhängigen begegnen würde. Dies sei für eine Frau nicht zumutbar. Darüber hinaus sei sie verpflichtet, mit der bereits im C beschäftigten Vollzeitmitarbeiterin den Arbeitsplatz, d.h. den Schreibtisch und die übrige Ausstattung, zu teilen. Es sei unbillig, sie nach mehr als sieben Jahren, in denen sie durchgehend in der Abteilung Buchhaltung in der Konzernzentrale tätig war, örtlich zu versetzen. Auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz habe sie bereits um 6:30 Uhr beginnen können und so die Versorgung ihrer alten Mutter Rechnung tragen können.



    Die Versetzung selbst stelle eine Mobbinghandlung dar, der Verfügungsbeklagte wolle sie einschüchtern. Außerdem stünde die Maßnahme in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu ihrer Beschwerde am 8. Juni 2020 bei dem Vorstand des Verfügungsbeklagten. Der frühere Prozessbevollmächtigter habe dem Verfügungsbeklagten mitgeteilt, dass sie stark überlastet sei. Die Vorgesetzte Frau D habe Überstunden angeordnet und sich dabei im Ton vergriffen. Außerdem sei ihr der Urlaub nicht in dem gewünschten Zeitraum bewilligt worden. Sie befinde sich seit Januar 2012 in psychotherapeutischer Behandlung. Sie leide an einer depressiven Erkrankung wegen der beruflichen Belastungssituation. Sie sei auch wegen ihrer Herkunft als Griechin diskriminiert worden mit einem Begriff wie „Ausländer raus!“. Es schade nicht, dass sie die neue Stelle bislang noch gar nicht angetreten habe. Auch müsse ein Verfügungsgrund bejaht werden. Der Betriebsrat sei zu der beabsichtigten Versetzung in den Bereich „SoNo“ im C nicht angehört worden, er habe einer Versetzung in die Frauenberatungsstelle zugestimmt. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Betriebsrates zu der beabsichtigten fristlosen und hilfsweisen Kündigung datierend vom 21. September 2020 (Bl. 311 - 313) . In diesem Punkt sei die eidesstattliche Versicherung des Vorstandes des Beklagten unzutreffend, des Weiteren im Hinblick darauf, dass sie nicht seit 2013 durchgehen in der Abteilung Buchhaltung in der Zentrale gearbeitet habe. Durch die Kündigung sei ihr Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag auf Beschäftigung nicht entfallen, es sei möglich, dass der Verfügungsbeklagte die Kündigung auch wieder zurücknimmt.



    Die Verfügungsklägerin stellt unter teilweiser Antragsrücknahme zuletzt den Antrag,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 6. Juli 2020 - 21 Ga 75/20 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, sie nach Maßgabe des Anstellungsvertrags vom 11. November 2013, abgeändert und entfristet mit Zusatzvereinbarung vom 26. Oktober 2016, als „Verwaltungsmitarbeiterin“ in der Buchhaltung in der Zentrale des Beklagten zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen.



    Der Verfügungsbeklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.



    Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und meint, infolge der mittlerweile ausgesprochenen fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung bestünde kein Rechtsschutzbedürfnis für den Beschäftigungsantrag mehr. § 4 TVöD sei nicht einschlägig, da er nur beabsichtigte, die Verfügungsklägerin vorübergehend an einen anderen Einsatzort zu versetzen. Die in der Übernachtungsstätte im C zu verrichtenden Tätigkeiten seien mit denjenigen in der Zentrale gleichwertig. Es sei der Verfügungsklägerin auch zuzumuten, Kontakt mit seinen „Kunden“ zu haben. Es sei unzutreffend, dass die Position in der Zentrale in der Betriebshierarchie höherwertiger sei. Unzutreffend sei ferner, dass die Verfügungsklägerin diskriminiert worden sei oder die Versetzung sich als Maßregelung nach § 612a BGB darstelle. Der Betriebsrat sei zu der beabsichtigten Maßnahme auch ordnungsgemäß angehört worden. Er habe bislang auch nicht die Aufhebung der Maßnahme nach § 101 BetrVG geltend gemacht. Der Verfügungsbeklagte gehe - nach wie vor - davon aus, dass die Verfügungsklägerin in der Vergangenheit zumindest teilweise in der xxx im SoNo-Bereich eingesetzt war, so nach den Gleitzeitmeldungen am 20. November, 26. November und 15. Dezember 2014.



    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend Bezug genommen auf sämtliche gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschriften.



    Entscheidungsgründe



    Die Berufung der Verfügungsklägerin ist zwar zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. Der Verfügungsklägerin steht kein Verfügungsanspruch zu, weil das Arbeitsverhältnis erneut gekündigt worden ist und die Kündigung nicht offensichtlich unwirksam ist. Darüber hinaus fehlt es an einem Verfügungsgrund. Bei der stets vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegen bei der angestrebten Leistungsverfügung die Interessen der Verfügungsklägerin nicht.



    I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist vom Wert her unproblematisch statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) . Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 519 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. ArbGG) sowie innerhalb der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist auch rechtzeitig begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Abs. 1 Satz 5 ArbGG).



    II. Die Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Bezug auf den Beschäftigungsantrag scheidet aus.



    1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt voraus, dass Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, aus denen sich herleiten lässt, dass eine Entscheidung im Eilverfahren zur Abwehr wesentlicher Nachteile erforderlich ist (§§ 935, 940 ZPO) . Geht es der Sache nach um eine Vorwegnahme der Hauptsache, so sind an eine solche Befriedigungsverfügung grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Allerdings muss stets auch der so genannte Justizgewährungsanspruch, der seine Grundlage im Rechtsstaatsprinzip hat (Art. 20 Abs. 3 GG) , ausreichend beachtet werden. Eine Befriedigungsverfügung kann demnach erforderlich sein, wenn sie das praktisch einzige Mittel ist, das Recht des Gläubigers zu schützen. Auf der anderen Seite muss beachtet werden, dass das rechtsstaatliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes nicht nur für den Gläubiger, sondern auch für den Schuldner gilt. Entscheidend ist daher eine an dem „Gebot der Ausgewogenheit des einstweiligen Rechtsschutzes“ ausgerichtete prozessrechtliche Abwägung der Interessen beider Parteien im jeweils gegebenen Einzelfall (vgl. Hess. LAG 17. Juli 2019 - 10 SaGa 738/19 - SaGa 738/19 - Rn. 29; Hess. LAG 30. September 2016 - 10 SaGa 787/16 - Rn. 34 ; Hess. LAG 8. Oktober 2010 - 3 SaGa 496/10 - Rn. 35 , Juris) .



    Macht der Arbeitnehmer seinen Beschäftigungsanspruch im Eilrechtsschutz nach einer umstrittenen Versetzungsanordnung geltend, so geht es um die Frage, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen rechtmäßig war. Dem Arbeitnehmer wird hier nicht das Recht genommen, überhaupt beschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber bietet regelmäßig die Beschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Bedingungen an. Da eine Beschäftigung in diesen Fällen stets möglich ist, ist das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 1, 2 Abs. 1 GG) folgende ideelle Interesse an einer Beschäftigung weniger beeinträchtigt als in den Fällen, in denen der Arbeitgeber eine Beschäftigung des Arbeitnehmers gänzlich ablehnt. Der Verlust des Beschäftigungsanspruchs im Allgemeinen steht nicht zur Debatte.



    Die Antragstellerin begehrt hier die tatsächliche Beschäftigung zu den geänderten Bedingungen und damit eine Vorwegnahme der Hauptsache. Nach überwiegender und zutreffender Auffassung ist im Falle der einstweiligen Verfügung bei einer Versetzungsanordnung des Arbeitgebers im Rahmen des Eilgrundes danach zu fragen, ob überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers eine Beschäftigung gerade zu den alten, unveränderten Bedingungen gebieten. Der Arbeitnehmer muss gegenüber dem Versetzungswunsch ein gesteigertes Abwehrinteresse darlegen können (vgl. Hess. LAG 17. Juli 2019 - 10 SaGa 738/19 - SaGa 738/19 - Rn. 39, Juris; Hess. LAG 30. September 2016 - 10 SaGa 787/16 - Rn. 44 , Juris; Hess. LAG 8. Oktober 2010 - 3 SaGa 496/10 - Rn. 38 , Juris; LAG Rheinland-Pfalz 8. Mai 2018 - 8 SaGa 1/18 - Rn. 37, Juris; LAG Köln 10. Februar 2017 - 4 SaGa 3/17 - Rn. 34, Juris; GMP/Schleusener 7. Aufl. § 62 Rn. 105; BeckOK ArbR/Hamacher § 62 ArbGG Rn. 73; GK-ArbGG/Vossen Stand: Sept. 2019 § 62 Rn. 69a) . Dieses Interesse kann z.B. darin bestehen, dass mit der Nichtbeschäftigung zu den alten Konditionen ein erheblicher Reputationsverlust oder der unwiederbringliche Verlust spezifischer Fachkenntnisse einhergehen.



    Darüber hinaus kann eine einstweilige Verfügung aber auch notwendig sein, wenn die Versetzungsanordnung offensichtlich unwirksam ist (vgl. LAG Köln 10. Februar 2017 - 4 SaGa 3/17 - Rn. 43, Juris) . Es besteht nämlich eine Wechselwirkung zwischen dem Verfügungsanspruch und dem Verfügungsgrund. Ist die Versetzung evident rechtswidrig, so besteht aller Voraussicht nach auch eine Verpflichtung, den Arbeitnehmer zu den alten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen. In diesem Falle hat der Arbeitgeber kein schutzwürdiges Interesse daran, den Arbeitnehmer ‒ auch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache ‒ nicht beschäftigen zu müssen (vgl. Hess. LAG 8. Oktober 2010 - 3 SaGa 496/10 - Rn. 39 , Juris) .



    2. Die Verfügungsklägerin hat nach diesen Grundsätzen keinen Anspruch darauf, einstweilen auf ihrem alten Arbeitsplatz in der Zentrale beschäftigt zu werden. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Es liegt weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vor.



    a) Es besteht nach bisheriger Aktenlage kein Anspruch auf Beschäftigung in der Zentrale.



    aa) Dies folgt schon aus dem Ausspruch einer weiteren außerordentlichen Kündigung.



    (1) Der Beschäftigungsanspruch kann auch im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemacht werden. Es ist seit langem anerkannt, dass der Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung hat. Dies wird letztlich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, Art. 1, 2 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 611a, 242 BGB, hergeleitet. Es handelt sich um eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 14, NZA 2014, 719; BAG 27. Februar 1985 - GS 1/84 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; APS/Koch 6. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 230) . Im laufenden Arbeitsverhältnis geht die hierbei nach § 242 BGB vorzunehmende Interessenabwägung grundsätzlich zu Gunsten des Arbeitnehmers aus. Der allgemeine Beschäftigungsanspruch muss indes dann zurücktreten, wenn der Beschäftigung des Arbeitnehmers im Rahmen der stets vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegende schützenswerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen (vgl. BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 14, NZA 2014, 719) . Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Arbeitgeber den Verrat von Betriebsgeheimnissen befürchten muss oder wenn die Beschäftigung aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, wobei an die Prüfung der Gründe allerdings ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. BAG 27. Februar 1985 - GS 1/84 - unter II 3. b) der Gründe, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) .



    Der Beschäftigungsanspruch setzt den Bestand des Arbeitsverhältnisses voraus (vgl. BAG 17. März 2015 - 9 AZR 702/13 - Rn. 28, NZA 2016, 124) . Die Interessenabwägung geht deshalb auch dann zulasten des Arbeitnehmers aus, wenn der Arbeitgeber eine weitere Kündigung ausspricht und diese nicht offensichtlich unwirksam ist (vgl. BAG 19. Dezember 1985 - 2 AZR 190/85 - zu B II 2 der Gründe, NZA 1986, 566) .



    (2) Die Kündigung vom 22. September 2020 war nicht offensichtlich unwirksam. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn sich schon aus dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers ohne Beweiserhebung und ohne dass ein Beurteilungsspielraum gegeben wäre jedem Kundigen die Unwirksamkeit geradezu aufdrängen muss (vgl. BAG 19. Dezember 1985 - 2 AZR 190/85 - zu B II 2 c der Gründe, NZA 1986, 566) . Der Betriebsrat ist zu der Kündigung beteiligt worden. Sachlich geht es offenbar um den Vorwurf, dass die Verfügungsklägerin in der eidesstattlichen Versicherung bzw. im Prozess falsche Angaben gemacht hat. Es ist nicht ersichtlich, dass eine solche Kündigung von vornherein völlig aussichtlos wäre.



    bb) Darüber hinaus ist die Versetzungsmaßnahme nicht offensichtlich unwirksam, sondern offenbar wirksam.



    (1) Der Betriebsrat ist offenbar nach § 99 BetrVG zu der Maßnahme ordnungsgemäß beteiligt worden. Mit Schreiben vom 18. Juni 2020 ist der Betriebsrat zu der beabsichtigten Maßnahme angehört worden (vgl. Anl. BB3) . Als Einsatzort war der Bereich SoNo angegeben. Vor diesem Hintergrund ist es derzeit nicht nachzuvollziehen, dass der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende meint, der Betriebsrat habe nur einer Versetzung in den Bereich „Frauenberatungsstelle“ zugestimmt. Ausweislich des vorgelegten Anhörungsschreibens hat der Arbeitgeber klargestellt, dass die neue Stelle lediglich in Bezug auf die Kostenstelle dort organisatorisch verankert sein sollte. Schließlich hat der Betriebsrat seine Zustimmung am 24. Juni 2020 erteilt.



    (2) Es schadet nicht, dass die Verfügungsklägerin vor der Maßnahme nicht angehört worden ist.



    Zu Gunsten der Verfügungsklägerin kann unterstellt werden, dass in Bezug auf Versetzungsmaßnahmen die Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 TVöD zur Anwendung gelangt. Dies ist deshalb nicht völlig zweifelsfrei, da zwar in § 3 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Verweisung auf den TVöD VKA geregelt ist, andererseits die Parteien eine spezielle Regelung zu einer Versetzung in § 2 Abs. 2 getroffen haben und dort nicht auf kollektivrechtliche Regelung Bezug genommen worden ist. Selbst wenn man aber § 4 Abs. 1 Satz 2 TVöD heranziehen wollte, würde dies nicht zur Unwirksamkeit der personellen Maßnahme führen.Hat der Arbeitgeber dem Beschäftigten keine Gelegenheit gegeben, seine Interessen geltend zu machen, trägt er das Risiko, dass sich die getroffene Maßnahme deshalb als unbillig und damit unwirksam erweist. Der Zweck des Anhörungsrechts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TVöD-V verlangt es nicht, die Maßnahme nur deshalb als unwirksam anzusehen, weil die danach erforderliche Anhörung unterblieben ist (vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 116/17 - Rn. 37, NZA-RR 2018, 568; BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 35, NZA 2017, 1452).) .



    (3) Nach dem Arbeitsvertrag ist die Verfügungsklägerin als Verwaltungsmitarbeiterin eingestellt worden. In § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags haben die Parteien die Möglichkeit einer Versetzung auch an einen anderen Ort vereinbart. Dies entspricht auch § 106 GewO und hält auch einer AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand; eine Abweichung von der gesetzlichen Regel enthält die vertragliche Regelung nicht (vgl. BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 27, NZA 2017, 1452) . Allgemein gilt ein weiter Versetzungsvorbehalt im Bereich des öffentlichen Dienstes; der TVöD ist hier zumindest durch arbeitsvertragliche Bezugnahme - so der Vortrag der Verfügungsklägerin - Inhalt des Vertrags geworden.



    Auch eine Konkretisierung auf eine Verwaltungstätigkeit in der Zentrale hat nicht stattgefunden.Allein die gleichbleibende Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts über einen längeren Zeitraum führt nicht zu einer Konkretisierung des Beschäftigungsanspruchs mit der Folge, dass jede andere Ausübung des Ermessens nicht mehr der Billigkeit entspräche (vgl. BAG 23. August 2017 - 10 AZR 376/16 - Rn. 21, NZA 2017, 1595) .



    (4) Die Versetzung entspricht billigem Ermessen nach § 106 GewO.



    (a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Fall der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb dieses Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat. Bei dieser Prüfung kommt es, wie ausgeführt, nicht auf die vom Bestimmungsberechtigten angestellten Erwägungen an, sondern darauf, ob das Ergebnis der getroffenen Entscheidung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung dieser Grenzen hat der Bestimmungsberechtigte. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 116/17 - Rn. 39, NZA-RR 2018, 568) .



    Es ist Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren will (vgl. BAG 24. Oktober 2018 - 10 AZR 19/18 - Rn. 30, NZA 2019, 619) . Der Arbeitgeber muss dabei nicht zunächst die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die entstandenen Konflikte im Einzelnen aufklären. Liegt in Gestalt einer Konfliktlage ein hinreichender Anlass vor und ist eine vom Direktionsrecht umfasste Maßnahme geeignet, der Konfliktlage abzuhelfen, ist grundsätzlich ein anerkennenswertes Interesse gegeben, diese Maßnahme zu ergreifen. Seinen Ermessenspielraum verletzt der Arbeitgeber erst, wenn er sich bei der Konfliktlösung von offensichtlich sachfremden Erwägungen leiten lässt (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 2. Oktober 2019 - 20 Sa 264/19 - Rn. 43, Juris; LAG Düsseldorf 31. Juli 2018 - 3 Sa 130/18 - Rn. 40, LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 33) .



    (b) Demnach durfte der Verfügungsbeklagte berücksichtigen, dass an dem alten Arbeitsplatz in der Zentrale eine Konfliktsituation gegeben war. Die Verfügungsklägerin trägt selbst vor, dass sie sich von ihren Vorgesetzten gemobbt und diskriminiert fühlte. Anfang des Jahres ist - erfolglos - ein externer Coach hinzugezogen worden. Es stellt sich grundsätzlich als nachvollziehbare personalorganisatorische Maßnahme dar, wenn Konfliktparteien räumlich auseinandergesetzt werden.



    Bei der Berücksichtigung aller Umstände ist zu berücksichtigen, dass die Verfügungsklägerin einen längeren Weg hin zur Arbeit benötigt. Nach den Darlegungen des Verfügungsbeklagten mache dies allerdings nur ca. fünf Minuten aus. Dies ist zumutbar. Die Kammer teilt auch nicht die Ansicht, dass es sich bei der Verwaltungstätigkeit im C um einen unzumutbaren Arbeitsplatz handele, weil es sich um eine „Baracke“ handele. Ausweislich der vorgelegten Fotos handelt es sich um ein festes - wenn auch einfaches - Gebäude. Angesichts der Nähe zur sozialen Arbeit mit sozial schwachen Personen kann hier nicht ein besonderer Luxus erwartet werden, wie er in anderen Branchen üblich sein mag.



    Keine erhebliche Rolle spielt es, dass die Verfügungsklägerin nunmehr erst um 8:00 Uhr morgens die Arbeit aufnehmen kann. Soweit sie in dem Kontext vorträgt, dies bedinge, dass sie sich nicht in gleicher Weise um ihre Mutter kümmern könne, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Es erschließt sich nicht, welche konkreten Pflegeleistungen hierbei erbracht werden und wieso dies sich nicht mit der neuen Beschäftigung in Einklang bringen lässt.



    Die Kammer teilt auch nicht das Vorbringen der Verfügungsklägerin, dass sich die Tätigkeiten inhaltlich gravierend unterschieden oder mit der neuen Tätigkeit eine „Herabstufung“ innerhalb der Betriebshierarchie verbunden sei. Nach dem Sachvortrag des Verfügungsbeklagten soll die Verwaltungstätigkeit in dem Erstellen der monatlichen Abrechnung im Abrechnungsprogramm bestehen, ferner gehören zu ihren neuen Aufgaben die Statistikerstellung über die Belegung, das Eigencontrolling, die Bearbeitung der Ein- und Ausgangspost sowie die Materialbestellung für den C. Diesbezüglich wird auf die zur Akte gereichte eidesstattliche Versicherung als Anlage zum Schriftsatz vom 6. Juli 2020 Bezug genommen. Die Verfügungsklägerin behauptet demgegenüber, die neue Tätigkeit bestünde im Wesentlichen in der Verwaltung von Kassen. Nachdem sie die neue Tätigkeit allerdings zu keinem Zeitpunkt aufgenommen hat, kann sie nach Überzeugung der Kammer noch gar kein vollständiges Bild darüber haben, welche Arbeiten sie im Einzelnen dort zu verrichten hätte.



    (5) Die Versetzung ist auch nicht deshalb offensichtlich unwirksam, weil sie gegen § 612a BGB oder §§ 1, 7 Abs. 1 AGG verstieße.



    Die Verfügungsklägerin trägt vor, die Maßnahme stünde in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu ihrer Beschwerde am 8. Juni 2020 bei dem Vorstand des Verfügungsbeklagten. Zutreffend ist zwar, dass die Versetzung am 25. Juni 2020 und damit in einem zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen wurde. Das Maßregelungsverbot greift indes nur, wenn die vorangegangene Rechtsausübung des Arbeitnehmers nicht nur in irgendeiner Weise mitursächlich für die Maßnahme war, sondern sie muss der tragende Beweggrund, d.h. das wesentliche Motiv für die personelle Maßnahme und nicht nur äußerer Anlass gewesen sein (vgl. BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 42, NZA 2017, 1452) . Der Kläger trägt dabei die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 612a BGB und damit auch für den Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Maßnahme und zulässiger Rechtsausübung. Ein solcher Kausalzusammenhang kann hier anhand aller Umstände nicht angenommen werden. Wie bereits ausgeführt, hat der Verfügungsbeklagte auf die Konfliktsituation am Arbeitsplatz reagieren wollen. Ihm ging es offensichtlich nicht darum, die Verfügungsklägerin abzustrafen oder einzuschüchtern. Dagegen spricht indiziell, dass er zuvor auch einen externen Coach hinzugezogen hat.



    Soweit sich die Verfügungsklägerin darauf stützt, dass der Vorstand des Verfügungsbeklagten am 8. Juni 2020 ihr gegenüber geäußert haben soll: „Ich muss meine deutschen Mitarbeiter schützen. Ausländer raus.“ ist zunächst festzuhalten, dass eine solche Äußerung bei einem Vorstand eines zu einem Großteil für Migranten tätigen Vereins äußerst unglaubhaft erscheint. Auch der Sinngehalt einer solchen angeblichen Äußerung erschließt sich nicht. Die Verfügungsklägerin hat mehrere Jahre in der Zentrale des Verfügungsbeklagten mit Wissen des Vorstands gearbeitet, es erscheint fernliegend, dass sie nunmehr plötzlich aus rassistischen Motiven dort „entfernt“ werden soll.



    Die Verfügungsklägerin hat ihre Behauptung jedenfalls nicht hinreichend glaubhaft gemacht bzw. hat diese nicht bewiesen. Die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung der Verfügungsklägerin vom 30. Juni 2020 sind insoweit unsubstantiiert. Der Verfügungsbeklagte hat in Abrede gestellt, dass eine solche Äußerung gefallen sei.



    b) Es liegt auch kein Verfügungsgrund vor.



    Bei der Abwägung aller Umstände erscheint es zumutbar, dass die Verfügungsklägerin die neu zugewiesene Tätigkeit zunächst aufnimmt, bis eine Entscheidung in der Hauptsache gefallen ist. Ein besonderes Abwehrinteresse ist hier nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ansonsten die Pflege der Mutter oder sonstige überragende Interessen beeinträchtigt würden. Soweit die Verfügungsklägerin in die Richtung argumentiert, sie fürchte sich als Frau, im Dunkeln die Arbeitsstätte aufzusuchen, kann dem nicht gefolgt werden. Hier könnte mit einer späteren Anfangszeit, etwa erst ab 9:00 Uhr, geholfen werden. Es erscheint auch nicht angängig, Migranten im Sinne eines Generalverdachts unterstellen zu wollen, dass diese eine Frau belästigen, die dort eine Arbeitsstelle aufsuchen will. Ein erheblicher Reputationsverlust innerhalb des Unternehmens ist auch nicht ersichtlich.



    III. Die Entscheidung die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



    Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, § 72 Abs. 4 ArbGG.

    Vorschriften