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  • 09.06.2022 · IWW-Abrufnummer 229587

    Landesarbeitsgericht München: Urteil vom 03.12.2020 – 3 Sa 563/20

    Die Grenzen zulässiger Vertragsgestaltung sind überschritten, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet wird, Mehrkosten für eine von ihm gewünschte Sonderausstattung eines Dienstwagens in den ersten zwölf Monaten des 36-monatigen Leasingvertrags zu zahlen, ohne dass die Dauer der tatsächlichen Nutzung des Dienstwagens durch ihn berücksichtigt wird (in Anschluss an BAG, Urteil vom 09.09.2003 - 9 AZR 574/02 ). (Rn. 40 - 45)


    Tenor:

    I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 27.04.2020 - 4 Ca 566/19 - teilweise unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen zu Ziff. 2 abgeändert, die wie folgt neu gefasst wird:


    2. a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 993,34 € brutto nebst Zin sen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2019 zu zahlen.


    2. b) Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

    II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 27.04.2020 - 4 Ca 566/19 - wird zurückgewiesen.

    III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 72/100 und der Kläger zu 28/100 zu tragen.

    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand

    1


    Die Parteien streiten wechselseitig über Zahlungsansprüche.


    2


    Der Kläger war bei der in V ansässigen Beklagten seit dem 01.07.2008 als Z beschäftigt. Für das Jahr 2018 galt die Provisionsregelung 2018, für deren Inhalt auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2020 (Bl. 170 d. A.) Bezug genommen wird. Der Anstellungsvertrag vom 07.05.2008 (Bl. 6 ff d.A.) regelte die Ausschlussfrist wie folgt:


    "§ 10 Ausschlußklausel Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Vertrag und solche, die mit diesem Vertrag in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit der Ansprüche gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.


    Nach Ablauf dieser Fristen ist eine Geltendmachung von Ansprüchen ausgeschlossen.


    Diese Ausschlußfristen gelten nicht für Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung und für Erstattungsansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber vom Finanzamt wegen nicht oder nicht ausreichend einbehaltener Lohnsteuer und Kirchensteuer nachträglich in Anspruch genommen wird."


    3


    Der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels vom 23.06.1997 (im Folgenden: MTV Groß- und Außenhandel W) lautet ausschnittsweise wie folgt (aktuell geltende Fassung; Anlage D 9, Bl. 125 ff. d. A.):


    "§ 1 Geltungsbereich


    Der Tarifvertrag gilt:


    1. räumlich: für das Land W


    2. betrieblich: für die Betriebe und Betriebsabteilungen des Groß- und Außenhandels sowie deren Hilfs- und Nebenbetriebe, soweit sie dem Betriebszweck des Hauptbetriebes dienen. Ausgenommen sind Nebenbetriebe, für die eine besondere tarifliche Regelung gilt.


    3. persönlich: für alle Arbeitnehmer/für Auszubildende. Ausgenommen sind alle Personen, die nach § 5 Abs. 2 und 3 Betriebsverfassungsgesetz nicht als Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen im Sinne dieses Gesetzes gelten.


    § 18 Geltendmachung von Ansprüchen, Gerichtsstand


    1. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind gegenüber der Geschäftsleitung oder der von ihr bezeichneten Stelle zunächst mündlich, bei Erfolglosigkeit schriftlich innerhalb der folgenden Fristen geltend zu machen:


    a) Ansprüche wegen Nichtübereinstimmung das ausgezahlten Betrages mit der Ent geltabrechnung bzw. dem Entgeltnachweis: unverzüglich.


    b Ansprüche wegen fehlerhafter Errechnung des Entgelts oder der Abzüge: 4 Wo chen nach Aushändigung der Entgeltabrechnung.


    c) Alle übrigen Ansprüche: 2 Monate nach Fälligkeit (Urlaub 3 Monate nach Ende des Urlaubsjahres).


    d) Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses: 2 Monate nach dem Ausscheiden.


    2. ...


    3. Die Ansprüche erlöschen, wenn sie nicht vor Ablauf der in Ziff. 1 b) - d) genannten Fristen schriftlich geltend gemacht worden sind (Ausschlussfristen).


    4. Sind die Ansprüche fristgerecht geltend gemacht, ist ihre Erfüllung aber von der Geschäftsleitung abgelehnt worden oder erklärt sich die Geschäftsleitung innerhalb von 2 Wochen nicht, so muss der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin, sofern er / sie das Arbeitsgericht anrufen will, nach Ablehnung oder nach Fristablauf innerhalb von 2 Monaten Klage erheben.


    Geschieht dieses nicht, so erlöschen die Ansprüche.


    ..."


    4


    Der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel V vom 04.07.1997 (im Folgenden: MTV Groß- und Außenhandel V) lautet ausschnittsweise wie folgt (aktuell geltende Fassung):


    "§ 19 Fälligkeit und Erlöschen von Ansprüchen


    1. Gehalt und Lohn sind am Schluß des vereinbarten Entgeltzeitraums, Provisionen und Vergütungen für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit spätestens am Schluß des folgenden Monats fällig, soweit Mehrarbeit nicht nach § 5 Ziff. 4 durch Freizeit abgegolten ist.


    2. Der Anspruch nach Ziff. 1 sowie alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag sind binnen drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Urlaubsanspruch ist bis zum 31. Dezember des laufenden Kalenderjahres geltend zu machen. Weitere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind spätestens drei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich anzuzeigen.


    3. Die Ansprüche nach Ziff. 1 und 2 erlöschen, wenn sie nicht innerhalb der darin festgesetzten Fristen schriftlich dem anderen Vertragspartner gegenüber erhoben wurden. Dies setzt jedoch die Erfüllung des § 22 voraus.


    [...]


    § 22 Aushang


    Ein Abdruck dieses Manteltarifvertrages muß an geeigneter Stelle im Betrieb, die jedem zugänglich ist, zur Einsicht ausliegen."


    5


    Im März 2016 erhielt der Kläger einen Dienstwagen zur dienstlichen und privaten Nutzung überlassen, der mit einer von ihm gewünschten Sonderausstattung ausgestattet war. Hierzu schrieb die Beklagte an den Kläger per E-Mail vom 10.11.2015 (vgl. Anlage D 3 = Bl. 109 d. A.):


    "Hallo Herr ..., für die finale Abwicklung der Bestellung Ihres neuen Leasingfahrzeuges benötigen wir von Ihnen noch zu folgender Vereinbarung eine Rückbestätigung:


    bei einer monatlichen Leasingrate von EUR 848,80 inkl. Wartung/Verschleiß beträgt Ihre Nettozuzahlung (= Netto-Einbehalt bei der Gehaltsabrechnung) über die gesamte Leasinglaufzeit 36 * EUR 105,- = EUR 3.780,-. Die gesamte Zuzahlung soll über einen Zeitraum von 12 Monaten aufgeteilt werden, so dass sich ein monatlich abzuziehender Betrag in Höhe von EUR 315,- ergibt. Für den Zeitraum der Nettozuzahlung (12 Monate) verringert sich der monatlich zu versteuernde Betrag (1% vom Bruttolistenpreis) um die Nettozuzahlung, so dass die tatsächliche monatliche Nettobelastung für Sie entsprechend geringer ausfällt."


    6


    Nach erneuter Aufforderung, die Vereinbarung "bitte kurz zu bestätigen", bestätigte der Kläger mit E-Mail vom 11.11.2015 die Zuzahlung (vgl. Anlage D 3 = Bl. 109 d. A.). Daraufhin kam es unter dem 08.03.2016 zum Abschluss eines DienstwagenÜberlassungsvertrags (Bl. 11 ff d. A.), in dem es u. a. hieß:


    "§ 1 GEGENSTAND/VERTRAGSDAUER


    1.3 ... Die Gebrauchsüberlassung ist an das bestehende Arbeitsverhältnis gebunden und endet automatisch spätestens mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Weitere Faktoren, die zur vorzeitigen Beendigung der Gebrauchsüberlassung führen können, werden im § 7 RÜCKGABE DES DIENSTWAGENS genannt.


    § 3 KOSTEN / WARTUNG UND PFLEGE DES FAHRZEUGES


    3.1 Die monatlichen Leasing-Kosten des PKWs (Fahrzeugausstattung inkl. der Sicher heitsausrüstung) übernimmt der Arbeitgeber bis zur Höhe eines kalkulatorischen Gesamtbetrages von EUR 743,80 (zzgl. MwSt.)


    3.2. Die darüber hinausgehenden angefallenen Kosten für die vom Arbeitnehmer genwünschte Sonderausstattung - maximal in Höhe von 3.000 EUR - werden ihm in einem Betrag bei der Übergabe des Autos von X in Rechnung gestellt. Im Ausnahmefall kann der Betrag in den ersten 12 Monaten von den monatlichen Bezügen des Arbeitnehmers einbehalten werden.


    Im Einzelnen belaufen sich die Mehrkosten auf 3.780,00 netto, die auf 12 Monatsraten beginnend mit der März-Abrechnung - aufgeteilt und vom Netto-Gehalt abgezogen werden (EUR 315,00,- monatlich.


    [...]


    § 7 RÜCKGABE DES DIENSTWAGENS


    7.1 Die Gebrauchsüberlassung des Dienstwagens ist an das bestehende Arbeitsverhältnis gebunden und endet automatisch spätestens mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.


    7.2 Der Arbeitgeber behält sich vor, nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses, gleich durch welche Partei, insbesondere im Falle einer Freistellung des Mitarbeiters, den Dienstwagen vorzeitig heraus zu verlangen.


    7.3 Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Überlassung des Dienstwagens an die Aufgabe des Arbeitnehmers als Außendienstler gebunden ist. Ändert sich das Aufgabengebiet des Arbeitnehmers, so ist der Arbeitgeber berechtigt, dem Arbeitnehmer das Nutzungsrecht an dem Dienstwagen entschädigungslos zu entziehen.


    7.4 Der Arbeitnehmer ist auf Verlangen des Arbeitgebers in folgenden Fällen verpflichtet, den Dienstwagen zurückzugeben:


    a) bei Unterbrechung der Tätigkeit des Arbeitnehmers insbesondere durch Elternzeit (ohne Teilzeitbeschäftigung beim Arbeitgeber) und während der Mutterschutzfristen


    b) bei Wehrdiensteinsätzen


    c) bei unbezahltem Sonderurlaub oder


    d) bei Krankheitszeiten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums


    ..."


    7


    Dem Kläger wurde beginnend mit März 2016 in zwölf Raten monatlich 315,00 € netto vom jeweiligen Nettomonatsgehalt abgezogen, d. h. insgesamt 3.780,00 € netto.


    8


    Für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 vereinbarten die Parteien eine Provisionsregelung 2018, die als Name des Verkaufsgebietes W bezeichnete und die Postleitzahlen "00000-00000; 00000-00000" aufführte. Für den Inhalt dieser Vereinbarung wird auf Bl. 10 d. A./Bl. 32 d. A. Bezug genommen. Nach ihrer Ziff. 9.2 sollte dem Kläger bei Erreichen der Jahresquote eine Prämie von 2.500,00 € brutto gezahlt werden. Seit dem 01.01.2018 ist der Kläger auch im Vertriebsgebiet U tätig.


    9


    Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 14.08.2018 fristgemäß zum 31.12.2018. Der Dienstwagen wurde am 00.00.0000 um 00:00 Uhr zurückgegeben. Mit Email vom 03.01.2019, 00:00 Uhr an den Business Process Manager der Beklagten, Herrn F., und "cc" an den Kläger übersandte eine Mitarbeiterin der Beklagten "GebrauchsspurenFotos" mit folgender Anfrage (vgl. Anlage D8 = Bl. 114 d. A.):


    "Hallo Herr F., hier sind die Fotos der Gebrauchsspuren zur Info für die Leasingrückgabe, welche sich am Fahrzeug bei Übergabe befanden.


    Wenn ich den Steinschlag anschauen lasse, von Carglass? Dann geben Sie mir gerne Bescheid."


    10


    In der Folge ließ die Beklagte den Dienstwagen auf seinen Allgemeinzustand und auf Beschädigungen untersuchen; gem. Gutachten vom 03.07.2029 (unbezeichnete Anlage, Bl. 33 ff. d. A.) beläuft sich der Minderwert des Fahrzeugs auf 3.453,78 € netto.


    11


    Mit seiner am 11.06.2019 erhobenen, der Beklagten am 17.06.219 zugestellten Klage hat der Kläger Zahlung der zwölf monatlich vom Nettogehalt einbehaltenen Raten seit März 2016, d. h. insgesamt 3.780,00 € netto verlangt. Der DienstwagenÜberlassungsvertrag enthielte allgemeine Geschäftsbedingungen, die ihn unangemessen benachteiligen würden. Nach § 7.2. des DienstwagenÜberlassungsvertrags habe der Arbeitgeber nach Kündigung - egal ob durch Arbeitnehmer oder Arbeitgeber - jederzeit das Recht, den Dienstwagen herauszuverlangen. Damit sei es in der Hand der Beklagten gewesen, ob der Kläger überhaupt den Nutzen aus der Sonderausstattung ziehen könne. Es liege eine Fallkonstellation vor, die nach der BAG-Rechtsprechung ( Urt. v. 09.09.2003, 9 AZR 574/02 ) die Grenzen einer zulässigen Vertragsgestaltung überschreite. Ein Ausverhandeln der Bedingungen liege nicht vor.


    12


    Zudem stünden ihm Provisionsansprüche zu. Der Kläger habe im März 2018 ein Gerät namens T an die Firma S in R verkauft. Es errechne sich eine Provision von 409,50 € brutto.


    13


    Auch andere, nach U verkaufte Geräte seien verprovsioniert worden. Der Kläger sei auch Y gewesen. Wenn die Beklagte auf das Einsatzgebiet (also das Gebiet, wohin das Gerät geliefert wird) - wie bei dem anderen streitgegenständlichen Gerät namens Q - abstelle, müsse sie dies auch bei dem Gerät T tun. Es komme provisionsrechtlich nicht darauf an, dass die Beklagte für T keine Vertriebsrechte in U habe. Des Weiteren errechne sich ein provisionspflichtiger Umsatz von 408,10 € brutto aus dem von ihm vermittelten Verkauf des Geräts Q an das P / O im Jahr 2018. Der Kläger allein habe den Kunden im Zeitpunkt des Verkaufs betreut. Eine Verprovisionierung eines anderen Mitarbeiters werde bestritten. Des Weiteren habe der Kläger Provisionsansprüche von insgesamt 585,24 € brutto wegen unberechtigter Abzugspositionen in Höhe von 490,48 €, 145,63 €, 60,61 € und 40,21 € (vgl. Bl. 75 d. A). Unter Berücksichtigung dieser vorstehenden Provisionen (selbst bei Berücksichtigung nur einer Provision davon) sei das Jahresziel erreicht, so dass nach Ziff. 9.2 Provisionsregelung 2018 die Prämie von 2.500,00 € brutto zusätzlich geschuldet sei. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam. Ein Manteltarifvertrag (weder der für W noch der für V) sei nicht anwendbar.


    14


    Die mit Schriftsatz der Beklagten vom 12.07.2019 erhobene Widerklage sei unbegründet, da die Beklagte die von ihr selbst gestellte Ausschlussfrist in § 10 Arbeitsvertrag nicht gewahrt habe. Auf ihre Unwirksamkeit könne sich die Beklagte nicht berufen.


    15


    Die Klagepartei hat erstinstanzlich beantragt,


    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger


    a) 3.780,00 € netto sowie


    b) 4.202,84 € brutto jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.


    16


    Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt die Abweisung der Klage und im Wege der Widerklage:


    Der Kläger wird verurteilt an die Beklagte ein Betrag von 3.453,78 €, nebst 5% Zinsen seit Zustellung der Widerklage zu bezahlen.


    17


    Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,


    die Abweisung der Widerklage.


    18


    Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass eine AGB-Kontrolle ausgeschlossen sei. Es liege hinsichtlich der Mehrkosten wegen der Sonderausstattung eine Individualvereinbarung vor. Auf die Frage der Beklagten per Email vom 10.11.2015 und nochmals per Email vom 11.11.2015, ob er der Kostenübernahme der 3.780,00 € zustimme, habe der Kläger dies bestätigt (vgl. Anlage D3 = Bl. 109 d. A.). Auch fehle es an einer unangemessenen Benachteiligung, da der Kläger das Dienstauto während 34 von 36 Monaten Leasinglaufzeit habe nutzen können.


    19


    Der Kläger habe keinen Anspruch auf Provisionen. In Bezug auf das Gerät T übersehe der Kläger, dass er nur insoweit für U tätig gewesen sei, wie die Beklagte auch Vertriebsrechte für dieses Land innehabe. Für die Firma T habe die Beklagte keine Vertriebsrechte für U. In Bezug auf das Gerät Q sei der für zuständige Außendienstmitarbeiter verprovisioniert worden, weil die Provision an den Außendienstmitarbeiter fließe, in dessen Vertriebsgebiet das Gerät geliefert werde. Es bestehe auch kein Anspruch nach Ziff. 8 Provisionsregelung 2018, da der Kläger den Außendienstmitarbeiter nicht unterstützt habe. Die weiteren Provisionsansprüche seien unschlüssig. Die geltend gemachten Einzelpositionen ergäben in der Summe 736,93 € und nicht 585,24 €. Mangels Erreichung des Jahresziels sei die Prämie (=. 2.500,00 €) nicht geschuldet.


    20


    Sämtliche Zahlungsansprüche seien nach der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist, hilfsweise nach der Ausschlussfrist in § 18 MTV Groß- und Außenhandel W und höchsthilfsweise nach der Ausschlussfrist in § 19 MTV Groß- und Außenhandel V verfallen. Der MTV Groß- und Außenhandel W sei einschlägig, da es auf den Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses ankomme. Der Kläger sei stets von seinem häuslichen Büro in W gestartet, um seiner Außendiensttätigkeit nachzukommen. Höchsthilfsweise sei MTV Groß- und Außenhandel V anzuwenden.


    21


    Der Anspruch aus der Widerklage ergebe sich daraus, dass der Kläger das Dienstauto mit Schäden zurückgegeben habe. Die festgestellten Beschädigungen am Fahrzeug seien auf ein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers zurückzuführen. Nach § 5.7 Dienstwagenüberlassungsvertrag stehe der Beklagten ein entsprechender Schadenersatzanspruch zu.


    22


    Das Arbeitsgericht Regensburg hat durch Urteil vom 27.04.2020 - 4 Ca 566/19 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.780,00 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.06.2019 zu bezahlen, und die Klage im Übrigen sowie die Widerklage abgewiesen. Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung der einbehaltenen 3.780,00 € netto. Die AGB-Kontrolle sei eröffnet, da der DienstwagenÜberlassungsvertrag allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d § 305 ff. BGB enthalte. Es könne nicht von einem individuellen Ausverhandeln ausgegangen werden. In den Emails der Beklagten vom 11.11.2015 und 10.11.2015 (Anlage D3 = Bl. 109 d.A.), auf die der Kläger mit Email vom 11.11.2015 die Zuzahlung bestätigt habe, stünde nichts von Ziff. 7.2 DienstwagenÜberlassungsvertrag, wonach der Arbeitgeber sich nach Kündigung des Arbeitsvertrags - egal von welcher Seite - vorbehalte, das Dienstauto vorzeitig heraus zu verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien die Grenzen zulässiger Vertragsgestaltung allgemeiner Geschäftsbedingungen überschritten, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Fahrzeug zurückzugeben sei und für die restliche Laufzeit des Leasingvertrags die Leasingraten in einem Einmalbetrag seitens des Arbeitnehmers zu zahlen seien. Das Argument der Beklagten, dass der Kläger das Auto in 34 Monaten der 36-monatigen Leasinglaufzeit habe nutzen können, führe nicht zur Angemessenheit der Vertragsbedingungen. Es werde allein das Stellen unbilliger Vertragsbedingungen von der AGB-Kontrolle sanktioniert, ohne dass es darauf ankäme, wie sich die Vertragsbedingungen im konkreten Fall auswirkten. Der Anspruch sei nicht aufgrund einer Ausschlussfrist erloschen. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist sei als allgemeine Geschäftsbedingung nach § 307 I 1 BGB unwirksam, da sie den vom Bundesarbeitsgericht festgesetzten Zeitraum von mindestens drei Monaten nicht einhalte. Der Geltungsbereich des MTV Groß- und Außenhandel W sei nicht eröffnet. Die Beklagte unterhalte keinen Betrieb in W, § 1. Hierauf und nicht auf das häusliche Büro des Klägers und den Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses komme es nach dem Wortlaut der Tarifnorm an. Es liege auch kein Verfall des Anspruchs nach § 19 MTV Groß- und Außenhandel V vor. Dessen Anwendung setze nach § 22 den Aushang des Manteltarifvertrags im Betrieb voraus, der von der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht vorgetragen worden sei. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 291 BGB .


    23


    Es besteht kein Anspruch des Klägers auf die Provisionen. Bezüglich der Provision hinsichtlich des Geräts T sei die Klage unschlüssig. Es sei bereits dem Grunde nach nicht ersichtlich, auf welche Anspruchsgrundlage der Kläger seinen Anspruch stütze. Die Provisionsregelung 2018 erfasse nur "W und dort nur bestimmte Postleitzahlen. Es sei nicht ersichtlich, warum allein aufgrund der Bezeichnung des Klägers als Y die für W geltende Provisionsregelung 2018 analog gelten sollte. Auch wenn in der Vergangenheit andere Verkäufe nach U verprovisioniert worden sein sollten, fehle es an ausreichend substantiiertem Vortrag, warum eine konkludente Provisionsabrede (mit welchen genauen Bedingungen) für sämtliche Verkäufe nach U (ungeachtet der räumlichen Reichweite der Vertriebsrechte der Beklagten) gelten solle. Der Provisionsanspruch hinsichtlich des Geräts Q sei gleichfalls unbegründet. Die Postleitzahl von N (00000) finde sich nicht in der Provisionsregelung 2018. Auch bestehe kein Anspruch nach Ziff. 8 Provisionsregelung 2018. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, wie der für N zuständige Kollege vom Kläger unterstützt worden sei. Bezüglich der geltend gemachten Abzugsposten (490,48 €, 145,63 €, 60,61 € und 40,21 €) sei bereits nicht nachvollziehbar, welche Posten einklagt würden, da ihre Summe nicht 585,24 €, sondern 736,93 € betrage. Es bestehe schließlich kein Anspruch auf die Prämie i. S. d. Ziff. 9.2 Provisionsregelung 2018. Selbst nach Vortrag des Klägers sei für die Zielerreichung erforderlich, dass zumindest eine der vorstehenden Provisionen geschuldet sei, was nicht der Fall sei.


    24


    Die Widerklage sei unbegründet. Die darlegungsbelastete Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die Ausschlussfrist nach § 10 des Arbeitsvertrags gewahrt sei. Auf deren Unwirksamkeit könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie selbst die Klausel gestellt habe.


    25


    Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 11.05.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.05.2020 Berufung beim Landesarbeitsgericht München eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.07.2020 am 22.07.2020 begründet. Nach Zustellung des Urteils am 12.05.2020 hat der Kläger seinerseits am 04.06.2020 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 30.07.2020 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 30.07.2020 begründet.


    26


    Die Beklagte begründet ihre Berufung wie folgt: Der Anspruch auf Rückzahlung von Leasingraten sei unbegründet. Ausweislich ihrer E-Mail-Korrespondenz vom 10./11.11.2015 hätten die Parteien eine individuelle Abrede getroffen, auf die die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB nicht zur Anwendung kämen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass diese Individualabrede deshalb unwirksam sein solle, weil in dieser Korrespondenz nicht darauf hingewiesen werde, dass der Dienstwagen ein Fahrzeug sei, das dem Kläger nur während seiner Zugehörigkeit zur Beklagten zur Verfügung gestellt werde. Der Rückzahlungsanspruch könne jedenfalls aufgrund der Ausschlussfrist des MTV Groß- und Außenhandel W nicht geltend gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des BAG und einiger LAG käme es für die Anwendung von landesspezifisch begrenzten Tarifverträgen darauf an, wo sich der Erfüllungsort des Arbeitnehmers befinde. Es sei unstreitig, dass der Kläger seine Tätigkeit ausschließlich in W erbracht habe. Jedenfalls sei der Anspruch nach der Ausschlussfrist des MTV Groß- und Außenhandel V erloschen. Die Berücksichtigung von Tarifverträgen habe von Amts wegen zu erfolgen. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass der Manteltarifvertrag bei der Beklagten nicht ausgelegen habe. Schließlich sei der Anspruch nach § 10 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 - sei zu einem Anspruch auf Arbeitsentgelt ergangen und könne nicht ohne weiteres auf die Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen ausgedehnt werden. Im Übrigen sehe auch der MTV Groß- und Außenhandel W eine Ausschlussfrist von 2 Monaten vor; die gleiche Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag könne deshalb nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Darüber hinaus seien die Rückforderungsansprüche verjährt.


    27


    Die Widerklage sei begründet. Die Ausschlussfrist aus § 10 Anstellungsvertrag beziehe sich nicht auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung. Es handele sich um mutwillige Beschädigungen am Dienstwagen durch den Kläger. Darüber hinaus sei die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist gewahrt. Dem Kläger seien bereits am 03.01.2019 per E-Mail unter Beifügung von zahlreichen Fotos die Gebrauchsspuren des Fahrzeugs bei Übergabe mitgeteilt worden. Dies habe nur so verstanden werden können, dass die Beschädigungen am Fahrzeug gegenüber dem Kläger geltend gemacht würden.


    28


    Die Beklagte beantragt,


    Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Regensburg vom 27.04.2020, Az. 4 Ca 566/19 wird


    1. die Klage abgewiesen und


    2. der Kläger verurteilt, an die Beklagte einen Betrag von EUR 3.453,78 nebst 5% Zinsen seit Zustellung der Widerklage zu bezahlen.


    29


    Mit Schriftsatz vom 30.07.2020 hat der Kläger erklärt, dass die Erwiderung auf die Berufung der Beklagtenpartei mit gesondertem Schriftsatz erfolgen werde und die Beklagtenpartei "auch zur Zahlung der geltend gemachten Provisions- und Bonusansprüche verpflichtet" sei.


    30


    Seine Berufung begründet der Kläger wie folgt: Ihm stehe ein Provisionsanspruch für den Verkauf des Geräts T in Höhe von 409,50 € brutto zu. Für diesen Provisionsanspruch sei die Provisionsregelung 2018 ergänzend heranzuziehen. Trotzdem dem Kläger ab 01.01.2018 als weiterer Tätigkeitsbereich das Verkaufsgebiet für U zugewiesen worden sei, sei eine Provisionsregelung nicht getroffen worden mit der Folge, dass von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen sei. Hinsichtlich der Provision für das verkaufte Gerät Q mache der Kläger 708,10 € brutto geltend, die einen zusätzlichen Gerätebonus von 400,00 € umfassten. Dieser Anspruch stehe dem Kläger gemäß Ziff. 8 Prämienregelung 2018 zu, da der Kläger vom Zeugen M zur Bestellung des Systems beauftragt worden sei, wie sich aus seinem Vortrag im Schriftsatz vom 23.10.2019 (unter II. 2.) ergebe. Es stelle sich die Frage, inwieweit der Kläger noch zur Unterstützung des zuständigen Mitarbeiters tätig sein solle, wenn schon der Abschluss des entsprechenden Vertrages bzw. der Vermittlung dessen nicht ausreichend sein solle. Darüber hinaus schulde die Beklagte die Abzugspositionen in Höhe von 509,15 € brutto und 76,24 € brutto, die der Provisionsabrechnung der Beklagten - Anlage K4 - auf der letzten Seite am Ende zu entnehmen seien. Insoweit habe sich bislang ein Berechnungsfehler eingeschlichen. Aus beiden Positionen errechne sich der Betrag in Höhe von 585,24 € brutto. Hinsichtlich des Bonusanspruches in Höhe von 2.500,00 € brutto sei unbestritten, dass der Kläger die Bonusschwelle bereits bei Berücksichtigung einer der vorstehend genannten Abzugspositionen erreicht hätte. Die Gesamtsumme von 4.202,84 € brutto errechne sich aus 409,50 € brutto, 708,10 € brutto, 585,24 € brutto und 2.500,00 € brutto.


    31


    Der Kläger beantragt,


    Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Regensburg vom 27.04.2020 Az. 4 Ca 566/19 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 4.202,84 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.06.2019 zu bezahlen.


    32


    Die Beklagte beantragt,


    die Berufung des Klägers zurückzuweisen.


    33


    Dem Kläger stünden die geltend gemachten Provisionsansprüche nicht zu. Hinsichtlich der Provision aus dem Geschäft T treffe die Behauptung des Klägers, das entsprechende Produkt, um das es sich bei der Bestellung vom 27.03.2018 (Anlage D4) gehandelt habe, sei einem Kunden der Beklagten in U verkauft worden, nicht zu. Dies ergebe sich aus den Anlagen D4 und D5 erster Instanz. Der Kläger habe nicht dargetan, welche Vertriebstätigkeit er bezüglich des vermeintlichen Weiterverkaufs von L nach U ausgeübt habe. Der Kunde aus L habe bei der Beklagten direkt bestellt. Hinsichtlich des Provisionsanspruchs betreffend dem Gerät Q habe der Kläger in der Klageschrift einen Betrag von 408,10 € geltend gemacht. Der Kläger habe bis heute nicht plausibel dargelegt, wie sich der nunmehr geltend gemachte Provisionsanspruch in Höhe von 708,10 € berechne. Es sei nicht erkennbar und seitens des Klägers nicht vorgetragen worden, weshalb ihm ein Gerätebonus von 400,00 € zustehe. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 23.10.2019 behaupte, dass er ein Gerät der Zeugin K vorgestellt habe, habe diese Zeugin, die in J ansässig sei, mit dem Gerät, das nach N geliefert worden sei, nichts zu tun. Aus dem übrigen Prozessvortrag lasse sich eine Unterstützungshandlung für den für N zuständigen Vertriebsmitarbeiter nicht entnehmen. Der weitere Provisionsanspruch in Höhe von 585,24 € lasse sich betragsmäßig nicht nachvollziehen. Darüber hinaus rechtfertige sich der Abzug unter der Bezeichnung "I" daraus, dass sich die Provisionshöhe aus der Rechnung abzüglich von Rabatten und Sonderrabatten ermittle. Dies begründe sich aus der Provisionsregelung 2018 und sei im Übrigen auch einleuchtend. Die Beklagte könne Provisionen nur für den Betrag bezahlen, den sie auch tatsächlich erhalte. Dass sich bei Einkaufsgesellschaften, Klinikketten und Vertriebspartnern mit Sonderkonditionen Einschränkungen der Provision gäben, sei auch Ziff. 9.3 Provisionsregelung 2018 zu entnehmen. Schließlich sei dies in den vergangenen Jahren in gleicher Weise so gehandhabt und seitens des Klägers nicht beanstandet worden. Hinsichtlich des Bonusanspruchs in Höhe von 2.500,00 € sei nicht unstreitig, dass dieser dem Kläger zustehe, wenn ihm nur einer der oben behandelten Provisionsansprüche zustehen würde. Bereits erstinstanzlich habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger seine bestrittene Behauptung näher substantiieren müsse. Etwaige Provisionsansprüche seien aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfristen ausgeschlossen.


    34


    Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


    35


    Durch Beschluss vom 26.10.2020 wurde mit Zustimmung beider Parteien beschlossen, dass im schriftlichen Verfahren entschieden werde. Bei der Entscheidung sollten Schriftsätze berücksichtigt werden, die bis spätestens 18.11.2020 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen sind.




    Entscheidungsgründe

    36


    Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Die Berufung des Klägers war zulässig, jedoch nur teilweise - im erkannten Umfange - begründet.


    I.


    37


    Die nach §§ 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG statthaften Berufungen der Parteien sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 , 64 Abs. 6 ArbGG i. V.m. §§ 519 , 520 ZPO , und damit zulässig.


    38


    Dabei war das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 30.07.2020 dahin auszulegen, dass er die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beantragt hat, §§ 133 , 157 BGB analog. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ausnahmsweise die Annahme einer konkludenten Antragstellung in Betracht kommen, wenn der Gegenstand des Rechtsstreits fest umrissen und klar ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.10.2017 - 1 AZR 166/16 - Rn. 15 m. w. Nachw.). Durch die Formulierung im Schriftsatz vom 30.07.2020, dass die Beklagte "auch" zur Zahlung der geltend gemachten Provisions- und Bonusansprüche verpflichtet sei, ist zu schließen, dass der Kläger an den ihm erstinstanzlich zugesprochenen Ansprüchen im Berufungsverfahren festhalten wollte und mithin konkludent die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beantragt hat. Damit steht der Umfang des Streitgegenstands im Berufungsverfahren eindeutig fest.


    II.


    39


    Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.


    40


    1. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von insgesamt 3.780,00 € netto als weiteres Gehalt von monatlich 315,00 € netto für die Monate März 2016 bis Februar 2017 gemäß § 611 a Abs. 2 BGB . Die Forderung gilt nicht gemäß § 389 BGB als erloschen. Die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung auf Zahlung von zwölf Monatsraten, beginnend mit der Abrechnung für März 2016, besteht nicht. Ziff. 3.2 des DienstwagenÜberlassungsvertrags ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil diese Regelung den Kläger i.V.m. Ziff. 1. 3, 7.2 und 7.4 des DienstwagenÜberlassungsvertrags unangemessen benachteiligt. Dies hat das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen beurteilt. Auf seine Entscheidungsgründe wird deshalb gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Die Berufungsangriffe der Beklagten vermögen aus nachfolgenden Gründen keine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen:


    41


    a) Ziff. 3.2 des DienstwagenÜberlassungsvertrags unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB , weil es sich dabei entweder um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB oder jedenfalls um eine vorformulierte Vertragsbedingung i. S. v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt. Die Kostenregelung zur Sonderausstattung des Dienstwagens ist von der Beklagten vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt worden. Sie ist weder im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt worden ( § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ) noch konnte der Kläger auf ihren Inhalt Einfluss nehmen ( § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ).


    42


    aa) Das Merkmal des Aushandelns nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB entspricht dem Merkmal des Einflussnehmens im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB (vgl. BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25). Aushandeln bedeutet mehr als Verhandeln. Es genügt nicht, dass der Vertragsinhalt erörtert wird und den Vorstellungen des Vertragspartners entspricht (vgl. ErfK/Preis, 21. Aufl. 2021, § 310 BGB Rn. 24 m. w. N.). Der Arbeitgeber muss vielmehr den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel erkennbar ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Arbeitnehmer eine Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen eingeräumt haben (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2013 - 10 AZR 286/13 - Rn. 13 m. w. N.). Dies setzt voraus, dass sich der Arbeitgeber deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt und dass dies dem Arbeitnehmer bei Abschluss des Vertrags bewusst war (vgl. BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25). Ist die Möglichkeit des Aushandelns oder der Einflussnahme streitig, muss der Arbeitgeber nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast den Vortrag des Arbeitnehmers, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert bestreiten, indem er konkret darlegt, wie er Klauseln zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer habe die Klauseln freiwillig akzeptiert (vgl. BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 27).


    43


    bb) Nach diesen Grundsätzen, denen sich die erkennende Kammer anschließt, hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen, dass der Kläger Einflussmöglichkeiten auf die streitgegenständliche Kostenregelung gehabt hat. Durch die E-Mail der Beklagten vom 10.11.2015 wurde der Kläger lediglich um "Rückbestätigung" gebeten bzw. aufgefordert, "bestätigen Sie uns kurz, dass Sie mit der vereinbarten Kostenübernahme und der oben beschriebenen Abwicklung einverstanden sind". Dies wird mit der E-Mail vom 11.11.2015 wiederholt ("Könnten Sie die untenstehende Vereinbarung bitte kurz bestätigen..."). Beiden E-Mails ist nicht die Bereitschaft der Beklagten zu entnehmen, die Regelung zur Kostenübernahme zur Disposition zu stellen. Eine solche Bereitschaft hat die Beklagte auch nicht durch Bezugnahme auf sonstige Umstände vorgetragen. Soweit sich die Beklagte in der EMail vom 11.11.2015 nach etwaigen Rückfragen des Klägers erkundigt, zeigt dies ihre Bereitschaft lediglich zur Erklärung, aber nicht zur Aushandlung der Kostenregelung. Im Übrigen handelte es sich bei der vorgeschlagenen Vereinbarung, der der Kläger mit E-Mail vom 11.11.2015 schließlich zugestimmt hat, nur um eine erste Teilregelung zum Komplex "Dienstwagen". Eine eigentliche Regelung wurde zwischen den Parteien erst mit dem DienstwagenÜberlassungsvertrag vom 08.03.2016 getroffen, der alle Aspekte der Zurverfügungstellung des Dienstwagens, insbesondere die Zeiträume der Nutzung regelt. Zum DienstwagenÜberlassungsvertrag vom 08.03.2016 legt die Beklagte eine Einflussmöglichkeit des Klägers nicht dar, insbesondere behauptet sie nicht, dass der Kläger Ziff. 7.2 und 7.4, die Fälle der Herausgabe bzw. Rückgabe des Dienstwagens vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelten, freiwillig akzeptiert habe. Hierauf hat das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen.


    44


    b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Vertragsklausel ge mäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet wird, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Fahrzeug dem Arbeitgeber zurückzugeben und dennoch für die restliche Laufzeit des Leasingvertrags die Leasingraten an den Arbeitgeber in einem Einmalbetrag zu entrichten hat (vgl. BAG, Urteil vom 09.09.2003 - 9 AZR 574/02 - unter B. II. 2. b) der Gründe). Es kommt in diesem Fall zu einer Äquivalenzstörung zwischen Leistung und Gegenleistung, weil der Arbeitnehmer über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus an den Folgen der Investitionsentscheidung des Arbeitgebers, ein teureres Auto als monetären Anreiz für den Arbeitnehmer und als gesteigerten Werbeeffekt für eigene Zwecke zu kaufen, beteiligt wird. Dies ist mit den Grundprinzipien des Arbeitsrechts nicht vereinbar, wonach dienstlich veranlasste Kosten grundsätzlich der Arbeitgeber und nicht der Arbeitnehmer zu tragen hat.


    45


    Wendet man diese Grundsätze auf die vorliegende Vertragsgestaltung an, ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass der Kläger unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB benachteiligt wird. Zum einen gewährt der Kläger der Beklagten ein unverzinstes Darlehen, weil er den Zuzahlungsbetrag in Höhe von 3.780,00 € nicht über die gesamte 36monatige Laufzeit des Leasingvertrags, sondern nach Ziff. 3. 2 DienstwagenÜberlassungsvertrag bereits in den ersten zwölf Monaten von März 2016 bis Februar 2017 zahlen sollte (vgl. auch E-Mail der Beklagten vom 10.11.2015, Bl. 109 d. A.). Zum anderen wurde der Kläger durch Ziff. 7.2 und 7.4 DienstwagenÜberlassungsvertrag verpflichtet, den Dienstwagen im Falle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, gleich welcher Partei, herauszugeben bzw. in besonderen Fällen (wie bei unbezahltem Sonderurlaub oder bei Krankheit) nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums zurückzugeben, wodurch er den Dienstwagen nicht mehr nutzen konnte, obwohl er durch die zwölf Monatsraten ab März 2016 den Mehrwert des Dienstwagens durch die Sonderausstattung bereits bezahlt hat. Die diesbezüglichen Argumente des Arbeitsgerichts hat die Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht mehr angegriffen. Eine pauschale Bezugnahme auf erstinstanzlichen Vortrag genügt nicht. Schließlich bestimmt Ziff. 1.3 DienstwagenÜberlassungsvertrag, dass die Überlassung des Fahrzeugs automatisch spätestens mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet. Endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der 36monatigen Laufzeit des Leasingvertrags, würde der Kläger ebenfalls die von ihm bereits in den zwölf Monate vom März 2016 bis Februar 2017 gezahlte Sonderausstattung nicht mehr nutzen können.


    46


    c) Ist deshalb Ziff. 3.2 des DienstwagenÜberlassungsvertrags unwirksam, war die Beklagte nicht berechtigt, gegen den monatlichen Vergütungsanspruch des Klägers gemäß § 611 a Abs. 2 BGB mit ihrer Monatsrate aufzurechnen, § 387 BGB , mit der Folge, dass die monatlichen Vergütungsansprüche des Klägers von 316,00 € netto nicht erloschen sind, § 389 BGB .


    47


    d) Die Zahlungsansprüche des Klägers aus § 611 a Abs. 2 BGB sind weder verfallen noch verjährt.


    48


    aa) Die Ausschlussfrist nach § 10 des Arbeitsvertrags ist im Verhältnis zum Kläger unwirksam. Das Arbeitsgericht hat zu Recht auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwiesen, wonach eine vertragliche Ausschlussfrist von weniger als drei Monaten gegen § 307 BGB verstößt. Das Bundesarbeitsgericht hat dies sowohl für die erste Stufe (vgl. BAG, Urteil vom 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 - ) als auch für die zweite Stufe der Ausschlussfrist entschieden ( BAG, Urteil vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - ). Diese Rechtsprechung findet auf die vorliegend geltend gemachten Ansprüche Anwendung, bei denen es sich um Entgeltansprüche im Sinne des § 611 a Abs. 2 BGB und damit um Ansprüche aus dem Vertrag im Sinne des § 10 Abs. 1 Arbeitsvertrag handelt (vgl. auch BAG, Urteil vom 09.09.2003 - 9 AZR 574/02 - unter B. I. der Gründe zur Anspruchsgrundlage). Auf die Zulässigkeit tarifvertraglicher Ausschlussfristen kann es für die Beurteilung arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen nicht ankommen.


    49


    bb) Die Ausschlussfrist des § 18 des allgemeinverbindlichen MTV Groß- und Außenhandel W gilt nicht für das Arbeitsverhältnis der Parteien, weil es von der Geltungsbereichsbestimmung des Tarifvertrags nicht erfasst ist. Der MTV Groß- und Außenhandel W gilt nur für Betriebe, die im Land W belegen sind. Dies ergibt sich aus der kumulierenden Wirkung der § 1 Nr. 1 und 2 MTV Groß- und Außenhandel W, wonach der Tarifvertrag erstens räumlich für das Land W und zweitens betrieblich für Betriebe des Groß- und Außenhandels gilt (vgl. auch BAG, Urteil vom 26.09.2012 - 4 AZR 782/10 - Rn. 14 zum LTV Geld- und Wertdienste NI2008). Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es auf den Erfüllungsort des Arbeitsverhältnisses nicht an. Hierfür ergeben sich nach dem für die Tarifauslegung maßgeblichen Wortlaut in § 1 MTV Groß- und Außenhandel W keine Anhaltspunkte.


    50


    cc) Ebenso wenig gilt die Ausschlussfrist des § 19 MTV Groß- und Außenhandel V. Die Beklagte hat auch im Berufungsverfahren die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Ausschlussfrist nicht vorgetragen. Dabei gehört die Einhaltung der geltenden Ausschlussfrist zur Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens, da tarifliche Ausschlussfristen von Amts wegen auch ohne ausdrückliche Rüge des Anspruchsgegners zu berücksichtigen sind (vgl. Perschke in Natter/Gross, ArbGG, 2. Aufl. 2013, § 58 Rn. 52 m.w.N.). Es bedurfte deshalb keines Bestreitens durch den Kläger.


    51


    dd) Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Erfüllung der Vergütungsansprüche für März 2016 wegen Verjährung zu verweigern, § 214 Abs. 1 BGB . Keiner der Vergütungsansprüche seit März 2016 ist verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren ( § 195 BGB ) beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB . grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die dreijährige Verjährungsfrist für Vergütungsansprüche ab März 2016 begann deshalb mit dem 31.12.2016 und endete am 31.12.2019. Noch innerhalb dieser Frist, nämlich durch Klageschrift vom 09.06.2019, der Beklagten über ihre Prozessbevollmächtigten am 17.06.2019 zugestellt, hat der Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche gerichtlich geltend gemacht.


    52


    e) Die Beklagte ist daher verpflichtet, an den Kläger die im Zeitraum März 2016 bis Februar 2017 monatliche weitere Vergütung in Höhe von 315,00 € netto, d.h. insgesamt 3.780,00 € netto, zu zahlen.


    53


    Der Zinsanspruch begründet sich aus §§ 291 , 288 Abs. 1 BGB , und zwar wegen der Zustellung der Klageschrift am 17.06.2019 ab 18.06.2019. Der Zuspruch der Zinsen durch das erstinstanzliche Urteil erst ab 26.06.2019 hat der Kläger nicht angegriffen.


    54


    2. Die Widerklage der Beklagten ist unbegründet. Etwaige Schadensersatzansprüche sind nach § 10 des Anstellungsvertrags verfallen, weil die Beklagte sie nicht geltend gemacht hat.


    55


    a) Nach § 10 des Anstellungsvertrags sind alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Vertrag und solche, die mit dem Vertrag in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit der Ansprüche gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Fälligkeit tritt bei Schadensersatzansprüchen ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist, also sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlangt oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte Kenntnis erlangen können. Geltend gemacht werden können Schadensersatzforderungen, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und seine Forderungen wenigstens annähernd beziffern kann. Denn der Schuldner muss erkennen können, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden soll (vgl. BAG, Urteil vom 30.10.2008 - 8 AZR 886/07 - Rn. 23 und 24 m.w.N.).


    56


    b) Auch nach dem Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren fehlt es an ausreichenden Behauptungen, warum die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist gewahrt sein soll.


    57


    Dabei ist im Anschluss an die vorstehende Rechtsprechung zwar fraglich, ob ein etwaiger Schadensersatzanspruch bereits am 03.01.2019 fällig und geltend zu machen war. Die Beklagte hatte am 03.01.2019 ausweislich ihrer E-Mail an ihren Business-Process-Manager, Herrn F., noch keine Möglichkeit, ihre Forderung annähernd zu beziffern, da eine Beurteilung des angeblichen Steinschlags noch ausstand.


    58


    Wenn sich die Beklagte jedoch für die Wahrung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist auf die E-Mail vom 03.01.2019 an ihren Business-Process-Manager stützt, ist nicht anzunehmen, dass diese eine ausreichende Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gegenüber dem Kläger darstellt. Der Kläger erhielt die besagte E-Mail lediglich "CC" und war damit schon nicht ihr Adressat. Darüber hinaus war Zweck der übersandten Fotos der Gebrauchsspuren die "Info für die Leasingrückgabe" und damit ausdrücklich nicht die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger. Im Übrigen wurden die Schadensersatzansprüche in dieser E-Mail nicht wenigstens annähernd beziffert. Dementsprechend konnte der Kläger nicht erkennen, in welcher ungefähren Höhe er möglicherweise wegen der behaupteten Schäden am Dienstwagen in Anspruch genommen werden würde.


    59


    c) Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist ist auf den vorliegenden Sachverhalt auch anzuwenden. Die Ausschlussfristen gelten nach § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags "nicht für Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung". Eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung wird dem Kläger indessen nicht zum Vorwurf gemacht. Nach dem Schriftsatz der Beklagten vom 12.07.2019, Seite 5 (= Bl. 27 d. A.) sind die Beschädigungen an dem Fahrzeug auf grob fahrlässiges Verhalten des Klägers zurückzuführen.


    III.


    60


    Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet.


    61


    a) Der Kläger hat Anspruch auf Provisionszahlung aus dem Verkauf des Blutanalyse geräts Q in Höhe von 408,10 € brutto, Ziff. 8 Provisionsvereinbarung 2018.


    62


    Der Kläger hat diesen Anspruch auf Ziff. 8 Provisionsvereinbarung 2018 gestützt und hierzu behauptet, er sei vom Zeugen M zur Bestellung des Systems beauftragt worden. Dieser Behauptung ist die Beklagte nicht substanziiert entgegengetreten mit der Folge, dass sie als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO . Insoweit genügt es nicht, wenn die Beklagte auf eine in den Bestellvorgang nicht involvierte Zeugin S verweist. Im Übrigen hat der Kläger erstinstanzlich die E-Mail des Zeugen M vom 13.04.2018 mit Betreff "BRK-Beauftragung BM7_18 Q" vorgelegt, in der dem Kläger ausdrücklich "für Ihr Angebot an unseren strategischen Einkauf" gedankt wird (vgl. Anlage K5 = Bl. 133 d. A.).


    63


    Der Höhe nach steht dem Kläger die erstinstanzlich geltend gemachte Provision von 408,10 € brutto zu, wie die Beklagte nicht bestritten hat. Für einen weiteren Gerätebonus hat der Kläger keine Rechtsgrundlage vorgetragen, so dass er ihm nicht zugesprochen werden kann.


    64


    b) Darüber hinaus hat der Kläger Anspruch auf Auszahlung der Abzugsbeträge von 509,15 € und 76,24 €, d.h. in Höhe von insgesamt 585,25 € brutto, Provisionsregelung 2018.


    65


    Der Provisionsregelung 2018 ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte zum Abzug derjenigen Provisionsbeträge nachträglich berechtigt ist, die sich aus einen Sondernachlass zu Gunsten bestimmter Kunden errechnen. Die Beklagte behauptet zwar die Existenz einer solcher Regelung in der Provisionsregelung 2018, benennt sie jedoch nicht. Soweit die Beklagte für die Berechtigung des nachträglichen Abzugs auf Ziff. 9.3 Provisionsregelung 2018 verweist, ist dies unbehelflich. Es findet sich auch dort keine Regelung zum Abzug, sondern zur Anrechnung der Aufträge bestimmter Kunden auf die Mindestverkaufsmenge und eine Regelung, unter welchen Bedingungen eine Sonderprämie gezahlt wird. Eine inzidente Abzugsregelung in Ziff. 9.3 Provisionsregelung 2018 würde jedenfalls dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB widersprechen. Auch eine sonstige Vereinbarung, die die Beklagte zum Abzug bereits verdienter Provisionsbeträge berechtigen würde, ist nicht vorgetragen worden.


    66


    Die Abzugsbeträge sind der Höhe nach zutreffend. Sie sind der Provisionsabrechnung der Beklagten - Anlage K4 - letzte Seite, letzte Position (= Bl. 90 d. A.) zu entnehmen. In der Summe ergeben sie rechnerisch 585,39 €, die dem Kläger jedoch wegen § 308 ZPO nicht zugesprochen werden können, so dass es bei 585,24 € brutto verbleibt.


    67


    c) Demgegenüber stehen dem Kläger weder Provisionen aus dem T-Geschäft noch die Jahresendzielprämie zu.


    68


    aa) Der Kläger hat in Bezug auf das Produkt T trotz erst- und zweitinstanzlichen Bestreitens durch die Beklagte keine diesbezügliche Vertriebstätigkeit dargelegt, die einen Provisionsanspruch in direkter oder entsprechender Anwendung der Provisionsregelung 2018 auslösen könnte. Nach der deshalb unbestritten gebliebenen Behauptung der Beklagten hat der Kunde aus L direkt bei ihr ohne die Einschaltung eines Außendienstmitarbeiters bestellt; das Gerät soll auch nach dort und nicht nach W oder U, d.h. dem Vertriebsgebiet des Klägers, geliefert worden sein (vgl. Schriftsätze vom 09.10.2019, Seite 5 = Bl. 104 d. A. und vom 21.09.2020, Seite 3 = Bl. 158 d. A.). Auf die weiteren, zwischen den Parteien in diesem Zusammenhang streitigen Fragen kommt es deshalb nicht an.


    69


    bb) Der Kläger hat darüber hinaus keinen Anspruch auf die Jahresendzielprämie gemäß Ziff. 9.2 Prämienregelung 2018. Er hat trotz Bestreitens der Beklagten nicht dargelegt, wie hoch die vereinbarte Jahresquote für 2018 war und dass er diese durch seine Vertriebstätigkeit erreicht hat. Insofern trifft seine Behauptung in der Berufungsbegründung nicht zu, es sei unstreitig, dass die Bonusschwelle bei Berücksichtigung bereits einer der vorstehend benannten Abzugspositionen erreicht worden sei.


    70


    Die Beträge zu a) und b) ergebenen einen Gesamtbetrag von 993,34 € brutto, zu dessen Zahlung die Beklagte folglich zu verurteilen war. Der Zinsanspruch begründet sich aus §§ 291 , 288 Abs. 1 BGB mit Rechtshängigkeit, die mit Zustellung der Klage an die Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 17.06.2019 begründet worden ist. Danach sind Zinsen seit dem 18.06.2019 zu zahlen. IV.


    71


    Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens waren verhältnismäßig zu teilen, §§ 92 Abs. 1 , 97 Abs. 1 ZPO . Bei einem Gesamtstreitwert von 11.436,62 € und einem Obsiegen des Klägers in Höhe von 8.227,12 € ergab sich eine Kostenquote zu Lasten des Klägers von 28/100 und zu Lasten der Beklagten von 72/100.


    V.


    72


    Es bestand kein Grund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG , die Revision zum Bundesarbeitsgericht für eine der Parteien zuzulassen.


    Vorschriften§§ 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, §§ 133, 157 BGB, § 611 a Abs. 2 BGB, § 389 BGB, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 69 Abs. 2 ArbGG, § 307 BGB, § 305 Abs. 1 BGB, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, § 307 Abs. 1 BGB, § 387 BGB, § 1 Nr. 1 und 2 MTV, § 1 MTV, § 19 MTV, § 214 Abs. 1 BGB, § 195 BGB, § 199 Abs. 1 BGB, §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, § 138 Abs. 3 ZPO, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 308 ZPO, §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG