21.11.2017 · IWW-Abrufnummer 197782
Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 19.10.2017 – 8 AZR 845/15
Die in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Wiedereinstellungsanspruch nach wirksamer betriebsbedingter Kündigung entwickelten Grundsätze sind in Kleinbetrieben iSv. § 23 Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 KSchG nicht anwendbar.
In Sachen
Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,
pp.
Beklagte zu 2., Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,
hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2017 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Schlewing, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Vogelsang und Dr. Roloff sowie die ehrenamtlichen Richter Kandler und Schirp für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. Oktober 2015 - 4 Sa 1289/14 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt nach einem Betriebsübergang seine Wiedereinstellung durch die Beklagte als neue Betriebsinhaberin.
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Der 1949 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 1. März 1987 als vorexaminierter Apothekenangestellter in der F-Apotheke in D tätig. Deren Betreiberin war die Apothekerin R, die vormalige Beklagte zu 1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erhielt der Kläger bei einer Wochenarbeitszeit von 22 Stunden ein Bruttomonatsentgelt iHv. 2.500,00 Euro.
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In der Apotheke waren neben dem Kläger vier Arbeitnehmer/innen bereits in der Zeit vor dem 1. Januar 2004 tätig. Dies waren die pharmazeutisch technische Angestellte (im Folgenden PTA) Br mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 21 Stunden, der PTA J, der Bruder der vormaligen Beklagten zu 1., mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden, dessen Ehefrau, die pharmazeutisch-kaufmännische Assistentin (im folgenden PKA) J mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20,5 Stunden sowie die Reinigungskraft S mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von neun Stunden. Seit Februar bzw. Juli 2004 waren dort außerdem die PTA Bi und der Herr Bi als Bote mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von jeweils neun Stunden beschäftigt.
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Mit Schreiben vom 28. November 2013 kündigte die vormalige Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis des Klägers und aller weiteren Arbeitnehmer zum 30. Juni 2014 mit der Begründung, die Apotheke aus gesundheitlichen Gründen nicht weiterführen zu können. Der Kläger erhob gegen die Kündigung keine Kündigungsschutzklage.
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Die vormalige Beklagte zu 1. führte die Apotheke zunächst über den 30. Juni 2014 hinaus mit dem PTA J, der PKA J und der Reinigungskraft S weiter. Am 15. Juli 2014 schloss sie mit der nunmehrigen alleinigen Beklagten, der früheren Beklagten zu 2., einen Vertrag über den Verkauf der Apotheke. In diesem Vertrag heißt es auszugsweise:
"§ 1 Gegenstand des Vertrages
(1) ...
Der Verkäufer verkauft und überträgt dem Käufer nach Maßgabe dieses Vertrages das Eigentum an seiner gesamten vorbezeichneten Apotheke.
(2) Gegenstand dieses Vertrages sind
a) die Apothekeneinrichtung incl. Labor, Büroausstattung, Nachtdienstzimmer und Computer ..., die betrieblichen Telefon- und Faxnummern ..., die E-Mail-Adresse ... und die Internet-Domain ...
b) der Geschäftswert,
c) das Warenlager.
...
§ 6 Arbeitnehmer
(1) Den Vertragsparteien ist die Vorschrift des § 613a Abs. 1 BGB bekannt. Danach gehen die Arbeitsverhältnisse zu den Mitarbeitern, die in der Anlage 3 zu diesem Vertrag abschließend aufgelistet sind, auf den Käufer über. ..."
6
In der Anlage 3 "Aufstellung gemäß § 6 ... des Kaufvertrages" sind der PTA J, die PKA J und die Reinigungskraft S aufgeführt. Ferner wurde vereinbart, dass der Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass bis zum 15. August 2014 ein langfristiger Mietvertrag über die im Eigentum der vormaligen Beklagten zu 1. stehenden Apothekenbetriebsräume zustande kommt.
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Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgte die Übertragung und Übergabe der Apotheke an die Beklagte am 1. September 2014.
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Mit seiner am 29. Juli 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen, zunächst nur gegen die vormalige Beklagte zu 1. gerichteten Klage hat der Kläger von dieser die Annahme seines Angebots auf Neuabschluss eines Arbeitsvertrags zu den bisherigen Bedingungen und Auskunft verlangt, an wen die vormalige Beklagte zu 1. die Apotheke ab dem 1. September 2014 übergibt. Nach Auskunftserteilung hat der Kläger seine Klage gegen die Beklagte erweitert und auch von dieser die Annahme seines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags verlangt.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei als Betriebsübernehmerin verpflichtet, ihn wiedereinzustellen. Dem stehe weder entgegen, dass der Betriebsübergang erst nach Ablauf der Kündigungsfrist stattgefunden habe, noch, dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Auch Arbeitnehmer in sog. Kleinbetrieben seien vor unberechtigten, weil rechtsmissbräuchlichen Kündigungen geschützt, insbesondere hätten sie Anspruch darauf, dass vom Arbeitgeber ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme gewahrt werde und ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleibe, wenn der Arbeitgeber wegen betrieblicher Erfordernisse kündige. Der Kläger hat behauptet, erst im Juli 2014 erfahren zu haben, dass die Apotheke nicht geschlossen worden sei. Die vormalige Beklagte zu 1. habe allerdings schon vor Ablauf der Kündigungsfrist vorgehabt, die Apotheke an die Beklagte zu veräußern. Bereits im Juni 2014 hätten sich die vormalige Beklagte zu 1. und die Beklagte dem Grunde nach auf die Übernahme der Apotheke und die wesentlichen Konditionen hierfür geeinigt. Um den Betrieb für die Beklagte attraktiv zu machen, habe die vormalige Beklagte zu 1. die Gehälter der Eheleute J vorab erheblich reduziert. Ein Angebot, das Arbeitsverhältnis zu einer geringeren Vergütung fortzusetzen, habe die vormalige Beklagte zu 1. ihm gegenüber, obgleich er sozial schutzwürdiger gewesen sei, entgegen den Geboten von Treu und Glauben nicht gemacht. Später habe die Beklagte als Ersatz für ihn die vormalige Beklagte zu 1. eingestellt.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags als vorexaminierter Apothekenangestellter zu einem Bruttomonatsgehalt iHv. 2.500,00 Euro und den Arbeitsbedingungen, wie sie zuvor zwischen ihm und Frau R in der Zeit vom 1. März 1987 bis zum 30. Juni 2014 bestanden haben, unter Anrechnung der bisherigen Beschäftigungsdauer seit dem 1. März 1987 anzunehmen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, ein Wiedereinstellungsanspruch scheide schon deshalb aus, weil das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sei. Der Kläger habe auch keinen Sachverhalt vorgetragen, der eine willkürliche Kündigung belegen könne. Die vormalige Beklagte zu 1. habe sich aus wirtschaftlichen Gründen entschließen müssen, die Apotheke zu schließen. Diese sei insbesondere wegen der hohen - weit übertariflichen - Gehälter des Klägers und der PTA Br zunächst unverkäuflich gewesen. Nachdem sie, die Beklagte, am 25. Juni 2014 von der beabsichtigten Schließung der Apotheke erfahren habe, habe sie mit der vormaligen Beklagten zu 1. Kontakt aufgenommen, ihr grundsätzliches Interesse an einer Übernahme bekundet und gleichzeitig um weitere Informationen gebeten. Nach Auswertung der ihr übermittelten Unterlagen habe sie entschieden, über die Übernahme der Apotheke zu verhandeln. Diese langwierigen Verhandlungen seien erst am 15. Juli 2014 abgeschlossen gewesen.
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Das Arbeitsgericht hat die - gegen die vormalige Beklagte zu 1. und die Beklagte gerichtete - Klage insgesamt abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger nur insoweit Berufung eingelegt, als die Klage gegen die Beklagte abgewiesen wurde. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren gegenüber der Beklagten weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Annahme seines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem aus dem Antrag ersichtlichen Inhalt.
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I. Die Beklagte ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - nicht nach den in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung entwickelten Grundsätzen zur Wiedereinstellung des Klägers verpflichtet. Bei dem Betrieb der vormaligen Beklagten zu 1. handelte es sich um einen Kleinbetrieb iSv. § 23 Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 KSchG , auf den die og. Grundsätze nicht anwendbar sind.
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1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann einem wirksam betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer ein - ggf. auch rückwirkender - Anspruch auf Wiedereinstellung zustehen (grundlegend BAG 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 4 der Gründe, BAGE 85, 194; ferner etwa BAG 26. Januar 2017 - 2 AZR 61/16 - Rn. 33; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 37). Der Anspruch setzt voraus, dass zwischen dem Zugang einer betriebsbedingten Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist entweder wider Erwarten der bisherige Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers doch erhalten bleibt (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 7 AZR 621/06 - Rn. 11; 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - zu II B 3 der Gründe, BAGE 95, 171) oder unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer auf einem freien Arbeitsplatz iSv. § 1 Abs. 2 KSchG entsteht (vgl. etwa BAG 26. Januar 2017 - 2 AZR 61/16 - aaO.; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - aaO.; 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - Rn. 33). Da der Wiedereinstellungsanspruch letztlich aus der auf § 242 BGB beruhenden arbeitsvertraglichen Nebenpflicht folgt (vgl. Schaub ArbR-HdB/Linck 17. Aufl. § 146 Rn. 1; zur dogmatischen Herleitung aus § 242 BGB bzw. § 611 BGB iVm. § 242 BGB vgl. etwa BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 21 mwN bzw. 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - aaO.), kommt er grundsätzlich nur in Betracht, wenn sich die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit noch im bestehenden Arbeitsverhältnis, mithin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ergibt (vgl. etwa BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - aaO.). Entsteht die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit erst nach Ablauf der Kündigungsfrist, kann der gekündigte Arbeitnehmer dagegen grundsätzlich nicht seine Wiedereinstellung verlangen (vgl. etwa BAG 20. Oktober 2015 - 9 AZR 743/14 - Rn. 32, BAGE 153, 62; 16. Mai 2007 - 7 AZR 621/06 - aaO.; 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B II 2 b der Gründe).
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Danach kann ein Wiedereinstellungsanspruch auch gegeben sein, wenn es noch während des Laufs der Kündigungsfrist zu einem Betriebs(teil-)übergang und damit zur Fortführung des Betriebs oder Betriebsteils kommt, dem der Arbeitnehmer zugeordnet ist (vgl. etwa BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 37; 13. Mai 2004 - 8 AZR 198/03 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 110, 336). Geht der Betrieb oder Betriebsteil, dem der Arbeitnehmer zugeordnet ist, erst nach Ablauf der Kündigungsfrist auf den neuen Inhaber über, kommt ein Wiedereinstellungsanspruch demgegenüber nur ausnahmsweise in Betracht. Eine Ausnahme kann geboten sein, wenn der Betriebs- oder Betriebsteilübergang bereits während des Laufs der Kündigungsfrist zwar beschlossen, aber noch nicht vollzogen wurde (vgl. etwa BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - aaO.; 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - Rn. 33; 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 59; 13. Mai 2004 - 8 AZR 198/03 - zu II 2 c bb der Gründe, aaO.). Eine solche Ausnahme hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts unter Hinweis darauf, dass die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nicht nur durch die Übernahme materieller und/oder immaterieller Betriebsmittel, sondern auch durch die willentliche Übernahme der Hauptbelegschaft erfüllt werden könnten, bislang nur für den Fall eines nach Ablauf der Kündigungsfrist durch willentliche Übernahme der Hauptbelegschaft eingetretenen Betriebsübergangs iSv. § 613a BGB angenommen, während er die Anerkennung eines Wiedereinstellungsanspruchs bei einem nach Ablauf der Kündigungsfrist durch die Übernahme von materiellen und immateriellen Betriebsmitteln vollzogenen Betriebsübergang ausdrücklich offengelassen hat (vgl. etwa BAG 13. Mai 2004 - 8 AZR 198/03 - aaO.).
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2. Die in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung entwickelten Grundsätze sind in sog. Kleinbetrieben und damit in der Apotheke der vormaligen Beklagten zu 1. nicht anwendbar (vgl. etwa Löwisch in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 100; MüKoBGB/Hergenröder 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 83; Schaub ArbR-HdB/Linck 17. Aufl. § 146 Rn. 1). Ihre Anwendung setzt eine betriebsbedingte Kündigung voraus, die an den Maßstäben des § 1 Abs. 2 KSchG zu messen ist (so schon BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 199/04 - zu II 2 a der Gründe; 13. Mai 2004 - 8 AZR 198/03 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 110, 336).
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Der Wiedereinstellungsanspruch nach einer wirksam ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG stellt einen nach § 242 BGB gebotenen spezifischen Ausgleich allein dafür dar, dass eine betriebsbedingte Kündigung nicht erst möglich ist, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich nicht mehr zur Verfügung steht, sondern schon dann wirksam erklärt werden kann, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs die auf Tatsachen gestützte Vorausschau gerechtfertigt ist, dass jedenfalls zum Ablauf der Kündigungsfrist der die Entlassung erforderlich machende betriebliche Grund vorliegen wird; danach bleibt die spätere tatsächliche Entwicklung grundsätzlich unberücksichtigt (st. Rspr. des BAG, vgl. etwa BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 20, BAGE 140, 169; 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe mwN, BAGE 85, 194). Der Umstand, dass die Kündigung daher auch dann wirksam bleibt, wenn sich die maßgeblichen Gegebenheiten entgegen der ursprünglichen Prognose noch während des Laufs der Kündigungsfrist ändern, kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer in seinem berechtigten, durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesse am Bestandsschutz beeinträchtigt wird. Allein vor diesem Hintergrund kann § 242 BGB in derartigen Fällen überhaupt eine Kompensation durch einen Wiedereinstellungsanspruch gebieten (vgl. etwa BAG 20. Oktober 2015 - 9 AZR 743/14 - Rn. 31, BAGE 153, 62; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 21 mwN).
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II. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte sei nach § 242 BGB zu seiner Wiedereinstellung verpflichtet, weil die Apotheke entgegen der ursprünglichen Absicht der vormaligen Beklagten zu 1. nicht geschlossen, sondern zunächst von dieser und später von der Beklagten fortgeführt wurde und bei der Auswahl der weiterzubeschäftigenden Arbeitnehmer ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme nicht gewahrt wurde.
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1. Zwar ist Arbeitnehmern in Kleinbetrieben angesichts der überwiegenden grundrechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers das größere rechtliche Risiko eines Arbeitsplatzverlustes zuzumuten. Sie sind aber nicht völlig schutzlos gestellt, sondern vielmehr durch die zivilrechtlichen Generalklauseln ( §§ 138 , 242 BGB ) vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitgeber geschützt. Im Rahmen dieser Generalklauseln ist der objektive Gehalt der Grundrechte, hier vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG , zu berücksichtigen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 392/08 - Rn. 37 mwN). Dabei verpflichtet Art. 12 Abs. 1 GG iVm. dem Sozialstaatsprinzip den Arbeitgeber bei Kündigungen außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes, dann ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme walten zu lassen, wenn unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist. Der Arbeitgeber darf ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt lassen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 392/08 - Rn. 38 mwN).
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2. Es kann dahinstehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen sich in Kleinbetrieben iSv. § 23 Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 KSchG ausnahmsweise aus § 242 BGB ein Wiedereinstellungsanspruch ergeben kann, wenn der Betrieb entgegen der ursprünglichen Absicht des Arbeitgebers nicht geschlossen, sondern von diesem oder einem Betriebserwerber fortgeführt wird und/oder wenn bei der Auswahl der weiterzubeschäftigenden Arbeitnehmer ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme nicht gewahrt ist (einen Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb für langjährig Beschäftigte erwägend APS/Kiel 5. Aufl. KSchG § 1 Rn. 744; KR/Griebeling/Rachor 11. Aufl. § 1 KSchG Rn. 731). In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Betrieb zunächst durch die vormalige Beklagte zu 1. - wenn auch mit verringerter Personalstärke - bis zum 31. August 2014 weitergeführt und erst danach von der Beklagten übernommen wurde, hätte der Kläger einen auf § 242 BGB gestützten Wiedereinstellungsanspruch erfolgreich nur gegenüber der vormaligen Beklagten zu 1. verfolgen können. Seine gegen die vormalige Beklagte zu 1. gerichtete Klage, mit der er von dieser seine Wiedereinstellung verlangt hatte, ist indes rechtskräftig abgewiesen worden.
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III. Letztlich kann auch offenbleiben, ob sich aus § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB iVm. § 242 BGB ausnahmsweise ein Wiedereinstellungs- bzw. Fortsetzungsanspruch ergeben kann. Nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder Betriebsteils unwirksam. In einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses (vgl. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00 - [Temco] Rn. 28). Es kann dahinstehen, ob es der Anerkennung eines auf § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB iVm. § 242 BGB gestützten Wiedereinstellungs/Fortsetzungsanspruchs überhaupt bedarf. Insoweit könnte sich auswirken, dass das Gesetz dem betroffenen Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage eine Möglichkeit zur Verfügung stellt, seine Rechte wahrzunehmen. Allerdings könnte ein auf § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB iVm. § 242 BGB gestützter Wiedereinstellungs- bzw. Fortsetzungsanspruch - auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Unionsrechts - jedenfalls für den Fall zu erwägen sein, dass der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der Höchstfrist für die nachträgliche Klagezulassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG Kenntnis von den Umständen erlangt, die aus seiner Sicht die Unwirksamkeit der Kündigung nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB begründen, sofern man nicht der Auffassung ist, dass die Frist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG entsprechend anzupassen ist (vgl. hierzu ablehnend Kamanabrou NZA 2004, 950, 951).
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Jedoch gilt auch hier, dass der Kläger einen auf § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB iVm. § 242 BGB gestützten Wiedereinstellungs-/Fortsetzungsanspruch vor dem Hintergrund, dass der Betrieb zunächst durch die vormalige Beklagte zu 1. - wenn auch mit verringerter Personalstärke - bis zum 31. August 2014 weitergeführt und erst danach von der Beklagten übernommen wurde, erfolgreich nur gegenüber der vormaligen Beklagten zu 1. hätte verfolgen können. Seine gegen die vormalige Beklagte zu 1. gerichtete Klage, mit der er von dieser die Annahme seines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu den ursprünglichen Bedingungen verlangt hatte, ist indes rechtskräftig abgewiesen worden.
Schlewing Vogelsang Roloff Kandler Schirp
Hinweise des Senats:
Führende Sache zu einer Parallelsache