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  • 30.04.2024 · IWW-Abrufnummer 241269

    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 13.03.2024 – 12 Ta 149/24

    Eine von der Aussetzung des erstinstanzlichen Verfahrens gesonderte Aussetzung allein der Frist zur Einlegung der Berufung ist in der Verfahrensordnung der Gerichte für Arbeitssachen nicht vorgesehen und kann daher nicht ergehen.

    Eine Verlängerung der Frist gemäß § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG zur Einlegung der Berufung gegen Urteile der Arbeitsgerichte ist nicht möglich. Diese Frist ist unabänderlich.


    In Sachen
    hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Kammer 12,
    durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden
    am13. März 2024
    beschlossen:

    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 14. Februar 2024 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 1. Februar 2024 - 58 Ca 1556/23 - wird kostenpflichtig und ohne Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

    Gründe

    I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind die Aussetzung und die Verlängerung der Berufungseinlegungsfrist.

    In dem zu Grunde liegenden Klageverfahren hat der Kläger und Beschwerdeführer gegen die beklagte Arbeitgeberin Schmerzensgeld und Schadensersatz gerichtlich geltend gemacht.

    Am 19. September 2023 erging klageabweisendes Urteil. Dessen Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgte am 14. Dezember 2023.

    Am 10. Januar 2024 richtete der Beschwerdeführer an das Arbeitsgericht Berlin Anträge auf Aussetzung der Berufungsfrist und auf Notfristverlängerung der Berufungsfrist. Zur Begründung führte er aus, die Zustellung hätte im Hinblick auf die am 9. Dezember 2023 von ihm angebrachten Anträge wegen Befangenheit und auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfolgen dürfen.

    Mit Beschluss vom 1. Februar 2024, dem Beschwerdeführer zugestellt am 8. Februar 2024, hat das Arbeitsgericht die Anträge aus dem Schreiben vom 10. Januar 2024 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Begehren des Klägers finde keine Rechtsgrundlage. Wie es sich aus der gesetzlichen Regelung in § 66 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), § 224 Zivilprozessordnung (ZPO) ergäbe, handele es sich bei der Frist zur Einlegung der Berufung um eine nicht verlängerbare Frist, die damit auch nicht aussetzbar sei.

    Mit der am 14. Februar 2024 eingelegten sofortigen Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend: Im Hinblick auf aufgenommene Vergleichsverhandlungen sei das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Außerdem hat er auf früheres Vorbringen seit dem 29. September 2023 verwiesen und mit Stellungnahme vom 1. März 2024 ausgeführt, weshalb seiner Auffassung nach das durchgeführte Klageverfahren vor dem Arbeitsgericht unter verschiedenen Aspekten kein rechtsstaatliches Verfahren darstelle.

    II.

    Die sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Nach Durchführung des Abhilfeverfahrens durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 15. Februar 2024 ist sie durch das Landesarbeitsgericht zurückzuweisen. Sie ist zulässig aber unbegründet.

    1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus § 78 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 567 Absatz 1 Nummer 2 ZPO. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung eines das Verfahren betreffenden Gesuchs. Diese durch Beschluss ergangene Entscheidung erforderte keine mündliche Verhandlung, vgl. § 128 Absatz 4 ZPO. Die gesetzlichen Vorgaben zu Form und Frist der sofortigen Beschwerde aus § 569 ZPO sind gewahrt. Die schriftliche Beschwerde ist von dem Beschwerdeführer unterzeichnet. Sie ist vor Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist ab Zustellung der angefochtenen Entscheidung bei dem Arbeitsgericht eingegangen.

    II.

    Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Die Anträge des Klägers können keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat sie zu Recht abgewiesen.

    a. Die von dem Beschwerdeführer beantragte Aussetzung der Berufungsfrist kennt die Verfahrensordnung der Gerichte für Arbeitssachen nicht. Eine gesonderte Aussetzung der Berufungseinlegungsfrist ist dort nicht vorgesehen und kann daher nicht ergehen. Vielmehr hat die Aussetzung des Verfahrens die gesetzliche Folge, dass der Fristlauf aufhört, § 46 Absatz 2 ArbGG i.V.m. § 249 Absatz 1 ZPO. Der Lauf prozessualer Fristen endet mit Wirksamwerden der Aussetzung. Allerdings tritt diese Folge erst mit der Mitteilung der Aussetzungsentscheidung ein. Der Aussetzungsbeschluss wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Anbringung des Aussetzungsantrags zurück (BGH, 26. Mai 2011 - V ZB 248/10, juris Rn 12). Dementsprechend kann der Antrag des Beschwerdeführers auch in der Auslegung als Erneuerung des bereits zuvor angebrachten Antrags, das Verfahren auszusetzen, nicht zur Verwirklichung des Antragsziels, den Ablauf der Berufungsfrist zu verhindern, führen.

    b. Eine Verlängerung der Berufungseinlegungsfrist durch gerichtliche Entscheidung ist ebenfalls nicht möglich. Die Frist zur Einlegung der Berufung ist eine Notfrist, §§ 64 Absatz 6 ArbGG, 517 ZPO. Wie es das Arbeitsgericht ausgeführt hat, sieht die einschlägige Regelung in § 66 Absatz 1 Satz 5 ArbGG zwar Möglichkeiten der Verlängerung von Berufungsbegründungs- und Berufungsbeantwortungsfrist vor, nicht aber eine Möglichkeit, die Berufungseinlegungsfrist zu verlängern. Dies entspricht hinsichtlich Einlegung und Begründung der Berufung der allgemeinen zivilprozessualen Regelung in §§ 517, 520 Absatz 2 Satz 2 ZPO. In Anwendung von § 224 Absatz 2 ZPO folgt aus dem Fehlen einer Bestimmung zu Verlängerungsmöglichkeiten, dass die Berufungseinlegungsfrist nicht durch gerichtliche Entscheidung verlängert werden kann. Die Frist zur Einlegung der Berufung aus § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG ist unabänderlich (Schwab in: Schwab/Weth, ArbGG, 6. Aufl. 2022, § 66 ArbGG, Rn 67). Sie kann nicht verlängert werden (GMP/Schleusener, 10. Aufl. 2022, ArbGG § 66 Rn 3).

    c. Das Vorbringen des Beschwerdeführers führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach der gesetzlichen Regelung in § 251 Satz 2 ZPO soll das Ruhen des Verfahrens, wie es vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren geltend gemacht worden ist, gerade nicht den Lauf der Berufungseinlegungsfrist hindern. Aus dem Vorbringen zu den vom Beschwerdeführer angenommenen Verfahrensfehler wird nicht ersichtlich, weshalb von den dargestellten Grundsätzen abzuweichen und eine gesetzlich nicht vorgesehene Möglichkeit zur Fristaussetzung oder Verlängerung der Berufungseinlegungsfrist anzunehmen sein sollte. Unterstellt, die Veranlassung der Urteilszustellung sei verfahrensfehlerhaft erfolgt, folgt hieraus nicht, dass die Anträge des Beschwerdeführers Erfolg haben würden.

    III.

    Veranlassung in Anwendung von §§ 78 Satz 2, 72 Absatz 2 ArbGG, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.

    Die Kostentragungspflicht des Beschwerdeführers folgt aus § 97 ZPO.

    Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

    Vorschriften§ 66 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), § 224 Zivilprozessordnung (ZPO), § 78 Satz 1 ArbGG, § 567 Absatz 1 Nummer 2 ZPO, § 128 Absatz 4 ZPO, § 569 ZPO, § 46 Absatz 2 ArbGG, § 249 Absatz 1 ZPO, §§ 64 Absatz 6 ArbGG, 517 ZPO, § 66 Absatz 1 Satz 5 ArbGG, §§ 517, 520 Absatz 2 Satz 2 ZPO, § 224 Absatz 2 ZPO, § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG, § 251 Satz 2 ZPO, §§ 78 Satz 2, 72 Absatz 2 ArbGG, § 97 ZPO