03.09.2024 · IWW-Abrufnummer 243588
Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 22.04.2024 – 2 Sa 88/23
1. Die Kenntnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG liegt erst vor, wenn die Arbeitnehmerin aufgrund einer ärztlichen Untersuchung berechnen kann, ob sie bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schwanger war.
2. Ein vor diesem Zeitpunkt binnen der offenen Klageerhebungsfrist des § 4 Satz 1 KSchG durchgeführter Schwangerschaftstest mit positivem Ergebnis führt nicht dazu, dass die Arbeitnehmerin gehalten ist, noch binnen der dreiwöchigen Frist Kündigungsschutzklage zu erheben. Ihr ist vielmehr eine angemessene Überlegungszeit einzuräumen, die nicht mit weniger als zwei Wochen angenommen werden kann (anders LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.05.2008, 3 Ta 56/08 : 3 Tage). Die nachträgliche Zulassung der Kündigunsschutzklage erfolgt dann jedenfalls nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG .
3. Vorstehendes ergibt sich aus dem Effektivitätsgrundsatz unter Beachtung der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz.
In dem Rechtsstreit
...
...
- Berufungsbeklagte / Klägerin -
Prozessbevollm.:Rechtsanwalt ...
...
...
gegen
....
...
- Berufungsklägerin / Beklagte -
Prozessbevollm.:Rechtsanwälte ...
...
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Herr ... auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2024
fürRechterkannt:
Tenor: 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 05.01.2023 - Az. 6 Ca 1051/22 - wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz. 3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch um die Wirksamkeit einer Kündigung insbesondere vor dem Hintergrund einer verspäteten Erhebung der Kündigungsschutzklage.
Die Klägerin ist seit Dezember 2012 mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 2.146,00 € als Orthoptistin/Behandlungsassistentin bei der Beklagten beschäftigt. In der Praxis sind insgesamt nicht mehr als 10 Arbeitnehmer (Vollzeit) tätig, ein Betriebsrat besteht nicht. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 13.05.2022, der Klägerin zugegangen am 14.05.2022, ordentlich zum 30.06.2022.
Am Sonntag, den 29.05.2022 führte die Klägerin zu Hause einen Schwangerschaftstest durch, welcher ein positives Ergebnis zeigte. Daraufhin schickte die Klägerin sowohl eine E-Mail als auch ein Einschreiben/Rückschein an die Beklagte, um diese über die Schwangerschaft zu informieren. Das Schreiben (vorgelegt als Anlage K4, Bl. 10 EA erster Instanz) lautet auszugsweise wie folgt:
"ich wollte Sie in Kenntnis setzen, dass ich heute einen Schwangerschaftstest durchgeführt habe, welcher ein positives Ergebnis anzeigte (Schwanger). Ich werde schnellstmöglich einen Termin bei meinem Frauenarzt ausmachen, um eine intakte Schwangerschaft festzustellen, und Ihnen das Attest über den voraussichtlichen Geburtstermin nachreichen."Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 13.06.2022 stellte die Klägerin Antrag auf nachträgliche Zulassung der mit dem Antrag zugleich eingereichten Kündigungsschutzklage. Zu diesem Zeitpunkt war ein (erster) Termin bei der Frauenärztin für den 17.06.2022 vereinbart. Die Klägerin hatte sich sofort nach dem 29.05.2022 um einen Arzttermin bemüht, ein früherer Zeitpunkt stand nicht zur Wahl.
Antrag und Klage wurden der Beklagten am 17.06.2022 zugestellt. Mit Eingang am 21.06.2022 reichte die Klägerin ein ärztliches Attest vom 20.06.2022 bei Gericht ein, welches eine bei ihr am 17.06.2022 bestehende Schwangerschaft in der ca. 7 + 1 Schwangerschaftswoche bestätigt (Anlage K7, Bl. 22 EA erster Instanz). Die Klägerin verband die Vorlage der Bescheinigung bei Gericht mit einem vorsorglich erneut gestellten Antrag auf nachträgliche Zulassung.
Aus dem der Klägerin erstellten Mutterpass ergab sich ein voraussichtlicher Geburtstermin am 02.02.2023, die Klägerin berechnete den Zeugungstermin mit dem 11.05.2022.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten,
ohne die ärztliche Feststellung keine sichere Kenntnis einer bestehenden Schwangerschaft gehabt zu haben. Da es für die Wirksamkeit der Kündigung auf das Bestehen der Schwangerschaft bereits zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs ankomme, sei die ärztliche Feststellung erforderlich. Der Schwangerschaftstest sei lediglich ein Indiz, aber nicht zuverlässig. Es sei bekannt, dass Ergebnisse häufig fehlerhaft seien. Jedenfalls wahre die Kündigung die einzuhaltende Frist nicht. Das Arbeitsverhältnis könne erst mit Ablauf des 31.08.2022 beendet werden.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
1. ihre Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen. 2. festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 13.05.2022 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat. 3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. 4. Hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag nach § 5 KSchG nicht stattgeben oder der Kündigungsschutzantrag abgewiesen wird, festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 13.05.2022 das Arbeitsverhältnis der Parteien erst zum 31.08.2022 beendet hat.Die Beklagte hat beantragt,
den Antrag auf nachträgliche Zulassung zurückzuweisen sowie die Klage abzuweisen.Die Beklagte hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten,
die Klage sei wegen der Versäumung der Erhebungsfrist bereits unzulässig. Auf § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG komme es nicht an, weil die Klägerin bereits binnen offener Frist Kenntnis von der Schwangerschaft erlangt habe. Durch das Ergebnis des Testes habe die Klägerin hinreichende Kenntnis von ihrer Schwangerschaft gehabt. Schon die Durchführung des Tests zeige, dass die Klägerin Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Schwangerschaft gehabt habe. Die Versäumung der Frist begründe sich in einer Unkenntnis der Klägerin, welche eine nachträgliche Zulassung nicht rechtfertigen könne.
Das Arbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 2. mangels Feststellungsinteresse als unzulässig abgewiesen. Insoweit ist das Urteil rechtskräftig. Im Übrigen hat es dem Zulassungsantrag und der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Zur Begründung wird ausgeführt, die Klage sei nachträglich zuzulassen, weil für die Kenntnis von der Schwangerschaft auf das ärztliche Attest abzustellen sei. Die Kenntnis sei daher erst nach Ablauf der Dreiwochenfrist gegeben. Aus der Tatsache, dass die Klägerin nach Zuwarten dann doch vor dem Arzttermin bereits Klage eingereicht hat, ergebe sich nichts Anderes. Es dürfe der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, dass sie das Ergebnis des Selbsttestes unverzüglich der Beklagten mitgeteilt habe, wozu sie nicht verpflichtet gewesen sei. Aus den Regelungen des Mutterschutzgesetzes z.B. in § 3 ergebe sich, dass auch anderweitig Rechtsfolgen ausschließlich an die ärztlichen Feststellungen zur Schwangerschaft anknüpfen. Die Kündigung sei daher nach § 17 Abs. 1 MuSchG unwirksam.
Gegen das dort am 01.03.2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, welche am 13.03.2023 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangen ist und mit Eingang am 26.04.2023 begründet wurde.
Die Beklagte hält mit der Berufung daran fest,
dass Grund für die Versäumung der Klagefrist nicht eine unverschuldete Unkenntnis vom Bestehen einer Schwangerschaft sei, sondern der zu spät eingeholte Rechtsrat. Dafür spreche die Mitteilung des Testergebnisses bereits am Sonntag, den 29.05.2022. Dies lasse darauf schließen, dass die Klägerin davon ausgegangen sei, die Mitteilung der bestehenden Schwangerschaft an den Arbeitgeber sei ausreichend. Das Arbeitsgericht habe daher zu Unrecht den Anwendungsbereich des § 5 KSchG bejaht und als Folgefehler die verspätet erhobene Klage zugelassen. Auch die Mitteilungspflicht nach § 17 MSchG entstehe bereits mit dem Vorliegen zwingender Anhaltspunkte für das Bestehen einer Schwangerschaft, auf positive Kenntnis komme es dort ebenfalls nicht an. Unzutreffend sei zudem die Annahme des Arbeitsgerichts, ein Schwangerschaftstest begründe lediglich eine Art vager Vermutung. Vielmehr sehe die Rechtsprechung hierin eine geeignete Untersuchung, sich (ausreichende) Gewissheit zu verschaffen. Die Wertung des Arbeitsgerichts stehe auch im Widerspruch zum Begriff der Kenntnis des Arbeitgebers im Sinne des § 17 MSchG. Nach der Rechtsprechung werde der Sonderkündigungsschutz bereits dann ausgelöst, wenn die Arbeitnehmerin ihrerseits die Schwangerschaft als (nur) möglicherweise bestehend mitteilt. Im Übrigen sei die Form des § 5 Abs. 2 S. 1 KSchG nicht gewahrt.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
Das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 05.01.2023, 6 Ca 1051/22, wird aufgehoben, der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage abgewiesen und die Klage zurückgewiesen.Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Die Klägerin hat sich den Ausführungen des Erstgerichts im Urteil angeschlossen und Letzteres verteidigt. Der Ansicht der Beklagten sei nicht zu folgen, da die Zielrichtungen der Normen § 17 MSchG einerseits und § 5 KSchG andererseits unterschiedliche seien. Ein Rechtsirrtum habe bei der Klägerin in der von der Beklagten vermuteten Art nicht bestanden. Vielmehr habe sie bereits mit der E-Mail vom 29.05.2022 zu erkennen geben, dass sie eine Schwangerschaft vermute, hierzu aber eine ärztliche Bestätigung einholen wolle. Sie habe sich damit auf die erst noch festzustellende intakte Schwangerschaft mit der aus ihrer Sicht dann notwendigen Konsequenz einer Klageerhebung mit Antrag nach § 5 KSchG zur Feststellung des besonderen Kündigungsschutzes bezogen. Die Form des Antrags auf nachträgliche Zulassung sei gewahrt, weil die Klägerin bei Vorlage des Attestes im Schriftsatz unter Angabe des Aktenzeichens einen "erneuten" Antrag gestellt habe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 22.04.2024.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte und gemäß den §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete, damit zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die zulässige Klage zu Recht nachträglich zugelassen und ihr - soweit geschehen - auch zu Recht stattgegeben.
I.
Gründe, die zur Unzulässigkeit der Klage führen könnten, sind nicht erkennbar und nicht geltend gemacht. Es handelt sich um eine übliche Kündigungsschutzklage, das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus der sonst gemäß §§ 4, 7 KSchG eintretenden Präklusion.
II.
Die Kündigung gilt nicht bereits gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam. Das ergibt sich daraus, dass die Klägerin binnen der offenen Klageerhebungsfrist von der Schwangerschaft keine Kenntnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG erlangte. Sollte man dies anders beurteilen, wäre die Klage dennoch gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG zuzulassen, denn die Klägerin hat dann unverschuldet die Klageerhebungsfrist nicht eingehalten. Die Regelungen der §§ 4 bis 7 KSchG sind vor dem Hintergrund der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG; im Weiteren: Richtlinie 92/85) zu sehen. Dies erfordert für den hier vorliegenden Fall, in welchem eine Arbeitnehmerin erst zeitnah vor dem Ablauf der Klageerhebungsfrist von ihrer Schwangerschaft Kenntnis erlangt, dieser Arbeitnehmerin eine angemessene Überlegungsfrist einzuräumen, welche dazu führt, dass eine verspätete Klageerhebung unverschuldet ist. Die Überlegungsfrist ist mit zwei Wochen anzunehmen. Im Einzelnen:
1.
Die Klägerin hat die Klageerhebungsfrist des § 4 KSchG versäumt, denn bei Zugang der Kündigung am 14.05.2022 begann die Frist am 15.05.2022, 0.00 Uhr, und endete nach drei Wochen am 04.06.2022, 24.00 Uhr. Da dieser Tag ein Samstag war, verschob sich der Fristablauf auf Montag, 06.06.2022, welcher allerdings gesetzlicher Feiertag (Pfingstmontag) war. Die Frist lief damit am Dienstag, 07.06.2022, 24.00 Uhr ab. Die Klageerhebung erfolgte mit Zustellung bei der Beklagten erst am 17.06.2022, § 253 Abs. 1 ZPO. Die Regelung des § 167 ZPO hilft der Klägerin nicht über die Fristversäumnis hinweg, weil die Klageschrift erst nach Fristablauf am 13.06.2022 bei Gericht einging.
2.
Die Klage ist aber nachträglich zuzulassen, denn der Antrag der Klägerin ist zulässig gestellt und gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG begründet, weil es hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin erst nach Ablauf der Klageerhebungsfrist Kenntnis von der Schwangerschaft erlangte, auf den Zeitpunkt der (ohne schuldhaftes Zögern herbeizuführenden) ärztlichen Feststellung der Schwangerschaft ankommt. Sollte dies anders zu beurteilen sein, wäre die Zulassung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG geboten.
2.1.
Der Antrag der Klägerin auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage ist gemäß § 5 Abs. 2 und 3 KSchG zulässig.
2.1.1.
Der formellen Wirksamkeit des Antrags steht insbesondere nicht entgegen, dass die Klägerin diesen zunächst zwar im Sinne des § 5 Abs. 2 KSchG mit der Klageerhebung verbunden hat, zu diesem Zeitpunkt aber die Schwangerschaft nicht glaubhaft gemacht wurde und dann zwar die ärztliche Bescheinigung zur Glaubhaftmachung vorgelegt wurde, mit diesem Schriftsatz aber nicht ausdrücklich auf die bereits eingereichte Klage Bezug genommen wurde.
Die Beklagte übersieht hier bereits, dass im Zusammenhang mit einem Antrag auf nachträgliche Zulassung nur bestrittene Umstände glaubhaft gemacht werden müssen (BAG, Urteil vom 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 -, Rn. 104, juris). Die zur Begründung des Antrags vorgebrachten Tatsachen (hier übrigens nicht nur die Schwangerschaft, sondern auch das weitere Vorbringen zum Test, zum Arzttermin etc.) sind vorliegend aber insgesamt unstreitig. Im Streit steht lediglich deren rechtliche Bewertung (wann liegt "Kenntnis" vor).
Außerdem müssen die Mittel der Glaubhaftmachung in dem Antrag zwar genannt, aber ihm nicht schon beigefügt werden. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, wonach "Der Antrag ... die Angabe ... der Mittel für deren Glaubhaftmachung enthalten" muss. Das folgt im Weiteren daraus, dass es sich um die Beweisführung handelt, die - wie immer - noch im Laufe des Verfahrens erfolgen kann (so auch Kiel in Erfurter Kommentar, 24. Aufl. 2024, § 5 KSchG Rn. 16).
2.1.2.
Ausgehend von einer Kenntniserlangung mit dem Arzttermin am 17.06.2022 ist die Antragsfrist des § 5 Abs. 3 KSchG von zwei Wochen offensichtlich gewahrt. Antrag und Klage wurde bereits am 13.06.2022 bei Gericht eingereicht.
Selbst ausgehend von einer in rechtlicher Hinsicht zugunsten der Beklagten unterstellten Kenntniserlangung am 29.05.2022 ist die Antragsfrist gewahrt. Die Frist begann mit Kenntnisnahme des positiven Schwangerschaftstestes im Verlauf des 29.05.2022 am 30.05.2022, 0.00 Uhr und endete mit Ablauf des 12.06.2022, 24.00 Uhr. Da dies ein Sonntag war, verschiebt sich das Fristende auf Montag, 13.06.2022. An diesem Tag ist der Antrag beim Arbeitsgericht eingegangen.
2.2.
Der Antrag ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG begründet, denn die Klägerin hat Kenntnis von der Schwangerschaft im Sinne dieser Vorschrift erst nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG aus einem von ihr nicht zu vertretenen Grund mit der ärztlichen Untersuchung am 17.06.2022 erlangt. Die Kenntniserlangung ist jedenfalls dann erst mit der ärztlichen Bestätigung einer zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Schwangerschaft anzunehmen, wenn sich die Schwangerschaft - wie hier - noch in einem sehr frühen Stadium befindet. Diese Annahme beruht auf folgenden Erwägungen:
2.2.1.
Es ist zunächst mit der Beklagten davon auszugehen, dass ein positiver Schwangerschaftstest eine ausreichende Gewissheit schafft, darüber, dass zum Zeitpunkt des Testes eine Schwangerschaft tatsächlich besteht. Es kann dazu z.B. auf die Internetseite Falsch-positiver Schwangerschaftstest: Was Sie darüber wissen sollten | FOCUS.de mit Stand 25.02.2019 verwiesen werden, wo es auszugsweise wie folgt heißt:
Die von der Klägerin angeführte Unzuverlässigkeit kann daher nur für den Fall eines negativen Ergebnisses bestehen, während ein positives Ergebnis als relativ zuverlässig angesehen werden kann.
Gleichwohl ist die Kammer der Auffassung, dass diese relativ gesicherte Kenntnis der Schwangerschaft nicht mit derjenigen gleichzusetzen ist, welche die Frist für den Antrag auf nachträgliche Zulassung auslöst. Es wurde in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass bei § 5 Abs. 1 S. 2 KSchG auch auf den Zweck der Vorschrift abzustellen sei. Dieser führt jedenfalls bei Ausspruch einer Kündigung im Frühstadium einer Schwangerschaft zur Erforderlichkeit der gesicherten Kenntnis nicht nur des Bestehens einer Schwangerschaft zu einem späteren, wenn auch nahen Zeitpunkt, sondern schon zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches.
Zwar macht die Beklagte unter Verweis auf die Kommentierung von Kreft im Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften (KR, 13. Aufl., dort § 5 KSchG Rn. 41) zu Recht geltend, es komme (Zitat:) "im Allgemeinen" (!) für die Einhaltung der Klageerhebungsfrist auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage nicht an. Davon ausgehend wäre streng genommen eine Regelung wie diejenige in § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG gar nicht erforderlich. Die Arbeitnehmerin wäre dann immer darauf zu verweisen, dass sie unabhängig davon, ob sie Kenntnis von einer bestehenden Schwangerschaft hat, binnen drei Wochen zu klagen habe, anderenfalls die Kündigung eben als wirksam gelte. Eine solche Regelung wäre aber wohl mit Art. 6 Abs. 4 GG (vgl. dazu SPV/Vossen Rn. 1985; Preis DB 2004, 70 (77); LAG Nds 22.1.2007 - 5 Sa 626/96, LAGE § 4 KSchG Nr. 53; bedarf hier keiner weiteren Erörterung), jedenfalls aber mit der Richtlinie 92/85 und dem Effektivitätsgrundsatz nicht vereinbar. Die Richtlinie 92/85 lautet - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfen die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Äquivalenz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität; vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 27. Juni 2024 - C-284/23 -, Rn. 32, juris unter Verweis auf Urteil Pontin - EuGH, Urteil vom 29. Oktober 2009, C-63/08, juris - Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Der also auf Unionsrecht beruhende Schutz einer Arbeitnehmerin vor einer Kündigung knüpft danach objektiv an das Bestehen einer Schwangerschaft zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs an. Sich auf diesen Schutz effektiv berufen zu können, erfordert das Wissen, dass im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs eine Schwangerschaft bestand. Dieses Wissen ist mit der späteren Durchführung eines Schwangerschaftstests jedenfalls im Frühstadium der Schwangerschaft nicht gegeben. Der Zyklus einer Frau wird in mehrere Phasen unterteilt, insbesondere dem Abschnitt zwischen dem Eintritt der Menstruation und dem Follikelsprung, welcher variabel etwa am 12./13. Zyklustag eintritt sowie dem Abschnitt zwischen Follikelsprung und dem Beginn der nächsten Menstruation (vgl. dazu Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 265. Auflage 2014, S. 1339/1340, Stichwort "Menstruationszyklus"). Da der Zeitpunkt des Follikelsprungs variabel ist, konnte die Klägerin ausgehend von der letzten Periode am 28.04.2022 (vgl. Mutterpass, Bl. 36 EA erster Instanz) ohne weitergehende ärztliche Feststellung anhand des am 29.05.2022 durchgeführten Schwangerschaftstestes nicht erkennen, ob die Empfängnis bereits vor Zugang der Kündigung am 14.05.2022 eingetreten war. Der von der Klägerin durchgeführte Schwangerschaftstest war nicht geeignet, mehr als eine vage Vermutung zu begründen, die Schwangerschaft habe bereits bei Ausspruch der Kündigung bestanden. Um der Klägerin die Durchsetzung ihres aus Unionsrecht erwachsenden Schutzes effektiv zu ermöglichen, ist der unbestimmte Rechtsbegriff der "Kenntnis" in § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG daher so auszulegen, dass Anknüpfungspunkt für den Fristbeginn das Wissen von einer Schwangerschaft bei Ausspruch der Kündigung ist.
Der grundsätzlich mit den §§ 4 bis 7 KSchG verfolgte Zweck des Eintritts einer Rechtssicherheit steht dieser Annahme nicht entgegen. Zwar soll der Arbeitgeber grundsätzlich nach Ablauf von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung darauf vertrauen dürfen, dass seine Kündigung das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat (vergleiche Kiel, aaO, § 4 KSchG Rn. 1). Dieser Grundsatz wird durch die Regelung in § 5 Abs. 1 KSchG aber gerade durchbrochen, weshalb der Arbeitgeber nicht darauf vertrauen kann, dass eine Arbeitnehmerin zu einem Zeitpunkt nach Ablauf der 3 Wochen die Unwirksamkeit der Kündigung aufgrund bestehender Schwangerschaft noch geltend macht.
Der vorstehenden Auslegung steht weiterhin nicht entgegen, dass zur Mitteilungspflicht nach § 17 MuSchG - soweit erkennbar überwiegend - die Ansicht vertreten wird, dass hier die Frist mit einer "zwingenden und unabweisbaren Schwangerschaftsvermutung" beginne und ein Schwangerschaftstest eine geeignete Untersuchung sei, sich über das Vorliegen einer Schwangerschaft Gewissheit zu verschaffen. Die in § 17 MuSchG geregelte Mitteilungspflicht dient (auch) dazu, den Arbeitgeber in die Lage zu versetzen, zeitnah die gegebenenfalls unwirksame Kündigung nach Einholung einer Zustimmung der Behörde wiederholend auszusprechen. Im Unterschied zur Klageerhebung ist für die Arbeitnehmerin mit einer Mitteilung an den Arbeitgeber kein Kostenrisiko verbunden. Vor allem aber definiert Artikel 2 Buchst. a der Richtlinie 92/85 als "schwangere Arbeitnehmerin" im Sinne der Richtlinie "jede schwangere Arbeitnehmerin, die den Arbeitgeber gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten von ihrer Schwangerschaft unterrichtet". Während also der Kündigungsschutz schon nach den europarechtlichen Vorgaben von einer Mitteilung an den Arbeitgeber abhängt, unterliegt die gerichtliche Durchsetzung des dann bestehenden Schutzes anderen Bedingungen, insbesondere dem Effektivitätsgrundsatz.
Nicht ganz nachvollziehbar und im Ergebnis unbehelflich ist die Argumentation der Beklagten in der Berufungsbegründung, wonach ein Widerspruch zum Begriff der Kenntnis des Arbeitgebers i.S.v. § 17 MuSchG gegeben sei. Es wird dort ausgeführt, dass bereits die Information einer Arbeitnehmerin, welche selbst die Schwangerschaft nur vermute oder für möglich halte, den Sonderkündigungsschutz auslöse. Das übersieht, dass das Bestehen einer Schwangerschaft einerseits und die Kenntnisse des Arbeitgebers davon andererseits zwei voneinander zu trennende Tatbestandsvoraussetzungen des Kündigungsschutzes nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG sind. Auf die Kommentierung von Schlachter im Erfurter Kommentar (24. Aufl. 2024, § 17 MuSchG Rn. 3) wird verwiesen. Soweit sich die Beklagte hier auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.06.1994 bezogen hat, handelt es sich um das Urteil zum Az. 2 AZR 278/73 (juris). Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei welchem im Zeitpunkt der Mitteilung lediglich eine Vermutung bestand, sich dann aber das Bestehen einer Schwangerschaft bestätigt hat. Es genügt somit auch nach dieser Entscheidung keineswegs lediglich die Vermutung einer Schwangerschaft, um bereits den Kündigungsschutz auszulösen. Entsprechendes gilt für die weiterhin genannte Entscheidung im Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15.03.2018 zum Az. 10 Sa 1509/17 (juris). Beiden Entscheidungen lässt sich somit nur entnehmen, dass mit Blick auf die Mitteilungspflicht diese erfüllt ist, wenn lediglich eine Schwangerschaftsvermutung mitgeteilt wird (die sich dann allerdings für den Kündigungsschutz später bestätigen muss). Das entspricht dem mit der Regelung verbundenen Schutzgedanken. Für die Entscheidung, ob im Fall einer bestehenden Schwangerschaftsvermutung bereits von einer Kenntnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG auszugehen ist, lässt sich daraus jedoch nichts ableiten.
Die Ansicht, dass im Verfahren der nachträglichen Zulassung nicht zu prüfen sei, ob die Klägerin bereits bei Zugang der Kündigung schwanger war, steht der vorstehenden Auslegung des Begriffs der "Kenntnis" ebenfalls nicht entgegen. Es mag für § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG ausreichend sein, wenn die Klägerin darlegt und glaubhaft macht, dass sie jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung schwanger ist (so LAG Düsseldorf 10.02.2005 - 15 Ta 26/05, NZA-RR 2005, 382). Das beantwortet aber nicht die Frage, ob sie das wegen der damit verbundenen Unsicherheit bestehende Kostenrisiko eingehen muss oder lediglich eingehen kann.
2.2.2.
Die Kenntnis vom Bestehen der Schwangerschaft bereits zum Zeitpunkt der Kündigung hat die Klägerin auch nicht aus einem von ihr zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Klageerhebungsfrist erlangt. Sie hat hierzu unbestritten vorgetragen, dass sie sich sofort nach dem Schwangerschaftstest um einen Arzttermin bemüht hat und der dann tatsächlich wahrgenommene Termin am 17.06.2022 der früheste war, den sie erlangen konnte.
Dass die Klägerin letztendlich den Arzttermin nicht abgewartet, sondern bereits zuvor den Antrag auf nachträgliche Zulassung sowie die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht hat, gereicht ihr nicht zum Nachteil. Diese Vorgehensweise war bereits aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht erforderlich, wie der vorliegende Streit über die Frage, an welchen Zeitpunkt hinsichtlich der Kenntniserlangung anzuknüpfen sei, verdeutlicht. Auch hier ist danach zu unterscheiden, ob die Klägerin die Kündigungsschutzklage verbunden mit dem Antrag auf nachträgliche Zulassung erheben kann oder ob sie sie erheben muss.
2.3.
Sollte entgegen der vorstehenden Ausführungen der Zeitpunkt der Kenntnisnahme bereits mit dem Vorliegen des positiven Schwangerschaftstestes anzunehmen sein, wäre die Kündigungsschutzklage nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG zuzulassen. Das ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:
Das Kündigungsschutzgesetz enthält in § 4 die starre Frist von 3 Wochen zur Klageerhebung, anknüpfend an den Zugang der schriftlichen Kündigung. Diese Frist gilt, wenn die Arbeitnehmerin im Zeitpunkt des Kündigungszugangs weiß, dass sie schwanger ist. Erfährt sie erst nach Ablauf der dreiwöchigen Frist von der Schwangerschaft, besteht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Möglichkeit des Antrags der nachträglichen Zulassung binnen einer Frist von 2 Wochen. Für den hier vorliegenden Fall, dass die Arbeitnehmerin während des Laufs der Klageerhebungsfrist, aber erst nach deren Beginn (also nach Zugang der schriftlichen Kündigung) Kenntnis von der Schwangerschaft erlangt, trifft das Kündigungsschutzgesetz dagegen keine Regelung. Der von der Beklagten hierzu vertretenen Auffassung, in diesem Fall gelte ebenfalls die starre Dreiwochenfrist oder maximal eine Überlegungsfrist von 3 Tagen, schließt sich die Kammer nicht an. Der Europäische Gerichtshof hat sich mit dem bereits oben zitierten Urteil vom 27. Juni 2024 zur Vereinbarkeit der Regelungen über die nachträgliche Zulassung gemäß § 5 KSchG mit Art. 10 und 12 der Richtlinie 92/85 geäußert. Dabei hat der Europäische Gerichtshof insbesondere die auf 2 Wochen verkürzte Frist der nachträglichen Zulassung im Vergleich zur sonst üblichen dreiwöchigen Klageerhebungsfrist in den Blick genommen und dazu Folgendes ausgeführt (Rn. 46 - 49 bei juris):
Der europäische Gerichtshof hat damit klar zum Ausdruck gebracht, dass bereits die Verkürzung der Frist auf 2 Wochen zu einer besonders kurzen Frist führt, welche ihrerseits eine Verfahrensmodalität darstellen kann, die den Anforderungen des Effektivitätsgrundsatzes nicht genügt. Im oben bereits zitieren Urteil vom 29.10.2009 (Pontin) stellt der Europäische Gerichtshof schon im Tenor klar, dass eine Frist von 15 Tagen für "offenbar nicht geeignet" gehalten wird, dem Effektivitätsgrundsatz zu genügen (wobei diese Frist nach dem dort anzuwendenden luxemburgischen Recht an die Auflösung des Vertrages anknüpft, nach der Rechtsprechung der luxemburgischen Gerichte sogar an die Aufgabe des Kündigungsschreibens zur Post, vgl. Rn. 63 des Urteils Pontin).
Die vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in der von der Beklagten angeführten Entscheidung vom 13.05.2008 zum Az. 3 Ta 56/08 (juris) angenommene Überlegungszeit von 3 Werktagen wird daher hier für zu kurz gehalten. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat in Anlehnung an eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München vom 23.01.1992 sowie an eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.11.1984 darauf abgestellt, dass einer Partei bei Auftreten eines für die Entscheidung zur Einlegung eines Rechtsmittels ausschlaggebenden neuen Ereignisses mindestens 3 Werktage Rechtsmittelfrist für die Überlegung und Bewertung der Angelegenheit sowie zur Abwägung des Kostenrisikos verbleiben müssen, sodass bei zwischenzeitlichem Fristablauf ein Zulassungsgrund oder ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben sei. Damit ist die Situation eine Kenntniserlangung von der Schwangerschaft erst im Lauf der dreiwöchigen Klageerhebungsfrist aus den genannten europarechtlichen Gründen nicht vergleichbar. Vielmehr kann auf die vom Gesetzgeber selbst in § 5 Abs. 3 KSchG zum Ausdruck gebrachte Wertung abgestellt werden, wonach zwar eine verkürzte Frist gilt, diese aber mit 2 Wochen anzunehmen ist. Im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist unter Berücksichtigung dieser Überlegungsfrist davon auszugehen, dass die Klägerin trotz Anwendung aller ihr nach der Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben. Sie war aber gehalten, hier anknüpfend an den Zeitpunkt des Schwangerschaftstestes den Antrag auf nachträgliche Zulassung form- und fristgerecht zu stellen. Dem ist die Klägerin nachgekommen, siehe dazu bereits oben.
III.
Die Klage ist auch begründet, denn die Kündigung ist aufgrund der fehlenden Zustimmung der im Freistaat Sachsen zuständigen Landesdirektion gemäß § 17 Abs. 1 MSchG n.F. unwirksam. Die Klägerin hat unstreitig mit ihrer Mitteilung am Sonntag, den 29.05.2022, die 2-Wochen-Frist zur Mitteilung der jedenfalls an diesem Tag bestehenden Schwangerschaft gewahrt und war ebenfalls unstreitig seit dem 11.05.2022, somit zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs, schwanger. Die Beklagte ist der Unwirksamkeit der Kündigung nur unter dem Gesichtspunkt der materiellen Präklusion entgegengetreten.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, da die Berufung zurückgewiesen wurde.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage ist grundsätzlicher Bedeutung und - soweit erkennbar - höchstgerichtlich jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit entschieden.
Verkündet am 22.04.2024