Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 19.08.2015 · IWW-Abrufnummer 145146

    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 01.06.2015 – 6 Ta 931/15

    Im Zweifel erfasst ein einmal gestellter Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe auch nachfolgende Klageerweiterungen und einen über die Streitgegenstände hinausgehenden Mehrvergleich, ohne dass auch für diese ausdrücklich die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt wird.


    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

    Geschäftszeichen 6 Ta 931/15
    31 Ca 4201/15 Arbeitsgericht Berlin

    Beschluss

    In dem Beschwerdeverfahren
    in dem Prozesskostenhilfeverfahren

    nach dem Rechtsstreit

    hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 6. Kammer,
    durch den Richter am Arbeitsgericht E. als Vorsitzenden am 01. Juni 2015 ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

    Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. April 2015 – 31 Ca 4201/15 – teilweise abgeändert:

    I. Der Klägerin wird für die erste Instanz für den Antrag aus dem Schriftsatz vom 24.04.2015 Prozesskostenhilfe für eine Zahlungsforderung in Höhe von 2.045,45 Euro unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt S. bewilligt.

    Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass hinsichtlich der Prozesskosten vorläufig kein eigener Beitrag zu zahlen ist.

    II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

    III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. 

    Gründe

    I.
    Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

    Unter dem 25.02.2015 vereinbarte die Klägerin ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, beginnend mit dem 02.03.2015 gegen ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 3.000,00 Euro, fällig zum Monatsende.

    Mit Schreiben vom 05.03.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 20.03.2015.

    Mit der hiergegen gerichteten, am 19.03.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wandte sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

    Mit Klageerweiterung vom 24.04.2015 beantragte die Klägerin darüber hinaus die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Vergütung für den März 2015 in Höhe von 3.000,00 Euro, ohne auch hierfür ausdrücklich die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu beantragen.

    Am 28.04.2015 verglichen sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht.

    Durch Beschluss vom selben Tag wies das Arbeitsgericht den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurück und begründete dieses mit der mangelnden Erfolgsaussicht der Kündigungsschutzklage.

    Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten bis spätestens am 04. März 2015 zugestellt (das von dem Prozessbevollmächtigten ausgestellte und am 04.05.2015 beim Arbeitsgericht eingegangene Empfangsbekenntnis enthält keine Datumsangabe).

    Mit am 22.05.2015 eingegangener sofortiger Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf ihre gleichbleibenden wirtschaftlichen Verhältnisse.

    Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

    II.
    1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

    Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde folgt aus § 11a Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht binnen der Monatsfrist, § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO, eingelegt worden, § 78 ArbGG, § 569 ZPO.

    2. Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.

    Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht den Zahlungsantrag mit Klageerweiterung vom 24.04.2015 bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.

    2.1. Prozesskostenhilfe kann nur auf Antrag und nicht von Amts wegen bewilligt werden (Zöller/Geimer, ZPO 29. Aufl., § 114 Rn. 13, Musielak/Fischer, ZPO 12. Aufl., § 114 Rn. 45). Einen solchen Antrag hat die Klägerin in ihrer Kündigungsschutzklage ausdrücklich gestellt, nicht jedoch in ihrer Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 24.04.2015. Jedoch ist der Antrag aus der Kündigungsschutzklage auch ohne ausdrücklichen Antrag auf die Klageerweiterung zu erstrecken.

    2.1.1. Der nach § 114 Abs. 1 ZPO für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche Antrag ist nach § 117 Abs. 1 ZPO beim Prozessgericht zu stellen und als bestimmender Schriftsatz darüber hinaus vom Antragssteller oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Weitere Anforderungen an einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellt das Gesetz nicht. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO verlangen lediglich neben dem Antrag die Beifügung der Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse ohne weitere Anforderungen an den Antrag selbst zu stellen.

    Bestehen an den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 114 Abs. 1 ZPO danach keine weiteren Anforderungen, kann dieser daher auch konkludent oder stillschweigend gestellt werden, wenn sich ein dahingehender Wille der Partei aus den Umständen folgern lässt (BAG vom 30.04.2014 – 10 AZB 13/14 –, NZA-RR 2014, 382; LAG Hamm vom 10.02.2014 - 14 Ta 310/13 m.w.N., juris).

    2.1.2. Regelmäßig ist davon auszugehen, dass, solange das Gericht über den Prozesskostenhilfeantrag noch keine Entscheidung getroffen hat, dieser auch nachfolgende Klageerweiterungen erfasst (BAG a.a.O.). Ein Antragsteller erstrebt in aller Regel Prozesskostenhilfe für die gesamte Instanz, so dass von einem einmal gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe auch Klageerweiterungen und etwaige in einem Vergleich miterledigte, bisher nicht rechtshängige Gegenstände erfasst werden (BAG a.a.O.).

    2.2. Danach ist der mit der Klageschrift gestellte Prozesskostenhilfeantrag dahingehend auszulegen, dass er auch die vor der Entscheidung des Gerichts über den Prozesskostenhilfeantrag eingegangene Klageerweiterung erfasst.

    2.3. Für die Klageerweiterung ist gem. § 114 Abs. 1 ZPO Prozesskostenhilfe für eine Klageforderung in Höhe von 2.045,45 Euro zu gewähren, da die Klageerweiterung insoweit hinreichende Erfolgsaussichten besaß.
    Da die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB innerhalb der Probezeit zum 20.03.2015 gekündigt hat, hatte die Klägerin nach § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrages zum Monatsende einen fälligen Vergütungsanspruch in entsprechender Höhe aus § 611 BGB.

    3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht für die darüberhinausgehend gemachten Ansprüche mangels hinreichender Erfolgsaussichten im Sinne von § 114 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen.

    3.1. Dabei kommt es nicht, wie die Klägerin scheinbar meint, auf ihre unveränderten Vermögensverhältnisse an, sondern darauf, dass die Kündigungsschutzklage mangels Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes von vornherein keine hinreichenden Erfolgsaussichten hatte. Das Arbeitsverhältnis unterlag nicht dem Kündigungsschutzgesetz, da die sechsmonatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG noch nicht erfüllt war.

    3.2. Auch hat die Klägerin keine Tatsachen dargelegt, die die Kündigung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, § 242 BGB, unwirksam erscheinen lassen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

    War danach die Kündigung geeignet, das Arbeitsverhältnis wirksam zum 20.03.2015 zu beenden, Stand der Klägerin auch ein darüber hinausgehender Vergütungsanspruch nicht zu, so dass der auf Zahlung der vollen Monatsvergütung mit der Klageerweiterung gerichtete Zahlungsantrag ebenfalls keine hinreichende Erfolgsaussicht hatte.

    4. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 i.V.m. § 72 ArbGG besteht kein Anlass.

    RechtsgebietZPOVorschriften§ 114 Abs. 1, 117 Abs. 1 ZPO