17.08.2021 · IWW-Abrufnummer 224093
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 26.03.2021 – 6 Sa 746/20
1. Der Antrag des Arbeitnehmers auf Teilzeit während der Elternzeit muss den Bestimmtheitsanforderungen entsprechen, wie sie allgemein an Vertragsanträge im Sinne des § 145 BGB gestellt werden. Diesen Anforderungen wird ein Antrag nicht gerecht, wenn die gewünschte wöchentliche Stundenzahl mit der Einschränkung "voraussichtlich" angegeben wird.
2. Arbeitgeber im Sinne des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG ist das Unternehmen, nicht der Betrieb. Dementsprechend hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn er zwar in einem Gemeinschaftsbetrieb mit mehr als 15 Arbeitnehmern beschäftigt ist, der Vertragsarbeitgeber aber nicht diese Mindestbeschäftigtenzahl erreicht.
Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.09.2020 - AZ: 4 Ca 604/20 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Teilzeit während der Elternzeit.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.11.2014 als Sales Representative für das Gebiet Westen tätig bei einer jährlichen Vergütung in Höhe von 60.000,00 € brutto zuzüglich einer variablen Vergütung in Höhe von bis zu 80 % der Jahresgrundvergütung. Nach der Geburt ihres ersten Kindes war die Klägerin für die Beklagte während der Elternzeit in Teilzeit tätig.
In Erwartung ihres zweiten Kindes mit einem für den 25.09.2019 errechneten Geburtstermin stellte die Klägerin unter dem 25.06.2019 auf einem Vordruck der Beklagten einen Antrag auf Elternzeit für die Dauer von 24 Monaten. Der Vordruck enthielt darüber hinaus folgenden Text mit der Möglichkeit eines Ankreuzens:
Die Klägerin kreuzte diese Variante an, füllte den Zeitraum der Elternzeit mit "25.09.20 bis 24.09.21" aus und trug als Wochenstunden "30" ein. Über die Angabe der 30 Wochenstunden fügte sie handschriftlich "voraussichtlich" ein. Wegen der Einzelheiten des ausgefüllten Formulars wird auf die von beiden Parteien zur Akte gereichten Kopien des Antrags (Bl. 188 und Bl. 192 d.A.) Bezug genommen. In einer an die Beklagte gerichteten E-Mail vom 26.06.2019 führte die Klägerin aus, sie habe "voraussichtlich 30 Stunden" angegeben, da es sich insoweit um die Maximalzahl handle. Nach Auskunft der Elternteilzeitstelle könne der Antrag noch bis zu sieben Wochen vor Beginn der Teilzeit gestellt werden. Aus diesem Grund wolle sie sich vorbehalten, eine niedrigere Stundenzahl zu nehmen, je nach Betreuung.
Die Beklagte übersandte der Klägerin am 12.07.2019 in einem Anhang ein eingescanntes Schreiben der H. S. S.r.L. (Bl. 33 d. A.) vom 11.07.2019. Darin wird die Elternzeit für die Dauer von 24 Monaten bestätigt, die beantragte Teilzeit während der Elternzeit jedoch abgelehnt.
Mit Einschreiben, welches der Beklagten am 13.08.2019 zuging, übersandte die Klägerin ihren Teilzeitantrag vorsorglich erneut an die Beklagte. Am 16.09.2019 wurde das Kind der Klägerin geboren. Anschließend wechselten die Parteien mehrere außergerichtliche Schreiben in Bezug auf den Teilzeitantrag der Klägerin (Schreiben der Klägerin vom 19.09.2019 (Bl. 35 d. A.) und vom 06.11.2019 (Bl. 34 d. A.); Schreiben der Beklagten vom 30.10.2019). Die Beklagte lehnte das Begehren der Klägerin weiterhin ab.
Mit ihrer bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf am 05.02.2020 eingegangenen und der Beklagten am 20.02.2020 zugestellten Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Teilzeit weiterverfolgt. Dabei hat sie den Zeitraum der begehrten Teilzeittätigkeit nunmehr an den tatsächlichen Geburtstermin ihres zweiten Kindes, dem 16.09.2019, angepasst.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr Antrag auf Teilzeitbeschäftigung nur in Schriftform hätte abgelehnt werden können. Da es an dieser mangele, werde die Zustimmung der Beklagten zu ihrem Teilzeitantrag fingiert. Dies gelte selbst dann, wenn die Arbeitgeberin nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftige. Darüber hinaus sei aber ohnehin die Beschäftigtenzahl des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG überschritten. Abzustellen sei auf den Betrieb. Die Beklagte bilde mit der H. S. S.r.L. einen gemeinsamen Betrieb. In diesem gemeinsamen Betrieb würden mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Die Beklagte hat behauptet, den Antrag der Klägerin auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit form- und fristgerecht abgelehnt zu haben. Ihr Schreiben vom 11.07.2019 sei am 17.07.2019 fristgerecht und eigenhändig unterschrieben per Post an die Klägerin versandt worden.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit habe, da es sich bei ihr um ein Kleinunternehmen i. S. d. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BEEG handele. So habe sie im Juni 2019 lediglich 14 Arbeitnehmer beschäftigt, seitdem habe sich die Beschäftigtenzahl sogar auf 13 Arbeitnehmer verringert. Unerheblich sei, ob sie einen gemeinsamen Betrieb mit einem anderen Unternehmen führe. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BEEG stelle allein auf das Unternehmen und nicht auf den Betrieb ab. Im Übrigen liege ein gemeinsamer Betrieb mit der H. S. S.r.L. ohnehin nicht vor.
Die Klägerin könne sich auch nicht auf das Eingreifen der Fiktionswirkung des § 15 Abs. 7 Satz 5 BEEG berufen. Die Fiktionswirkung sei allein für das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe i. S. d. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG eingeführt worden; nur diese dringenden betrieblichen Gründe müssten form- und fristgerecht durch den Arbeitgeber geltend gemacht werden. Fehle es hingegen an der Voraussetzung des § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BEEG, bestehe keine Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer schriftlichen Äußerung. Dies werde gestützt durch den Sinn und Zweck von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BEEG, der eine Normausnahme zu Gunsten von Kleinunternehmen darstelle. Diese sollten vor einer organisatorischen und finanziellen Überlastung geschützt werden. Im Übrigen stütze die Klägerin ihr Begehren auf eine nicht existente Anspruchsgrundlage, nämlich § 15 Abs. 5 BEEG. Hierauf sei die Fiktion des § 15 Abs. 7 BEEG nicht anwendbar.
Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag der Klägerin mit Urteil vom 15.09.2020 stattgegeben. Es hat dies damit begründet, dass die Teilzeit während der Elternzeit gemäß § 15 Abs. 7 S. 5 BEEG als bewilligt gelte, da die Beklagte den Antrag der Klägerin nicht innerhalb von vier Wochen formgerecht abgelehnt habe. Die Fiktion gelte nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht nur im Falle der Ablehnung infolge betrieblicher Gründe gemäß § 15 Abs. 7 S.1 Nr. 4 BEEG, sondern auch im Falle des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG.
Gegen dieses Urteil, welches der Beklagten am 02.10.2020 zugestellt worden ist, hat sie mit einem am 02.11.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach einer Fristverlängerung bis zum 04.01.2021 - mit einem am 04.01.2021 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht habe fälschlicherweise unterstellt, es sei unstreitig, dass ein rechtmäßiger Antrag nach § 15 Abs. 6 BEEG vorgelegen habe. Sie habe gerügt, dass die Klägerin sich lediglich auf § 15 Abs. 5 BEEG gestützt habe. Weiter habe das Arbeitsgericht § 15 Abs. 7 S.5 BEEG falsch ausgelegt. Es habe sich dabei zu Unrecht allein auf den Wortlaut der Norm gestützt. Nach dem Sinn und Zweck und dem Willen des Gesetzgebers habe die Fiktion allein dann greifen sollen, sofern die Norm überhaupt gemäß § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG anwendbar sei. Würde man der Auffassung des Arbeitsgerichts folgen, so müsste die Fiktion konsequenterweise auch für sämtliche anderen Unterpunkte von § 15 Abs. 7 S.1 BEEG gelten, also auch im Falle eines nicht länger als sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnisses, einem Teilzeitantrag von weniger als zwei Monaten bzw. weniger als 15 oder mehr als 30 Wochenstunden. Das habe der Gesetzgeber erkennbar nicht gewollt. Außerdem gelte die strenge Schriftform des § 126 BGB nicht. Es müsse vielmehr ausreichen, wenn ein unterschriebenes Schriftstück eingescannt und per E-Mail übersandt werde. Zudem sei aufgrund der Lebenserfahrung zu vermuten, dass das rechtzeitig per Post übersandte Ablehnungsschreiben der Klägerin zugegangen sei.
Die Beklagte beantragt,
Die Klägerin beantragt,
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvorbringens. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig und lasse keinen Spielraum für die von der Beklagten gewollte Auslegung. Sie ist der Auffassung, ihr Antrag vom 25.06.2019 sei hinreichend konkret gestellt worden. So habe sie eine Teilzeit von 30 Stunden wöchentlich beantragt, sich aber lediglich die Möglichkeit vorbehalten wollen, zu einem späteren Zeitpunkt gegebenenfalls den Antrag auf eine geringere Wochenstundenzahl zu stellen.
Die Kammer hat im unmittelbaren Anschluss an die Verhandlung am 19.02.2021 mündlich beraten. Die Klägerin hat nach Abschluss der Beratung noch schriftsätzliche Ausführungen getätigt und eine Kopie der E-Mail vom 26.06.2019 übersandt. Hierüber ist eine Nachberatung der Kammer am 24.03.2021 erfolgt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschriften beider Instanzen sowie ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Sache ist entscheidungsreif. Eine Wiederöffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO war nicht geboten.
Ein Zwang zur Wiedereröffnung der geschlossenen Verhandlung gemäß § 156 Abs. 2 ZPO bestand nicht, da keiner der Gründe des § 156 Abs. 2 Nr. 1 -3 ZPO vorlag. Sämtliche relevanten Sach- und Rechtsfragen sind mit den Parteien erörtert worden.
Die Kammer hat hierüber am 24.03.2021 beraten und keinen Anlass gesehen, die Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO wieder zu eröffnen. In den nicht von § 156 Abs. 2 ZPO erfassten Fällen steht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Ermessen des Gerichts. Für die Entscheidung muss die Konzentrationsmaxime mit ihrem Ziel eines schnellen Abschlusses der Instanz bedacht werden (vgl. BAG v. 06.09.2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 52, juris). Auf der anderen Seite ist in die Abwägung einzustellen, dass ein nachfolgendes Rechtsbehelfsverfahren vermieden werden kann, das erst recht zur Verfahrensverzögerung führt (BAG v. 06.09.2007 aaO). Hier hat die Kammer berücksichtigt, dass die nach der mündlichen Verhandlung getätigten schriftsätzlichen Ausführungen keinerlei für die Entscheidung relevante Aspekte enthalten, die von der Kammer nicht ohnehin schon bedacht wurden. Die von der Klägerin überreichte E-Mail vom 26.06.2019 war bereits Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung. Die Bestimmtheit des Teilzeitantrags der Klägerin ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hatte dabei Gelegenheit, den Standpunkt der klagenden Partei ausführlich darzulegen. Einen Antrag, noch einmal in einem nachgelassenen Schriftsatz zu den Rechtsfragen Stellung zu nehmen, hat er nicht gestellt. Gegen eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sprach unabhängig davon das Gebot der Wahrung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit, welches erfordert, dass jeder Prozess einmal ein Ende findet (vgl. wiederum BAG v. 06.09.2007 aaO). Nicht zuletzt im Hinblick daraus, dass die Teilzeit ohnehin nur bis zum 16.09.2021 befristet ist, galt es, eine weitere Verzögerung zu vermeiden.
B.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
I. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die elektronisch eingelegten Schriftsätze sind druckbar, durchsuchbar und kopierbar im Sinne des § 130a ZPO in Verbindung mit der dazu ergangenen Rechtsverordnung. Die Berufung ist zudem statthaft gemäß § 64 Abs. 1 u. Abs. 2 lit. b) ArbGG.
II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Zustimmung der Beklagten zu dem Teilzeitantrag der Klägerin als erteilt gilt. Auch der Hilfsantrag der Klägerin ist unbegründet.
1. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist der Feststellungsantrag abzuweisen.
a) Richtigerweise ist das Arbeitsgericht von der Zulässigkeit dieses Antrags ausgegangen.
Die Voraussetzungen des § 256 ZPO liegen vor. Insbesondere besteht das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Streit der Parteien über das Bestehen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses während der Elternzeit kann mit dem Antrag abschließend geklärt werden. Da die Teilzeit noch nicht abgeschlossen ist, ergeben sich hieraus auch noch Rechtwirkungen für die Zukunft, so dass bereits aus diesem Grund kein Vorrang einer etwaigen Leistungsklage - etwa auf Vergütungszahlung - besteht.
b) Der Antrag ist aber unbegründet. Die Zustimmung der Beklagten zur Teilzeit gilt nicht gemäß § 15 Abs. 7 S. 5 BEEG als erteilt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob diese Fiktion überhaupt greifen kann, sofern ein Arbeitgeber nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Auch wenn man dies zugunsten der Klägerin unterstellt, so fehlt es jedenfalls an einem wirksamen Teilzeitantrag.
aa) Das Angebot des Arbeitnehmers, während der Elternzeit die Arbeitszeit zu verringern, muss den Bestimmtheitsanforderungen entsprechen, wie sie allgemein an Vertragsanträge iSd. § 145 BGB gestellt werden. Es muss so formuliert und so konkret gefasst sein, dass der Arbeitgeber es mit einem schlichten "Ja" annehmen kann (BAG v. 16.04.2013 - 9 AZR 535/11 - Rn. 14; BAG v. 19.04.2005 - 9 AZR 233/04 - unter II.1. der Gründe = Rn. 17 bei juris; zur vergleichbaren Rechtslage bei § 8 TzBfG vgl. nur BAG v. 27.06.2017 - 9 AZR 368/16 - Rn. 25). Der Inhalt eines zwischen den Parteien zustande kommenden Änderungsvertrags muss feststehen (vgl. wiederum BAG v. 27.6.2017 aaO).
bb) Diesen Anforderungen wird das Schreiben der Klägerin vom 25.06.2019 nicht gerecht.
Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob es überhaupt einen verbindlichen Antrag und nicht lediglich eine Absichtserklärung enthält. Für letzteres könnten die Formulierungen "beabsichtige ich" und "plane ich" in dem von der Klägerin verwendeten Vordruck sprechen. Andererseits hat die Beklagte als Empfängerin der Erklärung diese als Antrag verstanden, wie dem Schreiben vom 11.07.2019 zu entnehmen ist. Zudem hat sie der Klägerin das Formular selbst zur Verfügung gestellt.
Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen ist ein etwaiger Teilzeitantrag der Klägerin jedenfalls zu unbestimmt. Die Einfügung des Wortes "voraussichtlich" beinhaltet eine im Formular nicht vorgesehene Einschränkung. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass sich die Klägerin eine Änderung noch vorbehält. Dieses Verständnis wird durch die E-Mail der Klägerin vom 26.06.2019 bestätigt, in der sie explizit ausführt, sie habe die 30 Stunden nur angegeben, weil es sich um die gesetzlich vorgesehene Maximalzahl handle. Die Elternzeitstelle habe ihr mitgeteilt, sie könne den Antrag noch bis zu sieben Wochen vor Beginn der Teilzeit stellen. Aus diesem Grund wolle sie sich vorbehalten, eine niedrigere Stundenzahl zu beantragen, je nach Betreuung. Damit war unklar, wie hoch die tatsächliche Stundenzahl ab Beginn der Teilzeit sein würde. Wenn die Beklagte dieses Angebot angenommen hätte, so wäre keineswegs ein Teilzeitvertrag über 30 Stunden zustande gekommen. Vielmehr hätte die Klägerin noch eine geringere Stundenzahl verlangen können. Die Fiktion kann aber nicht weitergehen als ein durch eine ausdrückliche Annahmeerklärung zustande kommender Vertrag. Ihr Eintritt scheitert an der fehlenden Bestimmtheit.
2. Auch der ebenfalls zulässige Hilfsantrag ist unbegründet.
a) Der Antrag fällt der Berufungskammer zur Entscheidung an.
Soweit eine Berufung gegen ein dem Hauptantrag stattgebendes Urteil Erfolg hat, so ist auch ohne Anschlussrechtmittel über den in der Vorinstanz bereits gestellten Hilfsantrag zu entscheiden; dies gilt jedenfalls bei einem engen sachlichen und rechtlichen Zusammenhang der Anträge (BAG v. 10.03.2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 38; BAG v. 11.12.2007 - 1 ABR 73/06 - Rn. 31). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
b) Bedenken gegen die Zulässigkeit des Hilfsantrags bestehen nicht.
Es handelt sich um einen auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Klageantrag. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils würde die Zustimmung der Beklagten nach § 894 Abs. 1 S. 1 ZPO als erteilt gelten (vgl. etwa vgl. BAG v. 15.11.2011 - 9 AZR 729/07 - Rn. 17; BAG v. 13.10.2009 - 9 AZR 910/08 - Rn. 12). Der Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Beginn, Ende und Umfang der Teilzeit werden genannt.
c) Der Hilfsantrag ist aber ebenfalls unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Teilzeit für die Zeit vom 17.09.2020 bis zum 16.09.2021 zu.
aa) Der auf Annahme eines Vertragsangebots gerichtete Antrag ist allerdings nicht schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin die rückwirkende Änderung ab dem 17.09.2020 verlangt. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) kommt die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung mit Rückwirkung in Betracht. Ein Vertragsangebot kann auch dann angenommen werden, wenn es auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen der Vertrag hinsichtlich der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann (BAG v. 20.01.2015 - 9 AZR 735/13 -, Rn. 15).
bb) Ein Anspruch der Klägerin gemäß § 15 Abs. 7 BEEG ist aber nicht gegeben. Es fehlt an der Voraussetzung des § 15 Abs. 7 S.1 Nr. 1 BEEG. Die Beklagte beschäftigt nicht mehr als 15 Arbeitnehmer.
aaa) Da es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung handelt, ist die Klägerin insoweit darlegungs- und beweispflichtig. Aufgrund der größeren Sachnähe des Arbeitgebers gilt insoweit allerdings eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitnehmer kann sich zunächst auf die pauschale Behauptung einer Überschreitung der Mitarbeiterzahl beschränken. Anschließend ist es Sache des Arbeitgebers substantiiert - erforderlichenfalls unter Nennung von Namen der Beschäftigten - zu erwidern. Anschließend ist wiederum Sache des Arbeitnehmers, die Überschreitung der Beschäftigtenzahl von 15 substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
bbb) Danach ergibt sich, dass die Beklagte in der Regel nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt hat. Sie hat im Einzelnen unter Nennung der konkreten Personen dargelegt, dass bei ihr zum Zeitpunkt der Antragstellung nur 14 Mitarbeiter angestellt waren. Weiter hat sie vorgetragen, dass danach eine weitere Mitarbeiterin ausgeschieden und eine Nachbesetzung nicht geplant ist. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
ccc) Soweit die Klägerin sich hingegen darauf beruft, die Beklagte bilde mit der H. S. S.r.L. einen gemeinsamen Betrieb, in dem wiederum mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt seien, vermag dies ihren Anspruch nicht zu begründen. Für § 15 BEEG kommt es anders als für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes allein auf die Zahl der Beschäftigten beim Vertragsarbeitgeber, nicht auf die Mitarbeiterzahl im Betrieb an.
(1) Es entspricht der nahezu einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum sowohl zu § 15 Abs. 7 Nr. 1 BEEG als auch zu § 8 Abs. 7 S.1 Nr. 1 BEEG, dass es allein auf die Mitarbeiterzahl der natürlichen oder juristischen Person ankommt, bei welcher der Arbeitnehmer beschäftigt ist, nicht aber auf den Betrieb (vgl. LAG Köln v. 25.04.2007 - 7 Sa 1396/06 -; ErfK/Gallner, 21. Auflage 2021, BEEG § 15 Rn. 14; ErfK/Preis, TzBfG § 8 Rn. 16; Brose/Weth/Volk - Schneider, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 9. Auflage 2020, § 15 BEEG Rn. 54; BeckOK-Arbeitsrecht/Schrader, 58. Edition, 01.12.2020, BEEG § 15 Rn. 51; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath - Velikova, Arbeitsrecht, 4. Auflage 2017, BEEG § 15 Rn. 30; Rancke, Mutterschutz-Elterngeld-Elternzeit, 5. Auflage 2018, BEEG § 15 Rn. 66; MükoBGB/Müller-Glöge, 8. Auflage 2020, TzBfG § 8 Rn. 6; Michels/Kortmann in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 2016, TzBfG § 8 Rn. 5; Boecken in Boecken/Joussen, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 6. Auflage 2019, § 8 Rn. 26; Lindemann/Simon BB 2001, 146, 148; Rolfs RdA 2001, 129, 134; Däubler, ZIP 2000, 1961, 1962; Kleinsorge, MDR 2001, 181, 182). Lediglich vereinzelt wird demgegenüber - allerdings ohne Begründung - die Meinung vertreten, es sei auf einen Gemeinschaftsbetrieb abzustellen (vgl. Laux in Laux/Schlachter, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Auflage 2011, § 8 Rn.17).
(2) Es ist der ganz herrschenden Ansicht zuzustimmen. Die Auslegung des § 15 Abs. 7 S.1 Nr. 1 BEEG führt zu einem klaren Ergebnis.
(a) Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (BAG v. 11.12.2019 - 4 AZR 310/16 - Rn. 22). Zu dessen Ermittlung sind der Wortlaut der Norm, die Systematik, Sinn und Zweck sowie die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte heranzuziehen. Unter diesen anerkannten Methoden hat keine einen unbedingten Vorrang. Welche Regelungskonzeption der Gesetzgeber mit dem von ihm gefundenen Wortlaut tatsächlich verfolgt, ergibt sich unter Umständen erst aus den anderen Auslegungsgesichtspunkten. Wird daraus der Wille des Gesetzgebers klar erkennbar, ist dieser zu achten (BAG v. 11.12.2019 - 4 AZR 310/16 - Rn. 22; BAG v. 16.10.2019 - 5 AZR 241/18 - Rn. 15 m.w.N.; vgl. auch BVerfG v. 06.06.2018 - 1 BvL 7/!4 u.a. - Rn. 74f.).
(b) Danach ergibt sich hier zweifelsfrei, dass auf die Beschäftigtenzahl des Vertragsarbeitgebers, nicht auf die des Betriebes abzustellen ist.
Schon der Wortlaut ist eindeutig. Zwar gibt es für den in § 15 Abs. 7 S.1 Nr.1 BEEG verwendeten Begriff "Arbeitgeber" keine gesetzliche Definition. Er lässt sich aber mittelbar aus dem Begriff des Arbeitnehmers ableiten. Arbeitgeber ist danach derjenige, der mindestens einen Arbeitnehmer oder eine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne von § 5 ArbGG beschäftigt (BAG v. 01.08.2017 - 9 AZB 45/17 - Rn. 12; BAG v. 15.03.2011 - 10 AZB 49/10 - Rn.7).
Davon zu trennen ist der Begriff des Betriebes (vgl. zu § 622 BGB: BAG v. 11.06.2020 - 2 AZR 660/19 - Rn. 12; vgl. auch BAG v. 01.08.2017 - 9 AZB 45/17 - Rn. 15 f.). Dieser wird gemeinhin definiert als organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht allein in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt (vgl. etwa BAG v. 11.06.2020 - 2 AZR 660/19 - Rn. 12; BAG v. 27.06.2019 - 2 AZR 38/19 - Rn. 21). Ein Betrieb kann von mehreren Arbeitgebern als gemeinsamer Betrieb geführt werden (ständige Rspr., vgl. nur BAG v. 27.06.2019 - 2 AZR 38/19 - Rn. 14; BAG v. 13.08.2008 - 7 ABR 21/07 -Rn. 19). Schon aus den vorgenannten Definitionen geht eindeutig hervor, dass jeweils zwischen Betrieb und Arbeitgeber differenziert wird. Dementsprechend werden durch die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes die daran beteiligten Unternehmen nicht sämtlich Arbeitgeber der in dem Gemeinschaftsbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer (vgl. BAG v. 05.03.1987 - 2 AZR 623/85 -).
Der Gesetzessystematik ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber diese Begriffe hier nicht in einem weiteren Sinne als üblich verwenden wollte. Vielmehr differenziert er in § 15 Abs. 7 Nr. 1 und Nr. 2 ausdrücklich zwischen "Arbeitgeber" auf der einen und "Betrieb" oder "Unternehmen" auf der anderen Seite. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der unterschiedlichen Bedeutungen der jeweiligen Begriffe diese im Rahmen des BEEG abweichend und zwar im Sinne des Betriebes verwenden wollte. Hätte der Gesetzgeber auf den Betrieb abstellen wollen, so hätte es nahegelegen, auf die Begrifflichkeiten des § 23 KSchG zurückzugreifen.
Hinzu kommt, dass der Begriff "Arbeitgeber" auch in § 15 Abs. 4 BEEG verwendet wird. Dort wird die Teilzeitarbeit bei einem "anderen Arbeitgeber" geregelt. Wäre die Auffassung der Klägerin zutreffend und der Begriff des Arbeitgebers wäre mit dem Betriebsbegriff gleichzusetzen, so würde § 15 Abs. 4 BEEG - und nicht § 15 Abs. 5 - 7 BEEG - eingreifen, wenn eine Teilzeitarbeit in einem anderen Betrieb des Vertragsarbeitgebers möglich wäre. Das wäre offensichtlich widersinnig.
Dass allein auf den Vertragsarbeitgeber abzustellen ist, lässt sich schließlich auch der Historie des Gesetzes entnehmen. So ist im seinerzeitigen Gesetzgebungsverfahren die Berücksichtigung von Teilzeitkräften mit einem Verweis auf § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG diskutiert worden (vgl. den ursprünglichen Gesetzentwurf von SPD/Bündnis 90 - Die Grünen BT-Drucks. 14/3118). In dem Zusammenhang wurde ursprünglich der Begriff "Kleinbetriebsklausel" benutzt (vgl. BT-Drucks. 14/3118, S. 21). Hieran wurde aber im anschließenden Gesetzgebungsverfahren nicht festgehalten. So wird in der späteren Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) ausdrücklich ausgeführt, dass maßgeblicher Ansatzpunkt die Funktion des Arbeitgebers und nicht des Betriebes sei; die abweichende Bezeichnung in der ursprünglichen Gesetzesbegründung sei irrelevant (BT-Drucks. 14/3808, S.28). Wenn anschließend der Gesetzgeber die zuletzt so verstandene Entwurfsfassung als Gesetz beschließt, dann muss man davon ausgehen, dass dies exakt so gemeint war.
B.
I. Gemäß § 91 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
II. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor.
Nadorp
Huwald