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  • · Fachbeitrag · Prozessrecht

    Einsicht in/Herausgabe von Messdaten im Bußgeldverfahren

    | Wir haben in der letzten Zeit wiederholt über die Rechtsprechung zur Akteneinsicht im Bußgeldverfahren bzw. zur Einsicht in Messunterlagen berichtet (vgl. zuletzt VA 17, 49 u. 85). Die Übersicht fasst weitere Entscheidungen zu diesen für die Praxis wichtigen Fragen zusammen. |

    1. Aktuelle Rechtsprechung

    Die aktuelle Rechtsprechung haben wir hier zusammengefasst:

     

    • Übersicht: Einsicht in/Herausgabe von Messdaten im Bußgeldverfahren

    OLG Hamm,

    10.3.17, 2 RBs 202/16, Abruf-Nr. 193586

    Überzeugt sich der Tatrichter beim standardisierten Messverfahren von der Richtigkeit der Messung, verstößt die Ablehnung eines Beweisantrags auf Herausgabe der unverschlüsselten Rohmessdaten weder gegen das Fair-trial-Prinzip noch gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör.

    OLG Oldenburg

    13.3.17, 2 Ss(OWi) 40/17, Abruf-Nr. 193589

    Es verstößt nicht gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens, wenn ein Antrag der Verteidigung auf Einsichtnahme in die digitale Messdatei und deren Überlassung einschließlich etwaiger sogenannter Rohmessdaten abgelehnt wird. Der Senat hält an dem in seinem Beschluss vom 6.5.15 (2 Ss (OWi) 65/15, VA 15, 175) genannten Grundsatz eines Anspruchs auf Zugänglichmachung der Messdatei nicht fest. Gibt das Gericht die Unterlagen nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG nicht heraus, verletzt es aber das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren. Es beschränkt die Verteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise, wenn er zuvor erfolglos eine gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG erwirkt hat. Denn dann ist ihm die Möglichkeit genommen, die vorgelagerte Frage aufzuklären, ob tatsächlich ein standardisiertes Messverfahren zum Einsatz gekommen ist.

    AG Bernkastel-Kues

    3.3.17, 8 OWi 21/17,

    Abruf-Nr. 193560

    Die Bußgeldstelle ist verpflichtet, die digitalen Falldatensätze inklusive unverschlüsselter Rohmessdaten bzw. die den Geschwindigkeitsmessungen zugrunde liegenden Einzelmessungen der gesamten Messserie und die Statistikdatei zur Messserie der Verteidigung zu überlassen. Einsicht in eine Lebensakte ist nicht zu gewähren, da eine Lebensakte nicht geführt wird.

    AG Esslingen

    3.3.17, 4 OWi 22/17,

    Abruf-Nr. 193567;

    2.5.16, 3 OWi 829/15, Abruf-Nr. 193566

    Dem Verteidiger ist Akteneinsicht in die Messdateien im Original-Dateiformat und die Kalibrierungsfotos zu gewähren. Der Betroffene bzw. sein Verteidiger hat der Bußgeldbehörde hierfür geeignete Speichermedien zur Verfügung zu stellen. Diese sind sodann bespielt dem Verteidiger zur Verfügung zu stellen.

    AG Haßfurt

    8.9.16, 3 OWi 36/16,

    Abruf-Nr. 193568

    Die Verwaltungsbehörde muss dem Verteidiger das Messvideo der Geschwindigkeitsüberschreitung zur Verfügung stellen. Anders verhält es sich mit dem Referenzvideo. Dieses bezieht sich nämlich nicht auf den konkreten Fall, da es nicht zum unmittelbaren Nachweis der konkreten Tat benötigt wird.

     AG Karlsruhe

    15.2.17, 8 OWi 430 Js 2439/17, Abruf-Nr. 193569

    Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Übersendung weiterer Unterlagen oder Mitteilungen ist nicht ersichtlich. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

    AG Saarlouis

    20.2.17, 14 OWi 41/17, Abruf-Nr. 193574

    Dem Verteidiger sind die digitalen Falldaten der gesamten Messserie inklusive Rohmessdaten, die Statistik-Datei zur Messserie sowie den Public-Key des Messgeräts betreffend eine Messung mit Leivtec XV3 herauszugeben.

    AG Senftenberg

    23.2.17, 50 OWi 1092/15, Abruf-Nr. 193575

    Der Betroffene hatte ein Privatgutachten in Auftrag gegeben. Darin wurde angezweifelt, dass die Messung richtig war. Daraufhin hatte das Gericht ein technisches Sachverständigengutachten eingeholt, um dies zu überprüfen. Dieses bestätigte die Zweifel daran, dass die Messung richtig war. Das Gericht stellte daraufhin das Verfahren ein. Es entschied, dass dem Betroffenen seine Auslagen für das eingeholte Privatgutachten zu erstatten sind.

    AG Bad Hersfeld

    22.2.17, 74 OWi 8/17, Abruf-Nr. 193559;

    AG Dresden

    11.4.17, 217 OWi 398/17, Abruf-Nr. 193565

    Begehrt der Betroffene im Bußgeldverfahren (erweiterte) Akteneinsicht in Unterlagen, die ggf. sogar nicht Bestandteil der Verwaltungsakte sind, ist eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung der Verwaltungsbehörde nach § 62 OWiG nicht zulässig. Bei der Nichtbeiziehung/Herausgabe handelt es sich um eine Maßnahme zur Vorbereitung der Hauptsacheentscheidung (Bußgeldbescheid) ohne eigenständige Bedeutung. Entscheidend ist der Einspruch, der zu einer Verhandlung in der Hauptsache führt.