Rechtsprechungsübersicht?/ Die wichtigsten FG-Entscheidungen 2012 |
FG Nürnberg 13.1.12,?7 K 926/10,?PStR 12, 185,?Abruf-Nr. 121811 | Zugeständnis des subjektiven Hinterziehungstatbestands im Finanzgerichtsprozess - Kernaussagen: Streitig sind die Einkünfte des Klägers aus seinem gewerblichen Hotelbetrieb und aus Kapitalvermögen. … Es ist von einer zehnjährigen Festsetzungsfrist [§ 169 Abs. 2 S. 2 AO] auszugehen, da die Kläger sowohl die hinzugeschätzten Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen als auch aus seinem Hotelbetrieb vorsätzlich hinterzogen haben. Für ein vorsätzliches Handeln reicht ?es aus, wenn der Täter die Verwirklichung der Merkmale des objektiven Tatbestands zumindest billigend in Kauf nimmt und im Wege einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ erkennt. … Das Vorliegen einer Steuerhinterziehung - und zwar ?auch des subjektiven Tatbestandes - in den Streitjahren ist durch die klägerseits zugestandene Anwendung einer zehnjährigen Festsetzungsfrist eingeräumt worden. Es bedurfte deshalb nicht mehr der Befragung der Kläger bzw. der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks.
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FG Rheinland-Pfalz 8.2.12,?2 K 1180/11,?EFG 13, 574,?Abruf-Nr. 133502 | Verwertung von im Wege der Amtshilfe aus Belgien übermittelten, ?möglicherweise „gestohlenen“ Steuerdaten - Leitsatz: Der Verwertung von in rechtmäßiger Weise erlangten Beweismitteln steht ein Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren nur entgegen, wenn diese durch andere, aufgrund qualifizierter grundrechtsrelevanter Verfahrensverstöße oder in strafbarer Weise erworbene Beweismittel mittelbar erlangt wurden (Fernwirkung von Verwertungsverboten).
- Kernaussagen: Entgegen der Ansicht des Klägers bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür, dass die deutschen Steuerbehörden die X-Microfiche-?Ausdrucke „hehlerisch“ gekauft haben. Vielmehr hat der Senat nach den vor-?gelegten Unterlagen … keine Zweifel daran, dass das Bundesamt für Finanzen ?die Microfiche-Ausdrucke von der belgischen Finanzverwaltung im Wege der Amtshilfe bzw. des spontanen Informationsaustausches erhalten hat. Ob zuvor Kontendaten von ehemaligen Angestellten der X entwendet worden waren und ?die „Datendiebe“ - entsprechend dem Bericht in der Nachrichtensendung „Tagesthemen“ am 17.10.00 - die Absicht hatten, die entwendeten Unterlagen an die deutschen Steuerbehörden zu verkaufen, kann deshalb dahinstehen. Denn die Informationen sind jedenfalls nicht auf diesem Weg in den Besitz der deutschen Steuerverwaltung gelangt.
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FG Berlin-Brandenburg 8.3.12,?9 K 9009/08,?PStR 13, 113,?Abruf-Nr. 122879 | Steuerhinterziehung bei nicht anerkennungsfähigem Angehörigenmietvertrag - Kernaussagen: Der Kläger hat … sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand von Steuerhinterziehungen für die Streitjahre … erfüllt, indem er im Rahmen der … ESt-Erklärungen 1998 und 1999 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks … in X. erklärt hat, obwohl er wusste, dass das Mietverhältnis mit seiner Mutter … in vielerlei Hinsicht einem Fremdvergleich nicht standhalten würde und insbesondere in zahlreichen Punkten nicht so durchgeführt worden ist wie es schriftlich vereinbart worden war (keine Überlassung einer ?leeren Wohnung, sondern Überlassung einer vom Vermieter mit neuen Möbeln ausgestatteten Wohnung, Mitbenutzung der Wohnung durch den Vermieter, ?entgegen der schriftlichen Vereinbarung im Mietvertrag keine Einforderung einer Kaution, … keine Instandhaltung der Gartenanlage durch seine Mutter, … keine Anforderung von Mietnebenkosten).
- Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes … ist es ausreichend, wenn der Steuerpflichtige … sich über die Steuerrechtslage im Unklaren ist und es ihm möglich erscheint, dass seine Steuererklärung bei zutreffender Anwendung der Steuergesetze unrichtig oder unvollständig ist, und er diese mögliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Steuererklärungen billigend in Kauf nimmt.
- Das Vorliegen eines … Tatbestandsirrtums [§ 16 StGB] hat der bei der Erstellung seiner ESt-Erklärungen langjährig durch Angehörige der steuerberatenden Berufe unterstützte Kläger … selbst erst gar nicht behauptet.
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FG Hamburg 8.6.12,?4 K 104/11,?juris,?Abruf-Nr. 133503 | Leichtfertige Steuerverkürzung trotz Irrtums des Zollbeamten - Kernaussagen: Die Klägerin wendet sich gegen eine Stromsteuervergütungsrückforderung. … Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Rückforderung, und nur darüber streiten die Beteiligten, der Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht entgegen. Da es sich vorliegend um leichtfertig verkürzte Steuern handelt, greift ?die Festsetzungsfrist von fünf Jahren gemäß § 169 Abs. 2 S. 2 AO.
- Auf der subjektiven Seite ist der Klägerin leichtfertiges Verhalten vorzuwerfen. ?… Steuerpflichtige müssen sich über die steuerlichen Pflichten informieren. … ?In diesem Sinne unterliegt die Leichtfertigkeit des klägerischen Verhaltens keinem wirklichen Zweifel. Dies schon deshalb, weil sich bereits aus der Vorschrift des ?§ 9a Abs. 1 Nr. 2 StromStG unmissverständlich ergibt, für welche Zwecke der Strom entnommen werden muss, um die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung zu erfüllen. ... Die Norm ist hinreichend klar gefasst, auch für den technischen und juristischen Laien ist ohne Weiteres erkennbar, dass der Strom zum Trocknen, Brennen etc. von Produkten bzw. Erzeugnissen entnommen worden sein muss ?und eben nicht z.B. für den Betrieb eines Motors. Über diese rechtlichen Voraussetzungen hat sich die Klägerin entgegen ihrer Rechtspflicht offensichtlich nicht hinreichend informiert.
- Dieses Versäumnis relativiert sich auch nicht durch die Hinweise der Klägerin ?auf das Ergebnis der Betriebsprüfung. ... Richtig ist, dass anlässlich der speziell im Hinblick auf § 9a Abs. 1 Nr. 2 StromStG durchgeführten Betriebsprüfung … lediglich der Stromverbrauch für Büros, Sozialräume und die Werkstatt moniert worden ist. Zwar hat der Prüfer offenbar die Entnahme … rechtlich fehlerhaft als Entnahme ?zu steuerbegünstigten Zwecken … gewertet. … Doch lässt sich aus diesem Rechtsirrtum eines Zollbeamten … nicht schließen, dass die Rechtslage in ?einer Weise unklar oder schwierig ist, dass ihre Missachtung nicht als leichtfertig angesehen werden könnte. Dass sich auch Zollbeamte irren können, ändert ?nichts daran, dass die Rechtslage eigentlich von der Klägerin bei hinreichender ?Beachtung ihrer Informationspflicht unproblematisch hätte erfasst werden können.
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FG München 14.6.12,?5 K 1058/10,?juris,?Abruf-Nr. 133548 | Keine „Kindergeldhinterziehung“ bei unzureichendem Merkblatt - Kernaussagen: Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin keine Steuerhinterziehung begangen, da keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ?die Klägerin … der Familienkasse eine … Mitteilung hätte machen müssen, … dass F seit Herbst 1998 seinen Schulbesuch in der Türkei fortgesetzt hat. … Dem der Klägerin mit der Bewilligung des Kindergelds im Jahr 1995 übersandten Merkblatt war ein eindeutiger Hinweis auf eine entsprechende Mitteilungspflicht nicht zu entnehmen. Aus Ziff. 34 des Merkblatts folgt lediglich eine allgemeine Mitteilungspflicht. Es werden abstrakte rechtliche Termini - die Änderung der für den Anspruch bedeutsamen Verhältnisse - verwendet, die für einen rechtlichen ?Laien unklar und missverständlich sein können.
- Auch aus Ziff. 34 des Merkblatts war keine eindeutige Mitteilungspflicht herzuleiten. Eine Benachrichtigung der Kindergeldkasse war danach vorzunehmen, wenn die Kindergeldberechtigte, ihr Ehegatte oder eines der Kinder unter Aufgabe des Wohnsitzes ins Ausland verzieht. Da die Klägerin zum einen der Auffassung ist, dass F seinen Wohnsitz in Deutschland mit Beginn des Schulbesuchs in der Türkei nicht aufgegeben hat, zum anderen die Beantwortung der Frage, ob der Wohnsitz aufgegeben wurde, eine rechtliche Wertung voraussetzt, zu der die Klägerin insbesondere in Anbetracht ihres Bildungsstands (es bestehen nach Aktenlage Zweifel, in welchem Umfang sie überhaupt des Schreibens mächtig ist) auch ?im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre gegebenenfalls gar nicht ?in der Lage war, ergab sich aus diesem Hinweis für die Klägerin keine eindeutige Benachrichtigungspflicht.
- Gleiches gilt für das Beispiel im Merkblatt, dass eine Benachrichtigung zu erfolgen hat, wenn die Kindergeldberechtigte als ausländische Staatsangehörige im Bundesgebiet wohnt und sich eines der Kinder ins Ausland begibt (z.B. zur Schul- oder Berufsausbildung). Da die Klägerin deutsche Staatsangehörige ist, musste sie auch hieraus nicht zwingend auf eine entsprechende Mitteilungspflicht schließen.
Literaturhinweis: Ebner, PStR 13, 231 |
FG Hamburg 18.6.12,?6 K 41/12,?juris,?Abruf-Nr. 133504 | Keine „Kindergeldhinterziehung“ trotz Verstoß gegen § 68 EStG - Kernaussagen: Eine Steuerhinterziehung … kann nur vorsätzlich begangen werden. … Nach Auffassung des Senats sind Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Handeln des Klägers nicht erkennbar. Auch wenn der Kläger seine Mitwirkungspflicht ?objektiv dadurch verletzt hat, dass er der Beklagten den Auszug aus der Ehewohnung nicht zeitnah mitgeteilt hat, zeigt die Tatsache, dass der Kläger … noch vor Erlass des streitgegenständlichen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids … der Beklagten mitgeteilt hat, dass er das Kindergeld auf den ausdrücklichen Wunsch der Kindesmutter weiter bezogen und an sie weitergeleitet hat, dass es dem Kläger nicht um einen persönlichen Steuervorteil ging, sondern dass er davon ausgegangen ist, dass für seinen Sohn einmal Kindergeld gewährt wird und dieses letztlich dem Elternteil zukommen soll, der für das Kind im Wesentlichen sorgt.
- Trotz Verletzung der besonderen Mitwirkungspflicht nach § 68 Abs. 1 EStG liegt auch keine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 1 AO vor. … Dem Kläger dürfte zwar aufgrund der erhaltenen Mitteilungsblätter bekannt gewesen sein, dass die Zahlung des Kindergelds an ihn zu Unrecht erfolgte. Allerdings ging er davon aus, mit der Weiterleitung des Kindergelds an die Kindesmutter seinen gesetzlichen Pflichten genüge getan zu haben. Die vorrangig Kindergeldberechtigte hatte das Kindergeld auch erhalten, wie diese selbst in ihrer Weiterleitungs-
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| - bestätigung erklärt hat. Die Kindesmutter hat somit das Kindergeld in voller Höhe über den gesamten Streitzeitraum erhalten. Bei einer Gesamtwertung des Verhaltens des Klägers ist der Senat der Auffassung, dass die bloße Verletzung ?der Mitwirkungspflicht des § 68 EStG bei erfolgter Weiterleitung des Kindergelds keinen derart erheblichen Grad an Fahrlässigkeit zu begründen vermag, dass ?von einem leichtfertigen Verhalten ausgegangen werden kann.
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FG München 22.6.12,?8 V 1021/12,?juris,?Abruf-Nr. 133505 | Feststellung der Haftung (§ 42d EStG) eines als „Betriebsleiter“ ?auftretenden Arbeitgebers im AdV-Verfahren - Kernaussagen: Nach § 42d EStG haftet der Arbeitgeber für die LSt, die er einzubehalten und abzuführen hat. … Das Strafgericht hat … festgestellt, dass die OHG lediglich zum Schein vorgeschoben worden war und tatsächlich der Antragsteller Arbeitgeber der polnischen Arbeiter war. Dabei hat sich das Gericht mit der auch jetzt erhobenen Einlassung des Antragstellers auseinandergesetzt, er sei lediglich angestellter Bauleiter der OHG gewesen. Hierzu hat es festgestellt, dass die OHG nach dem Plan des Antragstellers und des B initiiert worden ist und der Antragsteller deren Generalbevollmächtigter war. Die tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse haben jedoch nicht dem Gesellschaftsvertrag entsprochen. Ausweislich des Tatbestands des Strafurteils hat der Antragsteller eingeräumt, den polnischen Arbeitskräften eine Arbeiterunterkunft organisiert und Arbeitskleidung gekauft zu haben. Er hat die Gelder an die polnischen Arbeiter in Absprache mit dem bereits genannten P ausgezahlt, Zugriff auf das Konto der OHG gehabt und Überweisungen getätigt.
- Das Strafgericht hat schließlich aufgrund der Gesamtumstände den Antragsteller als tatsächlichen Arbeitgeber beurteilt. Diese Feststellungen macht sich ?der erkennende Senat zu eigen …, weil er bei summarischer Beurteilung ?davon überzeugt ist, dass diese zutreffend sind und der Antragsteller keine substantiierten Einwendungen erhebt, sondern lediglich pauschal seine ?Aussage vor dem Strafgericht wiederholt. Der Antragsteller verweist auf eine „nachzuholende Beweisaufnahme“ vor dem FG. Eine solche findet aufgrund ?des Charakters des AdV-Verfahrens als Eilverfahren nicht statt. Vielmehr ist ?auf Grundlage der präsenten Beweismittel zu entscheiden. … Damit ist bei summarischer Beurteilung von einer Steuerhinterziehung durch den Antragsteller auszugehen und damit eine Haftung auch nach § 71 AO zu bejahen.
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FG Rheinland-Pfalz 18.7.12,?5 K 1348/09,?DStREe 13, 680,?Abruf-Nr. 123696 | Steuerhinterziehung durch Betreuer - Leitsätze: (1.) Zu den steuerlichen Pflichten eines Betreuers gehört die Pflicht ?zur Abgabe einer ESt-Erklärung für die von ihm betreute Person. Diese Pflicht erstreckt sich auch auf die vor seinem Eintritt in die Funktion als Betreuer liegenden Veranlagungszeiträume. (2.) Der Betreuer hat sich daher über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der betreuten Person zu informieren, sich bei dem FA über den Stand der Veranlagung zu erkundigen und sich die für ?die Steuererklärungen erforderlichen Unterlagen zu beschaffen. (3.) Bei einer Verletzung der ihm obliegenden steuerlichen Erklärungspflichten kann der Tatbestand einer Steuerhinterziehung vorliegen, der dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist.
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NdsFG 10.10.12,?2 K 13307/10,?PStR 13, 59,?Abruf-Nr. 130497 | Schätzung - Bargeschäfte eines Reifenhändlers - Leitsätze: (1.) Bei einem vorrangig Bargeschäfte tätigenden Reifenhändler können auf Grundlage einer Bargeldverkehrsrechnung Umsätze hinzu geschätzt werden. ?(2.) Aus Fahrzeugangeboten eines solchen Gewerbetreibenden in Online-Portalen kann auf entsprechende steuerpflichtige Umsätze geschlossen werden. (3.) Eine bloße Differenzbesteuerung solcher Umsätze ist für den Gewerbetreibenden günstig. (4.) (Auch) Das Verschweigen solcher Umsätze in den Jahressteuererklärungen stellt regelmäßig eine vorsätzliche Umsatzsteuerhinterziehung dar.
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FG München 16.10.12,?9 K 1226/12,?EFG 13, 135,?Abruf-Nr. 130118 | Beendigung (§ 78a StGB) der „Kindergeldhinterziehung“ (Mindermeinung) - Kernaussagen: Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Tat auch bei der im Streitfall gegebenen und möglichen konkludenten Bekanntgabe des Bescheids ?nach § 119 Abs. 2 S. 1 AO durch interne Kindergeldverfügung und anschließende Auszahlung des Kindergeldes nicht erst mit der letzten Auszahlung beendet. Vielmehr stellt jede Auszahlung für sich eine beendete Tat dar. Dies ergibt sich aus dem im Kindergeldrecht geltenden Monatsprinzip des § 66 Abs. 2 EStG, wonach ?das Kindergeld monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem ?die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen. Kindergeld wird also für jeden Monat gewährt, in dem wenigstens an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Damit hat die Familienkasse den Anspruch grundsätzlich jeden Monat gesondert zu prüfen und über die Festsetzung zu entscheiden.
- Auch die Tatsache, dass es sich bei der Kindergeldfestsetzung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, bei dem durch die monatliche Zahlung des Kindergeldes die ursprüngliche Festsetzung jeweils konkludent bestätigt wird …, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es handelt sich insoweit um eine aus den Bedürfnissen des Kindergeldrechts und aus Gründen der Verwaltungsökonomie bestehende Verfahrensvereinfachung. … Der zum Tatbestand gehörende Erfolg ?der Verkürzung tritt damit nach Abschluss des jeweiligen Monats ein. Die Tat ist damit auch jeweils beendet i.S. des § 78a StGB bzw. des § 31 Abs. 3 OWiG. Denn der Festsetzungsbescheid aktualisiert sich mit jedem Monat der Kindergeldauszahlung auf der Grundlage des ursprünglich gestellten Antrags, der in der Festsetzung fortwirkt. Im Hinblick auf den Dauerverwaltungsaktscharakter kann der Fall nicht anders beurteilt werden, als wenn jeden Monat ein neuer Antrag gestellt und daraufhin das Kindergeld festgesetzt würde.
Literaturhinweis: Ebner, PStR 13, 231, m.w.N. |
SaarlFG 17.10.12,?2 K 1524/10,?juris,?Abruf-Nr. 133507 | Übernahme strafgerichtlicher Feststellungen ?durch das FG (Branntweinhehlerei); Haftung (§ 71 AO) - Kernaussagen: Der angefochtene, auf § 191 Abs. 1 S. 1 AO beruhende Haftungsbescheid ist rechtmäßig. … Die Klägerin hat zusammen mit ihrem Ehemann eine mittäterschaftliche Steuerhehlerei (§ 374 AO, § 25 Abs. 2 StGB i.V. mit § 369 ?Abs. 2 AO) begangen.
- Im Streitfall hat die Klägerin zwar (pauschal) auf ihre Einwendungen im strafgerichtlichen Revisionsverfahren betreffend die Erfüllung des Straftatbestands ?der Steuerhehlerei … verwiesen. Allerdings handelt es sich um eben diejenigen Einwendungen, die die Klägerin bereits im Einspruchsverfahren vor dem Beklagten erhoben hat, bevor ihre gegen das Strafurteil des LG Z eingelegte Revision durch ?den BGH zurückgewiesen worden war. Der pauschale Verweis auf die Revisionsbegründung ersetzt nicht eine substantiierte Auseinandersetzung mit dem Beschluss des BGH, der die Rügen nicht für durchgreifend erachtete. Der Senat sieht sich daher nicht gehindert, sich auf die im Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu stützen, ohne eine eigene Beweisaufnahme durchzuführen.
- Der Schadenersatzcharakter der Haftung nach § 71 AO steht einer Inanspruchnahme der Klägerin nicht entgegen.
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FG Köln 24.10.12,?15 K 66/12,?EFG 13, 654,?Abruf-Nr. 130698 | Haftung (§ 71 AO) des Geschäftsführers einer GmbH bei Schwarzlohnzahlungen - Kernaussagen: Nach §§ 71, 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO kann der Geschäftsführer auch als Steuerhinterzieher in Haftung genommen werden, wenn er durch unrichtige, unvollständige oder unterlassenen Angaben in abzugebenden Steueranmeldungen oder -erklärungen für die von ihm vertretene GmbH nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, indem er auf diese Weise die nicht ordnungsgemäß angemeldeten bzw. erklärten Steuern zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Liquidität oder zur Verbesserung des Betriebsergebnisses der Gesellschaft ?dem FA vorenthält.
- Dabei liegt eine solche vorsätzliche haftungsbegründende Steuerhinterziehung ?stets vor, wenn der Geschäftsführer Schwarzlöhne an die Arbeitnehmer der von ihm geführten GmbH ausgezahlt hat, um durch die damit verbundene Nichtabführung und -anmeldung der auf die ausgezahlten Löhne an sich entfallenden LSt etc. dem Steuergläubiger die entsprechenden Lohnsteuerbeträge dauerhaft ?zu entziehen.
- Ist nach diesen Grundsätzen die Inhaftungnahme des Geschäftsführers sowohl nach § 71 AO als auch nach § 69 S. 1 AO dem Grunde nach berechtigt, sind für die Höhe seiner Inhaftungnahme im Falle einer LSt-Hinterziehung durch Schwarzlohnzahlungen die hinterzogenen Abzugssteuerbeträge maßgebend. Diese können ?gegebenenfalls auch nach § 162 AO geschätzt werden.
- Für die Inhaftungnahme des Geschäftsführers einer GmbH bedarf es im Regelfall nicht nur dann keiner besonderen Begründung des Entschließungsermessens mehr („Vorprägung des Ermessens“), wenn die Inhaftungnahme des Geschäftsführers wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung erfolgt, sondern auch, wenn sie wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen das Lohnsteueranmeldungs- und -abführungsgebot des § 41a Abs. 1 EStG geschieht.
Literaturhinweis: Merz/Ebner, PStR 13, 60; Petri, PStR 13, 209 ff. |
FG Hamburg 27.11.12,?4 K 179/10,?PStR 13, 120,?Abruf-Nr. 131244 | Leichtfertigte Energiesteuerverkürzung („Verdieselung“ von Pflanzenölen) - Kernaussagen: Der Klägerin war - wie sie selbst einräumt - bekannt, dass ?Pflanzenöle, die dazu bestimmt sind, als Energieerzeugnisse verwendet zu werden, grundsätzlich nach der neuen Rechtslage nach Einführung des EnergieStG energiesteuerpflichtig waren. Dass die Klägerin sich … über die näheren Einzelheiten, ?insbesondere über die Frage, wer bei zu derartiger Nutzung bestimmten Pflanzenölen Steuerschuldner ist und welche Verfahrenspflichten, hier Steueranmeldepflichten, den Steuerschuldner treffen, im Irrtum befand, entlastet die Klägerin nicht von dem Vorwurf der Leichtfertigkeit.
- An die die Klägerin treffenden Informations- und Erkundigungspflichten sind im Streitfall strenge Anforderungen zu stellen. Bei der Klägerin handelt es sich um eine erfahrene Wirtschaftsbeteiligte. Der Handel mit Pflanzenölen und auch die Weitergabe von Pflanzenölen an diverse Kunden zum Zweck der energetischen Verwendung gehörte in dem Zeitraum, in dem die hier streitgegenständlichen Energiesteuern entstanden sind, zum laufenden unternehmerischen Handeln ?der Klägerin. Gerade aufgrund des nicht unerheblichen Zeitraums von eineinhalb Jahren, in dem unter Beteiligung verschiedener Kunden als Abnehmer wiederholte und auch vom Volumen her umfangreiche Lieferungen von Pflanzenöl zum Zweck energetischer Verwendung erfolgten, und der der Klägerin vom Grundsatz her bekannten veränderten Rechtslage, hätte für die Klägerin bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit besonderer Anlass bestanden, dafür Sorge zu tragen, ?ihre - irrige - Annahme über die ausschließliche Steuerschuldnerschaft ihrer Kunden durch Nachfrage bei qualifizierten Auskunftspersonen abzusichern.
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